Duale Paarung

Duale Paarung

Die duale Paarung ist in der Mathematik eine Abbildung, die einem Vektor und einem linearen Funktional eine Zahl zuweist. Sie stellt eine Verallgemeinerung des Skalarproduktes dar.

Das Ziel ist es, mathematische Begriffe, die von einem Skalarprodukt herrühren (wie etwa die Frage, ob zwei Vektoren senkrecht zueinander sind), in Räumen zu verwenden, in denen man kein Skalarprodukt definieren (und daher auch keine Winkel messen) kann. Der Nachteil, der sich dabei ergibt, liegt darin, dass die beiden Vektoren, deren Skalarprodukt man berechnet (um beispielsweise ihren Winkel zu erhalten) aus unterschiedlichen Vektorräumen stammen.

In der Physik tauchen Ansätze der dualen Paarung beispielsweise im Bra-Ket-Formalismus auf.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Es seien X ein K-Vektorraum und X^\prime der zugehörige Dualraum. Die Abbildung

\langle\cdot,\cdot\rangle:X\times X^\prime\rightarrow K,\quad (x,l)\mapsto\langle x,l\rangle := l(x)

wird duale Paarung genannt.

Wenn der betrachtete Vektorraum eine topologische Struktur besitzt, so meint man mit X^\prime in der Regel den topologischen Dualraum, das heißt den Raum der stetigen linearen Funktionale.

Eigenschaften

Die duale Paarung auf normierten Räumen

Ist X ein normierter Raum, so gilt

(\forall x\in X : \langle x,l\rangle=0)\Rightarrow l=0
(\forall l\in X^\prime : \langle x,l\rangle=0)\Rightarrow x=0,

wobei die zweite Aussage ein Korollar aus dem Satz von Hahn-Banach für normierte Räume ist. In diesem Fall ist die duale Paarung eine nicht entartete bilineare Abbildung.

In Banachräumen gilt eine Ungleichung, die eine Verallgemeinerung der Cauchy-Schwartzschen Ungleichung darstellt. Sind x\in X, l \in X^\prime und \|l\|_{Op} die Operatornorm von l, dann ist

\Big|\Big\langle\frac{x}{\|x\|},l\Big\rangle\Big|= \Big|l\Big(\frac{x}{\|x\|}\Big)\Big|\leq\|l\|_{Op}

und daher

|\langle x,l\rangle|\leq \|x\|\cdot\|l\|_{Op}.

Die duale Paarung auf Hilberträumen

Ist X ein Hilbertraum, so ist wegen des Satzes von Fréchet-Riesz X\cong X^\prime. Ist X zudem ein reeller Vektorraum, dann ist die duale Paarung in diesem Fall identisch mit dem Skalarprodukt des Hilbertraums. Für komplexe Hilberträume ist zu beachten, dass die duale Paarung bilinear ist, im Gegensatz zum Skalarprodukt, das lediglich sesquilinear ist.

Um Verwechslung mit einem (womöglich sesquilinearen) Skalarprodukt zu vermeiden, wird in der Literatur manchmal die Schreibweise \langle\cdot,\cdot\rangle für die duale Paarung reserviert, und für das Skalarprodukt dafür (\cdot,\cdot) verwendet. Man erhält dann die Beziehung

\langle x,y\rangle=(x,\overline{y}).

Die Notation der dualen Paarung ist verträglich mit gewissen Rechenregeln, die man für adjungierte Operatoren auf Hilberträumen kennt. Ist X ein Hilbertraum, T \colon X\rightarrow X ein linearer Operator und T^*\colon X\rightarrow X der adjungierte Operator, so ist

(Tx,y) = (x,T * y)

für alle x im Definitionsbereich von T und alle y im Definitionsbereich von T * . Ist nun X kein Hilbertraum mehr, so erhält man (da in diesem Fall kein Analogon zum Riesz-Isomorphismus existiert) als Adjungierten zu T einen Operator auf den Dualräumen T^\prime \colon X^\prime \rightarrow X^\prime und es gilt

\langle Tx,y\rangle=y(Tx)=(T^\prime y)(x)=\langle x,T^\prime y\rangle

für alle x im Definitionsbereich von T und alle y im Definitionsbereich von T^\prime.

Gel'fand-Tripel

Definition

Ein Nebeneinander von dualer Paarung und Skalarprodukten erhält man beispielsweise in folgender Situation. Betrachte einen Hilbertraum H und einen Teilraum N, der in vielen Fällen selbst kein (Prä-)Hilbertraum ist.

Wieder kann man aufgrund des Riesz-Isomorphismus H mit seinem Dualraum identifizieren. Aus den mengentheoretischen Eigenschaften von Dualräumen erhält man dann die Inklusionskette

N\subset H = H^\prime \subset N^\prime,

was man als Gel'fand-Tripel bezeichnet. Auch hier kann man eine duale Paarung für N,N^\prime betrachten, die jedoch nur dann mit dem Skalarprodukt auf H in der Beziehung

\langle x,y\rangle=(x,\overline{y})

stehen kann, wenn y ein Element von H^\prime ist.

Beispiel

Ein wichtiges Gel'fand-Tripel aus der White-Noise-Analysis ist das Tripel

\mathcal{S}(\R)\subset L^2(\R)\subset \mathcal{S}(\R)^\prime,

wobei \mathcal{S}(\R) der Raum der schnell fallenden Funktionen (Schwartzraum) ist und \mathcal{S}(\R)^\prime sein topologischer Dualraum, der Raum der temperierten Distributionen. L^2(\R) ist der Hilbertraum der quadratisch integrierbaren Funktionen bezüglich des Lebesguemaßes. Der Schwartzraum ist ein dichter Teilraum und er ist ein vollständiger metrischer Raum, jedoch lässt sich auf ihm kein Skalarprodukt definieren, das mit der zugehörigen Topologie kompatibel ist.

Man kann nun jedes Element f in L2 als temperierte Distribution auffassen, indem man die Abbildung

\overline{f} \colon \mathcal{S}\rightarrow \R,\quad g\mapsto \int_\R g(x)f(x)dx

definiert (die Endlichkeit des Integrals ist eine Konsequenz der Cauchy-Schwarz-Ungleichung). Man sieht rasch, dass mit dieser Definition Skalarprodukt und duale Paarung für alle Elemente \overline{f}\in\mathcal{S}(\R)^\prime, g\in\mathcal{S}(\R) übereinstimmen, wenn \overline{f} durch eine quadratisch integrierbare Funktion f induziert werden kann. Für andere temperierte Distributionen (so genannte singuläre Distributionen) ist das nicht möglich, zum Beispiel für die Deltadistribution, da der Ausdruck

\int_\R g(x)\delta(x)dx

rein formal ist und kein Lebesgueintegral darstellt.

Der Annihilatorraum

Mit Hilfe der Dualen Paarung lässt sich für beliebige Vektorräume X eine Verallgemeinerung des orthogonalen Komplements einer Menge S\subset X definieren, der so genannte Annihilatorraum

S^0=\lbrace f\in X^\prime\mid f(S)=\lbrace0 \rbrace\rbrace.

Die duale Paarung in der Physik

In der Physik wird die duale Paarung gewöhnlich anders definiert, so dass die Reihenfolge von Vektorraum und Dualraum vertauscht ist. Man erhält

\langle\cdot,\cdot\rangle:X^\prime\times X\rightarrow K, (l,x)\mapsto\langle l,x\rangle =l(x).

Ein Grund, der für diese Definition spricht, mag die Ähnlichkeit zum euklidischen Skalarprodukt sein. Dort kann man nämlich Vektoren als Spaltenvektoren auffassen und die zugehörigen Funktionale als Zeilenvektoren. Dann gilt mit den Rechenregeln der Matrixmultiplikation

\langle\cdot,\cdot\rangle:(\R^n)^\prime\times\R^n\rightarrow \R, (x,y)\mapsto\langle x,y\rangle =(x_1,\ldots,x_n)\begin{pmatrix} y_1 \\ \vdots \\ y_n \end{pmatrix}.

Bra-Ket-Schreibweise

Im Bra-Ket-Formalismus, der in der Quantenmechanik häufig benutzt wird, werden Vektoren als Ket-Vektoren in der Form |y\rangle und Elemente des Dualraums als Bra-Vektoren in der Form \langle x| geschrieben. Vergleicht man diese Notation mit der obigen Bemerkung über das euklidische Skalarprodukt, so erkennt man, dass hier dieselbe Idee zugrunde liegt, nämlich dass man ein Skalarprodukt formal als Produkt aus einem Funktional und einem Vektor schreiben kann.

Allerdings sei angemerkt, dass hier keine duale Paarung zugrunde liegt, da die Vektorräume in der Quantenmechanik häufig komplexe Räume sind und das Skalarprodukt daher sesquilinear ist. Dennoch ist diese der dualen Paarung verwandte Notation nützlich, da sie ein intuitives Rechnen mit Vektoren, Funktionalen und Skalarprodukten ermöglicht.

Literatur

  • Nobuaki Obata: White Noise Calculus and Fock Space („Lecture notes in mathematics; 1577“). Springer Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-540-57985-0.

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