Alte Bethlehemkirche (Frankfurt-Ginnheim)

Alte Bethlehemkirche (Frankfurt-Ginnheim)
Die alte Bethlehemkirche in Ginnheim

Die Alte Bethlehemkirche in Frankfurt-Ginnheim entstand aufgrund der Bikonfessionalität des Ortes im 17. und 18. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Karte des Stadtgebiets von Frankfurt am Main 1712–14, die auch die komplizierte Grenze zur Grafschaft Hanau zeigt.
(Kupferstich von Johann Baptist Homann, Gebietsgrenzen korrigiert nach Friedrich Bothe)

Das Dorf Ginnheim gehörte zur Grafschaft Hanau-Münzenberg. Hier wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Reformation eingeführt, zunächst nach luterischem Vorbild. 1597 setzte dann Graf Philipp Ludwig II. eine zweite Reformation zugunsten des reformierten Bekenntnisses durch. Von 59 Familien in Ginnheim vollzogen nur 11 diesen Schritt mit, 48 Ginnheimer Familien weigerten sich und blieben lutherisch. Da alle Kirchengebäude – so auch die mittelalterliche Maria Magdalena-Kapelle von Ginnheim – und die Pfarrer ausschließlich zur reformierten Staatskirche der Grafschaft gehörten, musste die lutherische Mehrheit des Dorfes zunächst in dem zur Reichsstadt Frankfurt gehörenden Bonames, also ins „Ausland“, zum Gottesdienst gehen und wurde vom dortigen Pfarrer betreut.

Erst nachdem ab 1642 in der Grafschaft Hanau-Münzenberg die ebenfalls lutherischen Grafen von Hanau-Lichtenberg regierten, entspannte sich die Situation für die Lutheraner in der Grafschaft Hanau-Münzenberg und damit auch in Ginnheim: Ab 1678 hatten sie wieder einen eigenen Pfarrer, der auch für die Lutheraner in Eschersheim und Bockenheim zuständig war, aber erst seit 1722 war es ihm möglich Lutheraner auf dem (reformierten) Friedhof zu bestatten.

Bau der Kirche

Unter dem Grafen Philipp Reinhard (1680-1712) wurden die lutherischen Gemeinden unterstützt, eigene Kirchengebäude in den Orten der Grafschaft zu errichten, in denen die Gemeindegröße das gestattete. So kam es zum Bau der Reinhardskirchen. In Ginnheim begann die Gemeinde 1699 mit dem Bau der Kirche, die im Jahr 1700 eingeweiht werden konnte. Der Landesherr trug zu den Baukosten der Kirche in Ginnheim in Höhe von 2.194 Gulden allerdings nichts bei.[1]

Es handelt sich um eine einschiffige Saalkirche, deren Chor einen Fünfachtelschluss aufweist. Die Kirche ist in etwa nach Osten ausgerichtet. Der Eingang liegt im Westen. Das Äußere ist schlicht gestaltet. Statt eines Kirchturms befindet sich ein Dachreiter auf dem Satteldach der Kirche, in dem die beiden Glocken hängen. Eine Glocke stammt aus dem Jahr 1815, die zweite, eine Stahlglocke – Ersatz für eine im Ersten Weltkrieg eingeschmolzene –, aus dem Jahr 1922. Rundbogenfenster bringen Licht in das Gebäude.

Im Innern weist der Kirchenraum eine an zwei Seiten umlaufende Empore auf. Diese war früher den Männern vorbehalten, während die Frauen im Parterre saßen. Der Kirchenraum wird von einer stuckierten Flachdecke mit einem neobarockes Deckenbild von 1902 überspannt. Die romantische Orgel aus dem Jahr 1903 steht im Chorraum über dem Altar. Sie stammt ursprünglich von Daniel Raßmann, musste jedoch einen Teil ihrer Metallpfeifen im Ersten Weltkrieg abgeben und wurde 1964 von Wilhelm Ratzmann aus Gelnhausen umgebaut.[2]

Die Kirche ist ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes.

Weitere Entwicklung

Todesstoß für die Bikonfessionalität in der ehemaligen Grafschaft Hanau war die durch die napoleonischen Kriege ausgelöste wirtschaftliche und finanzielle Krise. Nach den Kriegen rechtfertigte der weitgehend geschwundene Gegensatz zwischen Reformierten und Lutheranern in einer solch relativ kleinen Einheit wie der Grafschaft Hanau-Münzenberg die kirchliche Doppelstruktur nicht mehr. So kam es im Jahr 1818 zur Hanauer Union der beiden protestantischen Kirchen. Eine praktische Konsequenz der Union war, dass in all den Orten der Grafschaft Hanau, die zwei protestantische Kirchen besaßen, nun eines der beiden Gebäude aufgegeben werden musste. In Ginnheim fiel die Wahl der Gemeinde – nach langen Auseinandersetzungen – auf die ehemals lutherische Bethlehemskirche als Gemeindekirche, weil deren Bausubstanz solider war. Die mittelalterliche, ehemals reformierte Maria Magdalena-Kapelle wurde 1830 abgebrochen.

Wissenswert

Die Kirche heißt heute Alte Bethlehemkirche, da es noch eine (Neue) Bethlehemkirche in Frankfurt-Ginnheim gibt. Diese gehört zur gleichen Kirchengemeinde und ist ein Neubau aus den Jahren 1968-1971.

Weblink

Literatur

  • Evangelische Bethlehemgemeinde Frankfurt-Ginnheim (Hrsg.): Alte Bethlehemkirche – Neues Leben. 1700-2000. Festschrift. Frankfurt 2000.
  • Hermann Lenz: Ginnheim im Wandel der Zeiten. Frankfurt, o.J. [ca. 1962]. [Enthält zahlreiche Fehler]
  • Heinz Schomann u.a.: Denkmal Topographie Stadt Frankfurt am Main. Braunschweig 1986, S. 527.
  • Heinz Schomann: Geschichte und Architektur der Bethlehemkirche. In: Evangelische Bethlehemgemeinde Frankfurt-Ginnheim (Hrsg.): Alte Bethlehemkirche – Neues Leben. 1700-2000. Festschrift. Frankfurt 2000, S. 6f.
  • Stefan Toepfer: Der Reichsgraf, die Pfarrweiber und ein heftiger Streit: Alte Bethlehemkirche in Ginnheim renoviert. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 211 v. 11 September 2000.
  • Renate Velten: Alte Bethlehem-Kirche - neues Leben : 1700 - 2000 ; Festschrift. Frankfurt 2000.
  • Sara Wagner: Glaubensstreit in Ginnheim. In: Evangelisches Frankfurt 1/2011, S. 10.

Einzelnachweise

  1. Schomann: Geschichte, S. 7.
  2. Zur Orgel: Bern Lechla: Denkmalorgel mit frischem Klang. In: Evangelische Bethlehemgemeinde Frankfurt-Ginnheim (Hrsg.): Alte Bethlehemkirche – Neues Leben. 1700-2000. Festschrift. Frankfurt 2000, S. 20f.


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