- E 954
-
Strukturformel Allgemeines Name Saccharin Andere Namen - 1,2-Benzisothiazol-3(2H)-on-1,1-dioxid
- Benzoesäuresulfimid
Summenformel C7H5NO3S CAS-Nummer 81-07-2
128-44-9 (Natriumsalz)
6485-34-3 (Calciumsalz)Kurzbeschreibung farbloser, kristalliner Feststoff mit sehr schwachem Geruch [1] Eigenschaften Molare Masse 183,19 g·mol−1 Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt Löslichkeit löslich in Wasser: 3,3 g·l−1 (20 °C) [1]
Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung [1] keine Gefahrensymbole R- und S-Sätze R: keine R-Sätze S: keine S-Sätze WGK 2 – wassergefährdend [1] Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Saccharin ist der älteste synthetische Süßstoff. Er wurde 1878 von den Chemikern Constantin Fahlberg und Ira Remsen an der Johns Hopkins University (USA) entdeckt. Sie informierten hierüber am 27. Februar 1879.
Das Wort Saccharin leitet sich von dem griechischen Wort für Zucker, σάκχαρον (sakcharon) ab, das wiederum von dem Sanskrit-Wort für Zucker, sharkara (शर्करा) abstammt.
Als Lebensmittelzusatzstoff trägt Saccharin die Bezeichnung E 954, die erlaubte Tagesdosis (ADI-Wert) beträgt 5 mg/kg Körpergewicht.
Chemisch leitet es sich vom Phthalimid ab, bei dem eine Carbonylgruppe durch eine Sulfongruppe ersetzt und damit die NH-Acidität deutlich erhöht wurde.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Nachdem Fahlberg ein Reaktionsansatz außer Kontrolle geraten und dabei übergekocht war, bemerkte er einen süßen Geschmack auf seinen Händen. Die Substanz, die dafür verantwortlich war, ist heute als Saccharin bekannt.[2] Saccharin wurde daraufhin zum Patent angemeldet.
Auf Grundlage dieses Patentes gründeten Fahlberg und der Kaufmann List die erste Saccharin-Fabrik in Magdeburg, die Fahlberg-List-Fabrik. Die Jahresproduktion betrug 1894 bereits 33 t und verdoppelte sich bereits drei Jahre später auf 66 t. Im Jahre 1910 produzierten sechs Sacharin-Hersteller bereits 175 t im Jahr.
Als Folge der Aktivitäten der Zuckerindustrie erfolgte 1902 in Deutschland ein Süßstoffverbot. Nur der Bedarf der Diabetiker durfte noch gedeckt werden. Ab dem 2. Weltkrieg wurden Süßstoffe wieder zugelassen.
Eigenschaften
Saccharin ist 300 bis 700 mal süßer als Zucker. Es kann besonders in höheren Konzentrationen einen bitteren oder metallischen Nachgeschmack aufweisen. Anders als der neuere künstliche Süßstoff Aspartam bleibt Saccharin bei Erhitzung stabil, auch wenn Säuren präsent sind. Außerdem reagiert es nicht chemisch mit anderen Stoffen und lässt sich gut lagern.
Mischungen mit anderen Süßstoffen wie Cyclamat, Thaumatin oder Acesulfam verfolgen den Zweck, die Nachteile der verschiedenen Süßstoffe gegenseitig aufzuheben. Eine Mischung von Cyclamat und Saccharin im Verhältnis von 10:1 ist in Ländern, in denen beide Süßstoffe legal sind, üblich – hier verdecken beide Stoffe gegenseitig ihren (unangenehmen) Nachgeschmack.
Saccharin verursacht keine Karies. Saccharin ist farblos, wird vom menschlichen Körper schnell aufgenommen und unverändert mit dem Urin wieder ausgeschieden (nach 24 Stunden bereits 90 %). Saccharin besitzt so gut wie keinen physiologischen Energiegehalt und ist daher, wie alle Süßstoffe, auch für Diabetiker geeignet.
Herstellung
Saccharin wird chemisch aus Toluol nach dem Remsen-Fahlberg-Verfahren hergestellt.
Eine andere Möglichkeit ist die Herstellung aus Phthalsäureanhydrid nach dem neueren Maumee-Verfahren welches jedoch weniger zum Einsatz kommt.
Verwendung
Saccharin wird für die Herstellung diätetischer Lebensmittel, in Light-Produkten und als Geschmacksverstärker eingesetzt. Außerdem verwendet man es bei der Herstellung von Futtermitteln für Jungschweine zur Nachahmung der süßen Muttermilch, aber nicht zur Stimulierung des Appetits.[3] Außerdem findet es Einsatz bei Zahnpflegeprodukten (Zahnpasta oder Zahnpflegekaugummi, da es kein Karies auslöst und die Produkte dennoch süßt. In der Galvanik kommt Sacharin als Einebner bei Nickelschichten zum Einsatz und sorgt dort für gleichmäßigere und spannungsfreie Beschichtungen. [4]
Wirkung
Neben der allgemein bekannten süßenden Wirkung des Saccharin werden noch weitere Auswirkungen von Saccharin auf den Körper diskutiert.
Es wird behauptet (u. a. von Udo Pollmer), dass durch Süßstoffe ein Hungergefühl hervorgerufen werde, das dann die Kalorienreduktion zunichte mache. Erklärt wird dies damit, dass durch die Süße auf der Zunge dem Körper die Aufnahme von Zucker signalisiert werde. Um den erwarteten Blutzuckerspiegelanstieg zu kompensieren, komme es in der Bauchspeicheldrüse zur Produktion von Insulin. Da es sich bei Saccharin allerdings nicht um Zucker handelt und der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr somit nicht ansteigt, bewirke das Insulin eine zu starke Senkung des Blutzuckerspiegels. Dies nehme der Körper als Mangelzustand wahr, auf den er mit Heißhunger reagiere. Dafür spräche, dass Saccharin und andere Süßungsmittel in der Landwirtschaft als Masthilfsmittel und in Fertigprodukten als Geschmacksverstärker eingesetzt werden. Dass Süßstoffe physiologisch ein Hungergefühl erzeugen („cephalischer Insulinreflex“), konnte jedoch bislang nicht zweifelsfrei bestätigt werden.[5][6]. Sofern eine solche Wirkung besteht, dürfte sie mit dem Geschmacksempfinden zusammenhängen.
Saccharin und Krebs
Es gibt Besorgnisse über die Sicherheit von Saccharin seit dessen Einführung.
In den 1960er-Jahren wurde in verschiedenen Studien festgestellt, dass Saccharin bei Tieren eine karzinogene Wirkung haben kann. Im Jahr 1977 fanden die Bedenken einen neuen Höhepunkt, nach der Veröffentlichung einer Studie, in der Ratten mit hohen Dosen Saccharin gefüttert wurden und sich bei den männlichen Tieren eine Häufung von Blasenkrebs bemerkbar machte. Im selben Jahr wurde Saccharin in Kanada verboten. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA erwog ebenso ein Verbot, jedoch war Saccharin zu diesem Zeitpunkt der einzige verfügbare künstliche Süßstoff in den USA und diese Erwägung traf auf eine starke öffentliche Opposition, speziell unter Diabetikern. So wurde es nicht verboten, aber Saccharin beinhaltende Lebensmittel mussten ab Februar 1978 in den USA mit einem Warnhinweis versehen werden. Im Jahr 2000 wurde diese Regelung wieder aufgehoben.
Seitdem wurden viele Studien durchgeführt, einige bestätigten den Zusammenhang von Saccharinkonsum und erhöhter Krebsrate (speziell Blasenkrebs), andere konnten dies jedoch nicht bestätigen[7]. Die einflussreichen Studien von 1977 wurden aufgrund der sehr hohen an die Ratten verfütterten Saccharindosen kritisiert, die den Normalverzehr eines Menschen oft um ein Hundertfaches überstiegen. Keine Studie hat Gesundheitsrisiken beim Menschen sicher bestätigen können, vorausgesetzt, normale Dosen werden nicht überschritten. Außerdem wurde gezeigt, dass der biologische Mechanismus, der für die Krebsbildung bei Ratten verantwortlich gemacht wird, aufgrund einer unterschiedlichen Urinzusammensetzung nicht direkt auf den Menschen übertragbar ist.
Quellen
- ↑ a b c d e Herstellerangaben der Firma Merck: Sicherheitsdatenblatt. 21. Jul. 2007
- ↑ C. Fahlberg und I. Remsen: In Br. Dtsch. Chem. Ges. 1879, 12, 469
- ↑ Die Zeit-Stimmt´s-Artikel über den Mythos der appetitanregenden Wirkung künstlicher Süssstoffe
- ↑ [http://www.leuze-verlag.de/gt/heft/aufsatz/200711%5CGT-2650-2652.pdf Einfluss von Saccharin auf die Eigenspannungen in Nickelschichten ]
- ↑ Teff et al: Sweet taste: effect on cephalic phase insulin release in men, Physiol Behav. 1995 Jun;57(6):1089-95
- ↑ Morricone et al: Food-related sensory stimuli are able to promote pancreatic polypeptide elevation without evident cephalic phase insulin secretion in human obesity, Horm Metab Res. 2000 Jun;32(6):240-5
- ↑ M. R. Weihrauch, V. Diehl (2004): Artificial sweeteners - do they bear a carcinogenic risk?. In: Annals of Oncology. Vol. 15, S. 10. 1460-1465(6) Oxford University Press
In der Europäischen Union zugelassene SüßstoffeAcesulfam | Aspartam | Aspartam-Acesulfam-Salz | Cyclamat | Neohesperidin | Saccharin | Sucralose | Thaumatin
Wikimedia Foundation.