Elektronenaffinität

Elektronenaffinität

Als Elektronenaffinität (Abkürzung EA auch Eea oder ΔH) bezeichnet man diejenige Energie, die erforderlich ist, um ein Elektron aus einem einfach negativ geladenen Ion zu lösen, d. h. die Ionisierungsenergie eines Anions.[1] Die Elektronenaffinität ist also die Energiedifferenz zwischen dem Grundzustand eines einzelnen neutralen Atoms oder Moleküls und dem Grundzustand des zugehörigen negativ geladenen Ions, d.h. es handelt sich um den Energiebetrag, der bei der Aufnahme eines Elektrons durch das neutrale Atom/Molekül freigesetzt bzw. benötigt wird.

Die Elektronenaffinität (Einheit: eV) ist somit ein Maß dafür, wie stark ein Neutralatom oder -molekül ein zusätzliches Elektron binden kann. Der umgekehrte Vorgang – die Abtrennung eines Elektrons aus einem neutralen Atom oder Molekül – wird als Ionisierung bezeichnet und durch die Ionisierungsenergie charakterisiert. Die Elektronenaffinität gehört zu den sich periodisch ändernden Eigenschaften der Elemente innerhalb des Periodensystems der Elemente.

Elektronenaffinitäten der Elemente

X → X + e

Nach einer äquivalenten, in der Chemie gebräuchlicheren Definition[2], ist die Elektronenaffinität die bei der Anlagerung eines Elektrons an ein neutrales Atom oder Molekül im Gaszustand umgesetzte Energiemenge.

X + e → X + EA

Bsp:

\mathrm{F(g) + e^- \rightarrow F^-(g) \quad \Delta H = -328\ kJ/mol} (Energie wird frei).
\mathrm{Ne(g) + e^- \rightarrow Ne^-(g) \quad \Delta H = +30\ kJ/mol} (Energie muss aufgewendet werden).


Werte für die Elektronenaffinität werden meist in der Maßeinheit Elektronenvolt (eV) oder kJ/mol angegeben.

Obwohl die Elektronenaffinitäten im Periodensystem zum Teil stark variieren, sind einige periodische Trends deutlich erkennbar. So besitzen Nichtmetalle in der Regel eine negativere Elektronenaffinität als Metalle. Wird durch die Anlagerung eines Elektrons ein voll- oder halbbesetztes Energieniveau erreicht, so zeigen die Elektronenaffinitäten in diesen Gruppen (z. B. 14 und 17) Maxima, weil dadurch besonders stabile Elektronenkonfigurationen erreicht werden. Mit -3,62 eV besitzt Chlor die höchste Elektronenaffinität der Elemente.

Bei Elementen, welche vollbesetzte s-, p- oder d-Valenz-Schalen aufweisen, ist naturgemäß das Bestreben zur weiteren Aufnahme von Elektronen sehr gering. Hier muss Energie aufgewendet werden, um diesen Atomen weitere Elektronen hinzuzufügen. Daher haben die Erdalkalimetalle, die Metalle der Zinkgruppe und die Edelgase positive Elektronenaffinitäten.

Um die Tendenzen der Werte zu interpretieren, hilft auch die Kenntnis des folgenden Sachverhaltes: Da ein Elektron vom positiven Atomkern angezogen wird, finden sich in einer Periode, nach abnehmendem Atomradius von links nach rechts, immer größere Werte für die Elektronenaffinität. Da die Kerne, und somit der Abstand der äußersten Elektronenhülle zum Kern immer kleiner werden.[3]

Elektronenaffinitäten sind experimentell nur schwer zugänglich, sodass Literaturwerte zum Teil stark abweichen.

Periodensystem der Elektronenaffinität in eV
Gruppe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Periode
1 H
-0,76
He
+0,22
2 Li
-0,62
Be
+0,20
B
-0,28
C
-1,26
N
+0,07
O
-1,46
F
-3,40
Ne
+0,30
3 Na
-0,55
Mg
+0,20
Al
-0,45
Si
-1,39
P
-0,75
S
-2,07
Cl
-3,62
Ar
+0,36
4 K
-0,50
Ca
+0,10
Sc
-0,19
Ti
-0,08
V
-0,53
Cr
-0,66
Mn
    
Fe
-0,17
Co
-0,66
Ni
-1,16
Cu
-1,22
Zn
+0,49
Ga
-0,30
Ge
-1,20
As
-0,81
Se
-2,02
Br
-3,37
Kr
+0,40
5 Rb
-0,49
Sr
+0,05
Y
-0,31
Zr
-0,43
Nb
-0,89
Mo
-0,75
Tc
-0,55
Ru
-1,05
Rh
-1,14
Pd
-0,56
Ag
-1,31
Cd
 +0,33
In
-0,30
Sn
-1,20
Sb
-1,07
Te
-1,97
I
-3,06
Xe
+0,43
6 Cs
-0,47
Ba
+0,15
Lu
-0,34
Hf
    
Ta
-0,32
W
-0,82
Re
-0,15
Os
-1,10
Ir
-1,05
Pt
-2,13
Au
-2,31
Hg
+0,63
Tl
-0,21
Pb
-0,36
Bi
-0,94
Po
-1,90
At
-2,80
Rn
+0,43
7 Fr
-0,46
Ra
 
Lr
 
Rf
 
Db
 
Sg
 
Bh
 
Hs
 
Mt
 
Ds
 
Rg
 
Cn
 
Uut
 
Uuq
 
Uup
 
Uuh
 
Uus
 
Uuo
 

[4]

Umrechnung in eV

Zur Umrechnung in Elektronenvolt müssen die o.g. Werte zunächst auf ein einzelnes Atom heruntergerechnet werden, indem durch die Stoffmenge 1 Mol = 6,022·1023 dividiert wird. Der resultierende Wert in kJ (pro Atom) lässt sich dann über die Beziehung 1eV=1,602·10−22kJ in Elektronenvolt umrechnen. Es ergibt sich als Umrechnungsfaktor somit 0,0103657 eV·mol/kJ.

Einzelnachweise

  1. electron affinity. In: IUPAC Gold Book. 28. Juli 2009, Abgerufen am 14. August 2009.
  2. James E. Huheey, Ellen Keiter, Richard L. Keiter: Anorganische Chemie. Prinzipien von Struktur und Reaktivität. 3. Auflage. de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3110179032, S. 50.
  3. Charles E.Mortimer, Ulrich Müller (Hrsg.): Chemie - Basiswissen der Chemie. 8. Auflage. Thieme, Marburg 2003, S. 95.
  4. [1] Werte für die Elektroaffinitäten aus Steve Lowers Website, umgerechnet von kJ/mol nach eV.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Elektronenaffinität — E|lek|t|ro|nen|af|fi|ni|tät [↑ Affinität] Formelzeichen: Eea: ein in eV oder kJ/mol angegebenes Maß für die Energie, die aufgewandt werden muss, um einem Anion ein Elektron zu entziehen, oder die frei wird, wenn sich ein Elektron an ein… …   Universal-Lexikon

  • Elektronenaffinität — elektroninis giminiškumas statusas T sritis Standartizacija ir metrologija apibrėžtis Dydis, proporcingas energijai, išsiskiriančiai atomui arba jonui prisijungus elektroną. atitikmenys: angl. electron affinity vok. Elektronenaffinität, f rus.… …   Penkiakalbis aiškinamasis metrologijos terminų žodynas

  • Elektronenaffinität — elektroninis giminiškumas statusas T sritis Standartizacija ir metrologija apibrėžtis Energijų skirtumas tarp laisvojo elektrono begalybėje ir elektrono, esančio dielektriko ar puslaidininkio laidumo juostos žemiausiame lygmenyje. atitikmenys:… …   Penkiakalbis aiškinamasis metrologijos terminų žodynas

  • Elektronenaffinität — elektroninis giminiškumas statusas T sritis fizika atitikmenys: angl. electron affinity vok. Elektronenaffinität, f rus. электронное сродство, n pranc. affinité électronique, f …   Fizikos terminų žodynas

  • Elektronenaffinität — Elek|tro|nen|af|fi|ni|tät* die; , en <zu 1↑Elektron>: 1. (ohne Plur.) Neigung von Atomen mit nicht abgeschlossenen Elektronenschalen, Elektronen zusätzlich aufzunehmen u. sich dadurch zu ↑ionisieren. 2. die bei der Elektronenanlagerung frei …   Das große Fremdwörterbuch

  • negative Elektronenaffinität — neigiamasis elektroninis giminiškumas statusas T sritis radioelektronika atitikmenys: angl. negative electron affinity vok. negative Elektronenaffinität, f rus. отрицательное сродство к электрону, n; отрицательное электронное сродство, n pranc.… …   Radioelektronikos terminų žodynas

  • positive Elektronenaffinität — teigiamasis elektroninis giminiškumas statusas T sritis radioelektronika atitikmenys: angl. positive electron affinity vok. positive Elektronenaffinität, f rus. положительное сродство к электрону, n; положительное электронное сродство, n pranc.… …   Radioelektronikos terminų žodynas

  • schwache Elektronenaffinität — silpnasis elektroninis giminiškumas statusas T sritis radioelektronika atitikmenys: angl. low electron affinity vok. schwache Elektronenaffinität, f rus. слабое сродство к электрону, n pranc. basse affinité électronique, f …   Radioelektronikos terminų žodynas

  • Energie der Elektronenaffinität — elektroninio giminiškumo energija statusas T sritis fizika atitikmenys: angl. energy of electron affinity vok. Energie der Elektronenaffinität, f rus. энергия сродства к электрону, f pranc. énergie d’affinité électronique, f …   Fizikos terminų žodynas

  • Elektroaffinität — Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung. Näheres ist auf der Diskussionsseite angegeben. Hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Als Elektronenaffinität (Abkürzung EA) bezeichnet man diejenige… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”