Schlubach & Co.

Schlubach & Co.
Heinrich A. Schlubach um 1900

Schlubach & Co. war ein international tätiges Handelsunternehmen in Hamburg, das von 1867 bis 2001 bestand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1856–1914: Der Aufstieg des Heinrich A. Schlubach in Chile und Guatemala

1856 segelte der 20-jährige Heinrich August Schlubach (* 14. Januar 1836; † 12. Juli 1914) allein und ohne Vermögen auf einer kleinen Bark um das Kap Hoorn nach Valparaíso und ließ sich dort als Kaufmann nieder. Nachdem in den 1860er Jahren in Chile umfangreiche Vorkommen an Salpeter und Guano, die wertvolle Rohstoffe für die Herstellung von Dünger und Sprengstoffen waren, in der Region gefunden wurden, kam er schnell zu großem Reichtum und gründete 1867 die In- und Exportfirma Schlubach Co. in Hamburg.

Er heiratete Margaret Brander, eine Tochter des vermögenden schottischen Kaufmanns John Brander († 1877). Ihre Mutter Titaua Brander war eine Tochter des englisch-jüdischen Kaufmanns Alexander Salmon (1822–1866) und dessen Frau Oeahu Arriitamai, die wiederum eine Tochter der Königin Pomaré IV. von Tahiti war. Die Familien Brander und Salmon besaßen umfangreiche Kopra- und Kokosnuss-Plantagen auf Tahiti, den Marquesas-Inseln und den Cookinseln. Zudem betrieben sie seit 1866 eine große Schafszucht-Farm für Export-Wolle auf der Osterinsel.

1872 wurde Schlubach zum kaiserlich-deutschen Generalkonsul in Valparaiso ernannt. Chile geriet 1879 wegen der Besteuerung und Enteignung chilenischer Salpeterunternehmen in Konflikt mit Bolivien und Peru. Trotz Sympathien für Chile warnte am 1. März 1879 der deutsche Botschafter in Chile, Friedrich von Gülich, den Generalkonsul Schlubach vor einer Unterstützung Chiles durch die Schiffe der Deutschen Dampfschifffartsgesellschaft „Kosmos“ aus Hamburg, um die Neutralität des Reiches zu wahren.[1] Die Angestellten der „Kosmos“ schlugen die Warnungen jedoch einen Monat später in den Wind. 1883 endete der Salpeterkrieg mit einem Sieg Chiles, das sein Staatsgebiet auf Kosten seiner Gegner erheblich nach Norden erweitern konnte. An den Verhandlungen zur Vorbereitung des Friedensvertrages von Ancón war Schlubach seit 1880 beteiligt.[2] Mit einem Vermögen von 25 Millionen Reichsmark kehrte er anschließend nach Deutschland zurück und erwarb für seine Familie das Landgut Oehe an der Schleimündung, nahe Maasholm.

1889 gründete er mit anderen Hamburger Kaufleuten die „Guatemala Plantagen Gesellschaft“. Zusammen mit seinem Partner Otto Thiemer erwarb er über 15 Kaffeeplantagen und eine Verarbeitungsmühle in Guatemala. Darunter befand sich auch die Finca "El Pensamiento", die zuvor dem ehemaligen Staatspräsidenten Guatemala, Manuel Lisandro Barillas Bercián, gehört hatte und der 1898 unter seinem Nachfolger Manuel José Estrada Cabrera ins Exil nach Mexiko geflüchtet war. Die Plantagen wurden zunächst durch Schlubachs Söhne Herbert, Roderich und Edgar verwaltet und produzierten 1901/02 ca. 5.000 Sack Kaffee. Einen Rückschlag gab es, als 1902 beim einem Ausbruch des Vulkans Santa María die Fincas "El Pensamento" und "El Bolivar" über zwei Meter hoch mit Asche bedeckt wurden. Schlubach strukturierte daraufhin die Unternehmungen in Guatemala um, gründete zusammen mit dem deutschen Kaufmann Walther Dauch die Tochtergesellschaft „Schlubach, Dauch & Co“ und stellte den Kaffeeexperten David Sapper ein. So konnte die Kaffeeproduktion im Jahr 1908/09 auf 20.000 Sack gesteigert werden.

Die Muttergesellschaft „Schlubach, Thiemer & Co.“ in der Nähe des Hamburger Mönckebergstraße, Lange Mühren 9–11, gehörte inzwischen zu Hamburgs führenden Außenhandelshäusern und belieferte sowohl Großhändler als auch kleine Hamburger Ladengeschäfte mit Kolonialwaren. Seit 1911 beteiligte sich die Firma auch im Rohkakao-Handel mit Ecuador und Kolumbien. 1914 übernahm sie zudem weitere Kaffeplantagen in Guatemala und produzierte nun unter der Firma „Mittelamerikanische Plantagengesellschaft“ über 32.000 Sack Kaffee.

1914–1931: "Schlubach, Thiemer & Co." zwischen Weltkrieg und Bankenkrise

Nach Heinrich Schlubachs Tod am 12. Juni 1914 wurde Walther Dauch Hauptgeschäftsführer. Daneben waren auch Schlubachs Söhne Roderich (* 1. Januar 1880; † 26. Oktober 1951), Hermann Edgar (* 5. Mai 1882; † 11. Februar 1928) und Eric (25. Juli 1888; † 19. Oktober 1961) als Gesellschafter in leitenden Positionen tätig. Während des Ersten Weltkriegs diente Eric Schlubach 1914–1918 als Korvettenkapitän in der Kaiserlichen Marine.

1920 wurde Walther Dauch für die DVP in den Deutschen Reichstag gewählt. Eric und Roderich Schlubach traten dagegen der DNVP bei, für die Eric von 1924 bis 1927 in der Hamburgischen Bürgerschaft saß.

Im Mai 1921 beteiligten sich Schlubach, Thiemer & Co. zusammen mit der Deutschen Aero-Lloyd und anderen an der Gründung des Syndikates "Condor", aus dem fünf Jahre später die Deutsche Lufthansa hervorging.

In den folgenden Jahren engagierten sich Schlubach, Thiemer & Co. auch in der Produktion und dem Import von Südfrüchten in Afrika Hierzu gründeten sie die „Afrikanische Frucht-Companie“ (AFC) und kauften 1925 im Kamerun die ca. 5900 ha große Plantage „Likomba“. Für den Transport der Bananen begannen sie zusammen mit AFC den Bau von Transportschiffen, die mit Kühlmöglichkeiten ausgestattet wurden.

1928 folgte ein Engagement in Argentinien. Mit der Fa. Felten Guilleaume wurde die "Compania de Vente de Hierros Aceros europeos" gegründet und Land aufgekauft. Im gleichen Jahr starb Hermann Edgar Schlubach und hinterließ vier Kinder, darunter den späteren Architekten Edgar Schlubach und den später als Bühnenbildner bekannt gewordenen Jan Schlubach.

Die Weltwirtschaftskrise 1929 hatte verheerende Folgen für die Firma, die ihre Unternehmungen zu einem großen Teil mit ausländischem, vor allem britischem Kapital finanziert hatte. In der Folge der Reichstagswahl 1930, der Brüningschen Notverordnungen und einer befürchteten Zahlungsunfähigkeit des Reiches wurden die Kredite nicht verlängert. Am 11. Juni 1931, auf dem Höhepunkt der Deutschen Bankenkrise wurden Schlubach, Thiemer & Co schließlich zahlungsunfähig und mussten Konkurs anmelden.

1931–2001: Nach dem Konkurs bis zur Übernahme durch K. D. Feddersen

1936 erschienen Schlubach & Co. wieder als Beteiligte an einem Konsortium unter der Aufsicht von Roderich Schlubach zur Übernahme der Ende der 1880 Jahre von dem Schweden Linell im Kamerun gegründeten Debundscha-Pflanzung (DKG). 1938 besaß die Gesellschaft insgesamt 1800 ha, von denen 388 ha mit Bananenstauden und 110 ha mit Ölpalmen bebaut wurden.

Nach dem Tod von Roderich 1953 und Eric 1962 führten ihre Söhne die Firma in dritter Generation weiter.

1983 übernahmen Schlubach & Co. die Firmen der 1951 gegründeten BOCHAKO Chemie-und-Technik-GmbH, die im Handel mit Russland und anderen osteuropäischen Staaten aktiv waren.

1992 wurden Schlubach & Co. von der K.D. Feddersen Holding GmbH (KDF) übernommen und ergänzt das Leistungsspektrum des Verbundes im Im- und Exportsektor. Zwei Jahre später erschienen Schlubach & Co auf den Importlisten für Quecksilber der brasilianischen Außenhandelsbehörde. Das giftige Quecksilber wurde für die Goldgewinnung im Amazonasgebiet verwendet. Auf einer Pressekonferenz in Santarém wurde die Quecksilberverseuchung durch Greenpeace angeprangert. Schlubach & Co dementierten jegliche Beteiligung an dem Geschäft.[3] 1997 wurden schließlich die Schlubach Einzelfirmen zu Schlubach & Co. Handels- und Bochako GmbH verschmolzen. Dadurch wurden die Handelsaktivitäten in Russland, einigen ehemaligen GUS-Staaten und Südamerika in einem Unternehmen zusammengefasst. Das Produktportfolio setzt sich auf der einen Seite aus Fein- und Industriechemikalien sowie diversen Spezialitäten, auf der anderen Seite aus Anlagen und Maschinen und deren Ersatzteilen zusammen.

Seit dem 1. Juni 2001 werden die Geschäfte unter der Firma K. D. Feddersen & Co Ueberseegesellschaft mbH abgewickelt.

Kulturelles und wissenschaftliches Engagement

1882, während der deutschen Osterinselexpedition des Schiffes SMS Hyäne unter Kapitän Wilhelm Geiseler, vermittelte Heinrich Schlubach auf Bitte von Adolf Bastian, dem damaligen Direkter den Königliche Museum für Volkerkunde in Berlin den Erwerb mehrerer Rongorongo-Schrifttafeln. Die drei Tafeln M, N und O wurden an den Onkel von Schlubachs Frau, Alexander Salmon, übergeben, der sie daraufhin zu Schlubach schickte. Als Schlubach 1883 nach Hamburg zurückkehrte, schickte er die Tafel O zu Bastian nach Berlin. Sie befindet sich noch heute im Ethnologischen Museum. Die Tafeln M und N verkaufte Schlubach privat an die Hamburger Firma „Klee und Kocher“, die sie an den dem österreichischen Vize-Konsul Heinrich Freiherr von Westenholz weiterverkaufte. Dieser stiftete sie 1886 dem Museum für Völkerkunde Wien.

1903–1905 bereiste Eric Schlubach als junger Seeoffizier im Ostasiengeschwader der kaiserlichen Marine China, Korea, Japan und Sibirien. Seine Beschreibungen und Aquarelle veröffentlichte er später als Buch unter dem Titel Reisebriefe aus dem fernen Osten. Sie geben ein eindrucksvolles Bild der Natur und Kultur der Länder kurz nach der Niederschlagung des Boxeraufstandes wieder.

1922 unterstützten Hermann Edgar Schlubach und der junge Londoner Kaufmann Henry Frederick Tiarks eine holländisch-deutsche Sonnenfinsternis-Expedition zu den Weihnachtsinseln. Als Dank wurde zu ihren Ehren der am 18. September 1919 von Karl Wilhelm Reinmuth in Heidelberg entdeckte Asteroid 922 „SchluTia“ genannt.[4]

Literatur

  • Dieter Bromund: Ein Preuße, der Pazifik und eine Prinzessin – Das Leben des Heinrich Schlubach. Hörfunksendung in Radio Bremen vom 16. Mai 1992
  • Dieter Bromund: Schlubach – Die ersten 125 Jahre, Hamburg 1991
  • Claus Gossler: The Social and Economic Fall of the Salmon/Brander Clan of Tahiti. In: The Journal of Pacific History. Vol. 40, 2. Sept. 2005, S.193–212.
  • Stefan H. Rinke: Der letzte freie Kontinent: Deutsche Lateinamerikapolitik im Zeichen transnationaler Beziehungen 1918–1933. Heinz, 1996, ISBN 3-88099-670-9, ISBN 978-3-88099-670-0
  • Eric W. Schlubach: Reisebriefe aus dem fernen Osten 1903–1905. Hans Christians, Hamburg
  • Schlubach, Thiemer & Co, Jubiläumsschrift. J. J. Augustin, Hamburg 1925
  • Jens Urban: Die lateinamerikanischen Studierenden an der Universität Hamburg 1919–1970. In: Beiträge zur Lateinamerikaforschung Bd. 5, Hamburg 2000, ISBN 3-926446-78-1
  • Regina Wagner, Cristobal von Rothkirch: Historia del Cafe de Guatemala. Villegas Asociados, 2003, ISBN 958-96982-8-X
  • Kerstin Wilke: Die deutsche Banane (Diss.) Hannover 2004
  • Stefan Wulf: Das Hamburger Tropeninstitut 1919 bis 1945. Berlin 1994, ISBN 978-3-496-02537-5, S. 28

Einzelnachweise

  1. Friedrich von Gülich: Brief vom 1. März 1879 an von Schlubach, BArch. R 901-33631
  2. Carlos Maldonado Prieto: Chile versus Perú y Bolivia: Una Relación Vecinal Conflictiva, 2005
  3. Bernd Euler: Kein Frieden in der grünen Hölle. In: Focus Nr. 48, München 1994
  4. Dictionary of Minor Planet Names. Springer, Berlin / Heidelberg 1999, ISBN 3-540-14814-0

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