Friedrich Hammacher

Friedrich Hammacher
Friedrich Hammacher

Friedrich Adolf Hammacher (* 1. Mai 1824 in Essen; † 11. Dezember 1904 in Berlin-Charlottenburg) war ein promovierter deutscher Jurist, Reichstagsabgeordneter und Wirtschaftsführer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Essigfabrikanten besuchte das Königliche Gymnasium am Burgplatz zu Essen, wo er 1841 sein Abitur ablegte. Anschließend studierte er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und an der Humboldt-Universität in Berlin Rechtswissenschaften. Sein Referendariat machte er am Oberlandesgericht in Münster. Im April 1856 promovierte er an der Eberhard Karls Universität in Tübingen.

Schon während des Studiums hatte er Kontakt zu sozialistischen Kreisen. Ab 1848 war er Mitglied der Demokratischen Partei in Essen. Nach der Auflösung des preußischen Nationalversammlung war er aktiv im Kampf gegen die Regierung. Als einer der Führer befand er sich zwischen November 1848 und April 1849 in Untersuchungshaft und wurde vom Dienst suspendiert. Obwohl er von allen Anklagepunkten freigesprochen wurde, entfernte man ihn als disziplinarische Maßnahme 1850 aus dem Staatsdienst. Da ihm auch die Zulassung als Anwalt verwehrt wurde, war er als Berater und Gutachter für eine Kanzlei in Mülheim tätig.

Ab 1853 war er Stadtverordneter der Stadt Mülheim an der Ruhr. Nach seinem Umzug 1856 nach Essen wurde er dort Stadtverordneter. Am 9. Juni 1859 wurde er für sechs Jahre zum unbesoldeten Beigeordneten unter Bürgermeister Ernst Heinrich Lindemann. Er wurde nach Ablauf der ersten Amtszeit wiedergewählt, allerdings von der preußischen Regierung in diesem Amt bestätigt.

Er war von der Gründung am 27. Dezember 1858 bis zum 21. Februar 1890 Vorsitzender und von 1890 bis zu seinem Tode Ehrenmitglied des Bergbau-Vereins in Essen, an dessen Gründung er maßgeblich beteiligt war.[1]

Als Abgeordneter vertrat er den Reichstagswahlkreis Duisburg-Mülheim von 1881 bis 1898 im Reichstag, in dem er zuvor von 1877 bis 1879 den Wahlkreis Lauenburg und von 1871 bis 1874 den Wahlkreis Halle an der Saale vertreten hatte. Für den Wahlkreis Halle a.d.Saale war er von 1869 bis 1871 Mitglied des Norddeutschen Reichstages.[2] Der zweiten Kammer des Preußischen Landtages gehörte er von 1863 bis 1898 an.[3] Zunächst Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei, trat er am 21. August 1867 aus der Fraktion der Fortschrittspartei aus[4] und gehörte zu den Gründern der Nationalliberalen Partei.[5]

Hammacher engagierte sich auch in Fragen der Kolonialpolitik. Er war in den 1880er Jahren eine der führenden Persönlichkeiten im Deutschen Kolonialverein[6]

Er wurde 1888 Ehrenbürger der Stadt Mülheim. Im gleichen Jahr wurde er Ehrenbürger von Duisburg, Essen, Ruhrort sowie ab 1898 auch von Meiderich.

1889 verhandelte er im Streik der Ruhrbergarbeiter mit der Streikleitung. Er führte diese Verhandlungen in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund und einigte sich nach langwierigen Beratungen mit den Bergarbeitervertretern auf einen Kompromiss, der im sogenannten Berliner Protokoll festgehalten wurde und auf Unternehmer- und Bergarbeiterseite beraten werden sollte. Während die Delegiertenversammlung der Bergarbeiter in Bochum dem Kompromiss zustimmte, erklärten sich die Zechenbesitzer erst nach einer Intervention Kaiser Wilhelms II. am 18. Mai 1889 bereit, einer abgeschwächten Version des von Hammacher ausgehandelten Kompromisses zuzustimmen.[7]

Sein Lebensweg vom jungen Revolutionär 1848, in dem er u.a. mit dem sozialistisch gesinnten Ehepaar Fritz und Mathilde Franziska Anneke befreundet war, zum staatstragenden Wirtschaftsführer und Unternehmer des Kaiserreiches ab 1871 ist typisch für die Entwicklung des liberalen deutschen Bürgertums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Hammacher trat 1842 dem Corps Guestphalia Bonn bei. 1894 wurde er Ehrenmitglied des Corps.[8]

Aktivitäten als Bergwerksbesitzer

Hammacher besaß zahlreiche Anteile (Kuxe) an Bergwerken im In- und Ausland. Er war Mitbegründer der ersten tiefen Kohlenbergwerke im Ruhrgebiet, darunter die am 10. Juli 1856 gegründete Zeche Pluto-Thies (Direktoren: Heinrich Thies (Essen), Friedrich Hammacher (Essen), Julius Scheidt (Kettwig), Gustav Runde (Braunschweig), stv.: Heinrich Kirchweger (Hannover), Wilhelm Schieß (Magdeburg)). In Magdeburg war er Mitgründer der „Magdeburger Bergwerks-AG“, die mit einem Aktienkapital von 500 000 Reichstalern versehen war. Zum ersten Vorstand der AG, die die Zeche „Königsgrube“ bei Röhlinghausen betrieb, gehörten Hermann Alexander Zuckschwerdt und Christian Friedrich Budenberg aus Magdeburg, Friedrich Grillo, Friedrich Scherenberg und Friedrich Hammacher aus Essen. Man nannte sie scherzhaft die „drei Friedriche“.

Zur Stärkung der Kohlenindustrie im Ruhrgebiet setzte sich Hammacher außerdem für den Bau eines Emscher-Kanals ein (heute Rhein-Herne-Kanal). Hammacher war im März 1857 Mitbegründer des Essener Komitees zum Bau dieses Kanals. Er befürwortete den Bau einer Nordroute über Münster. Nachdem entsprechende Vorlagen zunächst im preußischen Abgeordnetenhaus (1882) und dann im preußischen Herrenhaus (1883) gescheitert waren, wurde am 10. Juni 1886 das Gesetz zum Bau des Dortmund-Ems-Kanals als Teil einer Wasserstraße vom Rhein über die Weser zur Elbe beschlossen. Hammacher befürwortete auch im Reichstag den Bau des Kanals und beteiligte sich aktiv an den Vorbereitungen der Planung und des Gesetzesentwurfs.

Seinen Kenntnissen und Kontakten ist es auch zu verdanken, dass das Silber-Blei-Zink-Bergwerk an der Biberwierer Silberleithe / Tirol, dessen Miteigentümer er war, ab 1880 bis 1921 zu seiner vorerst letzten Blüte kam. Dort sind der Friedrich-Hammacher-Stollen und das Berghaus der ehemaligen Materialseilbahn (Friedrich-Hammacher-Haus) ihm zu Ehren benannt.

Ehrungen

  • Nach ihm ist die Hammacherstraße in Essen und die Dr.-Hammacher-Straße in Duisburg-Ruhrort benannt.
  • Ehrenbürger von Essen, Duisburg und Mülheim an der Ruhr
  • Franz von Lenbach malte Hammacher als Wirtschaftsführer

Mitgliedschaften

Einzelnachweise

  1. Gerhard Gebhardt: Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen. Verlag Glückauf, Essen 1957, S. 21, S. 509
  2. Fritz Specht und Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. 2. Auflage, Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 100, S. 114, S. 167
  3. vgl. auch: Reichstags-Bureau (Hg.): Amtliches Reichstags-Handbuch. Neunte Legislaturperiode 1893/98. Verlag von Trowitzsch & Sohn, Berlin 1893, S. 174
  4. Gerhard Eisfeld: Die Entstehung der liberalen Parteien in Deutschland 1858–1870. Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1969, S. 180
  5. Gerhard Eisfeld: Die Entstehung der liberalen Parteien in Deutschland 1858–1870. Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1969, S. 187, S. 190f
  6. Dorrmann, Michael: Eduard Arnhold (1849 - 1925). Eine biographische Studie zu Unternehmer- und Mäzenatentum in Deutschen Kaiserreich. Akademie Verlag, Berlin 2002, S. 80
  7. Horst Bartel u.a.: Das Sozialistengesetz 1878–1890. Dietz Verlag, Berlin 1980, S. 276
  8. Kösener Corpslisten 1960, 10, 309

Literatur

  • Alex Bein und Hans Goldschmidt: Friedrich Hammacher – Lebensbild eines Parlamentariers und Wirtschaftsführers 1824–1904. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1932
  • Kurt Unbehau: Die Ehrenbürger der Stadt Mülheim an der Ruhr. Mülheim an der Ruhr, 1974, S. 22-26
  • Erhard Kiehnbaum (Hg.): „Wäre ich auch zufällig Millionär geworden, meine Gesinnungen und Überzeugungen würden nicht dadurch gelitten haben …“ – Friedrich Annekes Briefe an Friedrich Hammacher 1846–1859. Friedrich-Engels-Haus, Wuppertal 1998, ISBN 3-87707-518-5
  • Erhard Kiehnbaum (Hg.): „Bleib gesund, mein liebster Sohn Fritz …“ Mathilde Franziska Annekes Briefe an Friedrich Hammacher, 1846–1849. Argument-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-88619-652-6
  • S. Przigoda: Friedrich Hammacher und der Bergbau-Verein. In: Essener Beiträge – Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen. Band 116, Essen 2004, S. 149–170.
  • Essener Köpfe – wer war was? Richard Bracht, Essen 1985, ISBN 3-87034-037-1

Weblinks



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hammacher — ist der Name von Christiane Hammacher (geb. Hammer; * 1939), deutsche Schauspielerin Friedrich Hammacher (1824−1904), deutscher Jurist, Reichstagsabgeordneter und Wirtschaftsführer Konrad Hammacher (1928–2001), Medizinprofessor für Gynäkologie… …   Deutsch Wikipedia

  • Hammacher (Familienname) — Der Familienname Hammacher leitet sich von dem Begriff Sattler ab. Schreibweisen sind Hammacher, Hamacher, Hamaker, Hameker usw.. Inhaltsverzeichnis 1 Regionale Einordnung 2 Namensentstehung 3 Berufsbezeichnung …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Wilhelm Joseph Schelling — Friedrich Wilhelm Joseph Ritter von Schelling (* 27. Januar 1775 in Leonberg, Württemberg; † 20. August 1854 in Bad Ragaz, Schweiz; 1812 geadelt) war einer der Hauptvertreter der Philosophie des deutschen Idealismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Heinrich Jacobi — nach einem Portrait von Johann Peter Langer (1801) …   Deutsch Wikipedia

  • Hammacher — Hammacher, Friedrich, deutscher Politiker, geb. 1. Mai 1824 in Essen, studierte 1842–45 die Rechte, mußte aber den Staatsdienst 1850 infolge seiner Beteiligung an der politischen Bewegung 1848 verlassen, widmete sich seitdem kaufmännischen… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Carl Friedrich Theodor Anneke — Fritz Anneke Carl Friedrich Theodor Anneke (* 3. Januar 1818 in Dortmund; † 6. Dezember 1872 in Chicago, Illinois) war ein deutscher Revolutionär, preußischer und US amerikanischer Offizier. Anneke begründete 1848 zusammen mit seiner Frau… …   Deutsch Wikipedia

  • Reichstagswahlen im Ruhrgebiet 1871 bis 1912 — Inhaltsverzeichnis 1 Wahlkreise 2 Reichstagsabgeordnete 3 Einzelnachweise 4 Literatur Wahlkreise Die Wahlkreise für die …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Annecke — Fritz Anneke Carl Friedrich Theodor Anneke (* 3. Januar 1818 in Dortmund; † 6. Dezember 1872 in Chicago, Illinois) war ein deutscher Revolutionär, preußischer und US amerikanischer Offizier. Anneke begründete 1848 zusammen mit seiner Frau… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Ham — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Mathilde Anneke — Mathilde Franziska Anneke Mathilde Franziska Anneke (* 3. April 1817 in Gut Oberleveringhausen in Hiddinghausen, heute zu Sprockhövel; † 25. November 1884 in Milwaukee, Wisconsin, USA) war eine deutsche Schriftstellerin und Jour …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”