- Bleitetraäthyl
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Strukturformel Allgemeines Name Tetraethylblei Andere Namen - Bleitetraethyl
- TEL
Summenformel C8H20Pb CAS-Nummer 78-00-2 Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit Eigenschaften Molare Masse 323,45 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,65 g·cm−3[1]
Schmelzpunkt −136 °C[1]
Siedepunkt 180 °C[1]
Dampfdruck 0,35 mbar(20 °C)[1]
Löslichkeit gut in organischen Lösungsmitteln (Benzin)
Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [2] Sehr giftig Umwelt-
gefährlich(T+) (N) R- und S-Sätze R: 61-26/27/28-33-62-50/53 S: 53-45-60-61 MAK 0,05 g·m−3[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Tetraethylblei, heute kurz TEL (von engl. Tetra-ethyl lead) genannt, im Deutschland der 1930-er Jahre häufig als Bleitetraäthylen bezeichnet, ist eine giftige Organometallverbindung mit der Summenformel C8H20Pb. Große Bedeutung erlangte dieser Stoff, da er bis Anfang der 1990er Jahre als Antiklopfmittel dem Ottokraftstoff beigemischt wurde, um die Oktanzahl zu erhöhen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Jahr 1854 entdeckte ein deutscher Chemiker die Verbindung. 67 Jahre später – im Jahr 1921 – entdeckte Thomas Midgley, der bei General Motors in der Forschungsabteilung beschäftigt war, die Wirkung von TEL als Antiklopfmittel. Da TEL auch durch die Haut resorbiert und akkumuliert wird, wurden viele Mitglieder des Forschungsteams vergiftet (unter anderem auch Midgley selbst), und Dutzende starben schließlich daran.
1924 gründeten Standard Oil Company of New Jersey und General Motors die Ethyl Gasoline Corporation, um die in den USA bestehenden Patente zur Herstellung und Verwendung zu kontrollieren und TEL ausschließlich in den USA zu produzieren.[3]
Die I.G. Farben erwarben nach langwierigen Verhandlungen und trotz Einspruchs der US-Regierung 1935 von Standard Oil, mit denen sie beim Synthetischen Benzin zusammenarbeiteten, eine Lizenz zur Herstellung von Bleitetraäthyl, um damit hochoktanigeres Flugbenzin herstellen zu können. Nach Gründung der Ethyl GmbH wurden zwei TEL-Anlagen gebaut und mit der Regierung am 10. Juni 1936 ein Flugbenzinvertrag geschlossen.[4] Eine dieser TEL-Anlagen für die jährliche Produktion von 1200 Tonnen entstand in Gapel, die andere 1938/39 für 3600 Tonnen in Frose.
In den USA wurde während des Zweiten Weltkriegs nach Entwicklung des hochwertigen und weit weniger giftigen Isooctans aus Crackgasen die Verwendung von TEL für Flugbenzin zugunsten von Isooctan eingeschränkt.
In den USA begann die Environmental Protection Agency 1972 mit einer Kampagne, um TEL schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen. Dies nahm 10 Jahre in Anspruch (1976 bis 1986). 1994 bewies eine Studie, dass die Bleikonzentration im Blut von 1978 bis 1991 um 78 Prozent sank.
Um ehemals die 94 ROZ von Superbenzin zu erreichen, waren ca. 8,5 g/L Zugabekonzentration[5] notwendig. Ab Mitte der 80er Jahre wurde bleifreies Benzin nach und nach an immer mehr Tankstellen in Deutschland angeboten, zunächst parallel zu herkömmlichen verbleiten Kraftstoffen. Mit fortschreitender Verbreitung von Katalysatoren, die auf „bleifreies“ Benzin angewiesen sind, war es nach einigen Jahren praktisch überall verfügbar.
In der Europäischen Union wurde verbleites Benzin am 1. Januar 2000 endgültig aus dem Verkehr gezogen. In der Tschechischen Republik wird heute noch verbleiter Kraftstoff an den Tankstellen verkauft. Etwa seit dem Jahr 2001 sind auch chinesische Tankstellen „bleifrei“. Für ältere Fahrzeuge, deren Motoren bauartbedingt Tetraethylblei benötigen, sind heute Bleizusätze separat im Handel erhältlich.
Obwohl verbleites Benzin schon seit 20 Jahren aus Nordamerika verbannt wurde, sind noch immer gravierende Auswirkungen auf die Umwelt bemerkbar, die sich auf die hohe Konzentration von Blei zurückführen lassen. Experten raten beispielsweise Eltern in betroffenen Regionen, ihre Kinder nicht draußen spielen zu lassen.
Gewinnung und Darstellung
TEL wird durch Reaktion von Chlorethan mit einer Natrium-Blei-Legierung (Verhältnis Na:Pb = 4:1) hergestellt:
- Chlorethan reagiert mit Natrium und Blei zu TEL und Kochsalz.
Die Verbrennung im Motor
Eine bemerkenswerte Eigenschaft von TEL ist die Schwäche der C-Pb-Bindungen. Bei den hohen Temperaturen in Verbrennungsmotoren zerfällt Pb(CH2CH3)4 teilweise in Pb(CH2CH3)3 und Ethylradikale. Diese Radikale fangen die bei der thermischen Zersetzung des Ottokraftstoffes im Zylinder entstehenden Kraftstoffradikale ab (Scavenger oder Radikalfänger) und verhindern so eine vorzeitige Explosion des Luft-Brennstoff-Gemisches.
Die übrigen Pb(CH2CH3)4-Moleküle verbrennen gemäß folgender Gleichung:
- TEL und Sauerstoff reagieren zu Kohlendioxid, Wasser und Blei.
- Blei reagiert mit Sauerstoff zu Blei(II)-oxid.
Als Antiklopfmittel wirksam sind Blei und Blei(II)-oxid, doch diese beiden Verbindungen würden sich im Motor ablagern und zu schweren Schäden führen. Um dies zu verhindern, wird dem Benzin 1,2-Dibromethan oder 1,2-Dichlorethan zugesetzt. Dadurch gelangt das Blei zwar aus dem Motor, aber auch direkt in die Umwelt. Zudem sind 1,2-Dibromethan und 1,2-Dichlorethan selbst gefährlich.
Löslichkeit
Da die vier Ethylgruppen tetraedrisch um das Bleiatom angeordnet sind, fallen der positive (Pb) und die addierten negativen Ladungsschwerpunkte (C2H5) zusammen. Da das Molekül zudem ungeladen ist, ist es unpolar und somit lipophil (fettliebend) und hydrophob (wasserabweisend). Daraus resultieren seine gute Löslichkeit in öligen und sehr schlechte Löslichkeit in polaren Lösungsmitteln, zum Beispiel Wasser.
Verwendung
- als Antiklopfmittel, bei Flugbenzin (AvGas) noch im Einsatz
Sicherheitshinweise
TEL ist giftig (MAK 0,05 ppm) und wirkt auf das Zentralnervensystem. Die Toxizität wird auf Ethyl-Radikale zurückgeführt, die beim Abbau der Verbindung entstehen. TEL ist möglicherweise krebserregend.
Siehe auch
Quellen
- ↑ a b c d e Eintrag zu Tetraethylblei in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 28.12.2007 (JavaScript erforderlich)
- ↑ Nicht explizit in RL 67/548/EWG, Anh. I gelistet, fällt aber dort mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Sammelbegriff „Bleialkyle“; Eintrag in der GESTIS-Stoffdatenbank des BGIA, abgerufen am 31. März 2009 (JavaScript erforderlich)
- ↑ Standard Oil Fuels World War II
- ↑ Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003. S.187
- ↑ Antiklopfmittel
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