- Mentona Moser
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Mentona Moser, als Luise Moser ins Taufregister eingetragen, (* 19. Oktober 1874 in Badenweiler; † 10. April 1971 in Berlin-Köpenick) war eine Schweizer Schriftstellerin und Kommunistin, Funktionärin und Mäzenin der Internationalen Roten Hilfe (IRH).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Moser stammte aus dem „Schweizer Geldadel“. Ihr Vater Heinrich Moser, Uhrenfabrikant und Erbauer des Wasserwerkes in Schaffhausen, starb bereits vier Tage nach ihrer Geburt. Ihre an zunehmendem Armutswahn leidende Mutter war „um die Jahrhundertwende mit Ausnahme der gekrönten Häupter ... eine der reichsten Frauen Europas (wenn nicht ... Reichste überhaupt)“, wie der Psychiatriehistoriker Henri Ellenberger in einem Vortrag 1976 über Sigmund Freuds Patientin Emmy von N. feststellte.
Ab dem Sommer 1887 lebte Mentona Moser mit ihrer Familie auf der Halbinsel Au. Als 17-jährige begann sie ein Zoologie-Studium als Hospitantin an der Universität Zürich, das sie dann in London fortsetzte. 1897 begann sie an der Frauenuniversität Cambridge einen zweijährigen Kurs über Soziale Arbeit, um sich als Sozialhelferin ausbilden zu lassen. Neben ihrer Ausbildung war Moser als Hilfslehrerin an Abendschulen tätig. 1901 nahm sie im Cottage-Hospital in London eine Stelle als Lernschwester an.
Moser kehrte 1903 endgültig in die Schweiz zurück und bezog nach der Heirat ihrer Schwester Fanny Moser in Zürich eine eigene Wohnung. Sie widmete sich wieder der Sozialarbeit, hielt Vorträge über Wohlfahrtspflege und publizierte Broschüren. Sie gründete einen Blindenverein und beteiligte sich an der Gründung der ersten Fürsorgestelle für Tuberkulöse in Zürich. Hinzu kamen Planungen von Arbeitersiedlungen.
Die von ihr eingereichten Gestaltungspläne unter anderem für eine Siedlung im Wald des Zürichberg wurden vom Stadtrat angenommen. Ab Januar 1908 gab sie zusätzlich Kurse in Kinderfürsorge und verarbeitete ihre Erfahrungen aus der Planung von Spielplätzen. Bei dieser Tätigkeit hatte sie Hermann Balsiger kennengelernt, den damaligen Sekretär für das Bauwesen der Stadt Zürich, den sie 1909 heiratete. Beide wurden Mitglied der Sozialistischen Partei des Schweiz. Eine freundschaftliche Beziehung bestand auch zum Nationalrat Herman Greulich.
Ende 1909 wurde ihre Tochter Amrey geboren und im Juni 1911 ihr Sohn Edouard. In den politischen Auseinandersetzungen während des Ersten Weltkriegs kam es auch zum Zerwürfnis mit dem Ehemann Balsiger, der 1917 zum Oberrichter gewählt wurde, was zur Scheidung führte. Sie nahm wieder ihren Geburtsnamen Moser an und wurde Mitarbeiterin im Zentralsekretariat des Reformbundes der Übergangszeit und war im November 1918 an der Organisation des Landesstreiks beteiligt.
Moser war 1921 Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS). Ihre politische Tätigkeit führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit der Leiterin der Frauenabteilung der KPS Rosa Bloch, deren Funktion im Parteivorstand Moser 1922 übernahm, und auf internationaler Ebene mit Clara Zetkin. Mit Fritz Platten war sie befreundet. Er unterstützte sie auch beim Aufbau des Kinderheims in Iwanowo.
Politisch agitierte sie „für das einstweilen passive Stimmrecht der Frau“, was ihr beruflich immer mehr Probleme einbrachte. In Zürich initiierte sie eine Kommunale Beratungsstelle zur Schwangerschaftsverhütung. Von 1919 bis 1924 war sie als Leiterin der Abteilung für Mütter- und Säuglingspflege tätig bei dem Verein „Pro Juventute“.
Diesen „Broterwerb“ gab sie nach dem Tod ihrer Mutter auf, da sie mit den Pflichtteilsansprüchen aus der Erbschaft nicht nur hinreichend versorgt war, sondern nun auch in der Lage, Hilfsprojekte der IAH und der IRH als Mäzenin unterstützen zu können.
Moser übersiedelte 1929 nach Berlin und produzierte für den Rotfrontkämpferbund (RFB) Schallplatten mit dem Komponisten Hanns Eisler, dem Dichter Erich Weinert und dem Sänger Ernst Busch. Sie betrieb dazu den Schallplattenladen und Literaturvertrieb Arbeiter-Kult,[1] dessen Geschäftsführung sie nach dem Verbot des RFB 1931 übernahm. Im „Schallplattenprozeß“ im Herbst 1931 wurden diese Schallplatten verboten.[2] Mit der Begründung, sie sei RFB-Mitglied, wurden auch ihre privaten Konten gesperrt und die letzten Vermögenswerte aus der Erbschaft beschlagnahmt. Von marodierenden Nationalsozialisten wurde das Haus des Arbeiterkult wiederholt beschossen und belagert, so dass es interessierten Kunden faktisch unmöglich gemacht wurde, den Laden zu betreten, was zum Konkurs des gesamten Unternehmens führte.
Moser übernahm anschließend die Leitung der Gefangenenbibliothek der Roten Hilfe in der Berliner Dorotheenstraße. 1933 blieb sie trotz der Bedrohung durch die Fahndung der politischen Polizei in Berlin und beteiligte sich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. 1934 kehrte sie in die Schweiz zurück und lebte in Morcote als Schriftstellerin.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie auf Sozialhilfe angewiesen, bis sie 1950 von ihren Mitkämpfern in der IRH Wilhelm Pieck und beim Arbeiterkult Fred Oelßner eine Einladung zur Übersiedlung in die DDR erhielt.
Beigesetzt wurde ihre Urne in der Grabanlage „Pergolenweg“ der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg.
Ehrungen
- 1950: Ehrenstaatsbürgerschaft der DDR
- 1957: Clara-Zetkin-Medaille
- 1959: Vaterländischer Verdienstorden
Schriften (Auswahl)
- Die weibliche Jugend der oberen Stände. Betrachtungen und Vorschläge. Schultheiss, Zürich 1903.
- Lernt sie kennen. [Erzählungen aus der Vogelwelt, mit Holzschnitten von Remi Nüesch], Büchergilde Gutenberg, Zürich 1941.
- Unter den Dächern von Morcote. Meine Lebensgeschichte [Autobiographie, mit einem Nachwort von Ilse Schiel (Hrsg.), Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED]. 2. Auflage. Dietz, Berlin 1987 (Erstausgabe 1985), ISBN 3-320-00597-9.
- Ich habe gelebt. [Autobiographie, mit Nachwort von Roger Nicholas Balsiger]. Limmat, Zürich 1986, ISBN 3-8579-1094-1.
Literatur
- Sabine Hering: Ein „Soldat der dritten Internationale“. Der Beitrag der Schweizer Kommunistin Mentona Moser zur Roten Hilfe. In: Sabine Hering, Kurt Schilde: Rote Hilfe Seite 211ff
- Annette Frei: Rote Patriarchen, Arbeiterbewegung und Frauenemanzipation in der Schweiz um 1900. Zürich 1987
Weblinks
- Literatur von und über Mentona Moser im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lebensgeschichte von Mentona Moser (PDF-Datei; 395 kB)
- Lesbengeschichte von Mentona Moser (PDF-Datei; 118 kB)
Einzelnachweise
Kategorien:- NS-Opfer
- Deutschsprachiger Emigrant zur Zeit des Nationalsozialismus
- Autor
- Frauenrechtler
- SP-Mitglied
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