- Zweite Fundamentalform
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Die zweite Fundamentalform ist in der Mathematik eine Funktion aus der Differentialgeometrie. Definiert wurde die zweite Fundamentalform zunächst in der Theorie der Flächen im dreidimensionalen Raum, einem Teilgebiet der klassischen Differentialgeometrie. Heute gibt es auch eine verallgemeinerte Definition in der riemannschen Geometrie.
Während die erste Fundamentalform die innere Geometrie einer Fläche beschreibt (also Eigenschaften, die sich durch Längenmessungen innerhalb der Fläche ermitteln lassen), hängt die zweite Fundamentalform von der Lage der Fläche im umgebenden Raum ab. Sie wird für Krümmungsberechnungen benötigt und kommt beispielsweise in den Mainardi-Codazzi-Gleichungen vor. Mit ihrer Hilfe und mit Hilfe der ersten Fundamentalform werden die Hauptkrümmungen, die mittlere Krümmung und die Gaußsche Krümmung der Fläche definiert.
Inhaltsverzeichnis
Klassische Differentialgeometrie
Definition
Eine Fläche sei durch X(u,v) gegeben, also durch u und v parametrisiert. Ist die erste Fundamentalform der Fläche positiv-definit, so kann man der Fläche einen Einheitsnormalenvektor ν(u,v) zuordnen. Für den durch die Parameterwerte u und v bestimmten Punkt der Fläche ist dieser durch das Vektorprodukt
gegeben. Die Koeffizienten der zweiten Fundamentalform in diesem Punkt sind wie folgt definiert:
definiert. Hierbei sind Xuu(u,v), Xuv(u,v) und Xvv(u,v) die zweiten partiellen Ableitungen nach den Parametern. Die Malpunkte drücken Skalarprodukte von Vektoren aus. Zur Vereinfachung der Schreibweise lässt man häufig die Argumente weg und schreibt nur L, M und N. Manche Autoren verwenden die Bezeichnungen e, f und g.
Die zweite Fundamentalform ist dann die quadratische Form
Gelegentlich wird auch die Schreibweise mit Differentialen verwendet:
Eine weitere (modernere) Schreibweise ist:
- ,
die zweite Fundamentalform hat also die Matrixdarstellung
Häufig bezeichnet man als zweite Fundamentalform auch die durch diese Matrix dargestellte Bilinearform h.
Eigenschaften
Die Diskriminante LN − M2 (also die Determinante der Darstellungsmatrix) der zweiten Fundamentalform liefert Auskunft darüber, wie die gegebene Fläche an der betrachteten Stelle gekrümmt ist. Drei Fälle sind zu unterscheiden:
- Für LN − M2 > 0 liegt elliptische Krümmung vor. (Beispiel: Oberfläche eines Ellipsoids oder einer Kugel)
- LN − M2 = 0 bedeutet parabolische Krümmung. (Beispiel: Oberfläche eines geraden Kreiszylinders)
- Falls LN − M2 < 0 gilt, spricht man von hyperbolischer Krümmung. (Beispiel: Einschaliges Hyperboloid)
Beispiel
Dem Beispiel aus dem Artikel der ersten Fundamentalform folgend, wird wieder die Oberfläche einer Kugel vom Radius r > 0 betrachtet. Diese Fläche wird wieder durch
parametrisiert. Das Einheitsnormalenfeld kann dann durch
beschrieben werden. Die zweiten partiellen Ableitungen von X lauten
- sowie und .
Daher erhält man die Koeffizienten L = − r, M = 0 und N = − rsin 2(u). Die Darstellung der zweiten Fundamentalform der Kugeloberfläche mit Hilfe von Differentialen lautet dann
Riemannsche Geometrie
Im Gegensatz zur ersten Fundamentalform, welche in der riemannschen Geometrie durch anschaulichere Konstruktionen ersetzt wurde, hat die zweite Fundamentalform auch in der riemannschen Geometrie eine wichtige Bedeutung und eine verallgemeinerte Definition.
Definition
Sei M eine Untermannigfaltigkeit der riemannschen Mannigfaltigkeit Ausgangspunkt für die Definition der zweiten Fundamentalform ist die orthogonale Zerlegung von Vektorfeldern in in tangentiale und normale Anteile. Sind Vektorfelder auf M, so kann man diese zu Vektorfeldern auf fortsetzen. Ist der Levi-Civita-Zusammenhang auf , dann erhält man die Zerlegung
Die zweite Fundamentalform ist eine Abbildung
welche durch
definiert ist. Dabei bezeichnet NM das Normalenbündel von M, welches analog zum Tangentialbündel definiert ist und ist die orthogonale Projektion auf das Normalenbündel.
Eigenschaften
Die zweite Fundamentalform ist
- unabhängig von der Fortsetzung der Vektorfelder X und Y.
- bilinear über
- symmetrisch in X und Y.
Skalare zweite Fundamentalform
Sei eine n-dimensionale riemannsche Mannigfaltigkeit mit riemannscher Metrik g und sei M eine (n − 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit von . So eine Untermannigfaltigkeit der Kodimension 1 heißt auch Hyperfläche. In diesem Fall ist der Normalenraum NMp in jedem Punkt p von M eindimensional und es gibt genau zwei Einheitsnormalenvektoren, die jeweils NMp aufspannen. Diese unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen.
Ist ein Einheitsnormalenvektorfeld fest gewählt, so definiert man die zugehörige skalare zweite Fundamentalform h durch
- h(X,Y) = g(II(X,Y),N) für alle
Die skalare zweite Fundamentalform hängt bis auf das Vorzeichen nicht von der Wahl des Einheitsnormalenvektorfelds ab: Nimmt man statt N das entgegengesetzt orientierte zweite Einheitsnormalenvektorfeld, so ändert sich bei der skalaren zweiten Fundamentalform nur das Vorzeichen. Aus den Eigenschaften der zweiten Fundamentalform folgt, dass die skalare zweite Fundamentalform ebenfalls symmetrisch und -linear in jedem Argument ist, also ein symmetrisches (0,2)-Tensorfeld auf M.
Siehe auch
Literatur
- Manfredo Perdigão do Carmo: Differential Geometry of Curves and Surfaces, Prentice-Hall, Inc., New Jersey, 1976, ISBN 0-13-212589-7
- Manfredo Perdigão do Carmo: Riemannian Geometry, Birkhäuser, Boston 1992, ISBN 0-8176-3490-8
- John M. Lee: Riemannian Manifolds. An Introduction to Curvature. Springer, New York 1997, ISBN 0387983228.
Kategorien:- Elementare Differentialgeometrie
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