Reichsstatthalter

Reichsstatthalter

In der Zeit des Nationalsozialismus im Deutschen Reich von 1933 bis 1945 gab es Reichsstatthalter für in etwa den altdeutschen Teilstaaten entsprechende, reichsunmittelbare Verwaltungsbezirke, die Reichsgaue.[1] Die Reichsstatthalter waren Beauftragte der Reichszentrale in der Region, mit Überwachungs-, Eingriffs- und Leitungsfunktionen betraut und auf höchster Führungsebene verantwortlich für die länderseitige Gleichschaltung durch Auflösung der Landtage und Verkündung der Gesetze. Ihre Aufgabe entsprach in etwa der des Landespräsidenten, teilweise übten sie dieses Amt in Personalunion aus.

Inhaltsverzeichnis

Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 7. April 1933

Befugnisse

Die neu eingesetzten Reichsstatthalter hatten die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Reichskanzler Adolf Hitler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Ihnen standen im Wesentlichen die folgenden Befugnisse zu:

  • Ernennung und Entlassung des Vorsitzenden der Landesregierung,
  • Auflösung und Anordnung der Neuwahl des Landtags,
  • Ausfertigung und Verkündung der Landesgesetze,
  • Ernennung und Entlassung der wichtigsten Staatsbeamten und Richter,
  • das Begnadigungsrecht.

Land Preußen

In Preußen übte der Reichskanzler Adolf Hitler die Geschäfte eines Reichsstatthalters aus. Damit sollte der Dualismus Reich/Preußen ein Ende finden; der Freistaat sollte endgültig im Reichaufgehen“. Die Befugnisse des Reichsstatthalters in Preußen waren bereits am 10. April 1933 auf den preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring weiter übertragen worden.

Seit dem 27. November 1934 wurden fernerbis zur Durchführung der Neugliederung des Reichesin Preußen die Oberpräsidenten für den Bereich ihrer Provinzen zu ständigen Vertretern der Reichsregierung ernannt. Sie hatten die Befugnis, sich von sämtlichen Reichs- und Landesbehörden in ihrem Bereich unterrichten zu lassen undsie auf die maßgebenden Gesichtspunkte und die danach erforderlichen Maßnahmen aufmerksam zu machen“. Ferner durften sie bei Gefahr im Verzug einstweilige Anordnungen treffen.

Außerpreußische Länder (ohne Saarland)

Für jedes größere außerpreußische Land war ein Reichsstatthalter bestimmt. Für Länder unter 2 Millionen Einwohner gab es gemeinsame Bezirke mit anderen Ländern (zB. Oldenburg und Bremen, Mecklenburg und Lübeck, Lippe und Schaumburg-Lippe).

In fast allen Fällen ernannte Hitler ausgewählte Gauleiter der NSDAP zu Reichsstatthaltern; neben Preußen, wo er selbst bzw. Göring dieses Amt versahen, bildete einzig Bayern mit Franz von Epp eine Ausnahme.

Die landespolitischen Befugnisse dieser Reichsstatthalter/Gauleiter bildeten einen wichtigen Hebel zur nationalsozialistischen Durchdringung des Staatsapparates. Zugleich erfolgte dadurch eine machtpolitische Differenzierung im Kreis der NS-Gauleiter, ja selbst innerhalb der Reichsstatthalter: Einige durften nach 1935 Reichsstatthalter- und Ministerpräsidenten-Ämter kombinieren, andere Reichsstatthalter- und Oberpräsidentenämter.

Reichsstatthaltergesetz vom 30. Januar 1935

Nunmehr wurden alle Reichsstatthalter für ihren Bezirk zu ständigen Vertretern der Reichsregierung und hatten die Aufgabe, „für die Beobachtung der vom Führer und Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen“.

Sie hatten ebenso wie die preußischen Oberpräsidenten die Befugnis, sich von sämtlichen Reichs- und Landesbehörden in ihrem Bereich unterrichten zu lassen undsie auf die maßgebenden Gesichtspunkte und die danach erforderlichen Maßnahmen aufmerksam zu machen“. Ferner durften sie bei Gefahr im Verzug einstweilige Anordnungen treffen. Darüber hinaus konnte der Reichsstatthalter auch mit der Führung einer Landesregierung beauftragt werden. Für den Zuschnitt der Bezirke der Reichsstatthalter trat keine Änderung ein.

Saarland/„Westmark

Nach derRückgliederungdes Saargebietes ab 1. März 1935 wurde in Saarbrücken eine neue Verwaltungsbehörde eingerichtet, die unter der Führung von Josef Bürckel stand. Bürckel erhielt den TitelReichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandesund hatte als ständiger Vertreter der Reichsregierung im Saarland die Aufgabe, für die Beobachtung der von Führer und Reichskanzler Hitler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen.

Die Behördenbezeichnung änderte sich im Laufe der nächsten Jahre wie folgt:

  • 17. Juni 1936: Reichskommissar für das Saarland,
  • 1940: Reichskommissar für die Saarpfalz (gemeinsame Verwaltungkein formeller Zusammenschlussdes Saarlandes und des bayerischen Regierungsbezirks Pfalz),
  • 1941 Reichsstatthalter in der Westmark (gemeinsame Verwaltungkein formeller Zusammenschlussdes Saarlandes, des bayerischen Regierungsbezirks Pfalz und des CdZ-Gebietes Lothringen).

Reichsstatthalter im Altreich

Statthalterbezirk Sitz Amtsinhaber
Baden
(194045 Baden-Elsaß)
Karlsruhe Robert Wagner
Bayern München Franz von Epp
Braunschweig/Anhalt Dessau 19331935 Wilhelm Loeper
19351937 Fritz Sauckel
19371945 Rudolf Jordan
Hamburg Hamburg Karl Kaufmann
Hessen Darmstadt Jakob Sprenger
Lippe/Schaumburg-Lippe Detmold Alfred Meyer[2]
Mecklenburg-Schwerin/Lübeck/Mecklenburg-Strelitz
(19341937 Mecklenburg/Lübeck)
(19371945 Mecklenburg)
Schwerin Friedrich Hildebrandt
Oldenburg/Bremen Oldenburg (Oldenburg) 19331942 Carl Röver
19421945 Paul Wegener
Preußen Berlin 19331935 Adolf Hitler
19351945 Hermann Göring (amtierend)
Sachsen Dresden Martin Mutschmann
Thüringen Weimar Fritz Sauckel
Württemberg Stuttgart Wilhelm Murr

Reichsstatthalter in den annektierten Gebieten

In den neuen Reichsgauen (Sudetenland, Danzig-Westpreußen, Wartheland und den Alpen- und Donau-Reichsgauen) leitete der Reichsstatthalter die Verwaltung. Er war in Personalunion Gauleiter des gleichnamigen (Partei-)Gaues der NSDAP.

Statthalterbezirk Sitz Amtsinhaber
Danzig-Westpreußen Danzig 19391945 Albert Forster
Kärnten Klagenfurt 19401941 Franz Kutschera
19411945 Friedrich Rainer
Niederdonau (Niederösterreich) Wien 19401945 Hugo Jury
Oberdonau (Oberösterreich) Linz 19401945 August Eigruber
Salzburg Salzburg 19401941 Friedrich Rainer
19411945 Gustav Adolf Scheel
Steiermark Graz 19401945 Sigfried Uiberreither
Sudetenland Reichenberg 19391945 Konrad Henlein
Tirol-Vorarlberg Innsbruck 19401945 Franz Hofer
Wartheland Posen 19391945 Arthur Greiser
Westmark (Pfalz, Saarland, Lothringen) Saarbrücken 19411944 Josef Bürckel
19441945 Willi Stöhr
Groß-Wien Wien 1940 Josef Bürckel
19401945 Baldur von Schirach

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ralf Gebel, Heim ins Reich!“ Konrad Henlein und der Reichsgau Sudetenland (19381945), 2. Aufl., Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2000, ISBN 3-486-56468-4, S96.
  2. Heinz-Jürgen Priamus: Meyer. Zwischen Kaisertreue und NS-Täterschaft. Biographische Konturen eines deutschen Bürgers. Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0592-4.

Weblinks


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