- Deutsches GeoForschungsZentrum
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Das Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum - GFZ (engl.: GFZ German Research Centre for Geosciences), bis zum 16. Juni 2008 GeoForschungsZentrum Potsdam, ist das nationale Forschungszentrum für Geowissenschaften in Deutschland. Es befindet sich im Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Potsdamer Telegrafenberg.
Inhaltsverzeichnis
Organisationsform und Vorgängerinstitute
Das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) wurde 1992 als eine von drei neuen Großforschungseinrichtungen in der damaligen „Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen“ gegründet.
Es steht in einer traditionsreichen Nachfolge von Forschungsinstituten, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Telegrafenberg befinden und den Ruf Potsdams als exzellenten geowissenschaftlichen Standort begründeten, so unter anderem das Zentralinstitut für Physik der Erde (ZIPE), ein Institut der Akademie der Wissenschaften der DDR, das Forschungen in der Geophysik und der Höheren Geodäsie vereinigte.
Letztlich geht das GFZ auf ein Institut der Preußischen Akademie der Wissenschaften zurück, das Geodätische Institut Potsdam. Unter seinem Direktor Friedrich Robert Helmert (Direktor von 1886 bis 1917) entwickelte sich das Potsdamer Institut zum Weltzentrum für die wissenschaftliche Geodäsie (also Wissenschaft von der Figur und dem Schwerefeld der Erde). Der Potsdamer Absolutwert der Erdanziehung war von 1909 bis 1971 der internationale Referenzwert („Potsdamer Schwerewert“). Maßgeblich an diesen Arbeiten beteiligt war der Sektionschef des GI Theodor Albrecht.
Das GFZ hat intensive Kooperationen mit anderen geowissenschaftlichen/geotechnischen Institutionen weltweit und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Träger ist zu 90% das Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10% das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.
Struktur des GFZ
Das GFZ gliedert sich in fünf Fachabteilungen, genannt „Departments“: „Geodäsie und Fernerkundung“, „Physik der Erde“, „Geodynamik“, „Chemie der Erde“ und „Geoengineering“. Hinzu kommen noch die „Wissenschaftliche Infrastruktur und Plattformen“ mit Großgeräten (MESI), Observatorien und „Scientific Drilling ICDP“. Die Forschungsschwerpunkte der Departments sind:
- Geodäsie und Fernerkundung: GPS/Galileo-Technologien, Erdbeobachtungssatelliten, Schwerefeld und Gravimetrie, Fernerkundung, Erdsystemmodellierung und Geoinformatik. Zu den Aufgaben gehört die Erforschung des Erdschwerefeldes und der Erdrotation, internationale Dienste hierzu (IERS, IGS und 4D-Erdmodellierung); Entwicklung von Forschungssatelliten (siehe unten) und von Methoden der Kosmischen Geodäsie (insbes. Galileo), Fernerkundung (Remote Sensing)
- Physik der Erde: Erdbebenrisiko und Frühwarnung, Geophysikalische Tiefensondierung, Erdmagnetfeld, Seismologie, Geodynamische Modellierung, Erdbebengefährdung und Spannungsfeld. Zu den Forschungsfeldern gehören: geophysikalische Erforschung der Erdkruste und des Erdmantels, Angewandte Seismologie (Analyse von Erdbeben und anderen Naturkatastrophen, globales seismologisches Monitoring, Tsunami-Frühwarnsystem); Erdmagnetfeld und solar-terrestrische Beziehungen (Sonnenaktivität etc.),
- Geodynamik und Geomaterialien: Dynamik der Lithosphäre (siehe Plattentektonik), Geomechanik und Rheologie, Chemie und Physik der Geomaterialien und Oberflächennahe Geochemie.
- Chemie und Stoffkreisläufe der Erde: Geothermie, Anorganische und Isotopen-Geochemie, Organische Geochemie, Sedimentbecken-Analyse und Geomikrobiologie
- Prozesse der Erdoberfläche: Geoökologie und Geomorphologie, Klima-Dynamik und Landschaftsentwicklung, Hydrogeologie, Ingenieur-Hydrologie
Große Forschungsthemen sind zeitlich befristet in die Geoengineering-Zentren eingebunden. Zurzeit gibt es dort das Zentrum für CO2-Speicherung, das Internationale Geothermie-Zentrum, das Zentrum für Tsunami-Frühwarnung und PACE.
Satelliten-Projekte
Das GFZ hat mehrere Satelliten entwickelt. Bereits der erste davon hat das Institut über die engeren Kreise seiner Wissenschaft hinaus bekannt gemacht.
Dieser erste, noch kleine LASER- und Forschungssatellit wurde GFZ-1 genannt und wurde 1992 für die Satellitentriangulation und die Analyse des irdischen Schwerefeldes gestartet. Seine Bahn in 400 km Höhe war für eine Lebensdauer von rund 5 Jahren ausgelegt. GFZ-1 wog 21 kg und war mit 60 passiven Laser-Reflektoren ausgerüstet, mit denen seine Entfernung zu den verschiedensten Bodenstationen zentimetergenau gemessen wurde.
Im August 2000 wurde (nach einiger Verzögerung) sein Nachfolger CHAMP für verfeinerte Messungen im Erdschwere- und Magnetfeld gestartet. Das Akronym steht für Challenging Minisatellite Payload for Geophysical Research. CHAMP bestimmt auch bestimmte Parameter der Sonnenaktivität.
Im Satellitenprojekt GRACE hat das Geoforschungszentrum entscheidenden Anteil an der Entwicklung zukunftsweisender Satellitentechnik. Man kann die zwei 2002 gestarteten GRACE-Satelliten als zwei CHAMPs betrachten, die auf derselben Umlaufbahn in etwa 200 km Entfernung hintereinander fliegen und dabei mit Mikrowellen laufend ihre Distanz (Elektronische Distanzmessung) und Dopplerverschiebung messen. Diese modernste Technik wird Satellite-to-Satellite Tracking (SST) genannt und analysiert laufend die Entfernung der beiden Satelliten auf Millimeterbruchteile genau. Daraus werden zusätzliche Messwerte produziert, aus denen man schließlich ein äußerst genaues, über etwa 100 × 200 km geglättetes Schwerefeld ableiten kann.
Seit einigen Jahren kooperiert das GFZ mit dem Entwicklungsteam des geplanten GOCE-Satelliten, der die GRACE-Methodik noch weiter verfeinern soll. Auch eine Kooperation zur Weiterentwicklung des PRARE-Meßsystems sowie mit der Satellitenstation Wettzell im Bayrischen Wald ist im Gange.
Seit Anfang 2005 entwickelt das GFZ in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern aus Wissenschaft, Forschung und Industrie ein Tsunami-Frühwarnsystem für Indonesien (GITEWS) und den östlichen Indischen Ozean. Insgesamt sollen bei dem Projekt zehn weit verteilte Messbojen verlegt werden, die zwischen Sumatra und Bali die gefährlichen, aber am Meeresspiegel kaum merklichen Wellen registrieren können. Die Daten werden via Satellit an ein Frühwarnzentrum weitergeben. Die Kosten in Höhe von 45 Mio. Euro stellte das Bundesforschungsministerium im Mai 2005 zur Verfügung.
Dokumentarfilme
- Mission Erde - Geoforschung zwischen Himmel und Hölle (ARD-Dokumentation, 2001, Buch und Regie: Torsten Sasse). Ein Kamerateam begleitet die Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam zu den geologischen Brennpunkten der Erde. Die GFZ-Forscher untersuchen den Vulkan Merapi auf Java, nutzen den Satelliten Champ zur Messung des Erdmagnetfeldes und experimentieren mit Gashydraten im Permafrostboden der kanadischen Arktis. Einen Schwerpunkt legt die Dokumentation auf die wissenschaftlichen Auswertungen in den Potsdamer Labors.
- Die Tsunami-Warner (Arte-Dokumentation, 2005). „Als der Tsunami am zweiten Weihnachtstag des vergangenen Jahres verheerende Schäden anrichtete, wurden die Beben, die ihn verursachten, durchaus gemessen. Aber es fehlte an einem Warnsystem, das rechtzeitig einen Alarm hätte auslösen können. Dieses Seebeben-Frühwarnsystem wird nun im Indischen Ozean installiert – von Wissenschaftlern aus Deutschland und ihren indonesischen Partnern, den Tsunami-Warnern. Die Dokumentation stellt das Projekt vor.“[1]
Siehe auch
- Theoretische Geophysik, Höhere Geodäsie, Landesvermessungsamt
- Erdmantel, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, ESA
- Geodätisches Institut Potsdam
Weblinks
- Homepage des GFZ
- Gliederung des GFZ in Departments (Abteilungen)
- Bildergalerie zum Satellitenprojekt GRACE
- Informationen und Link zum Satellitenprojekt CHAMP (engl.)
- Projektseiten des Tsunami-Frühwarnsystems
- Projektseiten des EU-Projektes TRIDEC
- Projektseiten des Pilotstandorts Ketzin
- Projektseiten des EU-Projektes CO2CARE
Literatur
Zum Tsunami-Frühwarnsystem in Indonesien unter Beteiligung des GFZ:
- Naturwissenschaftliche Rundschau 3/2006, S. 156
- Wolf-Dieter Roth: Erkennen, Aufzeichnen und Übertragen unterseeischer Bojensignale. In: Telepolis, 1. November 2005.
Einzelnachweise
52.38255555555613.064444444444Koordinaten: 52° 22′ 57,2″ N, 13° 3′ 52″ OKategorien:- Naturwissenschaftliches Forschungsinstitut
- Geodätische Institution
- Bildung und Forschung in Potsdam
- Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft
- Erdbeben
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