- Anna Mahler
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Anna Justine Mahler (* 15. Juni 1904 in Wien; † 3. Juni 1988 in London) war eine österreichische Bildhauerin. Sie war die Tochter des Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler und seiner Frau Alma Mahler-Werfel.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ihre ältere Schwester Maria stirbt mit sieben Jahren an Diphtherie, ihr Vater bereits, als Anna Mahler sieben Jahre alt war; ihre Mutter Alma Mahler-Werfel, die zum Zeitpunkt des Todes von Gustav Mahler ein Verhältnis mit Walter Gropius hatte, wurde in Wien zu einer der großen Gesellschaftsdamen mit engen Verbindungen zu zahlreichen Kulturschaffenden Europas. Der Salon der Mutter wurde zu einem der Zentren des intellektuellen Lebens Wiens, in dem unter anderem Gerhart Hauptmann, Alexander von Zemlinsky, Alban Berg, Bruno Walter, Paul Kammerer und Willem Mengelberg verkehrten. Ihre Mutter war eine umworbene und als Witwe Mahlers von vielen verehrte Frau, die sich zunehmend den Ruf einer Femme fatale erwarb, die Tochter Anna war jedoch für die Mutter hauptsächlich eine nützliche Dienerin, deren Schulausbildung vernachlässigt wurde. Dabei skizzierte sie bereits im Salon der Mutter Portraits der Besucher.[1] Sie wurde auch Zeugin, wie ihre Mutter nach einer stürmischen Beziehung zu dem expressionistischen Maler Oskar Kokoschka und einer kurzen Ehe mit Walter Gropius eine langwährende Beziehung mit Franz Werfel einging. Oliver Hilmes, der Biograph von Alma Mahler-Werfel, hat die Behauptung aufgestellt, dass es vor Allem die für Anna Mahler erdrückende und sexuell aufgeladene, sie vereinsamende Atmosphäre im Haushalt der Mutter war, die sie dazu trieb, bereits mit 16 Jahren den Dirigenten Rupert Koller, Sohn der bewunderten Malerin Broncia Koller-Pinell[1], zu heiraten: die Ehe scheiterte bereits nach wenigen Monaten.
1923, mit 17 Jahren zieht Anna Mahler mit dem Komponisten Ernst Krenek nach Berlin; sie heiraten 1924, die Ehe scheiterte jedoch ebenfalls nach einem Jahr; sie studiert in Rom bei Chirico zunächst Malerei[1] und wendet sich 1925 der Bildhauerei zu.
Eine kurze Ehe verband sie auch mit Paul Zsolnay, dem Verleger von Franz Werfel, der auch die Briefe zwischen ihren Eltern verlegt hatte. Auch diese Ehe, aus der eine Tochter hervorging, scheiterte. Die Tochter Alma Zsolnay (1930–2010) wuchs bei ihrem Vater auf.
Wie Oliver Hilmes schreibt, unterhielt die politisch eher links Eingestellte in der ersten Hälfte der 1930-er Jahre ein Liebesverhältnis mit dem österreichischen Politiker Kurt von Schuschnigg, ab 1934 Bundeskanzler und Führer der Vaterländischen Front. Nach dem Tod seiner Gattin bei einem Autounfall, den Schuschnigg selbst mit leichteren Verletzungen überstanden hatte, brach er aber sein Verhältnis zu Anna Mahler ab, da er das Unglück als Strafe Gottes für eine Sünde empfand.
Die Halbschwester Manon mit ihren Eltern Walter Gropius und Alma Mahler (1918)1935 stirbt ihre Halbschwester Manon Gropius 18-jährig an Kinderlähmung.[1]
1938 war Anna Mahler in Versuche involviert, sozusagen 5 nach 12 (nach dem Berchtesgadener Abkommen vom 12. Februar, das den Untergang Österreichs besiegelte) noch eine Verständigung zwischen Regierung/Vaterländische Front und den seit 1934 verfolgten österreichischen Sozialdemokraten herzustellen, um doch noch eine Front gegen Hitler und die Nationalsozialisten aufzubauen;.
1939 floh Anna Mahler, da ihr Vater jüdischer Abstammung war, vor den Nazis nach London. Sie heiratete den russischen Dirigenten Anatole Fistoulari, mit dem sie eine weitere Tochter hat. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebte sie in Kalifornien in der Nähe ihrer Mutter und ihres Stiefvaters. Dort heiratete sie den Film-Cutter und Drehbuchautor Albrecht Joseph, früher unter anderem (Privat)sekretär von Fritz Werfel und Thomas Mann[2]: Er hatte sich nach eigener Aussage bereits in Wien in den 1930er-Jahren bei einem Besuch von Annas Mutter in sie verliebt; mit über 80 Jahren bittet sie jedoch auch ihn, sie zu verlassen: sie möchte lieber alleine ihrem Werk nachgehen[1].
Nach dem Tod ihrer Mutter 1964 hatte sie aus der Erbschaft die finanziellen Mittel, sich in Spoleto niederzulassen; 1988 starb sie in London mit 84 Jahren, während sie ihre dort lebende Tochter Marina besuchte- wenige Wochen vor einer großen Einzelausstellung ihrer Werke im Festspielhaus Salzburg.
Werk
Ihr Frühwerk wird im 2. Weltkrieg bei Bombenangriffen auf Wien und Berlin zerstört; sie begeistert sich für Auguste Rodin, Aristide Maillol, vor allem für Wilhelm Lehmbruck, dabei ändert sie nie ihren Stil: sie meißelt ausschließlich Figürliches aus Steinen, meistens weibliche Körper. Fritz Wotruba, einer der bedeutendsten österreichischen Bildhauer des 20. Jahrhunderts gibt ihr in loser Form Unterricht und Anregungen.
Zu ihren Arbeiten gehören eine Reihe von (Bronze)büsten von bedeutenden Künstlern und Musikern des 20. Jahrhunderts, darunter Arnold Schönberg, Alban Berg, Artur Schnabel, Otto Klemperer, Bruno Walter, Rudolf Serkin, Wilhelm Furtwängler, Victor de Sabata, Carl Zuckmayer, Leo Perutz, Hermann Broch, Franz Werfel, Fritz Wotruba, Fritzi Massary, Julie Andrews, dabei modelliert sie die Büsten mit Tonkügelchen.
Die ersehnte öffentliche und finanzielle Anerkennung durch einen Auftrag der University of California (UCLA) in Los Angeles für einen „Maskenturm“ blieb allerdings trotz des angefertigten fünf Meter hohen Entwurfs mit mehr als vierzig übereinander geschichteten Masken aus.[1]
Auszeichnungen
- 1937 Diplôme de Grand Prix der Weltfachausstellung Paris (Exposition Internationale des Arts et Techniques dans la Vie Moderne) für die Skulptur Stehende
Literatur
- Marlene Streeruwitz: Nachwelt. Ein Reisebericht. Roman. S. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-10-074424-1.
- Barbara Weidle, Ursula Seeber (Hrsg.): Anna Mahler. Ich bin in mir selbst zu Hause. Weidle, Bonn 2004, ISBN 3-931135-79-9.
- Oliver Hilmes: Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel. Siedler, München 2006, ISBN 3886807975.
Weblinks
- Literatur von und über Anna Mahler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Anna Mahler. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Matthias Dusini: Venus im Öl. In: Falter vom 11. August 2004.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Elke Pressler: Wie wenn man einen Stein in ein stilles Wasser wirft - Die Bildhauerin Anna Mahler in: dradio.de, Deutschlandfunk, Das Feature, 20. Oktober 2011 Manuskript: [1] (21. Oktober 2011)
- ↑ (* 20. November 1901 in Frankfurt am Main; † 28. April 1991 in Beverly Hills)
Kategorien:- Österreichischer Bildhauer
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