Hellfried Dahlmann

Hellfried Dahlmann

Hellfried Dahlmann (* 8. Juli 1905 in Ruhland; † 7. Juli 1988 in Köln) war ein deutscher klassischer Philologe, der als Professor in Marburg (1936–1953) und Köln (1953–1971) wirkte. Als verdienter Varro-Forscher und Methodiker gehört er zu den führenden Latinisten des 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hellfried Dahlmann stammte aus einer schlesischen Pfarrersfamilie. Er begann sein Studium 1924 in Erlangen und führte es in Breslau fort. Als er nach zwei Semestern seine engere Heimat verlassen wollte, riet ihm Wilhelm Kroll, nach Leipzig zu wechseln. Hier schloss Dahlmann sein Studium ab. Er hörte Erich Bethe und Alfred Körte, besonders aber schloss er sich an Richard Heinze an. Von ihm beeinflusst beschäftigte er sich mit den Ansätzen der Stoiker und Epikureer zur Sprachentstehung, über die er seine Doktordissertation verfasste. Heinzes Diktum: „Wenn Sie mit dieser Arbeit nicht innerhalb eines Jahres fertig sind, habe ich kein Interesse mehr an Ihnen“ wurde bestimmend für seine Arbeitsweise, bei der er jede Zögerlichkeit vermied.[1] So wurde er 1928 mit der Dissertation De philosophorum Graecorum sententiis ad loquellae originem pertinentibus capita duo promoviert.

Nach dem Tod seines Doktorvaters (1929) ging Dahlmann nach Kiel, wo er sich bereits 1930 bei Felix Jacoby habilitierte. Am 4. November 1930 hielt er seine Antrittsvorlesung mit dem Titel Der römische Gelehrte.[2]

Seine Habilitationsschrift beschäftigte sich mit der Sprachtheorie des römischen Universalgelehrten Varro, dessen hellenistische Quellen und Eigenarten er untersuchte. Dies war der Beginn seiner lebenslangen Beschäftigung mit den Schriften Varros, die ihm großes Ansehen einbrachte. 1932 wurde er Assistent in Köln bei Günther Jachmann, 1935 Oberassistent in Berlin bei Werner Jaeger. Obwohl er nur ein Jahr hier blieb, verkehrte Dahlmann in Berlin mit vielen bekannten Gelehrten und hielt seine Freundschaft zu Jaeger auch nach dessen Emigration in die USA aufrecht. 1936 nahm Dahlmann einen Ruf der Universität Marburg an, wo er als Nachfolger von Ernst Lommatzsch außerordentlicher Professor war. 1941 wurde er zum Ordinarius befördert. Sein wissenschaftlicher Ruf brachte ihm 1950 die Wahl zum ordentlichen Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur ein, an der er bis zu seinem Tode mit Präsenz und vielen Publikationen wirkte. Die letzte Station seines Lebens wurde Köln, wo er 1953 als Nachfolger Günther Jachmanns auf den Lehrstuhl für Klassische Philologie berufen wurde. Hier lehrte und forschte er bis nach seiner Emeritierung im Jahr 1971.

Leistungen

Dahlmann war wie sein Lehrer Heinze Latinist. Er war einer der bedeutendsten Varro-Forscher des 20. Jahrhunderts. Nach seiner Habilitationsschrift (Varro und die hellenistische Sprachtheorie, Berlin 1932) verfasste er 1935 für die Realencylopädie (Pauly-Wissowa-Kroll) einen über 100 Spalten langen Artikel über Varro, in dem das breite, nur fragmentarische Werk des Gelehrten eingehend untersucht und der Forschungsdiskurs kritisch beleuchtet wird. Er lieferte auch einen Kommentar zum achten Buch von Varros Sprachtheorie (Hermes-Einzelschriften 7, Berlin 1940) und Abhandlungen über die Schriften De poematis (Mainz 1953) und De poetis (Mainz 1962), an denen er das Dispositionsschema poetologischer Abhandlungen exemplarisch untersuchte. Dahlmann war bemüht, Fragmente zu nicht nur sammeln, sondern aus ihnen das ganze Werk zu rekonstruieren. In dieser Methode unterwies er auch seine Schüler.

Gemeinsam mit Heinze kommt Dahlmann das Verdienst zu, den Weg für eine neue Latinistik zu ebnen. Er zielte darauf ab, den eigenen Charakter und die Struktur römischer literarischer Werke offenzulegen und überwand so den Ansatz des 19. Jahrhunderts. In diesem Sinne näherte sich Dahlmann nicht nur Varro, sondern auch Horaz, Vergil und Lukrez. In seinen späteren Jahren beschäftigte er sich mit den sogenannten Poetae minores der klassischen und nachklassischen Zeit. Aus den nur 14 Fragmenten der Res Romanae von Cornelius Severus rekonstruierte er Stilistik, Metrik und epische Erzählkunst des Dichters.

Literatur

  • Inge Auerbach: Catalogus professorum academiae Marburgensis. Zweiter Band: 1910 bis 1971. Marburg 1979, S. 484
  • Clemens Zintzen: Nachruf auf Hellfried Dahlmann, in: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Stuttgart 1988, S. 90–94.
  • Clemens Zintzen: Hellfried Dahlmann †, in: Gnomon, Bd. 64 (1992), S. 281–283.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zintzen (1992) 218.
  2. Publiziert in: Das humanistische Gymnasium. Band 42 (1931), S. 185–192.

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