- Dänische Kolonisierung Amerikas
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Dänisch-Westindien (dän.: Dansk Vestindien) war 1666-1917 eine Kolonie von Dänemark-Norwegen (1756 Kronkolonie, ab 1814 von Dänemark) in der Karibik (Kleine Antillen). Geografisch waren das die Jungferninseln (dän. Jomfruøerne) Saint Thomas, Saint John und Saint Croix, die heutigen Amerikanischen Jungferninseln (U.S. Virgin Islands).
Noch heute zeigen sich dänische Einflüsse auf den Inseln. Am sichtbarsten ist der Dannebrog im Wappen der Amerikanischen Jungferninseln und an vielen Gebäuden. Einige dänische Wörter finden sich im lokalen englischen Dialekt, so zum Beispiel Velkommen. Die Straßenschilder sind oft zweisprachig, und seit Ende des 20. Jahrhunderts gibt es ein wachsendes Interesse an den Inseln als Reiseziel von geschichtsinteressierten Dänen und Norwegern. Einflüsse Dänemarks sieht man außerdem in der Kolonialarchitektur und dem Möbeldesign.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Urbevölkerung
Die ersten Siedler der Inseln waren Indianer vom Volk der Arawak, namentlich dem Stamm der Taíno. Sie kamen um 300 n. Chr. von Südamerika und waren fleißige Töpfer und Holzschnitzer. Sie schmückten ihre Gegenstände mit Farben und trugen selber viel Schmuck und Makeup, waren ansonsten aber unbekleidet. Sie hatten hohe runde Lehmhütten mit Strohdächern, die um einen Mast in der Mitte herum geflochten wurden.
Etwa um 1000 drangen die Kariben auf die Inseln vor. Sie waren Kannibalen und verspeisten die männlichen Taíno, während sie die Frauen zu Sklaven nahmen. Die Frauen versuchten offensichtlich erfolgreich, ihre Kultur zu behaupten, wie man an den Häusern sehen kann. Die Arawaken hatten runde Häuser und die Kariben Langhäuser. Heraus kamen ovale Häuser.
Die Europäer
Kolumbus
1493 entdeckte Christoph Kolumbus die von Ureinwohnern bewohnten Inseln. Am 14. November 1493 betrat er zunächst eine Insel, der er den Namen Santa Cruz gab (Saint Croix). Dort kam es zum ersten gewaltsamen Zusammenstoß zwischen Europäern und indianischen Ureinwohnern.[1]
Dann segelte Kolumbus die 70 km nach Norden zu den Inseln Saint Thomas und Saint John. Aufgrund der großen Zahl an kleineren Inseln und ihrer Schönheit nannte er sie nach der Legende von der Heiligen Ursula und ihren 11.000 Gefährtinnen „die 11.000 Jungfrauen der Heiligen Ursula“ (Santa Ursula y las Once Mil Vírgenes, kurz: Las Vírgenes, „die Jungfrauen“). Saint Croix wurde erst später zu den Jungferninseln gezählt.
Nach Siedlungsversuchen der Engländer und Holländer auf St. Croix ab 1625 kam es zur Inbesitznahme durch Spanier und Franzosen ab 1650. 1653 wurde St. Croix durch Malta übernommen, 1665 von Frankreich zurück erworben.
Dänemarks Aufbruch in die Neue Welt
Im 17. Jahrhundert begann man auch im Königreich Dänemark-Norwegen über eine eigene Beteiligung an den Kolonien in der Neuen Welt nachzudenken. König Christian IV. wollte einen eigenen Handel einrichten, aber war in die Auseinandersetzungen mit Deutschland und Schweden gebunden.
Erst Frederik III. konnte sich näher mit dem Kolonialabenteuer in der Karibik beschäftigen und gab einem Konsortium von Kaufleuten unter der Führung von Erik Niels Smit Zollbegünstigungen. Im April 1665 schlug Smit dem König die Einnahme von St. Thomas vor. Diese Insel war damals weitgehend verlassen, nachdem Spanien die dortigen Ureinwohner vertrieben hatte. Zudem bot sie einen perfekten natürlichen Hafen. Nur ein paar Holländer lebten hier, die nichts gegen die Dänen als Schutzmacht gegen die Piraten hatten. Am 6. Mai 1665 ernannte Frederik III. Smit zum Gouverneur über St. Thomas, und am 1. Juli segelte dieser mit der „Eendragt“ dorthin.
St. Thomas und St. John
Erste Siedler
Im Februar 1666 schickte Smit ein Schiff zurück nach Dänemark. Es war beladen mit Tabak, Guajakholz, Rohrzucker, Kakao, Zimt und einigen Schildkröten. Möglicherweise kaufte er diese Waren auch auf anderen Inseln. Am 30. März 1666 hisste Smit den Danebrog auf St. Thomas, das fortan zu Dänemark-Norwegen gehörte.
Smit starb etwa ein halbes Jahr später, und der Pfarrer Kjeld Jensen übernahm das Kommando. Damals wohnten auf St. Thomas neun englische und drei holländische Siedler. Sie schworen der dänischen Krone Gefolgschaft und bekamen im Gegenzug Religionsfreiheit, solange keine Versuche unternommen wurden, die dänischen Lutheraner zu konvertieren und sie die dänischen Feiertage achteten. Diese Einführung der Religionsfreiheit sollte für das spätere Wachstum der Inseln von entscheidender Bedeutung werden.
Allerdings scheiterten die ersten Siedler an Versorgungsmangel und den Piraten. 1668 verließen die letzten Dänen St. Thomas.[2]
Westindische Kompanie
1670 bestieg Christian V. den dänischen Thron. Er sah ein großes Potenzial im Karibikhandel, und 1671 gründeten Kaufleute die Dänisch-Westindisch-Guinesische Kompanie (Dansk Vestindisk Guinesisk Kompagni), von der sich der König einen größeren Anteil sicherte. Der König stellte ebenfalls das Kriegsschiff Færø für das Unternehmen zur Verfügung. Mit Jørgen Iversen Dyppel fand man einen erfahrenen Westindienfahrer als künftigen Gouverneur.[2]
1671 stach die Færø mit 190 Frauen und Männern an Bord in See. Die meisten von ihnen hatten sich zu drei Jahren Arbeitsdienst verpflichtet, um danach eigenes Land in der Neuen Welt zu erhalten. Darunter waren auch einige Norweger, die beim Zwischenstopp in Bergen an Bord genommen wurden. Ebenfalls an Bord waren 62 Strafgefangene und genügend Material, um eine kleine Provinzstadt zu bauen. Die Überfahrt dauerte sieben statt drei Monate, unterwegs starben 77 Leute. Nach ein paar Monaten auf St. Thomas waren nur noch 29 am Leben. Die Lücken füllten Engländer und Holländer, die meist auf der Flucht oder Verbannte von den anderen Inseln waren, aber die Dänen brauchten jeden Mann und fragten nicht nach ihrer Vergangenheit.[3]
1672 errichteten dänische Siedler auf St. Thomas die erste ständige Siedlung. Gleichzeitig kamen die ersten Sklaven auf die Insel. Der Gouverneur kaufte einen Mulatten, zwei Indianer und sechs Afrikaner. 1675 nahm Dyppel die Nachbarinsel St. John (Sankt Jan) in Besitz. Er errichtete mit Fort Christian seinen Amtssitz. Dyppel soll ein Tyrann gewesen sein. Die Siedler brachte er gegen sich auf, indem er ihnen den Handel mit anderen Schiffen verbot, und viele Sklaven begingen Selbstmord. Diese und andere Geschichten gelangten nach Dänemark und es war schwer, noch Leute dorthin zu bewegen.[3]
Jahr Weiße Sklaven Freie 1679 156 175 1688 148 422 1733 208 1.087 1764 1.200 9.000 1791 2.600 27.608 1800 3.500 35.000 1830 3.700 26.000 13.000 1679 zählte man in der Kolonie dennoch 156 Weiße, 175 Sklaven, drei freie Schwarze und einen Ureinwohner mit dem Namen Jan Henrichsen. Dyppels Herrschaft endete am 4. Juli 1680.
Dänisches Piratennest
Dyppels Nachfolger als Gouverneur war Nicolaj Esmit aus Holstein. Angeblich soll er über 30 Jahre Jamaika-Erfahrung gehabt haben. Er benannte die Siedlung auf St. Thomas Charlotte Amalie nach der dänischen Königin Charlotte Amalie von Hessen-Kassel. Aber ansonsten betätigte er sich als Pirat, worin wohl seine wirkliche Erfahrung bestand. So konfiszierte er beispielsweise freundliche Schiffe im Hafen von Charlotte Amalie unter dem Vorwand, dass sie dort zu lange gelegen hätten. Irgendwann wurde es selbst seinem Bruder Adolph Esmit zu viel, worauf er 1682 die Macht übernahm. Nicolaj musste nach Dänemark zurückkehren, wurde aber wegen Geisteskrankheit nie angeklagt.[4]
Doch unter Adolph Esmit wurde die Seeräuberei weiter geführt. So bot er 1683 dem gefürchteten Piratenschiff Trompeuse Schutz. Allerdings traf bald ein englisches Kriegsschiff ein, und Esmit konnte nicht erklären, warum er diese „Terroristen“ beherbergte. England wandte sich direkt an die dänische Regierung und drohte mit der Übernahme von St. Thomas, falls die Piraterie nicht sofort unterbunden werde.
Kopenhagen schickte 1684 mit Gabriel Milan einen neuen Gouverneur nach Westindien. Milan stammte zwar aus vornehmer Familie, aber er war ebenso inkompetent wie seine Vorgänger. Er führte sich wie ein absoluter König auf und quälte seine Umwelt mit unnötig harten Strafen. Bereits 1686 wurde er wieder abgesetzt und in Kopenhagen hingerichtet.[4]
1687 hatte Adolph Esmit eine zweite Chance als Gouverneur, als er versprach, einen großen Schatz zu kennen, der hier in der Nähe versteckt gewesen sein soll. Als man den Schatz nicht fand, wurde er 1688 wieder abgesetzt.[4]
1685 schloss der kurbrandenburgische Marine-Generaldirektor Benjamin Raule mit Vertretern der Dänisch-Westindisch-Guinesischen Compagnie einen Vertrag über die Vermietung eines Teils von St. Thomas an Brandenburg (Hauptartikel siehe: St. Thomas). 1689 besetzte Brandenburg die zwischen Saint Thomas und Puerto Rico liegende Krabbeninsel.
1693 beschlagnahmten die Dänen ohne Widerstand die brandenburgischen Faktoreien. Am 13. August 1720 unterzeichnete der preußische König Friedrich Wilhelm I. eine Urkunde, in der er gegenüber der holländischen Handelsgesellschaft auf alle ehemaligen brandenburgischen Gebiete in Afrika (Arguin, heute Mauretanien, und Groß Friedrichsburg an der Goldküste, heute Ghana) und St. Thomas (Jungferninseln, USA), verzichtete. 1694 breiteten die Siedler sich auch auf Saint John aus.
Saint Croix
Saint Croix, seit 1674 endgültig in französischem Besitz, wurde 1733 von Dänemark erworben. Damit begann die Zuckerrohrproduktion in größerem Maßstab. 1734 bekam die Westindische Kompagnie das Handelsmonopol für Zucker in Dänemark und Norwegen. Besondere Bedeutung aus deutscher Sicht erlangte der Zuckerhandel mit Dänisch-Westindien für die damals dänische Stadt Flensburg.
Kronkolonie
Am 1. Januar 1803 trat das 1792 beschlossene Verbot des dänischen Sklavenhandels in Kraft. 1848 kam es in Westindien zu einem Sklavenaufstand gegen die Dänen, und die Sklaverei wurde ganz abgeschafft. Noch heute hält sich im Bewusstsein der Bewohner der Jungferninseln die Legende, dass Dänemark seine Sklaven besser behandelte als andere Länder, und dass Dänemark als erstes die Sklaverei abschaffte.
Trotz der Abschaffung der Sklaverei hielt sich die Zuckerproduktion Dänisch-Westindiens zunächst auf hohem Niveau, aber erlebte bald die Konkurrenz des heimischen Rübenzuckers in Dänemark.
Verkauf an die USA
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die westindische Zuckerproduktion häufiger von Unwettern und Trockenheit heimgesucht. Ende der 1890er zeigte das Deutsche Reich Interesse an den dänischen Antilleninseln. Dem standen die US-Interessen gegenüber, die nach möglichst viel Kontrolle über die eigene Hemisphäre strebten.[5] 1902 gab es eine vorläufige Abmachung zwischen den USA und Dänemark über den Verkauf der Inseln für 5 Millionen Dollar. Im Folketing fand der Plan eine große Mehrheit, aber im Oberhaus, dem Landsting, scheiterte er an einer Pattsituation: Die konservativen Kräfte waren der Meinung, dass Dänemark bereits klein genug sei.[6]
Im Ersten Weltkrieg war es für das neutrale Dänemark schwer, die Verbindung mit der karibischen Kolonie aufrecht zu erhalten. 1915 herrschten allgemeine soziale Unruhen unter der schwarzen Bevölkerung, so dass Dänemark im Dezember widerwillig den Kreuzer Valkyrien nach Westindien entsendete, um Ruhe und Ordnung herzustellen. Im Januar 1916 brach dennoch ein Generalstreik aus.[5] Im gleichen Monat einigten sich die USA und Dänemark erneut auf einen Verkauf von Dänisch-Westindien. Als die geheim gehaltenen Verhandlungen im Sommer 1916 in Dänemark bekannt wurden, kam es zum Proteststurm der Nationalisten.[6]
Am 30. September 1916 einigte man sich, die Sache dem dänischen Volk zur Abstimmung vorzulegen. Es war die erste Volksabstimmung in Dänemark. Die Mehrzahl der Dänen stimmte am 14. Dezember 1916 für den Verkauf Dänisch-Westindiens an die USA.[6]
Am 1. April 1917 wechselten die Inseln für 25 Millionen Dollar den Besitzer. Im Gegenzug konnte Dänemark seine Hoheit über ganz Grönland ausweiten.[7]
Siehe auch
- Liste der Gouverneure von Dänisch-Westindien
- Dänische Kolonien
- Amerikanische Jungferninseln
Literatur
- Kenneth Bo Jørgensen: Turen går til Dansk Vestindien. Politikens Forlag, 1. Ausgabe, Kopenhagen 2006, ISBN 87-567-7333-1 (aktueller dänischer Reiseführer mit Schwerpunkt Geschichte)
- Benito Scocozza und Grethe Jensen: Politikens Etbinds Danmarkshistorie. Politikens Forlag, 3. Ausgabe, Kopenhagen 2005. ISBN 87-567-7064-2 (S. 174f, 198, 289f)
Weblinks
Einzelnachweise
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