Kurt Freiherr von Liebenstein

Kurt Freiherr von Liebenstein

Karl Otto Kurt Freiherr von Liebenstein (* 28. Februar 1899 in Horb am Neckar; † 2. August 1975 in Jebenhausen) war Generalmajor der Wehrmacht und später der Bundeswehr.

Leben

Kurt Freiherr von Liebenstein, Spross einer alten Adelsfamilie, besuchte das humanistische Karls-Gymnasium in Stuttgart. Am 20. Dezember 1916 trat er der Württembergischen Armee bei, absolvierte eine mehrmonatige Grundausbildung und im Anschluss daran einen Fähnrichlehrgang. Am 16. Februar 1918 erfolgte die Beförderung zum Leutnant und sein Kriegseinsatz als Zugführer im Dragoner-Regiment 26. Im September 1918 geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er Ende Dezember 1919 entlassen wurde. Nach seiner Entlassung blieb er im aktiven Dienst und wurde in die Reichswehr übernommen, wo er zwischen 1920 und 1930 verschiedene Verwendungen als Zugführer im Reiterregiment 18 fand und für zwei Jahre zur Kavallerieschule Hannover abkommandiert wurde.[1][2][3]

Ab Oktober 1930 absolvierte er eine weitere zweijährige Führergehilfenausbildung[4] im Stab der 7. Division, der sich ein Generalstabslehrgang an der Kriegsakademie in Berlin-Moabit anschloss. Im Mai 1933 folgte die Beförderung zum Hauptmann sowie verschiedene Verwendungen als Sachbearbeiter und Gruppenleiter im Generalstab des Heeres, in der Abteilung Fremde Heere Polen, und von März 1937 bis Kriegsbeginn als Gehilfe des Militärattaché in Paris. Engen Kontakt unterhielt er zu seinem Onkel Leo Geyr von Schweppenburg, von 1933 -1937 Militärattaché in London.[1][2][3]

Während des Polenfeldzugs diente v. Liebenstein erneut im Generalstab, anschließend wurde er zum Ia der 17. Infanterie-Division abkommandiert, und im Februar 1940 zum Ia der 10. Panzer-Division. Ab Oktober 1940 war er Chef des Generalstabes der 2. Panzer-Armee unter Generaloberst Guderian. In dieser Funktion erhielt er am 26. Januar 1942 das Deutsche Kreuz in Gold.[1][2][3]

Ab Juni 1942 war er Kommandeur des Panzerregiment 6 am Kaukasus, von Oktober bis Dezember 1942 Kommandeur der 3. Panzergrenadierbrigade und zuletzt Kommandeur der 164. leichten Afrika-Division unter Generalfeldmarschall Erwin Rommel in Tripolis und Tunesien. Im März 1943 erfolgte die Beförderung zum Generalmajor, am 10. Mai 1943 wurde er mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes dekoriert (1801. Verleihung). Zwei Tage später wurde seine Division bei Tunis vernichtet, und v. Liebenstein geriet in britische Kriegsgefangenschaft.[1][2][3][5]

Wenige Tage nach seiner Ankunft in Trent Park, einem Sonderlager für Generäle nördlich von London, schloss er sich einer kleinen Gruppe um Wilhelm von Thoma an, die den Krieg für verloren hielt, sich abfällig über Hitler und den Nationalsozialismus äußerte und insbesondere die Kriegsverbrechen an der Ostfront verurteilte.[6][7]

Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes, der die Gefangenen rund um die Uhr abhörte und umfangreiche Dossiers anfertigte, verfügte von Liebenstein über einen weiteren politischen Horizont als viele andere Generäle und zeichnete sich durch ausgeprägten Humor aus, der sich u.A. gegen das NS-Regime richtete. Seine kritischen Ansichten seien mit Sicherheit nicht erst in der Gefangenschaft gewachsen. Er sprach fließend Französisch sowie gutes Englisch und galt als überzeugter Aristokrat, wenngleich weniger eingebildet als sein Freund Friedrich von Broich. Er lehnte jede Form der Diktatur ab und zeigte sich als Bewunderer und Kenner der englischen und französischen Kultur, insbesondere der Frauen, des Essens und des Weines. Den Italienern stand er wohlwollend gegenüber und machte Mussolini für deren Niedergang verantwortlich. Er erwies sich als begabter Künstler und verbrachte viel Zeit mit dem Malen von Aquarellen.[3]

Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, im April 1947, war v. Liebenstein zunächst als Unternehmer tätig und ab 1950 als Leiter des Verkehrsamtes in Göppingen. Am 1. Mai 1956 wurde er als Generalmajor in die Bundeswehr übernommen und zum Befehlshaber des Wehrbereichs V (Stuttgart) bestellt. Am 31. Dezember 1960, nach Abschluss der ersten Aufbauphase der Bundeswehr, schied er altersbedingt aus dem aktiven Dienst aus. Für seine Verdienste um den Aufbau der Bundeswehr wurde Kurt Freiherr von Liebenstein mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.[1][2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Dermot Bradley (Hrsg.): Die militärischen Werdegänge der Generale und Admirale der Bundeswehr 1955–1997, Bd. 3, ISBN 978-3-7648-2382-5, S. 72f.
  2. a b c d e Vgl. Munzinger-Archiv
  3. a b c d e Vgl. Sönke Neitzel: Abgehört. Deutsche Generäle in britischer Kriegsgefangenschaft 1942 - 1945, Propyläen, 2005, ISBN 978-3-549-07261-5; S. 459f.
  4. Anm. Entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages, der Deutschland sowohl die Bildung eines Generalstabes als auch die Generalstabsausbildung verbot, unterhielt die Reichswehr Kriegsakademien und führte geheime Generalstabsausbildungen durch. Diese wurden als »Führergehilfenausbildung« bezeichnet, waren häufig improvisiert, und fanden zumeist in den Divisionsstäben statt. Siehe dazu: Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, ISBN 978-3-486-58341-0; S. 108ff.
  5. Details zur Divisionsgeschichte in: Georg Tessin: Verbände und Truppen der Deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945, Band 7, Biblio-Verlag, Bissendorf 1979, ISBN 3-7648-1173-0; S. 140f.
  6. Sönke Neitzel 2005; S. 36f. und 459f.
  7. Vgl. Frank Nägler: Die Bundeswehr 1955 bis 2005: Rückblenden, Einsichten, Perspektiven, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, ISBN 978-3-486-57958-1; S. 68

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