Deutsche Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft

Deutsche Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft

Die Deutsche Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft (Deschimag) war ein 1926 gegründeter Zusammenschluss von acht norddeutschen Werften mit dem Verwaltungshauptsitz in Bremen. Es war der erste Großkonzern der deutschen Schiffbauindustrie. Er entstand – vor dem Hintergrund der damaligen Werftenkrise – auf Betreiben Bremer Kaufleute, Bankiers und Reeder. Eine zentrale Rolle spielte dabei Johann Friedrich Schröder, Mitinhaber der Bank Schröder, Heye und Weyhausen, Aufsichtsratsvorsitzender und Hauptaktionär der AG Weser, des Norddeutschen Lloyds und der Deutschen Dampfschiffahrtsgesellschaft „Hansa“.

1941 übernahm die Friedrich Krupp AG die Aktienmehrheit der Deschimag; 1945 wurde das Unternehmen aufgelöst und die verbliebenen beiden Werften AG Weser und Seebeck AG erhielten ihre Eigenständigkeit zurück.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Die Mitte der 1920er Jahre auftretende kritische Situation der Schiffbauindustrie in Deutschland inspirierte den Bremer Bankier Schröder, einen überregionalen Zusammenschluss der an Ost- und Nordsee gelegenen Großwerften unter Führung der AG Weser ins Leben zu rufen. Dies gelang ihm allerdings nicht vollständig, denn ähnliche Bestrebungen gab es auch bei anderen Unternehmen bzw. zeigten andere Großwerften wie der Bremer Vulkan und die Hamburger Werft Blohm & Voß angesichts ihrer eigenen Stärke wenig Interesse. Realisiert wurde schließlich ein Zusammenschluss mittlerer und kleinerer Werften der Unterweserregion und von Betrieben des Ostseeraums und an der Elbe.

Am 6. Dezember 1926 fassten die Generalversammlungen der AG Weser und der Joh. C. Tecklenborg AG den Beschluss zur Fusionierung beider Unternehmen zur Deutschen Schiff- und Maschinenbau Aktiengesellschaft, kurz Deschimag, die dann am 28. Dezember von den Generalversammlungen beider Werften auch genehmigt wurde.

Kurz darauf wurde gegen massiven hamburgischen Widerstand die Werft AG Vulkan Hamburg übernommen, im Dezember 1927 fusionierte die Deschimag dann mit den Vulkan-Werken Stettin. Im Januar 1928 wurden jeweils 75 % des Kapitals der Nüscke Werft in Stettin, der Neptun Werft in Rostock und nach dem Tode von Georg Seebeck am 27. Februar 1928 auch die Seebeck Werft in Geestemünde übernommen, im Mai 1928 folgten 97 % der Frerichs Werft in Einswarden.

Somit waren ab 1928 folgende acht Werften zur Deschimag zusammengeschlossen und hatten damit ihre Selbständigkeit verloren:

Am 24. Mai 1927 fand die erste ordentliche Hauptversammlung der Deschimag im Gebäude der J. F. Schröder Bank K.a.A. in Bremen statt. Dem Vorstandsbericht zufolge war im ersten Geschäftsjahr ein Gewinn von 412.722,74 RM erzielt worden.

Zu dieser Zeit war Franz Stapelfeldt Vorstandsvorsitzender; als weitere Vorstandsmitglieder fungierten Dr. H. Wach und H. Claussen – ehemals Tecklenborg - sowie Prof. Dr. G. Bauer und H. Wallwitz – ehemals Vulkan Werke - und der Schiffbaudirektor Dr.-Ing. Hermann Hein von der AG Weser. Der Bankier Johannes Friedrich Schröder war der Vorsitzende des Aufsichtsrates; weiterhin saßen im Aufsichtsrat Siegmund Bodenheimer (Danat-Bank), Ernst Glässel (Globus-Reederei und Norddeutscher Lloyd) sowie Paul Stahl (Vulkan-Werke).

Die Deschimag wurde somit überwiegend von Bremer Kaufleuten und Reedern beherrscht.

Ende 1927 waren etwa 53.000 Menschen auf deutschen Werften beschäftigt, davon entfielen allein etwa 15.000 auf die Deschimag entsprechend einem Anteil von rund 28%, womit sie zum größten Schiffbauunternehmen der Weimarer Republik aufgestiegen war.

Wie schon einmal um 1907 wurde 1930/31 erneut eine Fusion der beiden Bremer Großwerften Bremer Vulkan und AG Weser angestrebt, was jedoch am Widerstand des im Gegensatz zur angeschlagenen AG Weser finanziell gut situierten Bremer Vulkans scheiterte.

Konzernstrategie

Nach Abschluss der Konzernbildung bestand die Konzernpolitik darin, hauptsächlich der Bremer Stammwerft Actien-Gesellschaft „Weser“ Aufträge zu beschaffen und in den anderen Betrieben durch Verkauf, Stilllegung und spätere Schließung konzerninterne Konkurrenz und Überkapazitäten abzubauen.

Der Stettiner Vulkan wurde schon 1928 geschlossen, die Sparte Lokomotivbau wurde gänzlich abgetrennt und ging im selben Jahr an Borsig in Berlin. Der schiffbauliche Teil des Hamburger Vulkan wurde Ende 1929 an die Howaldtswerke in Kiel verkauft und von diesen als Howaldtswerke AG Kiel, Abteilung vormals Vulcan weitergeführt; der östliche Teil des Werftareals wurde 1930-31 abgeräumt.

Mit dem Stettiner und Hamburger Vulkan verschwanden zwei große Namen deutscher Schiffbaugeschichte.

Für die Rostocker AG Neptun gab es nach dem Zusammenschluss nur noch wenige lukrative Aufträge. Zunächst überlebte die Werft mit kleinen Aufträgen. 1931 kam es jedoch zum Zusammenbruch der als Deschimag-Hausbank fungierenden Schröder-Bank. Diese wurde zwar mit Hilfe des Bremer Senats gerettet, der Konkurs der Neptun Werft war jedoch unausweichlich geworden. Es kamen unverhofft noch Aufträge aus der UdSSR und die Reichsregierung unterstützte die Werft durch Verschrottungsaufträge, doch konnten nur noch 90 Mitarbeiter beschäftigt werden. Am 16. Juli 1934 fand dann vor dem Amtsgericht Rostock der Zwangsvergleich statt und die Actien-Gesellschaft "Neptun" Schiffs- und Maschinenfabrik wurde aufgelöst.

Nüscke & Co ging 1928 in Konkurs.

Der Schiffbau auf der Frerichs Werft wurde 1935 eingestellt.

Die moderne, mit Aufträgen gut ausgelastete und als Reparaturbetrieb für den Norddeutschen Lloyd benötigte Bremerhavener Tecklenborg-Werft hatte zunächst gute Überlebenschancen. Zwischen ihr und der AG Weser kam es jedoch zu Interessenskonflikten, da beide ein ähnliches Bauprogramm besaßen. Selbständige Aktivitäten wie Werbung und Beschaffung von Neubauaufträgen wurden Tecklenborg daraufhin weitgehend untersagt.

Unter dem Einfluss Schröders stornierte der Norddeutsche Lloyd allein 1927 sechs bereits an Tecklenborg erteilte Aufträge und 1928 zwei weitere, was naturgemäß dort zu finanziellen Problemen führte. Auch Aufträge anderer Reedereien wurden trotz günstigerer Angebote von Tecklenborg an die AG Weser vergeben, die Bremer Werft verzeichnete zu dieser Zeit eine Auftragssteigerung von etwa 720 Prozent.

Es existierten nunmehr zwei Deschimag-Betriebe am Standort Bremerhaven, die Schließung von einem der beiden war absehbar. Gegen großen Protest kam das Ende der Tecklenborg-Werft am 24. September 1928. Sie wurde mit der Begründung stillgelegt, dass zwei Werften in der anhaltenden Schiffbaukrise für das Gebiet der Unterweser nicht erforderlich seien und die Seebeck-Werft den Bedürfnissen an der Wesermündung, hauptsächlich Reparaturarbeiten für die großen Reedereien, vollauf genüge. Mit diesen Argumenten gelang es der Deschimag, den Protest in Bremerhaven in Grenzen zu halten.

2300 Beschäftigte verloren den Arbeitsplatz und zusätzlich waren 300 Zulieferbetriebe betroffen. Ein Teil der Belegschaft wurde von der AG Weser und der Seebeckwerft übernommen. Aus dem Maschinenpark der Tecklenborg-Werft konnten diese Werften modernisiert und erweitert werden.[1]

Die Deschimag bestand nunmehr nur noch aus den beiden Standorten der AG Weser in Bremen und dem Werk Seebeck in Bremerhaven.

1935–1945

In den Jahren 1931–1933 wurden mangels Aufträgen keine neuen Schiffe gebaut. Erst 1934 bekam die AG Weser einen Neubauauftrag des Norddeutschen Lloyds. Im gleichen Jahr wurde die Weser Flugzeugbau GmbH gegründet, um ein weiteres Geschäftsfeld zu erschließen. Ab 1935 erhielt das Unternehmen dann umfangreiche Aufträge zum Bau von Schiffen für die Kriegsmarine (vor allem Zerstörer und U-Boote), so dass die Produktion bis 1939 komplett auf den Kriegsschiffbau umgestellt wurde.

Erfolgreich vermarktet durch Lizenzverträge wurden die von Dr. Bauer und Dr. Wach entwickelte Bauer-Wach Abdampfturbine sowie die vom österreichen Schiffbau-Ingenieur Fritz Franz Maier entwickelte Maierform, eine Rumpfform von Seeschiffen mit weitausladendem Vor- und Hinterschiff mit geringerem Wasserwiderstand und guten Seeeigenschaften.

Nach der wirtschaftlichen Stabilisierung erfolgte 1941 die Übernahme der Aktienmehrheit durch den Krupp-Konzern. Durch den Kauf wird das Angebot der Krupp Germaniawerft um größere Schiffe und U-Boote erweitert.[2]

Zu dieser Zeit waren bei der Deschimag fast 20.000 Menschen beschäftigt, davon fast 6.000 Kriegsgefangene und Häftlinge des KZ Neuengamme. Der Anteil der Fremdarbeiter in der Belegschaft betrug 1942 12,7%.[3] Ein Teil der Zwangsarbeiter kam aus einem Anfang 1944 eingerichteten Aussenlager vom Konzentrationslager Neuengamme in Bremen-Blumenthal.[4] 1945 wurde die Deschimag aufgelöst und wieder in die verbliebenen Einzelunternehmen aufgeteilt, nämlich die ursprüngliche Stammwerft Aktien-Gesellschaft „Weser“ und die Seebeck-Werft.

In den folgenden Jahrzehnten wuchs die AG Weser bis Mitte 1970er Jahre zum größten Werftunternehmen im Weser-Ems-Gebiet. In der folgenden Werftenkrise mussten viele Unternehmen aufgeben. Nach 111 Jahren Schiffbau bei der AG Weser wurde auch diese Werft Ende 1983 geschlossen.

U-Boot-Bau

Während des Zweiten Weltkriegs war das wichtigste Geschäftsfeld der Deschimag der U-Boot-Bau. Da die Bombardierungen der Werften durch die Alliierten immer größere Schäden verursachten und so der U-Boot-Bau stark beeinträchtigt wurde, wurden bombensichere Werften in Bunkern geplant. Anfang der 1940er Jahre waren U-Boot-Bunker in Hamburg (Fink II bei der Deutschen Werft und Elbe II bei der Howaldtswerke AG) und Kiel (Kilian bei den Kriegsmarinewerft Kiel) in der Planung bzw. im Bau. Mitte 1944 wurde bei den Deutschen Werken Kiel der kleinere Bunker Konrad gebaut. Bereits 1942 gab es bei der Kriegsmarine eine Entscheidung, größere Anlagen bei den Werften in Bremen errichten zu lassen. Gegenstand der Überlegungen waren der zum Thyssen-Konzern gehörende Bremer Vulkan und die zum Krupp-Konzern gehörende Deschimag. Der Bunker der Deschimag sollte direkt neben dem Werftgelände der AG Weser gebaut werden. Hier sollten Sektionen gebaut, die dann im U-Bootbunker Valentin des Thyssen-Konzerns zu kompletten U-Booten montiert werden sollten.

Flugzeugbau

Im Zusammenhang mit Diversikationsbestrebungen begann die Deschimag 1932/33 mit der Fertigung von Flugzeugteilen für die Dornier-Werke. Im März 1933 wurde dann die Weser Flugzeugbau GmbH – kurz Weserflug genannt - in Bremen gegründet mit der Absicht, in das zukunftsträchtige Flugzeug- und Luftrüstungsgeschäft einzusteigen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Neben anderen Standorten wurde auch auf der Frerichswerft in Einswarden ausschließlich Flugzeugbau betrieben, nachdem der Schiffbau dort 1935 eingestellt worden war.

Im März 1936 wurde die Weserflug vom Deschimag-Konzern abgetrennt und in eine selbständige GmbH umgewandelt, die sich bis 1945 zu einem der größten und bedeutendsten deutschen Flugzeugunternehmen entwickelte, das allerdings keine eigenen Entwicklungen schuf sondern sich ausschließlich auf Lizenzbauten beschränkte.

Schiffe (Auswahl; siehe auch AG Weser)

Zivile Schiffe

  • 1929, Schnelldampfer Bremen für den Norddeutschen Lloyd
  • 1935, Fracht- und Passagierschiffe Scharnhorst und Gneisenau für den Norddeutschen Lloyd
  • 1936, Motor-Tankschiff Friedrich Breme
  • 1936/1937, Walfang-Mutterschiffe Terje Viken und Unitas

Kriegsschiffe

  • Zerstörer 1934A (4 Einheiten bei der AG Weser)
  • Zerstörer 1936/1936 A (18 Einheiten bei der AG Weser)
  • Zerstörer 1936 B (5 Einheiten/davon 2 nicht fertiggestellt bei der AG Weser)
  • U-Boote der Typen IX und XXI (162 Boote bei der AG Weser und Seebeck AG)[5]

Literatur

Peter Kuckuk, Hartmut Roder; Von der Dampfbarkasse zum Containerschiff – Werften und Schiffbau in Bremen und der Unterweserregion im 20. Jhd. Hochschule Bremen, Bremen 1988, ISBN 3-926028-38-6

Weblinks

Quellen

  1. http://www.janmaat.de/brhvchronik_04.htm
  2. http://www.thyssenkrupp.de/de/konzern/geschichte_chronik_k1941.html
  3. http://www.bremen.de/sixcms/detail.php?id=342818
  4. http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/index.php?id=412&tx_ngaussenlager_pi1%5Baid%5D=177
  5. http://uboat.net/technical/shipyards/ag-weser.htm

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