Franz Schreker

Franz Schreker
Franz Schreker, um 1911
Ehrengrab, Hüttenweg 47, in Berlin-Dahlem

Franz Schreker (* 23. März 1878 in Monaco; † 21. März 1934 in Berlin; eigentlich Schrecker) war ein österreichischer Komponist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines jüdischen Hofphotographen aus Böhmen und einer Mutter aus einer altsteirischen Adelsfamilie war einer der meistgespielten deutschsprachigen Komponisten seiner Zeit. Schreker studierte in Wien Komposition bei Robert Fuchs. 1911 übernahm er die Leitung des von ihm gegründeten Philharmonischen Chores, seit 1912 leitete er selbst eine Kompositionsklasse an der Akademie für Tonkunst in Wien. Der Ruhm brachte Schreker die Direktorstelle in der Berliner Akademischen Hochschule für Musik, wo er von 1920 bis 1931 tätig war. Ein Forum wurde ihm von der Universal Edition in der Musikzeitschrift Anbruch geboten, in der zwischen 1919 und 1937 103 Artikel von ihm und über ihn erschienen. Bereits in den späten 1920er-Jahren war Schreker Angriffsobjekt der Kulturpolitik der Nationalsozialisten, obwohl seine Opernsujets kaum Anlass zur Beanstandung hergaben. 1932 wurde auf Grund des NS-Terrors die in Freiburg geplante Uraufführung seiner Oper Christophorus von Schreker selbst zurückgezogen, und er wurde zum Rücktritt von seinem Amt als Direktor der Berliner Musikhochschule gezwungen, die er seit 1920 geleitet hatte. Von 1932 bis 1933 war er außerdem Leiter einer Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste. Kurz nach seiner Zwangsversetzung in den Ruhestand, den Max von Schillings verfügte, starb er am 21. März 1934 an einem Herzinfarkt, dem ein Schlaganfall vorausgegangen war, und wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem beigesetzt.

Im Jahr 1959 wurden in Wien Favoriten (10. Bezirk) die Franz-Schreker-Gasse und 1936 in Ottakring (16. Bezirk) die Schrekergasse nach ihm benannt.

Werk

In den 1920er Jahren galt Franz Schreker als einer der größten Opernkomponisten in Deutschland nach Wagner; seine Opern erreichten zeitweise höhere Aufführungszahlen als diejenigen von Richard Strauss. Wie dieser ist Schreker ein Spätromantiker; zugleich weist seine musikalische Sprache expressionistische Elemente auf. Charakteristisch ist eine ständige harmonische Fluktuation mit schillernden, irisierenden Akkorden.

Abgesehen von zwei Ausnahmen (Flammen und Der Schmied von Gent) schrieb Schreker die Texte zu allen seinen Opern selbst. Von der Psychoanalyse Sigmund Freuds beeinflusst, zeichnet der Librettist Schreker schonungslose seelische Portraits seiner Opern-Protagonisten.

Von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert, gerieten Schrekers Werke nach 1933 nahezu in Vergessenheit. Ende der 1970er Jahre setzte eine Schreker-„Renaissance“ ein, die bis heute anhält, wie z. B. die Aufführungen der Opern Der Schmied von Gent an der Berliner Staatsoper 1981 und am Theater Chemnitz 2010, eine Reihe mit den weniger gängigen Titeln Flammen, Christophorus sowie Das Spielwerk und die Prinzessin an der Oper Kiel unter Kirsten Harms, Die Gezeichneten bei den Salzburger Festspielen 2005 und Der ferne Klang am Opernhaus Zürich 2010 zeigten.

Zu seiner Wiederentdeckung trug auch die Plattenindustrie bei, die in den letzten 19 Jahren 24 neue Aufnahmen seiner Werke auf CD herausbrachte.[1]

Werkverzeichnis (Auswahl)

Bühnenwerke/Opern

(Libretti, soweit nicht anders angegeben, von Franz Schreker)

  • 1901–1902: Flammen - 1 Akt. Libretto: Dora Leen (?–1942[?]; eigtl. Dora Pollock). UA Wien 1902 (konzertant), Kiel 2001 (szenisch)
  • um 1903-1910: Der ferne Klang - Oper in 3 Aufzügen, UA 18. August 1912, Frankfurt am Main
  • 1908-1912: Das Spielwerk und die Prinzessin - 2 Akte, Prolog, UA 15. März 1913, Frankfurt am Main / Wien
  • 1911-1915: Die Gezeichneten - Oper in 3 Akten, UA 18. April 1918, Frankfurt am Main
  • 1915: Das Spielwerk (Umarbeitung von Das Spielwerk und die Prinzessin) – 1 Akt, UA 30. Oktober 1920, München
  • 1915-1918: Der Schatzgräber - Oper mit Vorspiel, 4 Akten, Nachspiel, UA 21. Januar 1920, Frankfurt am Main
  • 1919-1922: Irrelohe - Oper in 3 Akten, UA 27. März 1924, Köln (Otto Klemperer)
  • 1924–1928: Der singende Teufel - Oper in 4 Akten, UA 10. Dezember 1928, Berlin (Erich Kleiber)
  • 1924–1928: Christophorus oder Die Vision einer Oper - Vorspiel, 2 Akte (3 Bilder), Nachspiel, UA 1. Oktober 1978, Freiburg
  • 1929–1932: Der Schmied von Gent - Oper in 3 Akten, Text nach Charles de Coster, UA 29. Oktober 1932, Berlin
  • 1933–1934: Memnon (nur Skizzen)

Orchesterwerke

  • 1896: Liebeslied für Streichorchester und Harfe (verschollen)
  • 1899: Scherzo
  • 1899: Symphonie a-moll op.1 (Finale verloren)
  • 1900: Scherzo für Streichorchester
  • 1900: Intermezzo op.8 - Satz für Streichorchester (später Teil der Romantischen Suite)
  • 1902–1903: Ekkehard, symphonische Ouvertüre für großes Orchester und Orgel op.12
  • 1903: Romantische Suite op.14
  • 1904: Phantastische Ouvertüre op.15
  • 1905: Der Geburtstag der Infantin, Suite nach dem gleichnamigen Märchen von Oscar Wilde für Kammerorchester (für Orchester 1923, Pantomime Spanisches Fest für Orchester 1927)
  • 1908: Festwalzer und Walzerintermezzo
  • 1908: Valse lente
  • 1908–1909: Ein Tanzspiel für großes Orchester
  • 1909: Nachtstück aus der Oper Der ferne Klang
  • 1913: Vorspiel zu einem Drama (zusammengestellt aus Teilen der Oper Die Gezeichneten)
  • 1916: Kammersymphonie (auch für größere Besetzung als Sinfonietta)
  • 1918: Symphonisches Zwischenspiel aus der Oper Der Schatzgräber
  • 1928: Kleine Suite für Kammerorchester
  • 1929–1930: Vier kleine Stücke für großes Orchester
  • 1933: Vorspiel zu einer großen Oper (aus der unvollendeten Oper Memnon)

Sonstige Werke (Auswahl)

  • 1898: Sonate für Violine und Klavier
  • 1899: König Tejas Begräbnis (Felix Dahn) für Männerchor und Orchester
  • 1900: Der 116. Psalm op.6 für Frauenchor und Orchester
  • 1902: Schwanengesang op.11 (Dora Leen) für Chor und Orchester
  • 1909: Fünf Gesänge (instrumentiert 1922)
  • 1909: Der Wind - Pantomime für Violine, Violoncello, Klarinette, Horn und Klavier
  • 1916: Orchestrierung von 2 Liedern von Hugo Wolf
  • 1923: Zwei lyrische Gesänge (Walt Whitman, instrumentiert 1929 u.d.T. Vom ewigen Leben)
  • 1932–1933: Das Weib des Intaphernes - Melodram (Eduard Stucken)
  • 1933: Orchestrierung von Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie Nr. 2
  • ca 40 Lieder

Kompositionsschüler

Siehe auch

Literatur

  • Haidy Schreker-Bures, H.H. Stuckenschmidt, Werner Oehlmann: Franz Schreker (Österreichische Komponisten des XX. Jahrhunderts, Bd. 17). Verlag Lafite, Wien 1970, ISBN 978-3-85151-054-6.
  • Paul Bekker: Franz Schreker. Studie zur Kritik der modernen Oper (1918). Rimbaud Verlag, Aachen 1983, ISBN 3-89086-930-0.
  • Haidy Schreker-Bures: hören – denken – fühlen. Eine kleine Studie über Schrekers Operntexte. Rimbaud Verlag, Aachen 1983, ISBN 3-89086-931-9.
  • Reinhard Ermen (Hrsg.): Franz Schreker (1878–1934) zum 50. Todestag. Vorwort von Haidy Schreker-Bures und Reinhard Ermen. Beiträge von Sieghart Döhring, Frank Reinisch, Hans Joachim von Kondratowitz, Jens Malte Fischer, Reinhard Ermen, Rudolf Stephan, Peter P. Pachl, Eckhardt van der Hoogen, Michael Struck-Schloen, Manfred Haedler. Rimbaud Verlag, Aachen 1984, ISBN 3-89086-999-8.
  • Franz Schreker, Paul Bekker; Christopher Hailey (Hrsg.): Briefwechsel. Mit sämtlichen Kritiken Bekkers über Schreker u. 16 Abb.. Rimbaud Verlag, Aachen 1994, ISBN 3-89086-921-1.
  • Michael Haas, Christopher Hailey (Hrsg.): Franz Schreker. Grenzgänge - Grenzklänge. Mandelbaum Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85476-133-3 (Inkl. 2 CDs. Begleitpublikation zur Ausstellung "franz schreker: grenzgänge - grenzklänge" des Jüdischen Museums der Stadt Wien vom 15. Dezember 2004 bis 25. April 2005).
  • Giangiorgio Satragni: Der Traum eines Fernen Klangs in Schrekers gleichnamiger Oper, <<Das Fragment im MusikTheater>>. Mueller-Speiser, 2005.
  • Markus Böggemann und Dietmar Schenk (Hrsg.): „Wohin geht der Flug? Zur Jugend“. Franz Schreker und seine Schüler in Berlin, Olms-Verlag, Hildesheim/Zürich/New York 2009, ISBN 978-3-487-14214-2

Einzelnachweise

  1. jpc.de, abgerufen Mai 2010

Weblinks


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