Zweistufentheorie

Zweistufentheorie

Die Zweistufentheorie wurde von Hans Peter Ipsen entwickelt und dient zur Feststellung der Rechtsnatur des Verwaltungshandelns bei solchen Tätigkeiten, die gemischt öffentlich-rechtlich-privatrechtlich erfolgen können. Hierzu gehört z. B. die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung oder auch (nicht ganz unumstritten) die Vergabe von Subventionen.

Inhaltsverzeichnis

Beispiel

1. Stufe

Eine öffentliche Einrichtung „Schwimmbad“ könnte in öffentlich-rechtlicher Rechtsform eines Eigenbetriebs oder in privatrechtlicher Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert sein. Die Frage, ob es genutzt werden darf, ist in jedem Fall öffentlich-rechtlicher Natur.

2. Stufe

Falls das Schwimmbad in Form einer privatrechtlichen GmbH organisiert ist, ist auch das Nutzungsverhältnis privatrechtlich geregelt (da die GmbH als juristische Person des Privatrechts in aller Regel keine Beliehene ist und somit nicht hoheitlich tätig werden kann). Die Frage wie das Schwimmbad genutzt werden darf, ist dann privatrechtlicher Natur.

Falls das Schwimmbad jedoch als Eigenbetrieb öffentlich-rechtlich organisiert ist, kann das Nutzungsverhältnis sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich ausgestaltet sein. Die Rechtsnatur des Nutzungsverhältnisses und somit der Frage wie es genutzt werden darf ist dann anhand von Indizien zu ermitteln. Ist beispielsweise die Benutzungsordnung eine Satzung oder das Eintrittsgeld eine Gebühr, ist das Nutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich gestaltet. Ist hingegen die Benutzungsordnung eine AGB oder das Eintrittsgeld ein Nutzungsentgelt, liegt ein privatrechtliches Nutzungsverhältnis auf Grundlage des Verwaltungsprivatrechts vor.

Im Zweifelsfall (bei Nichtvorliegen von Indizien) ist von einem öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis auszugehen.

Schema

Organisationsform der öffentlichen Einrichtung
öffentlich-rechtlich
(z. B. Regiebetrieb, Eigenbetrieb, AöR, KöR)
privatrechtlich
(z. B. GmbH, AG)
1. Stufe: „ob“ unabhängig von der Organisationsform: immer öffentlich rechtlich
2. Stufe: „wie“   Indizien Benutzungsordnung: Satzung AGB immer privatrechtlich
Art der Benutzung: Gebühr Nutzungsentgelt
Beendigung der Benutzung: Widerruf Kündigung
  Rechtsbehelfsbelehrung  
Nutzungsverhältnis: öffentlich-rechtlich privatrechtlich

Bedeutung

Bedeutend ist das Wissen um Organisationsform und Nutzungsverhältnis etwa für die Frage, welcher Klageweg bei Versagung der Nutzung oder bei Leistungsstörungen zu beschreiten ist.

Für die Zulassung zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung (1.Stufe) ist immer der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet; Klagegegner ist die betreffende Gemeinde.

Bei Streitigkeiten im Benutzungsverhältnis (2. Stufe) ist zu unterscheiden: Ist die Organisationsform öffentlich-rechtlich und auch das Nutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich ausgestaltet, so ist ebenfalls der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet, Klagegegner ist die Gemeinde. Ist die Organisationsform öffentlich-rechtlich, aber das Nutzungsverhältnis privatrechtlich geregelt, so ist vor dem Zivilgericht zu klagen; Klagegegner ist dann die juristische Person des Privatrechts (etwa die das Schwimmbad betreibende GmbH). Dies gilt auch für den Fall einer privatrechtlichen Rechtsform.

Siehe auch

Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gespaltene Nutzungsregelung — Unter einer gespaltenen Nutzungsregelung versteht man die Kombination eines Verwaltungsaktes mit einem zivilrechtlichen Vertrag. Die Exekutive kann die Rechtskonstruktion der gespaltenen Nutzungsregelung wählen, um eine Genehmigung durch einen… …   Deutsch Wikipedia

  • Interessentheorie — Die Interessentheorie ist die älteste Lehrmeinung zur Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht. Sie geht auf folgende Definition von Ulpian zurück: Publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum… …   Deutsch Wikipedia

  • Modifizierte Subjektstheorie — Die modifizierte Subjektstheorie, früher unter dem Begriff Sonderrechtstheorie gebräuchlich, ist eine juristische Lehrmeinung. Sie dient der Bestimmung, ob eine streitentscheidende Norm dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen ist.… …   Deutsch Wikipedia

  • Sinnkriterium — Der Begriff Sinnkriterium bezeichnet in der Philosophie einen allgemeinen Maßstab, rational sinnvolle Aussagen von sinnlosen Aussagen zu unterscheiden. Inhaltsverzeichnis 1 Logischer Empirismus 2 Pragmatische Maxime 3 Quellen …   Deutsch Wikipedia

  • Subordinationstheorie — Die Subordinationstheorie oder Subjektionstheorie ist eine Theorie zur Abgrenzung von öffentlichem und privatem Recht. Ein öffentlich rechtliches Rechtsverhältnis liegt demnach immer dann vor, wenn ein Über /Unterordnungsverhältnis gegeben ist.… …   Deutsch Wikipedia

  • Verwaltungsprivatrecht — Übersicht Verwaltungshandeln Man spricht vom Verwaltungsprivatrecht, wenn die Verwaltung unmittelbar Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts erfüllt. Dies ist der Fall, wenn die Verwaltung privatrechtlich im Bereich der Daseinsvorsorge,… …   Deutsch Wikipedia

  • Willem Levelt — Willem Johannes Maria Levelt (* 17. Mai 1938 in Amsterdam) ist ein niederländischer Psycholinguist. Er ist einer der einflussreichsten Forscher zum menschlichen Spracherwerb und zur Sprachproduktion. Er beschrieb erstmals umfassend die kognitiven …   Deutsch Wikipedia

  • Zwei-Stufen-Theorie — Die Zweistufentheorie wurde von Hans Peter Ipsen entwickelt und dient zur Feststellung der Rechtsnatur des Verwaltungshandelns bei solchen Tätigkeiten, die gemischt öffentlich rechtlich privatrechtlich erfolgen können. Hierzu gehört z. B. die… …   Deutsch Wikipedia

  • Zweistufenlehre — Die Zweistufentheorie wurde von Hans Peter Ipsen entwickelt und dient zur Feststellung der Rechtsnatur des Verwaltungshandelns bei solchen Tätigkeiten, die gemischt öffentlich rechtlich privatrechtlich erfolgen können. Hierzu gehört z. B. die… …   Deutsch Wikipedia

  • Öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art — Im deutschen Verwaltungsrecht hat der Begriff öffentlich rechtlichen Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art eine große Bedeutung. Er wird in § 40 I 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) gebraucht. Öffentlich rechtlich Eine Streitigkeit ist… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”