Golden Age of Marriage

Golden Age of Marriage
Schulische Vorbereitung von Mädchen der 8. Klasse auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter in der Ehe (Bundesrepublik, 1954)

Golden Age of Marriage ist ein Begriff der Familiensoziologie.[1] Er bezeichnet den Zeitraum der 1950er und 1960er Jahre, in der Ehe und Familie in der Bundesrepublik Deutschland die unangefochtenen Institutionen des privaten Lebens bildeten.

In diesem Zeitraum stößt man gegenüber dem 19. und frühen 20. Jahrhundert auf eine fast vollständige Einbindung (Inklusion) der deutschen Bevölkerung in Familien. Der Begriff „Golden Age of Marriage“ bezieht sich darauf, dass in den beiden Nachkriegsjahrzehnten über 90 Prozent der Frauen und Männer innerhalb der einzelnen Jahrgänge zumindest einmal eine Ehe schlossen. Bis in die 1960er Jahre lebten über 90 Prozent der Kinder bis zum schulfähigen Alter mit beiden Elternteilen zusammen. Die Hochrangigkeit, mit der Ehe und Familie im 19. Jahrhundert bewertet wurden, fand für den historisch vergleichsweise kurzen Zeitraum von zwei Jahrzehnten eine faktische Umsetzung.

Das Golden Age of Marriage markiert geschichtlich den Zeitraum unmittelbar vor Beginn der Neuen Frauenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland, die 68er-Bewegung fand bei seinem Ausgang ihren Höhepunkt.

Inhaltsverzeichnis

Gesellschaftsgefüge im „Golden Age of Marriage“

In diesem Zeitabschnitt richtete sich an Frauen die Erwartung, eine „Hausfrauenehe“ zu führen, das heißt, sich vollständig der Rolle als Ehefrau und Mutter zuzuwenden. Die Berufstätigkeit der Ehefrau und Mutter galt als unvereinbar mit ihren Aufgaben in der Familie, was nach damaligen Erhebungen einer zentralen gesellschaftlichen Norm entsprach.

„Die Mutter – Helfer der Menschheit“, Briefmarke der Deutschen Bundespost von 1956

Der berufliche Abstieg verheirateter Frauen zeigt sich deutlich in Untersuchungen zur Lage von Müttern in den 1960er Jahren. Sie kehrten nach der Geburt von Kindern nicht in den erlernten Beruf zurück. Falls sie zum Einkommen des Mannes hinzuverdienten, nahmen sie geringer qualifizierte Arbeit an. Begleitet wurde die Entwicklung von der Wiedereinführung von Arbeitsschutzmaßnahmen und Arbeitsverboten für Frauen. Bedingt durch Krieg und Nachkriegszeit hatten Frauen auch in sogenannten Männerberufen Fuß gefasst. Im Baugewerbe und in zahlreichen handwerklichen und technischen Berufen wurden Schutzmaßnahmen verankert, die die Berufsaussichten für Frauen in diesen Bereichen verringerten. Andere Beispiele sind das Verbot des Schaffnerinnenberufs in mehreren deutschen Städten und das Nachtarbeitsverbot für Frauen.

Durchschnittliche deutsche Arbeitslosenquote[2] bis 1990 nur
Westdeutschland, ab 1991 Gesamtdeutschland.

Im Jahr 1952 wurde durch die Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mütter der bis dahin durch Novellen der Vorläufergesetze von 1927 und 1942 erfasste Personenkreis erweitert. Der Gesetzgeber befreite Frauen nicht von der Pflicht, bei Einstellungsgesprächen eine Schwangerschaft mitzuteilen und gab Arbeitgebern Kündigungsrechte nach dem fünften Schwangerschaftsmonat. Für Frauen, die als Lehrerinnen in einem der wenigen akademischen Berufe arbeiteten, sahen regionale Gesetze die Beurlaubung nach dem sechsten Schwangerschaftsmonat vor.

Gesamtgesellschaftlich ging der Rückzug der Frauen in die Familien mit einem wirtschaftlichen Aufschwung („Wirtschaftswunder“) und der sogenannten Vollbeschäftigung in den Arbeitsmarktstatistiken einher. In der Politik zeigte sich der Rückzug der Frauen aus dem öffentlichen Raum in einem Rückgang des Frauenanteils im Deutschen Bundestag von nahe 10 Prozent Ende der 1950er Jahre auf ein historisches Tief von 5,8 Prozent noch 1972 nach Beginn der sozialliberalen Ära mit der Kanzlerschaft von Willy Brandt[3]. Die allgemeine Stimmung in der Gesellschaft belegen auch Äußerungen von im Kampf für Frauenrechte politisch aktiven Frauen dieser Zeit, in denen die Enttäuschung über die minimale Unterstützung der aktiven Frauen und das mangelnde politische Interesse der Mehrheit der weiblichen Bevölkerung zum Ausdruck kommen[4].

Literatur

  • Ingrid Biermann: Von Differenz zu Gleichheit. Frauenbewegung und Inklusionspolitiken im 19. und 20. Jahrhundert. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1224-0, S. 100–102.
  • Hartmann Tyrell: Ehe und Familie. Institutionalisierung und Deinstitutionalisierung. In: Kurt Lüscher, Franz Schultheis, Michael Wehrspaun (Hrsg.): Die „postmoderne“ Familie. Familiale Strategien und Familienpolitik in einer Übergangszeit. Universitäts-Verlag Konstanz, Konstanz 1988, ISBN 3-87940-313-9, S. 145–156.

siehe auch

Einzelnachweise

  1. Detlev Lück: Der zögernde Abschied vom Patriarchat. Der Wandel von Geschlechterrollen im internationalen Vergleich. Edition Sigma, Berlin 2009, ISBN 978-3-89404-567-8, S. 9.
  2. Statistisches Bundesamt Deutschland: Arbeitslose, Arbeitslosenquote aller abhängigen zivilen Erwerbspersonen nach Gebietsstand (ab 1950)
  3. Michael F. Feldkamp, Christa Sommer: Parlaments- und Wahlstatistik des Deutschen Bundestages 1949-2002/03. Herausgegeben vom Deutschen Bundestag Referat Öffentlichkeitsarbeit, 1. Auflage, Berlin 2003, S. 16
  4. Birgit Meyer:Frauen im Männerbund. Politikerinnen in Führungspositionen von der Nachkriegszeit bis heute. Campus Verlag, Frankfurt(Main)/New York 1997, ISBN 3-593-35889-1, S. 331.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Golden age of Ireland — Early Christian Ireland, conventionally dated from the fourth century AD until the beginning of the Viking Age in the ninth century, saw the rise of Christianity and the creation of a literate society. In the largely prehistoric early period… …   Wikipedia

  • Golden Age of Piracy — The Golden Age of Piracy is the common designation given the period roughly spanning from the 1650s to the 1720s. The decade of 1715–1725 experienced a substantial increase in the number of pirates operating throughout the Caribbean, the American …   Wikipedia

  • Dutch Golden Age painting — Dutch Masters redirects here. For the cigar, see Dutch Masters (cigar). Johannes Vermeer, The Milkmaid (1658–1660) Dutch Golden Age painting is the painting of the Dutch Golden Age, a period in Dutch history generally spanning the 17th century,[ …   Wikipedia

  • Dutch Renaissance and Golden Age literature — is the literature written in the Dutch language in the Low Countries from around 1550 to around 1700. This period saw great political and religious changes as the Reformation spread across Northern and Western Europe and the Netherlands fought… …   Wikipedia

  • List of people from the Dutch Golden Age — The Dutch Golden Age was a period in Dutch history, roughly equivalent to the 17th century, in which Dutch trade, science and art were top ranking in the world. The accompanying article about the Dutch Golden Age focuses on society, religion and… …   Wikipedia

  • age — /eɪdʒ / (say ayj) noun 1. the length of time during which a being or thing has existed; length of life or existence to the time spoken of or referred to: his age is 20 years; a tree of unknown age. 2. the lifetime of an individual, or of the… …  

  • Golden Domes — The Bagambhrini Golden Dome of Pure Knowledge and the Maharishi Tower of Invincibility …   Wikipedia

  • Age of Enlightenment — Age of Reason redirects here. For other uses, see Age of Reason (disambiguation) …   Wikipedia

  • Marriage of the Virgin — The Marriage of the Virgin by Giotto (Scrovegni Chapel) The Marriage of the Virgin is the subject in Christian art depicting the marriage of the Virgin Mary and Saint Joseph. The marriage is not mentioned in the canonical Gospels but is covered… …   Wikipedia

  • age — I (New American Roget s College Thesaurus) Old age Nouns 1. age, years, oldness; life expectancy, life span; longevity, length of years; gerontology, geriatrics; gerontocracy; ageism. 2. (maturity) adulthood, man or womanhood, maturity; legal or… …   English dictionary for students

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”