Michelangelo von Zois

Michelangelo von Zois
Michelangelo von Zois: Das Training des Rennfahrers, 1908
Schloß Egg, der Familiensitz der Familie Zois

Michelangelo (III.) Freiherr von Zois von Edelstein (* 18. Juni 1874 in Schalkendorf, slowenisch Želeče, heute ein Ortsteil von Bled, Krain; † 17. Dezember 1945 in Schiefling am Wörthersee) war ein österreichischer Jurist, Staatsbeamter, Schriftsteller und Journalist.[1]

Inhaltsverzeichnis

Radsportler und Autor

Der vielseitig interessierte Michelangelo von Zois studierte Jura in Graz und Wien. In jungen Jahren war er begeisterter Radsportler, was sich in Büchern und journalistischen Beiträgen in Zeitschriften niederschlug. Bis in die 1920er Jahre hinein verfasste er Berichte, Glossen und Kurzgeschichten für die auflagenstarke deutsche Radsportzeitschrift Rad-Welt und war als Redakteur der Österreichischen Touring-Zeitung tätig. Das Radfahren erlernte er während seines Studiums in Graz.

Zois' Buch Der Vollmensch. Ein Rennfahrerroman widmete er seinen „lieben Kameraden von der Grazer Trainierschule 1898".[2] Der Roman soll in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts großes Aufsehen erregt haben. „Abertausende von Mitgliedern der Radsportverbände“ verschlangen damals dieses „Kultbuch“ mit Begeisterung. In einer Literaturkritik soll gestanden sein: „Die Szenen aus dem Radfahrerleben sind mit einer Verve, mit einer so hinreißenden Kraft erzählt, so lebendig, so packend und anschaulich, dass man von dem Talent dieses Dichters noch Bedeutendes erwarten darf. Der Radrennfahrer als Vollmensch überzeugt durch seine literarische Kraft und Saftigkeit jeden Leser![2]

In seinem Buch Das Training des Rennfahrers für Rennbahn und Landstraße berichtete er wenige Jahre später: „Der Gebrauch des Arseniks (Hüttenrauch) ist jedenfalls mit den Grazer Fahrern in die Welt gekommen; der Genuß desselben ist in den Alpenländern unter den Holzknechten des Hochgebirges u.s.w. üblich, um die Strapazen besser auszuhalten.[3] Er verurteilte diese „Sitte“ als „verwerflich“, wenn er auch seinem Freund Alexander Gayer, dem Gründer der ersten Trainierschule Europas und wahrscheinlich erstem Radsporttrainer bescheinigte, dass dieser „manchmal seinen Leuten vor dem Starte einen Trank ein[gab], das war aber nichts anderes als Schilcher, ein sehr leichter steirischer roter Wein“.

1903 bis 1904 war Zois für den Laibacher BC als Fahrwart aktiv. 1907 gründete er in Wien den Österreichischen Radsport-Ausschuss und war Mannschaftsführer des Radteams bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm. Nach 1918 ließ er sich in Klagenfurt nieder, wo er zunächst eine Radfahrerriege und dann den Rad- und Motorfahrerverein Wörthersee gründete. 1932 half er schließlich, nachdem er nach Dellach übersiedelt war und schließlich Landesregierungsrat wurde, bei der Gründung des Kärntner Radfahrer-Vereins und später des Kärntner Radfahrer-Verbandes, dem er bis 1937 vorstand. Zois wird demzufolge als „einer der Pioniere des österreichischen Radsports bezeichnet“.[4]

Michelangelo von Zois schrieb auch Beiträge für Zeitschriften der Naturistenbewegung und verfasste Übersetzungen. Er fungierte als Ideengeber für die Stummfilme „Der schwarze Chauffeur“ (1917) und für „Veritas vincit“ (1919) von Joe May. Zudem schrieb er zahlreiche Novellen, in denen sich seine Bewunderung für deutsches Rittertum und die italienische Renaissance widerspiegelt. Er war bis zu seinem Tode literarisch tätig.

Im Staatsdienst

1899 trat von Zois in den österreichischen Staatsdienst ein und war ab 1903 Bezirkskommissär der krainischen Landesregierung in Radmannsdorf. 1907 wurde er in die Zentralkommission für Denkmalpflege (ZK) versetzt, wo er allerdings, weil er Jurist und kein Kunsthistoriker war, als „Karikatur“ empfunden wurde.[5] Mehrfach sollte er im Zuge von Auseinandersetzungen und Intrigen in der ZK abgelöst und weggelobt werden, wurde aber vom damaligen Ministerpräsidenten Max Wladimir Freiherr von Beck protegiert und blieb bis 1914, dann wechselte er wieder in die krainische Landesregierung.[6][7] 1915 wurde er zum Militärdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen und arbeitete als Redakteur der Kriegszeitung der 10. k.u.k. Armee und der Karnisch-Julischen Front. Als solcher wurde er in Fritz von Herzmanovsky-Orlandos Stück Rout am Fliegenden Holländer sogar literarisch verewigt.[8]

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ersuchte von Zois vergeblich um die Anstellung als provisorischer Landeskonservator in Kärnten. Der damalige Landeskonservator von Kärnten, Otto Demus, schrieb in einer Aktennotiz, Zois habe zwar durch „Anregungen und kleine Berichte stets recht gute Dienste geleistet“, für wichtigere Aufgaben sei er allerdings nicht geeignet, da er als „schrullig“ bekannt sei und zu „phantastischen Plänen“ neige. Nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland bat von Zois erneut mehrfach, wenn auch erfolglos, bei der Zentralstelle für Denkmalschutz, beim Reichsstatthalter für Österreich und sogar mit einem persönlichen Brief an Adolf Hitler um erneute Verwendung in der ZK.[7]

Familie

Michelangelo von Zois stammte aus der altösterreichischen Adelsfamilie der Freiherren Zois von Edelstein, deren Mitglieder sich traditionell als Privatgelehrte betätigten; Familiensitz war Schloß Egg bei Krainburg.[9] Er war ein Urgroßneffe des Unternehmers und Naturwissenschaftlers Sigmund Zois von Edelstein, dem die Familie den Namenszusatz „von Edelstein“ verdankt, und ein entfernter Cousin des Komponisten Hans von Zois.[10] Von Zois war zweimal verheiratet; seine zweite Frau Eva Maria war auch schriftstellerisch tätig.[11][12] Der Nachlass der Eheleute wurde 1998 dem Kärntner Landesarchiv überlassen.[12]

Schriften (Auswahl)

  • Der Vollmensch. Ein Rennfahrerroman. Dresden & Leipzig, 1902
  • Das Training des Rennfahrers für Rennbahn und Landstraße. Berlin 1908
  • Das Theresianum. Wien 1910
  • „Körperschönheitskonkurrenz in Wien“. In: Beiblatt zur Schönheit, Heft 8, 1910, S. 138-140
  • „Die Olympischen Spiele von Stockholm“. In: Beiblatt zur Schönheit. Heft 10, 1912, S. 182-186
  • „Feldbücherei der k. u. k. 10. Armee“. Hrsg. von Michelangelo Baron Zois und Franz Xaver Zimmermann. In: Kriegszeitung der k. u. k. 10. Armee, 1917
  • Des Freiherrn von Münchhausen neueste Friedens- und Kriegsabenteuer, 1917
  • Freie Bearbeitung von Der Frauendienst des Minnesängers Ulrich von Liechtenstein. Stuttgart 1924
  • Übersetzung von: Eugène Sues: Die Geheimnisse von Paris. Wien 1928
  • „Blick in die Zukunft“. In: Soma. Monatszeitschrift für Körperkultur und Kunst. Heft 2, 3. Jahrgang, Leipzig 1928
  • „Die Frau, die Körperkultur und der Sport“. In: Soma. Monatszeitschrift für Körperkultur und Kunst. Heft 4, 3. Jahrgang, Leipzig 1928

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Theodor Brückler: Thronfolger Franz Ferdinand als Denkmalpfleger. Die „Kunstakten" der Militärkanzlei im Österreichischen Staatsarchiv (Kriegsarchiv), Wien, Köln, Weimar 2009, S. 606
  2. a b Der Vollmensch auf titanic-magazin.de
  3. „Doping im Selbstversuch an Grazer Uni“ auf graz.radln.net
  4. Othmar Hassenberger: Pionierarbeit im Kärntner Radsport: in: Der Radfahrer 79 v. 22. Januar 1937
  5. Brückler, S. 21
  6. Brückler, S. 370
  7. a b Theodorf Brückler/Ulrike Nimeth: Personenlexikon zur österreichischen Denkmalpflege, Wien 2001, S. 307f.
  8. „Wer schützt uns vor den Denkmalschützern?“ auf zeit.de
  9. Der heutige Name des Schlosses lautet Brdo. Ab 1935 wurde das Anwesen Sitz der jugoslawischen Königsfamilie, später von Staatschef Tito als eine seiner Residenzen genutzt. Heute dient es der slowenischen Regierung als Ort für Staatsbesuche und ähnliche Anlässe. Der Name des dortigen „Restaurants Zois“ erinnert an die ehemalige Besitzerfamilie.
  10. Gothaisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser, Gotha 1891
  11. Nachlass Michelangelo von Zois im Verzeichnis der künstlerischen, wissenschaftlichen und kulturpolitischen Nachlässe in Österreich
  12. a b Evelyne Webernig: „Nachlaesse im Kaerntner Landesarchiv“, in Carinthia I, 2004, S. 107

Literatur

  • Erich Nussbaumer: Geistiges Kärnten, Klagenfurt 1956, S. 427f.
  • Wolfgang Wehap: Michelangelo von Zois, Manuskript

Weblinks


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