Friedrich Wilhelm von Bissing

Friedrich Wilhelm von Bissing

Friedrich Wilhelm von Bissing (* 22. April 1873 in Potsdam; † 12. Januar 1956 in Oberaudorf am Inn), war ein deutscher Ägyptologe und Orientalist. Als Sohn von Moritz von Bissing wurde er durch Primogenitur in den preußischen Freiherrenstand erhoben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Friedrich Wilhelm von Bissing besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin. Ab 1892 studierte er hier und in Bonn Klassische Philologie (erhalten ist die Nachschrift dreier Vorlesungen von Hermann Diels)[1], Archäologie und Kunstgeschichte, sowie Ägyptologie (bei Adolf Erman). 1896 promovierte er in Bonn bei Alfred Wiedemann mit der Dissertation Die statistischen Tafeln Thutmosis III. 1897 bis 1898 war er als freier Mitarbeiter für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache der Berliner Akademie tätig.

Es folgte ein längerer Aufenthalt in Ägypten. Hier war er unter anderem an der Erstellung des Generalkatalogs des Kairoer Museums (Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire) beteiligt, in dem er die Gefäße aus Metall, Fayence und Stein bearbeitete. In der Zeit von 1898 bis 1901 grub er zusammen mit Ludwig Borchardt das Sonnenheiligtum des Niuserre aus. Die Ausgaben für die Ausgrabung bestritt er aus eigenen Mitteln. Nach der Rückkehr wurde er 1901 an der Universität München habilitiert, 1905 dort zum Extraordinarius, 1906 zum Ordinarius ernannt. Unterricht und Forschung konnte er weitgehend mit Hilfe seiner eigenen großen Bibliothek und reichen Sammlung ausüben. 1922 wurde er an die Universität Utrecht berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1926 lehrte. Die 30 Jahre bis zu seinem Tod lebte er als Privatgelehrter auf einem Gut nahe Oberaudorf am Inn.

Bissing galt als politisch reaktionär, ihm wurde völkische, antisemitische und antikatholische Einstellung vorgeworfen. Er gehörte seit 1925 der NSDAP an, war ein Freund von Rudolf Heß und Träger des Goldenen Parteiabzeichens. Dabei blieb er gläubiger Protestant und war sogar Mitglied der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Seine Bemühungen, gleichzeitig Partei und Kirche die Treue zu halten, scheiterten, und er wurde 1937 trotz eines Gnadenappells an den Führer aus der Partei ausgeschlossen. Abgekehrt vom Nationalsozialismus hat er sich aber vor 1945 nicht mehr.

Friedrich Wilhelm von Bissing war seit 1904 mit Elisabeth (Elsa) Freifrau von Carlowitz (1875-1961) verheiratet. Seine Bibliothek wurde nach seinem Tod versteigert.[2]

Veröffentlichungen

  • Ein thebanischer Grabfund aus dem Anfang des neuen Reichs, 1900
  • Die Mastaba des Gem-ni-kai, 1905
  • Das Re-Heiligtum des Königs Ne-woser-re (Rathures), 1905
  • Einführung in die Geschichte der ägyptischen Kunst von den ältesten Zeiten bis auf die Römer, 1908
  • Die Kultur des alten Ägyptens, 1913
  • Denkmäler ägyptischer Sculptur, 1914
  • Die Bedeutung der orientalischen Kunstgeschichte für die allgemeine Kunstgeschichte, 1922
  • Untersuchungen zu den Reliefs aus dem Re-Heiligtum des Rathures, 1922
  • Zeit und Herkunft der in Cerveteri gefundenen Gefässe aus ägyptischer Fayence und glasiertem Ton, 1941
  • Der Fussboden aus dem Palaste des Königs Amenophis IV. zu El Hawata im Museum zu Kairo, 1941
  • Die Baugeschichte des südlichen Tempels von Buhen (bei Wadi Halfa), 1942
  • Ägyptische und mesopotamische Siegelzylinder des III. Jahrtausends vor Christus, 1943
  • Versuch zur Bestimmung der Grundbedeutung des Wortes Nutr für Gott im Altägyptischen, 1951
  • Die altafrikanische Herkunft des Wortes Pavian-Babuin und sein Vorkommen als Gottesname in altägyptischen Texten, 1951
  • Altägyptische Lebensweisheit, Bibliothek der Alten Welt, Reihe Der Alte Orient, 1955

Ein vollständiges Schriftenverzeichnis in Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, S. 1-16.

Neben den Schriften im Bereich der Ägyptologie verfasste von Bissing noch eine Vielzahl von politischen Aufsätzen und anderen Beiträgen zur weltpolitischen Lage.

Literatur

  • Hellmut Brunner: Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing (22. April 1873 - 12. Januar 1956), in Archiv für Orientforschung 17, 1954-56, S. 484-485
  • Hans Wolfgang Müller: Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing 1873-1956, in Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 81, 1959, S. IV-VI
  • Hermann Grapow: Meine Begegnung mit einigen Ägyptologen, Berlin 1973
  • Warren R. Dawson, Eric P. Uphill, Maurice L. Bierbrier: Who Was Who in Egytology, 3rd edition, London: The Egypt Exploration Society, 1995, S. 46-47.
  • Wolfgang Helck: Kleines Lexikon der Ägyptologie, 1999, ISBN 3-44704-027-0, S. 53 s.v. Bissing, Friedrich Wilhelm Frh. von
  • Thomas Beckh: Das Institut für Ägyptologie der Ludwig Maximilian Universität im Nationalsozialismus, in Elisabeth Kraus (Hrsg.): Die Universität München im Dritten Reich, Aufsätze Teil 1, München 2006, S. 249-297.
  • Thomas L. Gertzen: Das Engagement des Ägyptologen Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing für die deutsche Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Teil I. "Belgien unter deutscher Besatzung", in Göttinger Miszellen Heft 221, Göttingen 2009, ISSN 0344-385X, S. 109-118
  • Thomas L. Gertzen: Das Engagement des Ägyptologen Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing für die deutsche Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Teil II. "Wünsche und Ziele", in Göttinger Miszellen Heft 222, Göttingen 2009, S. 95-104
  • Alfred Grimm: Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing. Ägyptologe, Mäzen, Sammler, München 2010. ISBN 978-3-00-030132-2

Einzelnachweise

  1. Johannes Saltzwedel (Hrsg.): Hermann Diels: Griechische Philosophie. Vorlesungsmitschrift aus dem Wintersemester 1897/98. Steiner, Stuttgart 2009. ISBN 978-3-515-09609-6.- Nicht veröffentlicht sind darin die beiden anderen Mitschriften aus demselben Manuskript: Griechische Lyriker und Herodot
  2. Ägypten, der Alte Orient, Hellas und Rom, Germanische Frühgeschichte, Varia. Bibliothek Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Freiherr v. Bissing. 28. November - 1. Dezember 1956. Stuttgarter Kunstkabinett, Stuttgart 1956. - 184 S. (Stuttgarter Kunstkabinett, Auktion 26)

Weblinks


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