Ernst Křenek

Ernst Křenek
Kreneks Unterschrift (1944)

Ernst Krenek (* 23. August 1900 in Wien; † 22. Dezember 1991 in Palm Springs, Kalifornien; ursprünglich Křenek) war ein US-amerikanischer Komponist österreichischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gedenktafel am Geburtshaus in Wien 18, Argauergasse 3

Ernst Krenek, Sohn eines gebürtigen Tschechen und k.u.k-Offiziers, begann bereits im Alter von 16 Jahren sein Kompositionsstudium bei Franz Schreker in Wien. Nach seinem Militärdienst und einem zweisemestrigen Philosophiestudium folgte er seinem Lehrer 1920 nach Berlin, wo er bald im Kreise bedeutender Musiker wie Ferruccio Busoni, Hermann Scherchen und Eduard Erdmann verkehrte. Seine frühesten Werke sind in freier, sehr individueller Atonalität geschrieben, so die komische Oper Der Sprung über den Schatten.

Nach einem zweijährigen Aufenthalt in der Schweiz (ab 1923) reiste Krenek nach Paris. Unter dem Einfluss Strawinskis und des französischen Neoklassizismus veränderte sich sein Kompositionsstil zum Eingängigeren und Unterhaltsameren. In Verbindung mit seiner Tätigkeit (1925–1927) als Assistent von Paul Bekker, dem Intendanten der Oper Kassel, entstand so sein größter Publikumserfolg, die am 10. Februar 1927 im Opernhaus Leipzig uraufgeführte, so genannte „Jazz-Oper“ Jonny spielt auf. Sie war eine der meistgespielten Opern der zwanziger Jahre und war ein großer Publikumserfolg. Hanns Eisler hat die Oper in einer Rezension im Oktober 1927 als „[..] langweiliges und geistloses Stück [..]“ bezeichnet, jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er Krenek ansonsten für einen sehr begabten Komponisten hält.[1]

Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Anna Mahler, der Tochter Gustav Mahlers (Heirat 1924), heiratete Krenek die bekannte Schauspielerin Berta Hermann und kehrte nach Wien zurück. Wieder wandelte sich sein Kompositionsstil; nach einer intensiven Beschäftigung mit der Musik Schuberts begann seine neoromantische Phase, die ihren Höhepunkt in der Oper Das Leben des Orest und dem Liederzyklus Reisebuch aus den österreichischen Alpen (beide 1929) fand. Doch schon im gleichen Jahr begann seine Auseinandersetzung mit der Zwölftontechnik Arnold Schönbergs, die in den folgenden Jahren sein Schaffen bestimmte.

Klavierauszug (Titel)

Spätestens seit der Oper Jonny spielt auf war Krenek für die Nationalsozialisten ein „Kulturbolschewist“, und nach ihrer Machtübernahme 1933 wurden seine Werke im Deutschen Reich verboten. Krenek konvertierte nach 1930 zum Katholizismus, hatte aber gleichzeitig große Sympathien für den italienischen Faschismus, den er auch öffentlich bekundete und über die konkreten politischen Verhältnisse hinwegsah.[2]

Krenek komponierte in der Zeit von 1930 bis 1933 die Zwölfton-Oper Karl V., deren Uraufführung in Wien 1934 allerdings aus politischen Gründen verhindert wurde und die erst 1938 in Prag stattfand.

1937 reiste Krenek das erste Mal in die USA, in die er 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland emigrierte. Hier begann er eine intensive Lehrtätigkeit, zuerst ab 1939 am Vassar College in Poughkeepsie, New York, von 1942 bis 1947 dann an der School of Fine Arts der Hamline University in St. Paul, Minnesota. 1945 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Die Schreibweise seines Namens hatte er in Amerika der Einfachheit halber auf Krenek geändert.[3] Von 1947 bis 1966 lebte er in Los Angeles und hielt Gastvorlesungen an verschiedenen Universitäten. 1950 heiratete er seine dritte Frau, die Komponistin Gladys Nordenstrom. Zu den wichtigsten Werke dieser Jahre gehören das Chorwerk Lamentatio Jeremiae prophetae (1941) und die Oper Pallas Athene weint (1955).

Ungebrochen war weiterhin die Experimentierfreudigkeit Kreneks. Ab 1956 beschäftigte er sich mit der seriellen Musik, so in dem Pfingstoratorium Spiritus intelligentiae sanctus, und in den sechziger Jahren fand auch die elektronische Musik Einzug in sein Schaffen. 1966 zog er nach Palm Springs, doch längst war er auch wieder in Europa als Interpret seiner Werke tätig. Bis in seine letzten Lebensjahre komponierte er unermüdlich, sodass sein Œuvre die Opusnummer 242 erreichte. Sein Schaffen umfasst fast alle Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts, und, ähnlich wie Strawinski, erreichte er in jedem Stil eine außerordentliche Meisterschaft.

Krenek ist auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G, Nummer 1) in einem Ehrengrab beigesetzt.

Auszeichnungen

Anlässlich seines 85. Geburtstages stiftete die Stadt Wien zu seinem Gedenken den Ernst-Krenek-Preis.

Werke

Besetzungszettel der Uraufführung der Oper „Sardakai“
Opern
  • Zwingburg. Szenische Kantate op. 14 (1922; UA 1924)
  • Der Sprung über den Schatten op. 17 (1923; UA 1924)
  • Orpheus und Eurydike op. 21 (1923; UA 1926)
  • Bluff, Operette op. 36 (1924/1925; Ms)
  • Jonny spielt auf op. 45 (1925–1926; UA 1927)
  • Der Diktator op. 49 (1926; UA 1928)
  • Das geheime Königreich op. 50 (1926–1927; UA 1928)
  • Schwergewicht, oder Die Ehre der Nation op. 55 (1926–1927; UA 1928)
  • Das Leben des Orest op. 60 (1928–1929; UA 1930)
  • Kehraus um St. Stephan op. 66 (1930, Bärenreiter)
  • Karl V. op. 73 (1930–1933; UA 1938)
  • Cefalo e Procri op. 77 (1933–1934; UA 1934)
  • Tarquin op. 90 (1940; UA 1950)
  • What Price Confidence? (Vertrauenssache) op. 111 (1945–1946; UA 1960)
  • Dark Waters (Dunkle Wasser) op. 125 (1950; UA 1950)
  • Pallas Athene weint op. 144 (1952–1955; UA 1955)
  • The Bell Tower (Der Glockenturm) op. 153 (1955–1956; UA 1957)
  • Ausgerechnet und verspielt op. 179 (1961; UA 1962)
  • Der goldene Bock (Chrysomallos) op. 186 (1963; UA 1964)
  • Der Zauberspiegel. Fernsehoper op. 192 (1966)
  • Das kommt davon oder Wenn Sardakai auf Reisen geht op. 206 (1967–1969; UA 1970)
  • Flaschenpost vom Paradies, Fernsehstück mit elektronischer Musik (1973, ORF Wien)
Ballette
  • Mammon op. 37 (1925)
  • Der vertauschte Cupido op. 38 (1925)
  • Eight Column Line op. 85 (1939)
Sinfonien
  • Sinfonie Nr. 1 op. 7 (1921)
  • Sinfonie Nr. 2 op. 12 (1922)
  • Sinfonie Nr. 3 op. 16 (1922)
  • Symphonie pour instruments à vent et batterie op. 34 (1924–1925)
  • Little Symphony op. 58 (1928)
  • Sinfonie Nr. 4 op. 113 (1947)
  • Sinfonie Nr. 5 op. 119 (1949)
  • Sinfonie „Pallas Athene“ op. 137 (1954)
Chorwerke
  • Die Jahreszeiten op. 35 (1925)
  • Kantate von der Vergänglichkeit des Irdischen op. 72 (1932)
  • Lamentatio Jeremiae Prophetae op. 93 (1942)
  • O Holy Ghost op. 186A (1964)
Werke für Bläserbesetzungen
  • Drei lustige Märsche (Uraufführung 1926 in Donaueschingen)
  • Suite 1955
  • Intrada
Lieder
Sonstiges

Schriften

  • „Handwerk“ des Komponisten. In: Frankfurter Zeitung. Reichsausgabe vom 7. Oktober 1934, Nummer 510–511, S. 13.
  • Über neue Musik. Sechs Vorlesungen zur Einführung in die theoretischen Grundlagen. Ringbuchhandlung, Wien 1937, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1977 (Repr.).
  • Im Atem der Zeit. Erinnerungen an die Moderne. Aus dem amerikanischen Englisch von Friedrich Saathen. Hoffmann und Campe, Hamburg 1998. ISBN 3-455-11170-X

Einzelnachweise

  1. HEW: Musik und Politik, 1924–1948 S. 34ff.
  2. Italien heute. Nach dem Florentiner Musikkongreß. In: Der Anbruch. Monatsschrift für Moderne Musik. (Hrsg. Universal Edition), XV. Jg., Heft 6/7, Juni/Juli 1933, S. 73–76.
  3. Claudia Maurer Zenck: Ernst Krenek. A.a.O.

Literatur

  • Claudia Maurer-Zenck: Ernst Krenek – ein Komponist im Exil. Lafite, Wien 1980. ISBN 3-85151-033-X
  • Ernst Hilmar (Hrsg.): Dank an Ernst Krenek. Universal Edition, Wien 1982. ISBN 3-7024-0151-2
  • Heinz-Klaus Metzger (Hrsg.): Ernst Krenek. Ed. Text und Kritik, München 1984. ISBN 3-88377-185-6
  • Garrett H. Bowles: Ernst Krenek. A bio-bibliography. Greenwood, New York 1989. ISBN 0-313-25250-5
  • Matthias Schmidt: Ernst Krenek. Zeitgenosse des 20. Jahrhunderts. Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Wien 2000. ISBN 3-902053-02-X
  • Oesterreichisches Musiklexikon. Bd 3. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004. ISBN 3-7001-3045-7

Weblinks


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