Normierte Algebra

Normierte Algebra

Der mathematische Begriff "normierte Algebra" bezeichnet eine bestimmte algebraische Struktur, auf der zusätzlich eine verträgliche Norm erklärt ist.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine normierte Algebra ist ein Paar (A,\|\cdot\|) bestehend aus einer \mathbb{K}-Algebra A, wobei \mathbb{K} für den Körper der reellen oder komplexen Zahlen steht, und einer auf A definierten Norm \|\cdot\|:A\rightarrow \R, so dass folgendes gilt [1]:

Die ersten drei Normbedingungen machen A zu einem normierten \mathbb{K}- Vektorraum. Die letzte multiplikative Normbedingung ist die zur additiven Dreiecksungleichung analoge Bedingung für die Multiplikation, manche Autoren sprechen daher auch von der multiplikativen Dreiecksungleichung.

Beispiele

  • Die wichtigsten Beispiele normierter Algebren sind die Banachalgebren, also diejenigen, die bezüglich ihrer Norm vollständig sind.
  • Der Körper \mathbb{K} mit dem Betrag als Norm ist eine normierte Algebra.
  • Die Algebra \mathbb{K}[X] aller Polynome in einer Unbestimmten mit der durch \textstyle \|p\| := \sup_{x\in [0,1]}|p(x)| definierten Norm ist eine nicht-vollständige normierte Algebra.

Eigenschaften

  • Die Norm definiert eine Topologie auf der normierten Algebra A, die sogenannte Normtopologie. Aus den Eigenschaften der Norm ergibt sich sofort, dass die algebraischen Operationen stetig sind: Ist a_n\rightarrow a und b_n\rightarrow b sowie \lambda_n\rightarrow \lambda mit a_n,a,b_n,b\in A und \lambda_n,\lambda \in \mathbb{K}, so folgt \lambda_n a_n \rightarrow \lambda a, a_n + b_n \rightarrow a + b und a_n \cdot b_n \rightarrow a \cdot b jeweils für n\to\infty bezüglich der Normtopologie auf A.
  • Die algebraischen Operationen und die Norm setzen sich eindeutig stetig auf die Vervollständigung einer normierten Algebra fort; diese Vervollständigung ist dann eine Banachalgebra. Damit ist jede normierte Algebra dicht in einer Banchalgebra enthalten.

Anwendungen

Die normierten Algebren haben bei weitem nicht die Bedeutung wie die Banachalgebren. Manche Konstruktionen in der Theorie der Banachalgebren führen allerdings zunächst auf normierte Algebren, die dann in einem anschließenden Konstruktionsschritt vervollständigt werden; als Beispiele seien die AF-Algebren als Vervollständigung induktiver Limiten, das maximale Tensorprodukt von C*-Algebren oder die Bildung der L1(G)-Algebren in der harmonischen Analyse als Vervollständigung der entsprechenden Algebren stetiger Funktionen mit kompaktem Träger genannt.

Viele Sätze aus der Theorie der Banachalgebren verlieren für normierte Algebren ihre Gültigkeit, was die Bedeutung der Vollständigkeit beleuchtet. In obigem Beispiel \mathbb{K}[X] ist die Punktauswertung \mathbb{K}[X] \rightarrow \mathbb{K},\, p\mapsto p(2) ein unstetiger Homomorphismus. Ist p \in \mathbb{K}[X] ein nicht-konstantes Polynom, so ist \sigma_{\mathbb{K}[X]}(p), definiert als die Menge aller \lambda \in \mathbb{K}, so dass λ1 − p nicht invertierbar ist, gleich ganz \mathbb{K}, insbesondere also nicht kompakt. Beide Phänomene können bei Banachalgebren nicht auftreten.

Lokale Banachalgebren

Für manche Anwendungen kommt man mit einer abgeschwächten Vollständigkeitseigenschaft aus. Eine normierte Algebra A heißt lokale Banachalgebra, wenn sie bezüglich des holomorphen Funktionalkalküls abgeschlossen ist.[2] Genauer bedeutet dies: Sind a\in A, σ(a) das bezüglich der Vervollständigung \overline{A} gebildete Spektrum und f eine in einer Umgebung von σ(a) definierte holomorphe Funktion (mit f(0) = 0, falls A kein Einselement hat), so liegt f(a) in A. (Nach dem holomorphen Funktionalkalkül kann f(a) in \overline{A} gebildet werden.)

Ist beispielsweise X ein lokalkompakter Hausdorffraum, so ist die Algebra Cc(X) aller stetigen Funktionen X\rightarrow \C mit kompaktem Träger eine lokale Banachalgebra. Ist X nicht kompakt, so ist Cc(X) keine Banachalgebra.

Einzelnachweise

  1. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3540063862, Kapitel I. Definition 10
  2. Bruce Blackadar: K-Theory for Operator Algebras, Springer Verlag (1986), ISBN 3-540-96391-X, Kapitel II, 3.1

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Nukleare C*-Algebra — Die im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis betrachteten nuklearen C* Algebren bilden eine große Klasse von C* Algebren, die wichtige Teilklassen umfasst. Die nuklearen C* Algebren sind im Zusammenhang mit Eindeutigkeitsfragen… …   Deutsch Wikipedia

  • Numerischer Wertebereich — Der numerische Wertebereich (englisch: numerical range) ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis. Einem stetigen linearen Operator oder allgemeiner einem Element einer Banachalgebra wird eine Menge des Grundkörpers …   Deutsch Wikipedia

  • Adjunktion (Einselement) — Die Adjunktion eines Einselementes wird in der Mathematik angewendet, wenn man einen Ring ohne Einselement in einen Ring mit Einselement einbetten will, zum Beispiel um einen Satz anwenden zu können, der nur für Ringe mit Einselement gilt.… …   Deutsch Wikipedia

  • Räumliches Tensorprodukt — Das im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis betrachtete räumliche Tensorprodukt bietet die Möglichkeit, aus C* Algebren neue zu konstruieren. Im Allgemeinen gibt es mehrere Möglichkeiten, das algebraische Tensorprodukt zweier C*… …   Deutsch Wikipedia

  • Funktionalanalysis — Die Funktionalanalysis ist der Zweig der Mathematik, der sich mit der Untersuchung von unendlichdimensionalen topologischen Vektorräumen und Abbildungen auf solchen befasst. Hierbei werden Analysis, Topologie und Algebra verknüpft. Ziel dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Köthe-Raum — Ein Folgenraum ist ein in der Mathematik betrachteter Raum, dessen Punkte Zahlenfolgen sind. Viele in der Funktionalanalysis auftretende Vektorräume sind Folgenräume oder können durch solche repräsentiert werden. Zu den Beispielen zählen u.a. die …   Deutsch Wikipedia

  • Affine Kombination — Dieser Artikel beschreibt baryzentrische Koordinaten in der Geometrie. In der Astronomie bezeichnet man als Baryzentrische Koordinaten das Schwerpunktsystem eines Systems von Himmelskörpern, vgl. auch Astronomische Koordinatensysteme… …   Deutsch Wikipedia

  • Baryzentrische Kombination — Dieser Artikel beschreibt baryzentrische Koordinaten in der Geometrie. In der Astronomie bezeichnet man als Baryzentrische Koordinaten das Schwerpunktsystem eines Systems von Himmelskörpern, vgl. auch Astronomische Koordinatensysteme… …   Deutsch Wikipedia

  • Baryzentrisches System — Dieser Artikel beschreibt baryzentrische Koordinaten in der Geometrie. In der Astronomie bezeichnet man als Baryzentrische Koordinaten das Schwerpunktsystem eines Systems von Himmelskörpern, vgl. auch Astronomische Koordinatensysteme… …   Deutsch Wikipedia

  • Hierarchie mathematischer Strukturen — Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Hierarchie mathematischer Strukturen. Unter einer mathematischen Struktur wird hier eine Menge verstanden, die mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist. Algebraische Strukturen sind mit einer oder …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”