Carl Junghans

Carl Junghans

Carl Junghans (* 7. Oktober 1897 in Dresden; † 8. November 1984 in München; gebürtig Carl Friedrich Walter Junghans) war ein deutscher Filmregisseur, Cutter und Drehbuchautor, besonders bei Dokumentarfilmen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn des Schneiders Ferdinand Junghans und seiner Frau Emilie besuchte das humanistische Gymnasium und meldete sich 1916 als Kriegsfreiwilliger. Er zog sich jedoch während seiner Ausbildung im Leibgrenadierregiment Nr. 100 eine Rückenverletzung zu und wurde 1917 als dienstuntauglich entlassen. Er nahm ab 1918 Musikunterricht und ließ sich zum Schauspieler ausbilden. 1921 stand er als jugendlicher Held auf der Bühne des Stadttheaters von Freiberg und wirkte als Dramaturg am Albert-Theater in Dresden und am Neuen Theater am Zoo in Berlin. Bis 1923 versuchte er sich als Schauspieler und übernahm Statistenrollen beim Film, unter anderem als Christus in dem katholischen Tendenzfilm Stürzende Götter. Von 1924 bis 1925 arbeitete er als Journalist. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt besonders durch Rezitationen von revolutionären Gedichten und schrieb Filmkritiken bei Berliner Zeitungen, wobei er sich besonders mit Charlie Chaplin beschäftigte. Von 1924 bis 1927 und dann wieder von 1929 bis 1930 war er Mitglied der KPD.

Filme

Junghans beteiligte sich zu dieser Zeit an mehreren Dokumentarfilmen der von Willi Münzenberg gegründeten Firma Prometheus Film. Diese Kompilationsfilme, in denen er auf vorhandenes sowjetisches Material zurückgriff, verherrlichten Lenin, den Kommunismus und die Sowjetunion. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zu dieser Zeit vor allem durch die Herstellung von deutschen Fassungen ausländischer, besonders tschechischer Filme. Die so erworbene finanzielle Unabhängigkeit und seine Kontakte zur tschechischen Filmwelt erlaubten es ihm, 1929 in Prag seinen ersten Spielfilm So ist das Leben zu inszenieren. Im Mittelpunkt des Films steht eine verarmte Wäscherin, ihr Leben und tragisches Sterben. Nach einem weiteren Film wurde er nach Moskau engagiert, wo er von 1931 bis 1932 blieb, ohne ein Filmprojekt verwirklichen zu können. Von 1933 bis 1935 arbeitete er in Prag an dem tschechisch-jugoslawischen Film Und das Leben geht weiter. Im Jahr 1935 kehrte er nach Deutschland zurück. Trotz seiner Vergangenheit konnte er hier als Drehbuchautor fungieren und lehrte Filmtheorie an der Reimann-Schule. Seine Montage des vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Auftrag gegebenen Films um die Winterspiele 1936 fand auch internationale Anerkennung.

Sein nächster Großauftrag Die Geißel der Welt über den Spanischer Bürgerkrieg, den Junghans aus Aufnahmen deutscher Kameramänner montierte, wurde dagegen als zu kommunistenfreundlich verboten und erschien erst nach Umarbeitungen durch andere Autoren 1939 unter dem Titel Helden in Spanien. Auch seine Arbeit an einem Monumentalfilm über den Reichsparteitag 1936 fiel nicht zur Zufriedenheit von Propagandaminister Joseph Goebbels aus. Dieser Film Jahre der Entscheidung wurde erst 1939 fertiggestellt und nie aufgeführt. Ab Juli 1938 arbeitete Junghans an seinem zweiten Spielfilm Altes Herz geht auf die Reise nach einem Roman von Hans Fallada. Er hielt sich nicht an die vom Propagandaministerium überarbeitete Drehbuchfassung, weshalb auch dieser Film verboten wurde. Im April 1939 emigrierte Junghans nach Frankreich. Während des Frankreichfeldzugs wechselte er im Juni 1940 von Paris nach Casablanca und von dort in die USA. Er arbeitete hier zunächst als Gärtner und erwarb sich allmählich als Porträt- und Landschaftsfotograf ein neues Renommee. Er drehte auch zwei kurze, selbst finanzierte Filme über das Monument Valley. Im Jahr 1963 kehrte er nach Deutschland zurück und ließ sich in München nieder. 1967 vertonte er seinen Stummfilm So ist das Leben, der auf den Weltausstellungen in Ottawa und Mexiko und schließlich auch im deutschen Fernsehen gezeigt wurde.

Junghans, der sich jetzt als Anhänger von Richard Nixon und Franz Josef Strauß zu erkennen gab, unternahm in den 70er Jahren ausgedehnte Reisen durch Afrika, besonders nach Marokko, und erlebte 1974 die deutsche Erstaufführung von Altes Herz geht auf die Reise in Düsseldorf. Er war Ehrengast und gelegentlich Ehrenpräsident der Jury bei Filmfestivals und erhielt für seine Verdienste um den deutschen Film 1975 das Filmband in Gold.

Filmografie

  • 1922: Stürzende Götter (Darsteller)
  • 1925: Der Cowboy im Wedding (Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt)
  • 1928: Lenin 1905–1928 / Der Weg zum Siege (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1928: Weltwende. Zehn Jahre Republik – Zehn Jahre Sowjetunion (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1928: Was wollen die Kommunisten? (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1928: Rote Pfingsten / Rote Pfingsten 1928 (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1930: So ist das Leben (Takový je zivot; Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1930: Tonfilmconference (Regie, Schnitt)
  • 1930: Kamera-Reporter rast durch New York / Amerika, du hast es besser (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1931: Filmmontage 1912-1928 (Regie, Buch, Schnitt, Produktion)
  • 1932: Fliehende Schatten (Regie, Buch)
  • 1935: Und das Leben geht weiter (A zivot jde dál; Regie, Drehbuch)
  • 1935: Krach im Hinterhaus (Co-Drehbuch)
  • 1936: Durch die Wüste (Drehbuch, nach dem Roman von Karl May)
  • 1936: Jugend der Welt. Der Film von den IV. Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen (Drehbuch, Schnitt)
  • 1936: Die Geißel der Welt (Kampf in Spanien) (Regie, Drehbuch, Schnitt)
  • 1938: Die große Zeit (Regie, Drehbuch, Schnitt mit Gerhard Stegemann und Hans Weidemann)
  • 1938: Altes Herz geht auf die Reise (Regie, Drehbuch)
  • 1939: Jahre der Entscheidung (Beteiligung)
  • 1939: Helden in Spanien (Co-Regie, Co-Drehbuch)
  • 1947: Sand Paintings (Kurz-Dokumentarfilm; Regie, Buch, Schnitt, Produktion)
  • 1947: Monuments of the Past (Kurz-Dokumentarfilm; Regie, Buch, Schnitt, Produktion)
  • 1947: Denkmäler der Vergangenheit / Erinnerungen an Monument Valley (Monuments of the Past; Regie, Buch, Kommentar, Produktion)
  • 1971: Kärnten in vier Jahreszeiten / Die vier Jahreszeiten (Regie, Buch, Schnitt, Produktion)

Auszeichnungen

  • 1936: IFF Venedig: Coppa dell'Istituto Nazionale Luce per il Miglior Documentario für Jugend der Welt
  • 1937: Internationale Ausstellung in Paris: Grand Prix für Jugend der Welt
  • 1957: Top Award (Goldcup) of the Eleven Western States
  • 1959: National Award for the Best Postcard (Dexter Press)
  • 1961: Seattle: Award for Notable Achievement
  • 1975: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Carl Paul — (1927) Carl Paul (* 4. Februar 1857 in Lorenzkirch bei Strehla; † 10. Oktober 1927 in Schweta bei Mügeln) war ein deutscher evangelisch lutherischer Theologe, Pfarrer, Miss …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Ju — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Nationalsozialistische Filmpolitik — Logo der 1942 verstaatlichten Universum Film AG Die nationalsozialistische Filmpolitik wurde im Wesentlichen nach der Machtübernahme Hitlers und seiner NSDAP zur Errichtung einer völkisch nationalistischen Diktatur im Deutschen Reich betrieben… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste deutscher Dokumentarfilme (1933–1945) — Diese Liste deutscher Dokumentarfilme enthält deutsche Dokumentarfilme aus der Zeit des Nationalsozialismus (1933 1945). Nicht fiktionale Filme mit populärem oder populärwissenschaftlichem Charakter wurden im Kino als Beiprogramm gezeigt und im… …   Deutsch Wikipedia

  • Laszlo Schäffer — László Schäffer (* 19. Juli 1893 in Uschgorod; † Mai 1979 in Los Angeles) war ein ungarischer Kameramann. Er kam schon in jungen Jahren nach Budapest und arbeitete dort als Fotograf. Während des Ersten Weltkrieges wurde er Kameramann und ging… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Regisseure des deutschsprachigen Films — Die meisten der hier aufgeführten Filmregisseure waren in mehr als einem Zeitabschnitt in den verschiedenen deutschen Staaten aktiv. Eingeordnet sind sie dort, wie sie ihren ersten langen deutschen Kinofilm in eigener Regie gedreht haben. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • Vera Baranowskaja — Wera Wsewolodowna Baranowskaja (auch Vera Baranowskaja; russisch: Вера Всеволодовна Барановская; * 1885 in Sankt Petersburg[1]; † 7. Dezember 1935 in Paris) war eine russische Schauspielerin. Leben Ihre Schauspielausbildung absolvierte sie am… …   Deutsch Wikipedia

  • Wera Baranowskaja — Wera Wsewolodowna Baranowskaja (auch Vera Baranowskaja; russisch: Вера Всеволодовна Барановская; * 1885 in Sankt Petersburg[1]; † 7. Dezember 1935 in Paris) war eine russische Schauspielerin. Leben Ihre Schauspielausbildung absolvierte sie am… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Weidemann — Hans Jakob Weidemann (* 22. Mai 1904 in Essen; † November 1975) war ein deutscher Propagandist zur Zeit des Nationalsozialismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Nach Kriegsende 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Telle est la vie — Takovy je život    Drame de Carl Junghans, avec Vera Baranovskaïa (la mère), Theodor Pištek (son mari), Maňa Ženiškova (sa fille), Valeska Gert (la serveuse), Wolfgang Zilzer (le fiancé de la fille).   Scénario: Carl Junghans   Photographie:… …   Dictionnaire mondial des Films

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”