Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca

Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca

Die Grafschaft Görz (ab 1365 Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca) war ein im Mittelalter entstandenes Territorium im Südostalpenraum. 1500 fiel das Gebiet an die Habsburger und war bis 1918 ein Kronland der Donaumonarchie. Es ist nach der Stadt Görz (italienisch Gorizia) und Gradisca (ital. Gradisca d'Isonzo) benannt.

Die Grafschaft gehörte zum sogenannten Österreichischen Küstenland (Litorale).


Inhaltsverzeichnis

Mittelalter

Die Grafschaft Görz entstand als Herrschaftsbildung der Meinhardiner seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts. Die Abstammung der seit 1107 belegten Grafen Meinhard und Engelbert von Görz ist im Detail nicht geklärt. Entscheidend für den Aufstieg des Geschlechtes war die enge Verbindung zum Patriarchat Aquileia, die den Görzern die Erwerbung großer Lehnsgüter in Friaul und Istrien, darunter auch der Stammsitz Görz, ermöglicht hatte.

1271 teilten die Brüder Meinhard II. und Albert die Besitzungen des Hauses Görz. Meinhard behielt sich die relativ geschlossene Grafschaft Tirol vor, die sein Vater Meinhard I. 1253 von Albert III. geerbt hatte, während Albert die Stammburg mit der inneren (d. h. eigentlichen) Grafschaft Görz, die Besitzungen in Istrien, Friaul und Kärnten und das Pustertal erhielt. Die von den Brüdern abstammenden Linien des Geschlechts gingen in der Folgezeit getrennte Wege. Die ältere Linie beherrschte neben Tirol von 1286 bis 1335 auch Kärnten. Nach dem Aussterben der männlichen Tiroler Linie hat Margarete von Tirol deren Besitzungen 1363 an den Erben Rudolf IV. aus dem Haus Habsburg übergeben.

Die eigentliche Grafschaft Görz war im Besitz der jüngeren Linie und umfasste Gebiete von Innichen und Lienz im Norden bis fast an die Adriaküste im Süden.

Die Machtbasis der Görzer Grafen wurde im 14. Jahrhundert durch Herrschaftsteilungen sehr geschmälert. 1303 bereitete Albert I. († 1304) - er hatte noch 1277 von König Rudolf I. für seine Verdienste im Kampf gegen König Ottokar II. die Herrschaft Meichau/Mehovo und die dazugehörige Weißkrain mit Tschernembl und Möttling erhalten - für seine Söhne Heinrich und Albert eine Gebietsteilung vor, die 1307 realisiert wurde: Albert II. († 1327) bekam die Besitzungen im Pustertal und Kärnten, Heinrich III. alle görzischen Gebiete südlich der Dolomiten und Karawanken. Nach dem Tode Heinrichs III. 1323, der ein Verbündeter Herzog Friedrichs des Schönen im Kampf gegen Ludwig IV. von Bayern war und weiters sogar Treviso und Padua an sich gebracht hatte, gab es vom Pustertal bis Istrien vier verschiedene görzische Grafschaften. Wegen der Bedrohung der inneren Grafschaft Görz durch Venedig verlegten die Grafen ihre Residenz nach Schloss Bruck bei Lienz, den Mittelpunkt der vordern Grafschaft Görz, das bis zum Schluss ihr Hauptwohnsitz und Herrschaftszentrum blieb.

Meinhard VII. erreichte 1365 die Anerkennung als Reichsfürst durch Kaiser Karl IV.; daher rührt die Bezeichnung gefürstete Grafschaft. Sein Bruder Albert III. hatte durch Teilung 1342 die Grafschaft Mitterburg (Pisino) in Istrien und den Besitz in der Windischen Mark und Möttling übernommen, vermachte seine Gebiete 1364 den Habsburgern und starb 1374.

Heinrich VI. († 1454) vereinigte 1430 den Restbesitz der Familie und schloss 1437 einen Erbvertrag mit den Grafen von Cilli (erloschen 1456), der einen älteren Erbvertrag mit den Habsburgern aus dem Jahr 1394 ersetzen sollte. Im Streit um das Erbe der Grafen von Cilli unterlagen die Görzer gegen Kaiser Friedrich III. Sie mussten im Frieden von Pusarnitz 1460 zusätzlich viele Besitzungen am Nordrand ihrer Grafschaft abtreten. Nur Lienz gewannen sie 1462 durch einen Aufstand zurück.

Habsburgerherrschaft (1500-1918)

Leonhard, der letzte Graf von Görz, versuchte zeitlebens vergeblich, durch verschiedenste Bündnisse den verlorenen Besitz in Kärnten zurückzugewinnen. Er schloss dann aber 1500 doch einen neuen Erbvertrag mit den Habsburgern und verstarb kurz danach. Vertragsgemäß fielen seine gesamten Besitzungen an Maximilian I. Obwohl dieser die Gebiete um Lienz, die vordere Grafschaft, mit Tirol vereinigte, blieb Görz aber als Land mit eigenem Landtag erhalten. Es wurde zur innerösterreichischen Ländergruppe gerechnet. Die Görzer Stände orientierten sich politisch zumeist an der Steiermark, dem größten Land Innerösterreichs. Allerdings spielte in Görz die Ausbreitung der Reformation im 16. Jahrhundert eine weitaus geringere Rolle. Bei der habsburgischen Länderteilung von 1564 kam Görz unter die Herrschaft Karls von Innerösterreich.

Die Grafschaft Görz und Gradisca war ein wichtiger Vorposten gegen die Republik Venedig und wirtschaftliches Hinterland der Stadt Triest. Von 1809 bis 1815 gehörte das Gebiet zu den Illyrischen Provinzen Frankreichs, danach bis 1850 zum Königreich Illyrien.

20. Jahrhundert

Die Länder um Görz (mit Gradisca d’ Isonzo) bildeten zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie das österreichische Kronland Görz und Gradisca (2918 km², etwa 240.000 Einwohner im Jahr 1900), das mit Triest und Istrien zum Küstenland vereinigt war.

Mit dem Friedensvertrag von Saint-Germain gelangte das Gebiet der Grafschaft Görz 1919 unter italienische Herrschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum fiel der größte Teil an Jugoslawien und gehört heute zu Slowenien.

Literatur

  • Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters Klagenfurt, 2000, ISBN 3-902005-04-1
  • Ernst Klebel: Die Grafen von Görz als Landesherren in Oberkärnten. In: Carinthia I, 125(1935), 59-82 u. 218-246.
  • Christiane Thomas: Kampf um die Weidenburg. Habsburg, Cilli und Görz, 1440-1445. In: Mitt. des österr. Staatsarchivs 24(1972), 1-86.
  • H. Wiesflecker: Die politische Entwicklung der Grafschaft Görz und ihr Erbfall an das Haus Österreich. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 56(1954)
  • M. Wutte: Die Erwerbung der Görzer Besitzungen durch das Haus Habsburg. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 38(1920), 282-311.
  • Marko Simić: Auf den Spuren der Isonzofront, Mohorjeva Hermagoras, Klagenfurt-Laibach-Wien 2004; ISBN 3-85013-884-4
  • Peter Štih: Studien zur Geschichte der Grafen von Görz, R. Oldenbourg Verlag Wien München 1996, ISBN 3-7029-0405-0 Oldenbourg Wien; ISBN 3-486-64834-9 Oldenbourg München.

Siehe auch

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