- Boier
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Die Boier (Boii, Bojer) waren ein keltischer Stamm in Mitteleuropa. Die ursprünglich aus dem Gebiet Rhein, Main, Donau stammenden Boier siedelten im Gebiet der heutigen Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn, Österreich und bis auf den Balkan, sowie in Oberitalien. Die italienischen Boier wurden nach 200 v. Chr. romanisiert und die nördlichen Boier zur Zeitenwende durch die Markomannen assimiliert.
Inhaltsverzeichnis
Ursprünge und Aufteilung
Der Name der Boier ist noch nicht zufriedenstellend erklärt. Neben einer keltischen Bezeichnung für Schläger oder Krieger dürfte auch eine Deutung als Rinderbesitzer (von idg. *gwowjeh³s[1], siehe hierzu lat. bos,: Rind, gen.: bovis: des Rindes) in Frage kommen. Belegte Namen sind Boiorix (König der Boier) und Boiodurum (Passau). Ein Nachhall ihres Namens findet sich wahrscheinlich in den Gebietsnamen Böhmen (boio-hemum = Heim der Boier) und Bayern, welches sich vom Stammesnamen der „Bajuwaren“, lat. Baiuvarii, herleitet (germ. *baio-warioz, wobei der erste Bestandteil des Namens eine germanische Version von Boii sein dürfte; der zweite Teil gehört zu einer gebräuchlichen Bildungsgruppe für germanische Stammesnamen mit der Bedeutung „Bewohner“).
Laut klassischer Lehrmeinung leitet sich der Name der Bajuwaren von den Boiern ab. Eine direkte Ethnogenese wird aber heute nicht mehr als wahrscheinlich angesehen. Bis zur Entstehung der Bajuwaren waren wohl einige Umbrüche während der frühen Völkerwanderungszeit in Mitteleuropa verantwortlich.
Das Ursprungsgebiet liegt wahrscheinlich zwischen Rhein, Main und Donau. Während der Abwanderung aus diesem Gebiet in der Latènezeit A im 4. Jahrhundert v. Chr. teilte er sich in zwei Gruppen, von denen eine nach Norditalien zog und die andere Gruppe nach Böhmen (Boihaemum). Auslöser der Abwanderung war wohl ein vermehrter Druck durch eindringende germanische Stämme.
Italienische Boier
Die italienischen Boier vermischten sich bald mit den dort lebenden Etruskern und Umbrern. Sie machten die etruskische Siedlung Felsina zu ihrem Hauptort Bononia (heute Bologna). Allerdings ist nicht bekannt, über welche Route der Teilstamm nach Italien wanderte. Einige Historiker wie z. B. Helmut Birkhan nehmen an, dass sie über die Alpen, vielleicht sogar über Hallein wanderten. Wenige andere glauben wiederum, dass die Teilung des Stammes sich erst in Böhmen vollzog, bzw. kurz vor der Erreichung dieses Gebiets, und die Wanderung über das spätere Noricum und Pannonien nach Illyrien nördlich der Adria und südlich der Alpen durch das Gebiet der Veneter in etruskisches Gebiet geschah.
Wegen des Raummangels bei den keltischen Stämmen Oberitaliens und des Landüberschusses der Etrusker, die ihnen trotz des Überschusses davon nichts überlassen wollten, kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Dabei wurden die Etrusker von den mit ihnen verfeindeten Römern unterstützt, wobei es auch zum Kampf zwischen einem römischen Abgesandten und einem keltischen Häuptling kam, der dabei getötet wurde. Über die Einmischung der Römer und der Tötung des Fürsten erbost, sandten die Kelten eine Delegation nach Rom und verlangten die Auslieferung des Römers, was aber Aufgrund des Einflusses dessen Familie der Fabier verweigert wurde: in den Augen der Kelten eine Provokation. So kam es zur Eroberung Roms durch die Senonen und eventuell auch durch Teile der Boier, Insubrer und Lingonen (um 390 v. Chr.). Danach siedelten sich die Boier im Gebiet nördlich des Appennins und südlich des Po bis zur Dreiergabelung des Po an und vermischten sich mit den dort ansässigen Etruskern. Es wurden Fürstengräber mit etruskischen Rüstungselementen und keltischer Bewaffnung gefunden. Die kulturelle Vermischung prägte auch die Ligurer, und durch den Handel mit den nördlich der Alpen gebliebenen Boiern gelangten Handelsgüter wie etwa Fibeln, die die Vermischung der beiden Kunststile aufwiesen, in böhmische Keltengräber.
Die Vernichtung der Senonen war ein Anlass für die übrigen Stämme, einen gemeinsamen Angriff auf Rom zu unternehmen, der aber im Fiasko von Telamon endete. Danach wurden die Boier und schließlich die Insubrer und die anderen Stämme befriedet und romanisiert. Ein gewisser Teil floh wohl zu ihren Verwandten in Mitteleuropa. Sechs Jahre später erhoben sie sich ein letztes Mal unter Hannibal gegen die Römer, aber nach der Rückkehr des Puniers nach Karthago wurde seine Armee aufgerieben und die Gebiete ein weiteres und letztes Mal unterworfen.
Böhmische Boier
Die böhmische Gruppe der Boier breitete sich nach Noricum, Pannonien und Gallien aus. Aus ihrem Stammesgebiet wurden die Boier im 1. Jahrhundert v. Chr. von Markomannen und Dakern zum Teil verdrängt. Die verbleibenden gingen in den Markomannen und Dakern auf.
In Böhmen hatten sich die Boier bis Südpolen und Südschlesien ausgebreitet, von wo sie im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. von den erstarkenden frühgermanischen Vandalen zurückgedrängt wurden. Auch nach Osten, in die Tiefebene Ungarns und vielleicht sogar bis nach Rumänien hatten sie sich ausgebreitet, wo sie aber von den Thrakern aufgehalten und im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. von den keltisierten Dakern zurückgeschlagen wurden. Im westlichen Ungarn und dem Burgenland wurden die Boier unter Boiorix, dem König der Kimbern der wohl auch über die Boier dieser Gegend herrschte, von den Dakern unter Burebista verdrängt, nachdem sie von ihm in einer Schlacht besiegt worden waren. Die Boier kämpften in ihren Gebieten in Niederösterreich, dem nordöstlichen Oberösterreich und dem nördlichen Burgenland gegen die Kimbern, Teutonen und Ambronen und konnten sie erfolgreich abwehren.
Caesar schrieb, dass die Boier, kurz bevor sie sich den Helvetiern mit 32.000 Köpfen bei ihrer Auswanderung anschlossen, Noreia belagerten. Das lässt darauf schließen, dass sie sich im Ostalpenraum bis in die Steiermark und das südliche Burgenland, vielleicht sogar auf Teile Kärntens und Salzburgs ausgebreitet hatten. Die in der Schlacht von Bibracte besiegten Boier wurden von Caesar um Gorgobina im Gebiet der Häduer angesiedelt.[2]
In den letzten beiden Jahrzehnten der Vorchristlichen Zeit wurden die Boier aus dem böhmischen und ostösterreichischen Stammesgebiet nördlich der Donau von den suebischen Markomannen verdrängt und größtenteils assimiliert. Während des Alpenfeldzuges des Tiberius wurden die Boier, neben weiteren 45 Stämmen im rätischen Teil des heutigen Baiern, als einer der letzten unterworfenen Stämme erwähnt. Der Name eines Limes-Grenzers um 278 n. Chr. lautet Boius, was schlicht der Boier bedeutet.
Siehe auch: Liste der keltischen StämmeQuellen
- Gaius Iulius Caesar: De bello gallico.
- Tacitus: Germania.
Literatur
- Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. 2. Auflage. Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3.
- Peter Conolly: Hannibal und die Feinde Roms.
- Franz Ertl: Topographia Norici. 1-3
- Janine Fries-Knoblauch: Die Kelten.
- Max Ihm: Boii 1. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 630–633.
- Jaques Moreau: Die Welt der Kelten.
Anmerkungen
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