- Wilhelm Kroll
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Wilhelm Kroll (* 7. Oktober 1869 in Frankenstein/Schlesien; † 21. April 1939 in Berlin) war ein deutscher Klassischer Philologe, der als Professor an den Universitäten Greifswald (1899–1906), Münster (1906–1913) und Breslau (1913–1935) wirkte. Er ist besonders für seine Untersuchungen zur römischen Literatur und Kultur bekannt. Als Herausgeber verschiedener Zeitschriften und ganz besonders der Neubearbeitung der Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (von 1906 bis zu seinem Tode) ist sein Name bis heute unvergessen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Nach dem Abitur am Johanneum in Breslau studierte Wilhelm Kroll, Sohn eines Amtsgerichtsrats, ab 1887 an der Breslauer Universität Klassische Philologie. 1888 wechselte er für zwei Semester nach Berlin, wo ihn Hermann Diels und Carl Robert prägten. Nach seiner Rückkehr nach Breslau wurde er 1891 mit einer Arbeit über Symmachus promoviert und unternahm eine Studienreise nach Venedig und Rom, um in den dortigen Bibliotheken Material für seine Habilitationsschrift zu sammeln. Anschließend vertiefte er seine Studien zwei Semester lang in Bonn bei Hermann Usener, Franz Bücheler und Georg Loeschcke. In diesem Jahr gewann er den Akademiepreis der Berliner Akademie der Wissenschaften für die Bearbeitung der Schriften des Neuplatonikers Damaskios.
In Breslau wurde Kroll 1894 mit einer Arbeit über die chaldäischen Orakel habilitiert und zum Privatdozenten ernannt, trat aber auch hauptamtlich in den Schuldienst ein. 1899 folgte er einem Ruf an die Universität Greifswald zum ordentlichen Professor als Nachfolger Eduard Nordens. Von Greifswald aus unternahm er Forschungsreisen nach England und Frankreich. Von 1906 bis 1913 lehrte er als ordentlicher Professor in Münster, bevor er einem Ruf an seine Heimatuniversität Breslau folgte, wo er Nachfolger seines Freundes Franz Skutsch wurde. In Breslau blieb Kroll bis zu seiner Emeritierung 1935, unterbrochen von Gastaufenthalten in den USA (am Institute for Advanced Study) und Großbritannien. 1922/23 war er Rektor der Universität, 1927/28 Dekan der Fakultät. Um 1937 zog er nach Berlin, wo er zwei Jahre später im 70. Lebensjahr verstarb.
Kroll war Ehrendoktor der Universitäten Breslau (juristische Fakultät), Oxford (1936) und Cambridge, außerdem Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts und korrespondierendes Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaften.
Zwischen 1927 und 1934 war Kroll Präsident der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur.
Leistung
Kroll war auf zahlreichen Gebieten der klassischen Philologie tätig. So verfasste er Kommentare zu den römischen Schriftstellern Cicero und Catull sowie ein Werk über die Kultur der ciceronischen Zeit. Er gab mehrere Zeitschriften heraus (Jahresberichte über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaften, 1898–1913 und Glotta), bearbeitete die Geschichte der römischen Literatur von Wilhelm Siegmund Teuffel und schrieb ein Werk über die Geschichte der Klassischen Philologie. Er beschäftigte sich auch mit der lateinischen Sprache, mit antiker Astronomie und Astrologie sowie der spätantiken Philosophie und Religionsgeschichte.
Seine größte Leistung war jedoch die Redaktion der Neubearbeitung von Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, die er 1906 von Georg Wissowa übernommen hatte. Er betreute, teilweise unterstützt von Kurt Witte und Karl Mittelhaus, das vielbändige Nachschlagewerk mehr als dreißig Jahre lang bis zu seinem Tod, konnte es aber nicht abschließen, obwohl er durch Einführung einer mit dem Buchstaben R beginnenden zweiten Reihe den Erscheinungsverlauf zu beschleunigen versuchte. Kroll selbst verfasste seit 1899 Artikel für das Unternehmen, darunter auch große Übersichtsartikel wie Lehrgedicht (1925) und Rhetorik (1940).
Schriften (Auswahl)
- De oraculis Chaldaicis. Breslauer philologische Abhandlungen 7,1. Koebner, Breslau 1894. Reprint: Olms, Hildesheim 1986, ISBN 3-487-00229-9.
- Geschichte der klassischen Philologie. 1908; 2. verb. Aufl. Vereinig. wissenschaftl. Verl., Berlin und Leipzig 1919 (Sammlung Göschen, 367).
- C. Valerius Catullus. 1922; 7. Aufl. Teubner, Stuttgart 1989, ISBN 3-519-24001-7.
- Studien zum Verständnis der römischen Literatur. Metzler, Stuttgart 1924; Nachdruck Garland, New York und London 1978, ISBN 0-8240-2972-0.
- Die Kultur der ciceronischen Zeit. 2 Teile. Dieterich, Leipzig 1933; Nachdruck Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1975, ISBN 3-534-01542-8.
Literatur
- Konrad Fuchs: Kroll, Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 27, Nordhausen 2007, ISBN 978-3-88309-393-2, Sp. 789–791.
- Eckart Mensching: Über Georg Rohde, die RE und Wilhelm Kroll. In: Latein und Griechisch in Berlin und Brandenburg, 44. Jahrgang (2000), S. 27–46. (= Nugae zur Philologiegeschichte, Band 10 (2000), S. 40–63. ISBN 3-7983-1840-9)
- Udo W. Scholz: Die Breslauer klassische Philologie und die Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau, Bd. 62–64 (2001–2003), S. 311–326, bes. S. 320–322.
- Wolfhart Unte: Wilhelm Kroll (1869–1939). Professor der Klassischen Philologie an der Universität Breslau 1913–1935. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau. Band 45/46, 2005, S. 253–278.
- Peter Wirth: Kroll, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 73.
Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Kroll im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Erster Lehrstuhl: Hermann Ludwig Nadermann (1821–1853) | Ferdinand Deycks (1843–1867) | Peter Langen (1868–1897) | Peter Sonnenburg (1898–1928) | Franz Beckmann (1931–1963) | Hermann Tränkle (1963–1972) | Christian Gnilka (1972–2002) | Christine Schmitz (seit 2002)
Zweiter Lehrstuhl: Franz Winiewski (1838–1874) | Johann Matthias Stahl (1874–1905) | Ludwig Radermacher (1906–1909) | Karl Münscher (1909–1936) | Rudolf Güngerich (1951–1953) | Hermann Kleinknecht (1953–1960) | Heinrich Dörrie (1961–1980) | Hermann Wankel (1981–1991) | Adolf Köhnken (1992–2002) | Christian Pietsch (seit 2003)
Dritter Lehrstuhl: Carl Hosius (1894–1906) | Wilhelm Kroll (1906–1913) | Richard Wünsch (1913–1915) | Hermann Schöne (1916–1935) | Walter Eberhardt (1937–1946) | Friedrich Mehmel (1947–1951) | Richard Harder (1952–1957) | Gerhard Müller (1958–1962) | Martin Sicherl (1963–1982) | Wolfgang Hübner (1986–2004) | Alexander Arweiler (seit 2004)
Vierter Lehrstuhl: Otto Hiltbrunner (1962–1979)
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