Wolfgang Kullmann

Wolfgang Kullmann

Wolfgang Kullmann (* 12. Oktober 1927 in Berlin-Spandau) ist ein deutscher Klassischer Philologe, der als Professor an den Universitäten zu Marburg (1964–1975) und Freiburg (1975–1996) wirkte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Abitur 1946 begann Kullmann ein Studium der Fächer Griechisch, Latein, Philosophie und Ägyptologie an der Berliner Humboldt-Universität, das er 1951 mit dem ersten Staatsexamen abschloss. 1952 wurde er an der Universität Tübingen bei Wolfgang Schadewaldt mit der Dissertation Das Wirken der Götter in der Ilias promoviert.

1957 folgte seine Habilitation an der Universität Freiburg mit der Arbeit Die Quellen der Ilias. Darin vertrat er die These, dass nicht diffuses Sagengut hinter der Ilias steht, sondern poetisch fassbare Quellen, gleich ob schriftlich oder mündlich überliefert. Erschlossen werden diese Quellen mit Andeutungen auf Vorausgesetztem und durch die sekundäre Verwendung von Motiven in der Ilias. Außerdem bezieht er in die Quellenanalyse die spätantiken Inhaltsangaben über den sogenannten "Epischen Zyklus", den epischen Geschichten, die Ereignis vor und nach der Ilias zum Inhalt haben, mit ein. Mit seiner Habilitationsschrift stellte er die Homer-Forschung auf eine neue Grundlage.

Ein zweiter Forschungsschwerpunkt stellt für Kullmann der Philosoph Aristoteles dar. Vor allem dessen Wissenschaftstheorie und naturwissenschaftlichen Vorstellungen interessieren ihn. Er untersucht 1974 in seinem Werk „Wissenschaft und Methode"[1] und später 1998 im Band „Aristoteles und die moderne Wissenschaft“ die Kategorien des wissenschaftlichen Denkens, der Geltungsbereich von Teleologie, Wissenschaft und Ethik, Theorie und Empirie und schließlich die Aktualität der aristotelischen Biologie. Kullmann legt in seinem Buch „Aristoteles und die moderne Wissenschaft“ dar, dass das wissenschaftliche Niveau des Aristoteles trotz des immensen Abstandes im Detailwissen erst mit der modernen Molekularbiologie wieder erreicht wurde. In seiner kürzlich erschienen Schrift „Über die Teile des Lebewesens“ in der deutschen Aristoteles-Ausgabe werden erstmals die einzelnen Angaben des Aristoteles über Haare, Wimpern, Brauen, Zähne, Mund, Eingeweide, Harnblase und anderer Organe anhand der Ergebnisse der modernen Biologie überprüft. Dabei stellt sich heraus, dass die Beobachtungen des Aristoteles erstaunlich genau sind.

1964 erhielt er einen Ruf als ordentlicher Professor an die Universität Marburg, 1975 wechselte er nach Freiburg, wo er von 1977 bis 1978 Dekan der Philosophischen Fakultät II war. 1996 wurde er emeritiert.

Im Verlauf seiner Lehrtätigkeit betreute Kullmann in einem vergleichsweise "kleinen" Fach wie der Gräzistik 39 Dissertationen. Er wurde mit der Ehrendoktorwürde der Universitäten Trier (2000) und Thessaloniki ausgezeichnet. Er ist Herausgeber der Reihe Philosophie der Antike.

Kullmann ist seit 1959 verheiratet und hat zwei Kinder. Er lebt heute im Schwarzwald.

Forschung

Kullmanns Forschungsschwerpunkte sind das frühgriechische Epos, die griechische Tragödie, Mündlichkeit und Schriftlichkeit antiker griechischer Literatur, die Philosophie des Aristoteles und ihre Rezeption in der Neuzeit sowie die Geschichte der antiken Wissenschaft und ihrer Fortwirkung.

Fußnoten

  1. Der Titel ist abgewandelt nach dem Buch von Gaddamer "Wahrheit und Methode".

Schriften

  • Das Wirken der Götter in der Ilias. Untersuchungen zur Frage der Entstehung des homerischen „Götterapparats“. Akademie-Verlag, Berlin 1956.
  • Die Quellen der Ilias. Steiner, Wiesbaden 1960.
  • Wissenschaft und Methode. Interpretationen zur aristotelischen Theorie der Naturwissenschaft. de Gruyter, Berlin 1974, ISBN 3-11-004481-1.
  • Homerische Motive, Stuttgart 1992, herausgegeben von Roland J. Müller (Aufsatzsammlung zum 65. Geburtstag), ISBN 3-515-06206-8.
  • Aristoteles und die moderne Wissenschaft. Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-06620-9.
  • Realität, Imagination und Theorie. Kleine Schriften zu Epos und Tragödie in der Antike. Steiner, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08184-4.

Literatur

Weblinks


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