Marienkirche (Salzwedel)

Marienkirche (Salzwedel)
Marienkirche von Norden
Marienkirche von Norden

Die evangelische Marienkirche ist die größte Kirche in der Stadt Salzwedel im Nordwesten Sachsen-Anhalts. Sie ist romanischen Ursprungs, wird aber der Backsteingotik zugerechnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die erste Marienkirche wurde um 1150 als romanische Feldsteinkirche errichtet. Damit ist sie zusammen mit der Lorenzkirche die älteste Kirchengründung Salzwedels. Nach 1200 wurde diese Saalkirche abgebrochen. Nur ein 2,70 Meter hoher Turmstumpf mit rundem Grundriss blieb erhalten.

Die neue repräsentative Kirche wurde als dreischiffige Backsteinbasilika auf Kreuzgrundriss konzipiert. Das Mittelschiff wurde überwölbt. Der neue Turm hatte oberhalb des Turmstumpfes einen achteckigen Grundriss und war 40 Meter hoch aus Backstein gemauert. Darauf befand sich ein Pultdach. 1233 wurde die Salzwedeler Altstadt erstmals urkundlich erwähnt. Die Marienkirche war damals Archidiakonatskirche und die Hauptpfarrkirche der Altstadt.

Ab Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Kirche zu einer fünfschiffigen Basilika im gotischen Stil umgebaut. Die Arbeiten zogen sich über 200 Jahre hin. Das Pultdach wurde durch einen Turmhelm ersetzt, so dass der Turm nun mit 80,3 Metern Höhe der zweithöchste Kirchturm der Altmark war.[1][2] Der Turmhelm wies schon früh eine bis heute bestehende Krümmung auf. Im Turmkopf wurde eine Urkunde über eine Turmreparatur 1496 gefunden. Eine Westhalle in der Höhe des Kirchenschiffs wurde errichtet, so dass der Turmsockel im Innern des Kirchenschiffs stand. Der Hohe Chor wurde erweitert. Die Kirche erhielt 28 Nebenaltäre. Seit 1550 ist die Bauhülle weitgehend unverändert.

1510 wurde im Chorraum ein dreiteiliger Holzschnitzaltar aufgestellt. Teile waren bereits 1480 angefertigt worden. 1522 wurde ein bronzenes Taufbecken aufgestellt, das von Hans von Köln in Nürnberg angefertigt worden war. Im Zuge der Reformation, vermutlich 1522, wurde die Kirchengemeinde der Marienkirche evangelisch-lutherisch. 1581 folgten der Einbau einer Empore sowie einer Kanzel aus Sandstein.[3]

1752 wurde durch Joachim Wagner eine barocke Orgel eingebaut. Er starb jedoch vor Abschluss der Arbeiten. Die Orgel wurde 1913 durch eine Orgel der Firma Furtwängler & Hammer mit 62 Registern ersetzt, die lange nicht bespielbar war und Ostermontag 2007 wieder eingeweiht wurde.[4] Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Marienkirche keine unmittelbaren Kriegsschäden. 1972 wurde der Turmhelm durch einen Orkan beschädigt, so dass zahlreiche der damals verwendeten Bleiplatten herabfielen und lange Zeit Nässe in den Turm eindringen konnte.[3] 2003 konnte die Sanierung des Turmhelms abgeschlossen werden. Gleichzeitig konnte das Geläut komplettiert werden, nachdem im Zuge der beiden Weltkriege Glocken zur Herstellung von Waffen abgegeben werden mussten.

2006 erfolgte der Einbau einer Bauteiltemperierung zur thermischen Bauwerkserhaltung. Dabei wird dem Mauerwerk kontinuierlich geothermisch erzeugte Wärme durch den Sockel zugeführt.

Architektur und Ausstattung

Chor mit Hochaltar

Die Marienkirche ist eine fünfschiffige Backsteinbasilika. An den Seitenschiffen befinden sich Staffelgiebel. Der Turmhelm ist mit Kupfer gedeckt. Der Sockel des Turms im Innern der Kirche ist der einzige erhaltene Teil der ursprünglichen Kirche. Er ist umgehbar. Seine Mauern sind rund drei Meter dick.

Die Wände des Hohen Chors sind weiß mit schwarzen Rippen. Im Hohen Chor steht der Holzschnitzaltar. Er ist acht Meter hoch und über sechs Meter breit und ist damit der größte Schnitzaltar der Altmark. Er zeigt mit 30 Relieffiguren und 22 Plastiken auf 31 Feldern Szenen aus dem Leben Marias und Jesu, die teilweise nach Kupferstichen von Martin Schongauer entstanden. Ein Teil des um 1360 entstandenen Chorgestühls ist erhalten. Ebenfalls um diese Zeit entstand ein Christusfenster, das sich im Chor befindet. Ein weiteres Glasfenster stammt aus dem 16. Jahrhundert. Im Chor befinden sich ein hölzernes, reich verziertes Lesepult aus dem 13. und ein Adlerpult aus dem 15. Jahrhundert, ein Levitensitz aus dem 14. Jahrhundert und ein Markgrafensitz aus dem 16. Jahrhundert, wie der Levitensitz ein Dreisitz.[5] Am Eingang zum Hohen Chor befindet sich eine Triumphkreuzgruppe im originalen Aufbau. Der übrige Teil des Kircheninnern ist ebenfalls weiß gestrichen, hat aber im Hauptschiff rote Rippen und in den Seitenschiffen rot-schwarz gestreifte Rippen. Im Mittelschiff befinden sich lebensgroße Steinfiguren auf den Kämpferplattformen der ehemaligen romanischen Basilika. Reste alter Wandmalereien sind vorhanden. Zum Taufbecken aus der Renaissance im südlichen Seitenschiff gehören ein Baldachin, der am Gewölbe befestigt ist, und ein Gitter, das rund um das Taufbecken führt. Das Taufbecken selbst ist beheizbar.

Über der Brautpforte befindet sich ein Bleiglasfenster aus dem 19. Jahrhundert, das die Ankündigung des Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel zeigt. Das Geläut besteht aus sechs Glocken. Die jüngste Glocke heißt „Shalom“. Zur Ausstattung der Marienkirche gehören ein silbervergoldeter gotischer Abendmahlskelch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und ein silbervergoldetes Hostiengefäß aus dem frühen 14. Jahrhundert.[3]

Orgel

Blick vom Chor zur Orgel

In dem barocken Orgelprospekt befindet sich ein Instrument der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer aus dem Jahr 1913. Die Orgel hat 64 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind elektropneumatisch. Das Instrument wurde zuletzt 2005 durch Christian Scheffler (Jacobsdorf) umfassend restauriert.[6]

I. Manual C–g3

Oberlade
1. Principal 16'
2. Posaune 16'
3. Principal 8'
4. Gambe 8'
5. Trompete 8'
6. Gemshorn 8'
7. Dolce 8'
9. Gedackt 8'
10. Dulciana 4'
11. Mixtur IV-V
12. Cornett III-IV
13. Octave 4'
Unterlade
14. Rohrflöte 4'
15. Quinte 22/3'
16. Octave 2'
II. Manual C–g3
Oberlade
17. Bordun 16'
18. Principal 8'
19. Viola alta 8'
20. Salicional 8'
21. Unda maris 8'
22. Octavflöte 8'
23. Rohrflöte 8'
24. Octave 4'
25. Vox coelestis 4'
26. Flauto dolce 4'
27. Progressio III
28. Tuba 8'
29. Clarinette 8'
Unterlade
30. Quinte 22/3'
31. Waldflöte 2'
32. Terz 13/5'
III. Manual C–g3
Hauptlade
33. Gedackt 16'
34. Principal 8'
35. Harmonica 8'
36. Voix celeste 8'
37. Aeoline 8'
38. Concertflöte 8'
39. Liebl. Gedackt 8'
40. Quintatön 8'
41. Mixtur III
42. Harmonia aeth. IV-V
43. Fagott 16'
44. Oboe 8'
45. Horn 8'
Nebenlade
46. Fugara 4'
47. Traversflöte 4'
48. Flautino 2'
Pedal C–f1
49. Principal (Nr. 50) 32'
50. Principal 16'
51. Violonbass 16'
52. Harmonicabass 16'
53. Subbass 16'
54. Principalbass 8'
55. Cello 8'
56. Flötenbass 8'
57. Principalflöte 4'
58. Sesquialtera II 22/3
59. Posaune 16'
61. Bariton 8'
62. Clarine 4'
63. Contrabass (Nr. 51) 32'
64. Gedacktbass (Nr. 33) 16'
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
    • Superoktavkoppeln: I/I, II/I, III/III, III/II
    • Suboktavkoppel: III/I , III/II, III/III,
  • Spielhilfen: Tutti und freie Kombinationen (Haupt- und Nebenregistratur, drei Pedalkombinationen), An- und Absteller (Rohrwerke, Nebenregister, Hauptregister, Principalchor, Flötenchor, Gambenchor, Rohrwerkschor), Crescendowalze

Nutzung

In der Kirche werden wöchentlich und an Feiertagen Gottesdienste gehalten. Daneben gibt es Ausstellungen zu religiösen Themen. Eine jährliche Konzertreihe besteht aus Konzerten für Orgel solo, mit Sologesang bzw. mit anderen Instrumenten.

Umgebung

Die Marienkirche liegt auf einem Platz in der Salzwedeler Altstadt, der teilweise von 150- bis 300-jährigen Linden gesäumt ist. Rund um den Platz liegen historische Fachwerkhäuser. Die Straßen rund um die Marienkirche sind mit Kopfstein gepflastert. Südlich der Kirche liegt die Kluhs, eine ehemalige Zehntscheune der Pfarrei, die seit ihrer Renovierung als Kirchencafé und Veranstaltungsort der Gemeinde genutzt wird. In der Salzwedeler Altstadt gibt es mit der Lorenzkirche und der Mönchskirche zwei weitere mittelalterliche Kirchen.

Weitere Bilder

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Website der Kirchengemeinde/Geschichte, abgerufen am 26. August 2011
  2. Nach anderen Angaben (P. Fischer) 84 Meter
  3. a b c Peter Fischer: Denkmale des Kreises Salzwedel. Freilichtmuseum Diesdorf, Diesdorf 1990, ohne ISBN, S. 40f, 80, 84
  4. Website der Kirchengemeinde/Orgel, abgerufen am 26. August 2011
  5. Hartmut Bock, Peter Fischer et al.: Die nordwestliche Altmark – eine Kulturlandschaft. Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg, Wolfsburg 1991, ohne ISBN, S. 122–125
  6. Informationen zur Furtwängler & Hammer-Orgel, abgerufen am 28. Oktober 2010
52.84947222222211.149305555556

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