Oktanzahl

Oktanzahl

Die Oktanzahl definiert ein Maß für die Klopffestigkeit eines Ottokraftstoffes. Der Zahlenwert der Oktanzahl bis 100 gibt an, wie viel %-Volumenanteil Isooktan C8H18 (ROZ = 100) sich in einer Mischung mit n-Heptan C7H16 (ROZ = 0) befinden muss, damit diese die gleiche Klopffestigkeit (in einem Prüfmotor nach ROZ oder MOZ) aufweist, wie der zu prüfende Kraftstoff. Zum Beispiel würde eine Oktanzahl von ROZ = 95 eines Benzins bedeuten, dass dessen Klopffestigkeit einem Gemisch aus 95 vol.% Isooktan und 5 vol.% n-Heptan entspricht.

Abhängigkeit der Oktanzahl (ROZ) von der Zündtemperatur

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Es gibt auch viele Stoffe wie einige Aromaten, Erdgas und Flüssiggas, welche eine Oktanzahl größer als 100 aufweisen. Messtechnisch sind diese jedoch schwer zu erfassen, da das Referenzsystem mit Isooktan nur bis zur Oktanzahl 100 definiert ist. Oktanzahlen größer als 100 müssen daher extrapoliert werden. Die Oktanzahl über 100 ROZ/MOZ entspricht der Oktanzahl einer Mischung aus iso-Oktan und Tetraethylblei (TEL); hierbei ist die Oktanzahl des Gemisches einem bestimmten Volumenanteil an TEL im iso-Oktan zugeordnet. Diese Zuordnung erfolgt nach der in DIN 51756 Teil 1 festgelegten Tabelle. Sie kann nicht, wie bei der Oktanzahl bis 100, direkt aus dem Mischungsverhältnis des Bezugskraftstoffes abgelesen werden. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff Blendoktanzahl verwendet; in der Luftfahrt eher die Leistungszahl, letzter angegeben als zweiteiliger „Bruch“ wie beispielsweise 115/145, welches bedeutet, dass der hier verwendete Sprit bei magerem Gemisch eine Leistungszahl von 115, bei fettem Gemisch eine Leistungszahl von 145 besitzt. Isooktan ist relativ klopffest, n-Heptan verursacht relativ schnell das so genannte Klopfen beim Motor. Grund dafür ist, dass das n-Heptan unkontrolliert schon beim Verdichtungsvorgang durch die Verdichtungswärme im Zylinder zündet. Isooktan kann relativ stark verdichtet werden, ohne dass es zur Selbstzündung kommt. Beim Ottomotor soll das Benzin-Luft-Gemisch durch einen Zündfunken gezündet werden und mit definierter Flammfront abbrennen (bei der Weiterentwicklung des Ottomotors mit homogener Kompressionszündung entfällt teilweise der Zündfunken).

Man kann zwischen verschiedenen Oktanzahlen unterscheiden:

  • ROZResearch-Oktanzahl
  • MOZ – Motor-Oktanzahl
  • SOZ – Straßen-Oktanzahl
  • FOZ – Front-Oktanzahl, oft auch mit ROZ100 °C bezeichnet

Oktanzahl und Wirkungsgrad

Die Erhöhung der Oktanzahl ging einher mit der Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren. Früher wurde das Rohbenzin/Naphtha, so wie es bei der Primärdestillation anfällt, als Kraftstoff eingesetzt. Die nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten Motoren benötigen klopffesteren Kraftstoff. Durch stärkere Verdichtung lässt sich der Wirkungsgrad des Motors erhöhen, und damit die spezifische Leistung.

Ab 1924 in den USA beziehungsweise 1936 in Deutschland bis 1996 wurde Ottokraftstoffen Tetraethylblei zugesetzt, um die Oktanzahl zu erhöhen. Das Blei verhindert unter anderem als Radikalenfänger eine unkontrollierte Selbstentzündung des Kraftstoff-Luftgemisches bei der Verdichtung. Außerdem hat es eine Schmierwirkung für die Ventilsitze. Weil Blei und seine Verbindungen hochgiftig sind, wurde in der Bundesrepublik Deutschland ab 1971 der Bleigehalt des Benzins gesetzlich begrenzt, zunächst auf 0,4 g/l, später auf 0,15 g/l. In den 1980er Jahren wurde zusammen mit den Abgas-Katalysatoren bleifreies Benzin eingeführt, weil die Bleizusätze die Katalsysatoren unwirksam gemacht hätten. Schließlich wurde am 1. Januar 2000 verbleites Benzin in der Europäischen Union generell verboten. Es gab kaum noch Fahrzeuge, deren Ventilsitze für Blei im Kraftstoff ausgelegt waren.

Die unterschiedliche Oktanzahl der an den Tankstellen erhältlichen Kraftstoffe kommt durch die unterschiedliche Verwendung der in einer Erdölraffinerie produzierten Komponenten zustande. So enthält Superbenzin mehr hochwertige Komponenten als Normalbenzin. Die Herstellung hochwertiger Komponenten erfordert im Allgemeinen höhere Kosten, hochoktanige Benzinsorten sind deshalb teurer.

Auch wird oft Methyl-tertiär-butylether (MTBE) zur Erhöhung der Klopffestigkeit zugegeben, erlaubt sind jedoch nur bis zu 15 %vol. Wegen schlechter Abbaubarkeit in Wasser ist MTBE als wassergefährdend (WGK 1 = schwach wassergefährdend) eingestuft. In etlichen Staaten der USA ist MTBE bereits wieder aus dem Benzin „verbannt“ worden.[1] Heutzutage wird immer öfter auf Ethyl-tertiär-butylether (ETBE) zurückgegriffen. ETBE bietet gegenüber MTBE aufgrund seines höheren Siedepunkts einige Vorteile und ist, da es unter anderem aus Bio-Ethanol gewonnen wird, als Kraftstoffkomponente steuerlich interessant. Wie MTBE hat auch ETBE den Nachteil, dass es sich im Grundwasser nur schlecht abbauen lässt.

Geschichte

Seit etwa 1912 wurde das unregelmäßige Zünden bei Motoren beobachtet. Das Geräusch wurde als „Klopfen“ bezeichnet, welches den Motor dann auch relativ schnell zerstörte. Zunächst wurden als Ursache die neuen batteriebetriebenen, elektrischen Zündanlagen angenommen. Bei genaueren Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Klopfen mit der Kompressionsrate zusammenhing, welche die Motoringenieure erhöhten, um mehr Leistung zu bekommen. (Zusammenhang zwischen Zündtemperatur des Kraftstoffs und der Temperaturerhöhung des Kraftstoffs während der Reduktion des Volumen beim Verdichten. Siehe Boylesches Gesetz). Es wurden verschiedene Messmethoden probiert, aufgrund der vielen Variablen (Kraftstoffzusammensetzung, Zündzeitpunkt, Verdichtung, Motortemperatur, Zylinderbauweise…) setzte sich allerdings keines der Messverfahren durch.

1927 kam Graham Edgar auf die Idee, dass man Reinstoffe als Referenzsysteme verwenden könnte. Man benötigte zwei Stoffe (einen stark klopfenden mit niedriger Zündtemperatur und einen klopffesten mit hoher Zündtemperatur), welche in großer Reinheit und ausreichenden Mengen hergestellt werden konnten. Des Weiteren sollten diese beiden Stoffe recht ähnliche Eigenschaften aufweisen (Schmelz- und Siedepunkt, Dichte und Verdampfungseigenschaften). n-Heptan konnte destillativ in großer Reinheit gewonnen werden und hatte sehr schlechte Klopfeigenschaften. 2,2,4-Trimethylpentan („iso-Oktan“) konnte durch Anlagerung von Isobuten an Isobutan synthetisiert und destillativ gereinigt werden und hatte sehr gute Klopfeigenschaften.

Die damals erhältlichen Kraftstoffe hatten Klopfverhalten, welche durch Gemische von 40:60 bis 60:40 an i-Oktan:n-Heptan dargestellt werden konnten. Sie ließen sich mit diesem System also gut charakterisieren. Damit hatte das normale Autobenzin vor 1930 Oktanzahlen von 40 bis 60, konnte jedoch durch hohe Zugaben von „Kartoffelsprit“ oder Benzol beziehungsweise Beigaben von „Bleitetraäthyl“ oder Eisencarbonylen „kompressionsfester“ gemacht werden.

Oktanzahlen

Zapfsäule in den USA mit fünf Benzinsorten (Oktanzahl als AON angegeben)

In Europa wird an den Tankstellen nur die ROZ angegeben, in den USA wird meist die „Zapfsäulen-Oktanzahl“ (AON – Average Octane Number) mit (ROZ+MOZ):2 errechnet. Die meisten Anbieter in Europa hingegen werben mit der Research-Oktanzahl, da diese Werte höher und einfacher zu ermitteln sind als die Motor-Oktanzahl.

Researched (Erforschte)-Oktanzahl (ROZ)

Die ROZ wird mit dem Einzylinder-CFR-Prüfverfahren ermittelt.

Sowohl die MOZ und ROZ werden im CFR-Motor (veränderliches Verdichtungsverhältnis) durch Vergleich mit einem Bezugskraftstoff aus Isooktan (OZ = 100) und Normalheptan (OZ = 0) ermittelt. Der Volumenanteil an Isooktan des Bezugskraftstoffes, der die gleiche Klopfintensität hat wie der zu prüfende Kraftstoff, ist dessen Oktanzahl. Die MOZ ist meist niedriger als die ROZ, da sie bei höherer Drehzahl und Gemischvorwärmung auf ca. 149 °C ermittelt wird.

Die nach der Research-Methode (DIN EN ISO 5164) ermittelte ROZ soll das Klopfverhalten bei geringer Motorlast und niedrigen Drehzahlen beschreiben.

Motor-Oktanzahl (MOZ)

Die mit der Motor-Methode (DIN EN ISO 5163) ermittelte „Motor-Oktanzahl“ soll das Verhalten bei hoher Motorlast und hoher thermischer Belastung beschreiben. Hier werden beim Norm-Motor härtere Bedingungen angelegt, nämlich statt 600 U/min nun 900 U/min, eine automatisch verstellbare Zündeinstellung sowie eine Gemischvorwärmung auf immerhin 149 °C. Dadurch ist die MOZ immer kleiner oder gleich der ROZ.

Oktanzahlen werden im CFR-Motor oder BASF-Motor durch Vergleich mit einem Bezugskraftstoff aus Isooktan (OZ = 100) und Normalheptan (OZ = 0) ermittelt. Der Volumenanteil Isooktan des Bezugskraftstoffes, der die gleiche Klopfintensität hat wie der zu prüfende Kraftstoff, ist dessen Oktanzahl.

Die Differenz zwischen ROZ und MOZ wird als „Empfindlichkeit“ (sensitivity) bezeichnet und bringt die Temperaturabhängigkeit der Oktanzahl zum Ausdruck. Eine hohe Empfindlichkeit bedeutet, der Kraftstoff reagiert empfindlich auf höhere thermische Belastung.

Straßenoktanzahl (SOZ)

Die Vergleichswerte werden unter realistischen Bedingungen auf der Straße gemessen. Dabei geht man an die Leistungsgrenze des Kraftstoffs: gleichbleibend hohe Drehzahl bei Vollgas. Damit der SOZ-Wert vergleichbar ist, unterliegt er einer Norm.

Front-Oktanzahl (FOZ)

Die FOZ beschreibt die Oktanzahl der bis ca. 100 °C siedenden Komponenten des Kraftstoffs. Es wird dabei die Research-Oktanzahl der bis 100 °C verdampften Komponenten des Kraftstoffs ermittelt (daher auch die Bezeichnung ROZ100 °C). Die FOZ beschreibt somit das Verhalten des Kraftstoffs bei niedrigen Motortemperaturen kurz nach dem Starten des Motors (Kaltstartverhalten).

Oktanzahlen einiger Reinstoffe

Techn. Name Chem. Name ROZ MOZ Bemerkung
Heptan n-Heptan 000000000000000.00000000000 000000000000000.00000000000 (definiert)
Isooktan 2,2,4-Trimethylpentan 000000000000100.0000000000100 000000000000100.0000000000100 (definiert)
Butan n-Butan 000000000000094.000000000094 000000000000094.000000000094
Isobutan Methylpropan 000000000000102.0000000000102 000000000000098.000000000098
n-Pentan n-Pentan 000000000000058.000000000058 000000000000058.000000000058
Isopentan 2-Methylbutan 000000000000094.000000000094 000000000000093.000000000093
Neopentan 2,2-Dimethylpropan 000000000000086.000000000086 000000000000080.000000000080
Cyclopentan   000000000000103.0000000000103 000000000000086.000000000086
Hexan n-Hexan 000000000000026.000000000026 000000000000026.000000000026
Isohexan 2-Methylpentan 000000000000074.000000000074 000000000000073.000000000073
  3-Methylpentan 000000000000074.000000000074 000000000000074.000000000074
Neohexan 2,2-Dimethylbutan 000000000000094.000000000094 000000000000093.000000000093
Diisopropyl 2,3-Dimethylbutan 000000000000102.0000000000102 000000000000101.0000000000101
Cyclohexan   000000000000083.000000000083 000000000000077.000000000077
Benzol Benzen 000000000000099.000000000099 000000000000091.000000000091
Toluol Methylbenzen 000000000000110.0000000000110 000000000000103.0000000000103
Xylol o-Xylol 000000000000120.0000000000120 000000000000102.0000000000102
Xylol m-Xylol 000000000000118.0000000000118 000000000000115.0000000000115
Xylol p-Xylol 000000000000117.0000000000117 000000000000111.0000000000111
Ethylbenzol Ethylbenzen 000000000000107.0000000000107 000000000000098.000000000098
Ethanol[2]   000000000000108.6000000000108,6 000000000000089.700000000089,7
MTBE tert-Butylmethylether 000000000000118.0000000000118 000000000000101.0000000000101
ETBE tert-Butylethylether 000000000000117.0000000000117 000000000000101.0000000000101
Dicyclopentadien Tricyclo[5,2,1,02,6]deca-3,8-dien 000000000000229.0000000000229 000000000000167.0000000000167

Oktanzahlbedarf eines Ottomotors

Der Oktanzahlbedarf beschreibt den Bedarf an Klopffestigkeit des Kraftstoffes eines Motors, damit es nicht zu ungewollten Selbstzündungen kommt. Der Oktanzahlbedarf hängt dabei von den Betriebsbedingungen des Motors (Drehzahl, Temperatur, Brennraumgeometrie, Verdichtungsverhältnis, Gemischzusammensetzung, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Zündzeitpunkt, Ablagerungen, etc.) ab. Damit der Motor störungsfrei arbeitet, muss daher das Oktanzahlangebot des Kraftstoffes so hoch sein, dass der Oktanzahlbedarf des Motors auch bei den ungünstigen Betriebsbedingungen noch erfüllt wird – beispielsweise kann der Oktanzahlbedarf eines Motors bei Vollgas um 10 Oktanzahlen höher liegen als im Leerlauf. Die Verwendung von oberhalb der Motorspezifikation liegenden Oktanzahlen bringt im Regelfall keine Vorteile. Moderne Motoren mit elektronischer Kennfeldzündung in Kombination mit Klopfsensoren können mit verschiedenen Oktanzahlen bei reduzierter Leistung gefahren werden.

Oktanzahlen von Ottokraftstoffen

Normal/Benzin Bleifrei mindestens 91 ROZ 82,5 MOZ
Super/Bleifrei 95 mindestens 95 ROZ 85 MOZ
SuperPlus/Bleifrei 98 mindestens 98 ROZ 88 MOZ (meist schon auf 100,0 ROZ umgestellt)
Shell V-Power 100+ mindestens 100 ROZ 88 MOZ
Aral/BP ultimate102 mindestens 102 ROZ 88 MOZ
MoGas mindestens 98 ROZ 88 MOZ (Für Flugbetrieb zugelassenes Superbenzin)
100LL (AvGas/Flugbenzin) 100 MOZ
Autogas 103 bis 111 ROZ
Erdgas 120 bis 130 ROZ
E85 (Kraftstoff mit 85 % Ethanol) mindestens 104 ROZ
Rennbenzin gibt es mit 120 ROZ
Formel-1-Benzin maximal 102 ROZ (früher bis 108 ROZ)

In Österreich hat die OMV AG im Jahr 2004 Super Plus mit 100 ROZ eingeführt. In die Schweiz führen BP auch Super Plus mit 100 ROZ ein. Dies ist auch in Deutschland in vielen Fällen bereits umgestellt, zusätzlich wird dort nun Ultimate102 geführt.

Literatur

  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-23876-3
  • Peter A. Wellers, Hermann Strobel, Erich Auch-Schwelk: Fachkunde Fahrzeugtechnik. 5. Auflage, Holland+Josenhans Verlag, Stuttgart, 1997, ISBN 3-7782-3520-6
  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. 2. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig/Wiesbaden, 2001, ISBN 3-528-13114-4
  • Kurt-Jürgen Berger, Michael Braunheim, Eckhard Brennecke: Technologie Kraftfahrzeugtechnik. 1. Auflage, Verlag Gehlen, Bad Homburg vor der Höhe, 2000, ISBN 3-441-92250-6

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Oktanzahl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. MTBE ban
  2. Impact of alcohol–gasoline fuel blends on the performance and combustion characteristics of an SI engine,Fuel 89 (2010) 2713–2720

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