Ethacridinlactat

Ethacridinlactat
Strukturformel
Struktur von Ethacridinlactat
Allgemeines
Freiname Ethacridinlactat
Andere Namen
  • IUPAC: 3,9-Diamin-7-ethoxyacridinium-(RS)-lactat
Summenformel C18H21N3O4
CAS-Nummer
  • 1837-57-6
  • 6402-23-9 (Monohydrat)
PubChem 15789
ATC-Code

D08AA01

Kurzbeschreibung

gelbes, geruchloses, kristallines Pulver[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antiseptikum

Verschreibungspflichtig: Nein
Eigenschaften
Molare Masse 343,38 g·mol−1
Schmelzpunkt

> 400 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser (145–150 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Monohydrat

07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 315-319-335
EUH: keine EUH-Sätze
P: 261-​305+351+338 [2]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]

Xi
Reizend
R- und S-Sätze R: 36/37/38
S: 26-36
LD50

70 mg·kg−1 (Maus i.p.)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Ethacridinlactat, ist ein Antiseptikum aus der Reihe der Acridine, dessen antibakterielle Wirkung seit 1913 bekannt ist.[4] Es ist das Salz der Base Ethacridin mit Milchsäure und wird als Racemat eingesetzt. Typisch für Ethacridinlactat ist seine gelbe Farbe und die Eigenschaft Gegenstände und Haut gelb zu färben.[5]

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Ethacridinlactat wird vor allem zur Behandlung infizierter Wunden und Pyodermien, wie Abszessen, Furunkeln oder Impetigo contagiosa, verwendet. Implantate mit Ethacridinlactat dienen in der Zahnmedizin zur Wundversorgung. Daneben findet es Anwendung als Blasen- und Vaginalspüllösung. Die Anwendung bei Durchfall (Metifex®, Tannacomp®) wird als „problematisch“ bezeichnet, da in Zusammenhang mit langandauernder hochdosierter Gabe von Clioquinol ein Krankheitsbild beobachtet wurde, welches als SMON (Subakute Myelo-Optico-Neuropathie) bekannt ist. Dabei traten Nervenschädigungen, Blasen-, Mastdarm- und Sehstörungen auf. Es wird vermutet, dass unter Ethacridin ebensolche Nebenwirkungen auftreten könnten.[6][7]

In Salben wird die Substanz meist in 0,2 prozentiger Konzentration verwendet. Für Spülungen oder feuchte Verbände sind 0,05 bis 0,1 prozentige Lösungen üblich. Ethacridinlactat löst wie Stoffe vom Typ der Hydroxychinoline häufig Kontaktallergien aus.

Chemische Eigenschaften

Ethacridinlactat bildet wasserlösliche Kristalle von hellgelber Farbe. Bei einem pH-Wert von 7,3 und einer Temperatur von 37 °C liegt es vollständig dissoziiert vor. Die antibakterielle Wirkung der Acridinderivate nimmt mit dem Dissoziationsgrad zu.[4] Ethacridinlactat ist lichtempfindlich und soll vor Licht geschützt aufbewahrt werden.[8] Durch Erhitzen einer Lösung von Ethacridinlactat kann eine bessere Löslichkeit erzielt werden.

Pharmakologie

Es wird vermutet, dass Acridine, wie Ethacridinlactat, an der RNA-haltigen Zytoplasmamembran der Bakterien wirken. Die Bindung an die bakterielle DNA bzw. RNA verhindert die Proteinbiosynthese der Bakterien. Vor allem gegenüber Staphylokokken, Streptokokken und Kolibakterien zeigt Ethacridinlactat eine antibakterielle Wirkung. Es zeigt ebenfalls eine Wirkung gegenüber Pilzen, Protozoen wie Amöben, Kokzidien, Trichomonaden und Anaplasmen. Informationen über eine Resistenzentwicklung gegenüber Ethacridinlactat gibt es bisher nicht.[4]

Pharmakokinetik

Oral verabreichtes Ethacridinlactat wird zu weniger als 0,1 Prozent aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Das in Leber und Nieren des Menschen enthaltene Enzym Acridindehydrogenase oxidiert Acridinderivate, wie Ethacridinlactat, zu Acridonderivaten. Diese werden renal ausgeschieden. Der größte Teil der Dosis wird jedoch über die Faeces ausgeschieden. Inwieweit Ethacridinlactat über Haut und Wundflächen aufgenommen wird, ist bisher nicht untersucht. Es ist jedoch bekannt, dass Aminoacridine Gewebe schnell penetrieren. Nach intravenöser Gabe verteilt sich Ethacridinlactat schnell in alle Organe. Die Blut-Hirn-Schranke wird aber nicht überwunden.[4]

Toxizität

Es sind keine Vergiftungsfälle bekannt geworden. Die LD50 im Tierversuch liegt zwischen 1,8 und 5,36 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht je nach Tierart. Ob Ethacridinlactat ein tumorerzeugendes Potenzial besitzt ist nicht bekannt, da keine Langzeituntersuchungen am Tier vorliegen. Auch wurde Ethacridinlactat bisher keiner ausreichenden Mutagenitätsprüfung unterzogen. Wie für andere Acridinderivate bereits gezeigt, ergaben In-vitro-Untersuchungen an Prokaryoten deutliche Hinweise auf ein mutagenes Potenzial. Studien zur Teratogenität existieren bisher ebenfalls nicht, ebenso wenig wie Erfahrungen über die Sicherheit beim Menschen während der Schwangerschaft und Stillzeit. Deswegen soll Ethacridinlactat in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden, auch weil nicht bekannt ist, ob die Substanz in die Muttermilch übergeht.[4]

Sonstiges

Frische Ethacridinlactat-Flecken lassen sich mit alkoholischen Lösungsmitteln, wie beispielsweise Isopropanol, entfernen. Eine andere Möglichkeit ist die verschmutzte Wäsche in einer warmen, 3-prozentigen Essigsäurelösung zu reinigen. Bei schweren „Rivanol-Flecken“ kann die Reinigungswirkung mit einem Zusatz von 15 ml 3-prozentiger Wasserstoffperoxid pro Liter verstärkt werden.[9]

Handelsnamen

Monopräparate

Metifex (D), NeoChinosol (D), Rivanol (D), sowie ein Generikum (CH)

Kombinationspräparate

Tannacomp (D), Tyrothricin (CH) [10][11]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d Eintrag zu Ethacridinlactat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. Mai 2011 (JavaScript erforderlich)
  2. a b Datenblatt 6,9-Diamino-2-ethoxyacridine-DL-lactate monohydrate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. Mai 2011.
  3. Ethacridinlactat bei ChemIDplus.
  4. a b c d e Fachinformation zu Rivanol® Salbe von Dermapharm.
  5. P. Altmeyer, M. Bacharach-Buhles: Springer Enzyklopädie Dermatologie, Allergologie, Umweltmedizin, S. 1775, 1. Auflage, Springer Verlag, Berlin, 2002, ISBN 3-540-41361-8.
  6. Ernst Mutschler u. a.: Arzneimittelwirkungen. 9. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart 2001. S. 792, 663; ISBN 3-8047-1763-2.
  7. SMON--a model of the iatrogenic disease]. Rinsho Shinkeigaku, November 2003; PMID 15152488.
  8. F. von Bruchhausen: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis : Drogen A-K, S. 101, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin, 1998, ISBN 3-540-61618-7.
  9. Fachinformation zu Rivanol® 1 g und Rivanol® 0,1 g von Dermapharm.
  10. Rote Liste (08/2009).
  11. AM-Komp. d. Schweiz (08/2009).

Literatur

  • Ernst Mutschler u. a.: Arzneimittelwirkungen. 8. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart 2001. ISBN 3-8047-1763-2
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