EuroRADAR CAPTOR

EuroRADAR CAPTOR
Eurofighter Typhoon der RAF

Das EuroRADAR CAPTOR ist das Bordradar des Eurofighter Typhoon, welches vom EuroRADAR-Konsortium unter Führung von BAE Systems (vorher GEC Marconi Avionics) entwickelt wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Auswahl des Radars war ein großes Hindernis im EFA-Projekt. Großbritannien, Italien und Spanien unterstützten das Ferranti ECR-90, während Deutschland auf dem MSD2000 (basierend auf APG-65) bestand. Nachdem UK Defence Secretary Tom King seinem deutschen Kollegen Gerhard Stoltenberg versicherte das GEC Ferranti Defence Systems von seiner in Schwierigkeiten geratenen Mutterfirma kaufen könne, konnte eine Einigung erzielt werden. Der Vertrag für das Radar wurde daraufhin an das EuroRADAR-Konsortium mit dem ECR-90 vergeben.[1] EuroRADAR wurde als Konsortium von EADS (Deutschland), SELEX Sensors and Airborne Systems (UK), Galileo Avionica (Italien) und Indra (Spanien) gebildet; heute wird die Gruppe von SELEX Galileo geführt.

Das ECR-90 ist eine Weiterentwicklung des Blue-Vixen-Radars, dass für den Hawker Siddeley Harrier entwickelt wurde. Die ersten Tests des Systems (ECR-90-A) wurden im Vereinigten Königreich durchgeführt, an Bord einer modifizierten BAC 1-11 im Januar 1993. Dazu wurde das Flugzeug mit einem Eurofighter Radardome ausgestattet. Bei dem ersten Test gab es noch Probleme mit dem Radom, da dessen Frequency Selective Surface-(FSS)-Materialien Störflecken hervorriefen. Die Probleme wurden in der Folge mit einer Antennenneugestaltung von DASA behoben. Das erste Eurofighter-kompatible Modell, das ECR-90-C wurde im deutschen DA5 eingebaut und im Februar 1997 an zwei Flugzeugen erfolgreich getestet. Sowohl das DA5 und das britische DA4 sind für die ECR-90-Entwicklung verwendet worden. Sie endete im Februar 1999, da nun die Serienreife erreicht war. Daraufhin wurde der Name im Jahr 2000 von ECR-90-C in CAPTOR-C geändert. Das erste Serienradar wurde am 21. Juni 2001 an Großbritannien ausgeliefert.[2]

Durch die rasante Entwicklungsgeschwindigkeit in der Mikroelektronik war diese beim CAPTOR-C bald obsolet. Deshalb wurden Tranche-2-Flugzeuge mit einer modernisierten Version CAPTOR-D (auch als CAPTOR-M bezeichnet) ausgerüstet, welche moderne G4 AltiVec PowerPC Prozessoren enthält.[3] Der Erstflug einer Tranche-2-Maschine erfolgte am 16. Januar 2008.[4]

Schon früh wurde beschlossen den Typhoon mit einem Active-Electronically-Scanned-Array-Radar auszustatten. Deshalb wurde 1993 das GTDAR-Konsortium gegründet, benannt nach den beteiligten Partnerfimen (GEC-Thomson-DASA Airborne Radar). Die dabei erarbeitete Technologie sollte das mechanisch geschwenkte CAPTOR des Eurofighter und das PESA RBE2 der Rafale ersetzen. Das daraus entwickelte AMSAR (Airborne Multirole Solid-state Active Array Radar) besaß 1.000 Sender-/Empfänger-Module und wurde am 23. März 2007 in Ulm erfolgreich getestet.[5]

2002 finanzierte das Euroradar-Konsortium die Entwicklung des CAESAR-Demonstrators (Captor AESA Radar). Als Basis wurde das Captor-D gewählt. Nach fast dreijähriger Entwicklungszeit erfolgte am 24. Februar 2006 der erste Testflug an Bord der BAC 1-11. Am 8. Mai 2007 flog das Eurofighter Development Aircraft 5 (DA5) zum ersten Mal mit dem CAESAR. Das neue Radar besteht aus 1424 Transmittern welche aufgrund ihrer Leistungsdichte flüssiggekühlt werden müssen. Die Transmitter sind ungefähr 64,5 mm × 13,5 mm × 4,5 mm groß.[6] Die Entwicklung des CAPTOR-E mit Swashplate-Architektur wurde am 1. Juli 2010 gestartet, Flugtestmodelle sollen bis 2013 fertig und Serienmodelle ab 2015 verfügbar sein.[7] Die Kosten dafür werden von der Industrie vorgeschossen und sollen später durch die Entwicklungsnationen zurückgezahlt werden, da von staatlicher Seite momentan keine Mittel zur Verfügung stehen.[8]

Technik

Allgemein

Das CAPTOR-C wurde für den Luftkampf mit Beyond Visual Range Air-to-Air Missiles (BVRAAM) unter starken gegnerischen elektronischen Gegenmaßnahmen optimiert, dies resultierte aus den Anforderungen des Kalten Krieges.[9] Seit dessen Ende verschob sich das Hauptaugenmerk des Eurofighters von Jagd- zu Mehrzweckkampfflugzeugaufgaben. Deshalb wurden die Bodenangriffsfähigkeiten des Radars in diese Richtung weiterentwickelt. Die mechanische Steuerung wurde in der Anfangsphase des Eurofighter-Projektes ausgewählt, da ein möglichst geringes Entwicklungsrisiko eingegangen werden sollte. Laut den Projektverantwortlichen wurde die Technologie einer mechanisch geschwenkten Antenne mit dem CAPTOR voll ausgereizt.[10]

Das Radar besteht aus einer mechanisch gesteuerten Antenne mit 0,7 Metern Durchmesser, 61 Steckkarten (Shop Replaceable Items) und 6 Line Replaceable Units. Durch das modulare Design sind einfache Reparaturen und Upgrades möglich. Die Software wurde in ADA nach MIL STD 2167A-Standard geschrieben.[11] Das Gesamtsystem wiegt 193 kg, die Kühlung der Rechnerkomponenten erfolgt sowohl flüssig als auch mit Luft.[9] Zur Antennensteuerung werden vier hochpräzise Samarium-Kobalt-Servomotoren mit hohem Drehmoment verwendet, um hohe Abtastgeschwindigkeiten zu erzielen.[12] Die Genauigkeit beträgt dabei unter einem Milliradiant in der Ausrichtung und unter 10 Meter bei der Entfernungsmessung.[13] Das CAPTOR arbeitet in einem Frequenzband von 8 bis 12 GHz (X-Band) und besitzt die doppelte Sendeleistung des AN/APG-65.[12] Es wechselt automatisch zwischen niedrigen, mittleren und hohen Pulswiederholungsraten. Diese betragen 1000 bis 200.000 Impulse pro Sekunde. Das Aussenden kürzerer Impulse reduziert die Entdeckbarkeit. Die Freund-Feind-Erkennung ist in das Radargerät integriert und wird normalerweise vollautomatisch betrieben.[14] Die Antenne kann um ±60° in Elevation und Azimut geschwenkt werden. Die mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen liegt bei weit über 100 Stunden, das entspricht einem Ausfall pro Jahr bei normalem Flugbetrieb.[3] Eingebaute Testeinrichtungen sind ebenfalls vorhanden.[15]

Besonderheiten

Das CAPTOR ist das erste NATO-Radar mit drei Verarbeitungskanälen. Der erste Kanal dient der Zielsuche, der Zweite der Zielverfolgung und Identifizierung und der Dritte zur Lokalisierung, Klassifizierung und Überwindung von Störmaßnahmen sowie zur Nebenkeulenunterdrückung.[9] Zusammen mit der hohen Sendeleistung ist das Radar dadurch relativ unempfindlich gegenüber Störmaßnahmen.

Durch die im Eurofighter Typhoon praktizierte Sensorfusion über das Attack and Identification System (AIS) werden die Radarmodi im Normalfall vom Bordcomputer automatisch angewählt, die Bedienung des CAPTOR findet ausschließlich nach dem VTAS-Prinzip (VTAS - Voice, Throttle and Stick) statt.[2][12]

Durch die für eine mechanisch geschwenkte Antenne sehr hohe Scangeschwindigkeit kann das Radar auch verschiedene Radarmodi verschränken (interleaving), was sonst nur mit Phased-Array-Antennen möglich ist, dort allerdings wesentlich schneller. So können zum Beispiel Luft-Luft und Luft-Boden-Modi in einem Scandurchgang kombiniert werden.[12][11] Während herkömmliche mechanisch geschwenkte Radare ein festes Suchmuster, meist im Bereich von ±40° abarbeiten, passt das CAPTOR den Scanbereich dynamisch den Zielpositionen an.[13] Diese als Data Adaptive Scanning (DAS) bezeichnete Technologie minimiert die Bewegungen der Antenne und ermöglicht es dem Radar auch Ziele zu verfolgen die weit auseinander liegen.[15][16] Durch den Verzicht auf elektronische Strahlschwenkung tritt auch am Rand des Schwenkbereiches kein Reichweitenverlust auf.[17]

Betriebsmodi

siehe auch: Betriebsmodus (Radar)

Im Track While Scan-Modus kann das CAPTOR-C bis zu 20 Luftziele gleichzeitig verfolgen, identifizieren und nach Bedrohung priorisieren. Die Umgebung eines erfassten Zieles wird intensiv mit sehr kurzen Impulsen abgesucht, um eventuell verborgene Ziele innerhalb einer engen Formation zu erfassen (Raid Assessment).[2] Im Auto-attack-Modus des Autopiloten wird das Flugzeug vom Bordcomputer automatisch zum aufgeschalteten Ziel geflogen und die passende Waffe ausgewählt.[12] Es können bis zu 6 Ziele gleichzeitig mit Luft-Luft-Raketen beschossen werden.[9] Die Kombination aus Range-while-Scan- und Velocity-Search-Modus ermöglicht höhere Reichweiten, allerdings zu Lasten der Genauigkeit, die dann nicht mehr „waffentauglich“ ist.[2]

Für den Dogfight stehen weitere Betriebsmodi zur Verfügung: Im Boresight-Acquisition- beziehungsweise Vertical Acquisition-Modus wird ein schmaler horizontaler/vertikaler Bereich nach Zielen abgesucht, im HUD-Acquisition-Betriebsmodus der Bereich innerhalb des HUD.[2] Die Mauser BK-27 feuert dabei automatisch wenn der Gegner in der Schusslinie liegt.[18]

Im Slaved-Acquisition-Modus arbeitet das Radar mit anderen Sensoren zusammen. So kann das CAPTOR-Radar über den Striker-Helm mit der Kopfbewegung des Piloten gekoppelt werden, um Kurzstrecken-Luft-Luft-Raketen im Lock-On-After-Launch-Modus abzufeuern.[10] Es ist auch möglich das Radar mit dem PIRATE-Sensor in dessen Sector-Acquisition-Betriebsmodus gemeinsam nach Zielen in einem Sektor suchen zu lassen.

Der Eurofighter besitzt auch einen Non-Cooperative-Target-Identification-Modus, falls die Freund-Feind-Erkennung fehlschlägt. Herkömmliche Radare verwenden dazu Anzahl und Drehgeschwindigkeit der Verdichterschaufeln des Ziels, um es zu identifizieren. Das Problem ist, dass das Ziel dafür direkt auf das Radar zufliegen muß, ferner dürfen seine Lufteinlässe nicht mit radarabsorbierendem Material beschichtet sein, was zum Beispiel beim Eurofighter selbst der Fall ist. Das CAPTOR-C verwendet diese Methode der Identifizierung und zieht dazu noch die Stärke des Radarechos zur Analyse hinzu.[2] Das CAPTOR-D ist in der Lage “Radarsignatur-Bilder” vom Ziel zu erstellen und mit Hilfe einer Radarbilderdatei das Ziel anhand der Form seiner Flugzelle zu identifizieren. Das Verfahren ist somit richtungsunabhängig. Um die Datenmenge nicht ausufern zu lassen, werden nur die Radarbilder der Bedrohungen geladen, die im Zielgebiet zu erwarten sind.[16]

Durch den Einsatz als Mehrzweckkampfflugzeug wurden auch umfangreiche Luft-Boden-Modi implementiert. Im Doppler Beam Sharpening/Synthetic Aperature Radar-Modus kartografiert das Radar das Gelände. Der Modus Fixed Target Track/Spot Mapping ermöglicht es ein Bodenziel mit dem Radar aufzuschalten. Diese Fähigkeiten standen auch dem CAPTOR-C zur Verfügung.[19] Ab der Version CAPTOR-D wurde ein Modus zur Erfassung von Seezielen und ein Ground Moving Target Indication/Track-Betriebsmodus, der sehr geringe Frequenzverschiebungen (Dopplereffekt) auswertet um auch bewegte Bodenziele entdecken zu können, implementiert.[2]

Für den Piloten stehen noch weitere nützliche Modi zur Verfügung, zum Beispiel Terrain Avoidance für den Tiefflug, AG-Ranging um eine sehr genaue Entfernungsmessung zu festgelegten Orten am Boden durchzuführen oder der Precision Velocity Update-Modus, welcher die Geschwindigkeit über Grund misst um die Ungenauigkeit des Inertialen Navigationssystems auszugleichen, falls das GPS-Signal ausfällt oder gestört wird.[2] Ein von Panavia Tornado abgeleiteter Terrain Profile Matching-Modus ist ebenfalls implementiert.[20]

Versionen

ECR-90-A

Erster Test an Bord einer modifizierten BAC 1-11 mit Eurofighter-Radarnase. Aufgrund der „Frequency Selective Surface (FSS)“-Materialien im Radom tauchten Störflecken auf. Diese Materialien sorgen dafür dass das Radom für die Frequenzen und die Polarisation des eigenen Radars transparent ist, während andere wegreflektiert oder absorbiert werden.

ECR-90-B

Verbessertes Testradar mit von DASA geänderter ECR-90 Antenne an Bord einer modifizierten BAC 1-11 mit Eurofighter-Radarnase.

CAPTOR-C

Das CAPTOR-C (früher ECR-90-C bezeichnet) ist das Serienradar der Tranche 1 Flugzeuge. Die Rechenleistung des Radars liegt bei drei Milliarden Instruktionen pro Sekunde.[21] Die Software beinhaltet 1,2 Millionen Zeilen Code. Im Track-while-Scan-Modus liegt die Ortungsreichweite für ein Jagdflugzeug bei etwa 185 km, es können bis zu 20 Ziele verfolgt und 6 gleichzeitig beschossen werden. Im Synthetic-Aperture-Radar-Modus kartografiert das Radar das Gelände mit einer Auflösung von 1 m.[12][22]

CAPTOR-D

Da die Elektronik des CAPTOR-C obsolet geworden war wurden für die Tranche 2 Modernisierungsmaßnahmen eingeleitet. Dazu zählen neue Hardware mit modernen PowerPC-Prozessoren und ein neuer Missionscomputer mit höherer Rechenleistung.[23][24] Durch diese Kampfwertsteigerung konnten die EloGM-Fähigkeiten verbessert werden, die Auflösung im SAR-Modus erhöhte sich auf 0,3 m.[12] Das CAPTOR-D verfügt über die vollen Luft-Boden-Eigenschaften (siehe oben), eine Nachrüstung der AESA-Technologie ist möglich. Das Radar wird auch als CAPTOR-M (“M” für mechanisch) bezeichnet.

CAPTOR-E

Das CAPTOR-E soll das neue AESA-Radar des Typhoon werden und ab 2015 zur Nachrüstung zur Verfügung stehen. Es ist dabei möglich das CAPTOR-M hochzurüsten um Kosten zu sparen.[25] Neben den Vorteilen der AESA-Technologie störfester zu sein und mehrere Radarmodi gleichzeitig zu nutzen werden auch folgende Erweiterungen diskutiert:

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Miller, Charles: Radar Deal Keeps Britain in Forefront of Airborne Technology. In: The Press Association Ltd. 1990.
  2. a b c d e f g h Truppendienst - Radar und Selbstschutz
  3. a b http://www.flug-revue.rotor.com/frheft/FRHeft04/FRH0402/FR0402e.htm
  4. http://www.eurofighter.com/news/20080116_ipa7.asp
  5. http://www.dmkn.de/1779/presse.nsf/7ad740b5cbd8e270412569490057e330/8b9aa3e8987bb974c12572aa00486d15!OpenDocument
  6. http://www.airpower.at/news06/0922_captor-e/index.html
  7. http://www.flugrevue.de/de/militaer/fluggeraet-hersteller/eurofighter-industrie-startet-aesa-radarentwicklung.28499.htm
  8. DefenseNews – Industry Fronts Money for Typhoon Radar R&D
  9. a b c d http://www.janes.com/articles/Janes-Avionics/Captor-Radar-International.html
  10. a b c http://www.aviationtoday.com/av/issue/feature/Avionics-Crown-Typhoon-Performance_1048.html
  11. a b http://www.aviationtoday.com/av/categories/military/Typhoon-Europes-Finest_917.html
  12. a b c d e f g h Eurofighter Typhoon - Sensors
  13. a b http://www.raeng.org.uk/prizes/macrobert/finalists/2000/bae.htm
  14. http://www.eurofighter.ch/1024/de/eurofighter/multisensorik/captor.html
  15. a b http://www.janes.com/articles/Janes-Radar-and-Electronic-Warfare-Systems/Captor-multimode-radar-International.html
  16. a b http://eurofighter.airpower.at/sensorik-captor.htm
  17. http://www.flightglobal.com/articles/2008/05/29/224274/ila-2008-aesa-radar-solution-now-for-typhoons.html
  18. http://typhoon.starstreak.net/Eurofighter/weapons.html
  19. http://www.airpower.at/news07/1216_ef-steigflug/index.html
  20. http://www.eurofighter.com/news/article61.asp
  21. Eurofighter Typhoon - Werkstoffe, Aerodynamik, Flugsteuerung
  22. http://www.airpower.at/flugzeuge/eurofighter/sensorik-captor.htm
  23. http://www.flightglobal.com/articles/2007/05/15/213879/details-of-typhoon-enhancements-revealed.html
  24. airpower.at – Eurofighter im Steigflug
  25. a b c d http://www.selex-sas.com/EN/Common/files/SELEX_Galileo/Products/CAPTOR.pdf
  26. http://www.defensenews.com/story.php?i=4499912&c=AIR&s=TOP

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