Heinrich Hermann Freytag

Heinrich Hermann Freytag

Heinrich Hermann Freytag (* um den 15. April 1759 in Hamburg; † 14. April 1811) war ein deutsch-niederländischer Orgelbauer. Als Schüler von Albertus Antonius Hinsz führte er die Arp-Schnitger-Tradition in den Niederlanden auf hohem Niveau fort und war um 1800 einer der bedeutendsten niederländischen Orgelbauer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Freytag war der Sohn eines Kunsttischlers aus Württemberg. Er ging um 1784 nach Groningen zu Hinsz in die Lehre, der dort die Werkstatt Schnitgers betrieb. Nach Hinsz’ Tod 1785 übernahm Freytag partnerschaftlich mit Frans Casper Snitger, dem Enkel Arp Schnitgers und Stiefsohn von Hinsz, die Werkstatt unter dem Namen „Snitger & Freytag“. 1793 heiratete er die Witwe eines Wirtes aus Groningen, Hiskia Hornemann (1765–1817). Von den zehn Kinder erreichten fünf das Erwachsenenalter. Damit seine Frau ihre Wirtschaft fortsetzen konnte, trat Freytag in die Wirtsgilde ein und erhielt das kleine Bürgerrecht der Stadt Groningen. Als Schnitger 1799 starb, übernahm Freytag die Leitung der Orgelbauwerkstatt und führte den nordniederländischen Orgelbau in eine neue Blütezeit. Auf hohem handwerklichen Niveau stand er ganz in der Tradition Arp Schnitgers. Gegenüber Hinsz zeichnen sich Freytags Register durch eine eleganteren Klang aus. Während die frühen Neubauten auch in optischer Hinsicht noch ganz von Schnitger geprägt sind, ist die äußere Gestaltung seiner Instrumente zunehmend vom Klassizismus beeinflusst.

Nach Freytags Tod 1811 führten seine Mitarbeiter unter der Leitung seiner Witwe übergangsmäßig den Betrieb fort, da die eigenen Kinder noch zu klein waren. 1817 wurde Freytags Sohn und Nachfolger Herman Eberhard Freytag (1796–1869) zusammen mit seinem Bruder Barthold Joachim (1799–1829) 1817 der Betrieb übertragen. Herman Eberhard war auch in Deutschland tätig und führte Reparaturen an den Hinsz-Orgeln in Leer und in Weener durch. Herman Eberhards Sohn Willem Fredrik Freytag (1825–1861) war als weiterer Nachfolger und Stammhalter des Familienunternehmens vorgesehen, starb aber bereits vor seinem Vater. 1862 starb auch seine Tochter Jantje Freytag. Herman Eberhard setzte sich daraufhin zur Ruhe und verkaufte 1863 die Firma an die Familie von Dirk Lohmann, der möglicherweise selbst ein Schüler von Freytag war. Später traten die Firmen aber in Konkurrenz.[1]

Werk

Folgende Arbeiten Freytags sind noch weitgehend erhalten (5. Spalte: großes „P“ = selbstständiges Pedal, kleines „p“ = angehängtes Pedal):

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Anmerkungen
1785 Groningen Doopsgezindekerk I/p 8 1816 durch Neubau von Johann Wilhelm Timpe ersetzt
1787 Zwolle Michaelskirche Zwolle Sint-Michaëlskerk Schnitger Orgel.JPG III/P 64 Reparatur der Schnitger-Orgel (1721)
1788–1790 Kampen Bovenkerk Kampen Bovenkerk Orgel06b.JPG III/P 46 Erweiterung der Orgel (1741–1743) zusammen mit F.C. Schnitger jun. um ein freies Pedal und ein Brustwerk (heute IV/P/56) → Orgeln der Bovenkerk (Kampen)
1790–1792 't Zandt Mariakerk II/p 12 Umbau der Orgel (1662) auf neuer Empore mit neuen Windladen, Trakturen und Klaviaturen; übernommen wurden 11 Register und ein Großteil des Gehäuses; Ausbau durch 4 zusätzliche Töne im Bass und 2 im Diskant in allen Registern; 3 Register von 1792 erhalten
1792 Bierum Hervormde Kerk 4795278 Bierum Orgel.jpg I/p 10 Neubau; die erste Orgel in der Provinz Groningen mit seitlichem Spieltisch; gut erhalten
1792/93 Zuidhorn Hervormde Kerk I/p 12 Neubau als Ersatz für eine ältere Orgel; 1924 erweitert und eingreifend umgebaut
1793 Ezinge Herv. Kerk I/p Teils erhalten
1793 Groningen Martinikerk Orgel Martinikerk Groningen.jpg III/P 47 Reparaturen an der Orgel der Martinikerk (Groningen), die heute 52 Register besitzt
1793–1795 Zuidbroek Petruskirche 8193026 Zuidbroek Orgel.jpg II/P 28 Neubau als Ersatz für die alte Orgel von Andreas de Mare (1578); weitgehend original erhalten
um 1796 In Groningen gebaut, heute in Weener Organeum Organeum Bureau-Orgel.jpg I 5 Bureau-Orgel, die in einen Sekretär eingebaut ist; erhalten
1796–1798 Bellingwolde Magnuskerk 8009684 Bellingwolde Orgel.jpg II/p 17 Neubau; bis auf zwei rekonstruierte Register original erhalten
1799 Enkhuizen Zuiderkerk II/P 20 Umbau, der fast als Neubau zu werten ist: Das Hauptwerk-Gehäuse, die Pedal-Windladen und einige Register werden übernommen.
um 1800 Lellens Hervormde Kerk Lellens Orgel 51153293.jpg Kabinettorgel, gebaut für unbekannten Auftraggeber
1802 Noordwolde Hervormde Kerk 4720716 Noordwolde Orgel.jpg II/P 18 Umbau einer älteren, dreimanualigen Orgel (ca. 1640, wahrscheinlich von Anthoni Waelckens); weitgehend erhalten
1803 Loppersum Hervormde Kerk 4795327 Loppersum Orgel.jpg II/p 20 Freytag ersetzt an der Orgel (1735) das Pfeifenwerk des Rückpositivs.
Um 1805 Doesburg Martinikerk I 6 Neubau einer Kabinettorgel ohne Pedal, die Freytag zugeschrieben wird; Auftraggeber und ursprünglicher Standort unbekannt; zwischenzeitlich in Middelstum, Soest und Baarn, seit 2003 in Doesburg
1808 Finsterwolde Hervormde Kerk 4720797 Finsterwolde Orgel.jpg I/p 15 Neubau; gut erhalten
1809 Eenum Hervormde Kerk 4795201 Eenum Orgel.jpg I/p 10 Ergänzung der Orgel (Arp Schnitger, 1703/04) um ein angehängtes Pedal
1807–1809 Noordbroek Hervormde Kerk 21BNoordbroek orgelDSCF0029.jpg II/P 24 Erweiterung der Orgel (Arp Schnitger, 1695/96) um ein freies Pedal; Austausch einiger Register, neue Windladen und Klaviaturen; in allen drei Werken sind Freytags Praestanten und im Pedal zwei weitere Register erhalten
1809–1810 Bolsward Doopsgezindekerk I/p 11 Größtenteils erhalten
1811 Oostwold Hervormde Kerk 4795267 Oostwold Orgel.jpg II/p 18 Neubau, dessen Endintonation wahrscheinlich von J.W. Timpe durchgeführt wurde; Veränderungen durch Petrus van Oeckelen 1860/83; gut erhalten.
1811/12 Warffum Hervormde Kerk II/P 24 Neubau, der im Wesentlichen durch J.W. Timpe ausgeführt wurde. Die meisten alten Register sind erhalten.

Literatur

  • Richard Kassel; Douglas E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.): The Organ. An Encyclopedia. Routledge, New York, London 2006, ISBN 0-4159-4174-1, S. 211–212 (online).
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Arend Jan Gierveld: Het Nederlandse huisorgel in de 17de en 18de eeuw. Bohn, Scheltema & Holkema, Utrecht 1977, ISBN 90-313-0294-5.
  • Koos Tiggelaar, Albert Valstar: Freytag & Snitger in compagnie: een introductie tot het werk van Heinrich Hermann Freytag en diens compagnon Frans Caspar Schnitger junior, „afsluiters“ van de 18de eeuwse Gronings-Hamburgse orgelmakersschool. Kerkvoogdij Hervormde Gemeente Oostwold, Oostwold 1990.
  • L.B. Smit: Frans Casper Snitger & Heinrich Hermann Freijtag en de (Noord-) Nederlandse markt voor kerkorgels rond 1800. RuG, Groningen 2003.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Familien Schnitger - Hinsz - Freytag (gesehen 5. Dezember 2010).

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