Frank Stella

Frank Stella
Sonderbriefmarke der Deutschen Post zur Documenta X 1997 – Motiv: Bild von Frank Stella zur 4. documenta

Frank Stella (* 12. Mai 1936 in Malden, Massachusetts) ist ein US-amerikanischer Maler, Bildhauer und Objektkünstler. Er zählt zu den Vertretern der Analytischen Malerei, des Hard Edge und der Farbfeldmalerei.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Frank Stella besuchte von 1950 bis 1954 die Phillips Academy Highschool in Andover, wo er Bekanntschaft mit dem minimalistischen Bildhauer Carl André und dem Filmemacher Hollis Frampton machte. Nach seinem Schulabschluss studierte er von 1954 bis 1958 Geschichte an der Princeton University in New Jersey; nebenher belegte er Malkurse bei William C. Seitz und Stephen Greene. Nach seiner Graduierung als Bachelor in Geschichte zog er 1958 nach New York. 1961 heiratete er die Kunsthistorikerin und Kritikerin Barbara Rose.

Ausgehend vom ungezwungenen Duktus des Action Paintings und der abstrakten Expressionisten um Jackson Pollock oder Franz Kline suchte Stella eine „ruhigere“, meditativere Bildsprache, die er bald in den Farbflächen Barnett Newmans und in den so genannten Target Paintings von Jasper Johns fand. Besonders beeindruckt von Mark Rothko, gelangte er in der Folge zu einer immer stärkeren Geometrisierung der Form und zur Reduzierung der Farbe.

Öffentliches Aufsehen erreichte Stella durch seine provokante Thematisierung und Rezeption nationalsozialistischer Versatzstücke mit prekären Titeln wie Arbeit macht frei (1958), dem Eingangsmotto des Konzentrationslagers Auschwitz oder Die Fahne Hoch! (1959), benannt nach der ersten Strophe des Horst-Wessel-Lieds. Stella verwendete in diesen Arbeiten, die er Black Paintings nannte, eine ähnliche Geometrie, wie sie in der Symbolik des Terrorregimes vorkam, vermied durch den Verzicht auf Farbigkeit allerdings Assoziationsmöglichkeiten. 1959 wurde der progressive Galerist Leo Castelli auf den jungen Stella aufmerksam und nahm ihn in seinen Katalog auf. 1960 folgte die erste Einzelausstellung in der „Leo Castelli Gallery“ in New York.

Frank Stella: Memantra (2005)
Dachgarten des Metropolitan Museum of Art, New York City

Ab 1960 begann Stella mit beliebig geformten Bildträgern zu experimentieren, auf denen er – im Gegensatz zu der 1958 entstandenen Reihe der Black Paintings – regelmäßige, nun von Weißraum unterbrochene, farbige Linien anordnete. Dabei überwand er das „klassische“ Bildformat. Diese Serie bezeichnete er als Shaped Canvases, also als „geformte Leinwände“, weil sie das traditionelle rechtwinklige Leinwandformat ignorierte und die scheinbare Begrenzung der zweidimensionalen Malerei durch die Komponente des Raumes aufhob. Mit dieser neuartigen und ungewohnten Verschmelzung von Malerei und Skulptur wurde er zum Mitbegründer einer neuen Kunstauffassung. Neben einer breiter gefächerten Farbpalette arbeitete er in den Folgejahren mit L-, N-, U- und T-förmigen Anordnungen, bis er zu gänzlich unregelmäßigen, kurvenreichen Anordnungen gelangte, den so genannten Irregular Polygons (ab 1965). Von 1967–71 entstand die Protractor Series (Protractor=Winkelmesser). Hier arbeitete Stella mit halbkreisförmigen, farblich gefächerten Anordnungen, die an Farbkreise erinnern.[1] 1961, während seiner ersten Europareise, hatte Stella seine erste europäische Einzelausstellung in der „Galerie Lawrence“ in Paris. Zusammen mit Henry Geldzahler unternahm er 1963 eine Reise nach Persien.

Zeitweise kehrte Stella Ende der 1960er Jahre wieder zurück zu den Beschränkungen des quadratischen Formats und experimentierte in Werken wie beispielsweise Sunset Beach (1967) mit spektral arrangierten Farbflächen, um eine optische Tiefenwirkung zu erreichen. Dabei ähnelte er in der Bildsprache seinem älteren Zeitgenossen Kenneth Noland. Ende der 1960er entstanden mit der Serie Gemini (1967) auch erste Lithografien. In einigen dieser Arbeiten verwendete er Aluminium- und Kupferfarben. In der Zusammenarbeit mit Merce Cunningham entwarf Stella Bühnendekorationen. 1968 nahm er an der 4. documenta in Kassel teil; 1970 folgte eine erste Retrospektive im Museum of Modern Art.

Mit der Serie Polish Villages (1971–73) vollzog Stella einen Stil- und Technikwechsel: Die Assemblage trat dabei in den Vordergrund, wobei die großformatigen, dreidimensionalen Arbeiten in ihrer Materialsprache (Holzwerkstoff, Karton, Metall u. ä.) zunehmend architektonischen Modellen oder Reliefs ähnelten. 1972 nahm Frank Stella an der Biennale von Venedig teil, 1977 folgte die Teilnahme an der documenta 6 in Kassel. Während der 1970er Jahre verließ Stella seine minimalistische Bildsprache und wandte sich dem bildnerischen Maximalismus zu: Seine Formen wurden „barocker“, kurvenreicher, dynamischer und plastischer. Diesen „kalkuliert-willkürlichen“ Stil, den er Mitte der 1980er entwickelte, sollte er bis in die 1990er Jahre beibehalten, schließlich vollzog er den Schritt zur großformatigen Skulptur im öffentlichen Raum. 1982 war er auf der Gruppenausstellung Zeitgeist vertreten. Ab 1990 befasste sich Stella bevorzugt mit der architektonischen Umsetzung seiner Werke. Sein Konzept zur Gestaltung einer Kunsthalle in Dresden 1991 wurde nicht realisiert. 1992–93 gestaltete er das Princess of Wales Theatre in Toronto, 1996 das Foyer im Neubau des Hamburger Axel-Springer-Hauses.[2] 2001 wurde Stellas monumentale Skulptur Prinz Friedrich von Homburg, Ein Schauspiel, 3X an der Nordost-Seite der National Gallery of Art in Washington D. C. aufgestellt.[3]

Frank Stella lebt in Manhattan, New York.

Frank Stella: Çatal Hüyük (2008)
Hallbergsplatsen, Borås

Rezeption

Stella suchte anfangs die Reduzierung auf ein Minimum. Er selbst erklärte sich so: „Alles, was ich aus meinen Bildern entnommen wissen will ... ist, dass man die ganze Idee ohne irgendwelche Verwirrung sehen kann.“[4] Der Aufbau seiner Bilder basiert nicht auf geometrischen Maßverhältnissen wie bei Mondrian, Ellsworth Kelly oder Josef Albers. Im Gegensatz zu diesen arbeiten seine Bilder mit dem All-over-Painting, ein Prinzip, das er in seinen frühen Black Paintings kontinuierlich wiederholt, bis die gemalten Linien an die Grenzen der Leinwand stoßen und letztlich in den 1960ern sogar die Leinwand „verlassen“.[5]

Die Kunsttheoretikerin Karin Thomas schreibt über Stellas Farbfeldmalerei: „Bei Stella gelangen die raumstaffelnden Eigenschaften der einzelnen Farben, wie sie schon von Auguste Herbin erkannt worden sind, zur freien Entfaltung, so dass sich die Farbflächen in verschiedene Raumzonen gliedern.“[6] Mit den Bildern der „schwarzen Serie“, von denen zwischen Herbst 1958 und Frühjahr 1960 21 entstanden, verabschiedete sich Stella endgültig vom „Grundprinzip der europäischen Bildorganisation, vom Verfahren des Komponierens.“[7] Diese Bilder tendieren zum Objekthaften. Das Bild ist nicht mehr Darstellung, sondern Ding.

Auszeichnungen und Ehrungen

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1970/71: Formen und Strukturen der Farbe, Galerie Hans Strelow, Düsseldorf.
  • 1974: Picasso to Lichtenstein, The Tate Gallery London, London.
  • 1977: Frank Stella, Kunsthalle Bielefeld, Bielefeld.
  • 1977/78: Kunst aus USA nach 1950, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf.
  • 1979: Von Picasso bis Lichtenstein, Villa Hügel, Essen.
  • 1981: Schwarz, Städtische Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf.
  • 1988: Frank Stella, Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart.
  • 2000: Art for Life’s Sake, Kawamura Memorial Museum of Art, Sakado.
  • 2011: Frank Stella. Neue Arbeiten, Altes Straßenbahndepot, Jena

Werke (Auswahl)

  • 1958 Arbeit macht frei
  • 1959 Delphine and Hippolyte
  • 1961 Tuxedo Park, 1961
  • 1964 Quathlamba
  • 1964 Rabat, Gemälde, im Besitz des Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main (MMK)
  • 1967 Harran I,II,III
  • 1974 Jacques le Fataliste, Synthetic Polymer auf Leinwand,
  • 1976 Nachtreiher von den Bonininseln Nr.1, Museum Ludwig, Köln
  • 1976: BMW 3,0 CSL Art Car [8]
  • 1991 Entwurf einer Kunsthalle in Dresden
  • 1995 Metallplastiken auf dem Ernst-Abbe-Platz in Jena
  • 1996 Vier monumentale Collagen im Foyer des Neubaus des Hamburger Axel-Springer-Hauses
  • 1999–2001 Prinz Friedrich von Homburg, Ein Schauspiel, 3X, Skulptur vor der National Gallery of Art, Washington D.C.
  • 2005 Memantra, Dachgarten des Metropolitan Museum of Art, New York City
  • 2008 Çatal Hüyük, Hallbergsplatsen, Borås

Literatur

  • Stephanie Rosenthal: Black Paintings : Robert Rauschenberg, Ad Reinhardt, Mark Rothko, Frank Stella. Hatje Cantz, Ostfildern 2006, ISBN 3-7757-1859-1. (englisch)
  • Frank Stella, Franz-Joachim Verspohl (Hrsg.): The Writings of Frank Stella. Die Schriften Frank Stellas. König, Jena 2001. ISBN 3-88375-487-0. (bilingual)
  • Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf (Hrsg.): Einblicke. Das 20. Jahrhundert in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Hatje Cantz, Ostfildern 2000, ISBN 3-7757-0853-7.
  • Frank Stella, Franz-Joachim Verspohl: Heinrich von Kleist by Frank Stella. König, Jena 2001, ISBN 3-88375-488-9. (bilingual)
  • Friedrich-Schiller-Universität Jena (Hrsg.): Frank Stella in Jena. Selbstverlag, Jena 1997, ISBN 3-932218-02-7. (Reden und Dokumente zur Ehrenpromotion Stellas)
  • William Stanley Rubin: Frank Stella nineteen hundred and seventy – 1987. Museum of Modern Art, New York 1987, ISBN 0-87070-599-7. (englisch)
  • Robert Darmstädter: Reclams Künstlerlexikon. Reclam, Stuttgart 1979, ISBN 3-15-010281-2.
  • Frank Stella: Obeying Verspohl. Friedrich-Schiller Universität Jena 2006.

Einzelnachweise und Quellen

  1. Hirshhorn Museum – Stella: Darabjerd III, 1967
  2. Reinartz, Dirk & Tröster, Christian: Frank Stella: Lilar, Hamburg 1997
  3. sammlung.daimler.com
  4. Honour, Fleming :Weltgeschichte der Kunst, 1991, S. 617
  5. Werner Schmalenbach: Bilder des 20. Jahrhunderts, 1986, S. 331f
  6. Karin Thomas: Bis heute – Stilgeschichte der bildenden Kunst im 20. Jahrhundert, 8. Aufl. 1988, S. 228
  7. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Einblicke. Das 20. Jahrhundert in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit 2000, S. 705
  8. Frank Stellas BMW Art Car aus dem Jahr 1976

Weblinks

 Commons: Frank Stella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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