- Germanengrab (Itzehoe)
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53.9299972222229.5160833333333Koordinaten: 53° 55′ 48″ N, 9° 30′ 58″ O
Das Itzehoer Germanengrab oder der Galgenberg liegt am Rand der Innenstadt von Itzehoe und ist einer der größten Grabhügel der Nordischen Bronzezeit in Schleswig-Holstein. Die Bezeichnung Galgenberg ist geläufig, aber ungenau. Im Stadtgebiet von Itzehoe gab es vier Galgenberge, die gleichzeitig von den vier historischen Gerichtsbarkeiten als jeweilige Hinrichtungsstätte genutzt wurden. Drei davon sind Grabhügel aus der Bronzezeit. Das Germanengrab diente dem Itzehoer Zisterzienserinnenkloster als Richtstätte. Vom Germanengrab aus war damals ohne die heutige Stadtbebauung ein weiter Blick über die Marschen möglich.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ausgrabung
Der Grabhügel wurde 1937 abgetragen und von Günther Haseloff im Auftrag des Kieler Museums vaterländischer Alterthümer wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse zeigten eine Nutzung über eine Dauer von über 200 Jahren (von ca. 1500 bis 1300 v. Chr.). Es wurden zwölf Gräber gefunden, in denen Männer und Frauen bestattet waren. Ein Grab enthielt die Überreste eines Kindes. Aus ursprünglich zwei nebeneinander liegenden Gräbern wurde im Laufe der Zeit ein einzelner Grabhügel. Die neuen Gräber wurden jeweils übereinander angelegt, man vermutet deshalb ein Sippengrab. In einem Sippengrab wurde jeweils der älteste Sohn und die Frau bestattet. In zweien der Gräber wurden die Überreste von Feuerbestattungen vergraben, bei 10 Gräbern wurden Baumsärge verwendet. Die ersten Gräber hatten eine Umrandung und Bedeckung aus Feldsteinen. Als Grabbeigaben wurden hauptsächlich Geräte aus Flint und Bronze gefunden, organische Beigaben aus Holz, Textilien oder Speisen waren kaum erhalten. Eine blaue Glasperle gilt als ältester Glasfund in Schleswig-Holstein. Bei einem verhältnismäßig großen Teil der beigegebenen Bronzeobjekte handelt es sich um Importe, die ihre hauptsächlichen Verbreitungsgebiete im Raum Lüneburg und Hannover hatten. Einige andere Stücke, wie beispielsweise eine Radnadel aus Grab 9, stammen aus Süddeutschland.[1]
Nationalsozialismus
Im Rahmen des nationalsozialistischen Ahnenkultes wurde die Erstellung einer Weihestätte geplant, die aber nicht vollendet wurde. Da die Grabmäler ursprünglich einer Bauernsippe zugeordnet wurden, bekam der Hügel seinerzeit den auch heute noch verwendeten Namen Germanengrab. Er sollte damit auf die lange Geschichte der Germanen, der sogenannten „Herrenrasse“, hinweisen. Für den Aufbau der nationalsozialistischen Weihestätte wurden Spendensammlungen veranstaltet, auch die Besichtigung der Kuppel war nicht kostenlos. Deshalb wurde in der damaligen Zeit ebenfalls scherzhaft der Name Groschengrab verwendet.[2]
Nach der Ausgrabung wurden die unteren drei Gräber wiederhergestellt. Über der großen Ruhestätte (Männergrab) wurde eine vom Itzehoer Stadtbaurat Rudolph entworfene Kuppel aus Kalksandstein gebaut, während die beiden kleineren (Frauen- und Kindergrab) unter einem Tonnengewölbe im Eingangsbereich liegen. Ein geplanter innen umlaufender Fries als Ausschmückung kam nicht zur Ausführung. Dieser Fries wurde von Wilhelm Petersen, Elmshorn entworfen. Nach Fertigstellung der Kuppel wurde der Grabhügel mit Erde überdeckt.
Zur 700-Jahr-Feier Itzehoes 1938 wurden die Außenanlagen des Germanengrabes fertiggestellt und als Aufmarschplatz genutzt.
Die Kuppel mit den Gräbern kann nach Voranmeldung (beim Kreismuseum) besichtigt werden, ein eingeschränkter Blick ist durch das vergitterte Eingangstor möglich. Vor dem Kuppeleingang im Außenbereich wurden die Überreste einer aus der Jungsteinzeit stammenden Grabkammer aus Warringholz aufgebaut. Die ehemalige Aufmarschfläche an der Frontseite des Grabes ist heute eine Gedenkstätte für die Toten und Vertriebenen der Weltkriege.
Gerichtsbarkeiten in Itzehoe
Durch die historisch gewachsene Verwaltungsstruktur gab es in Itzehoe von 1617 bis zum 19. Jahrhundert vier eigene Gerichtsbezirke mit jeweils eigenem Galgenberg.
- Auf einem alten Burgwall innerhalb der Störschleife wurde von den Schauenburgen Grafen um 1180 eine steinerne Burg errichtet. Es galt das mittelalterliche Recht der Burg. Der zugehörige Galgenberg ist ein bronzezeitlicher Grabhügel innerhalb der Ringstrasse „Galgenberg“ im Stadtteil Wellenkamp. Er diente bis 1856 als Richtstätte.
- Adolf IV. von Schauenburg und Holstein gründete 1238 neben der Burg die Neustadt. Der Begriff „Neustadt“ wird auch heute noch offiziell genutzt, ist aber im historischen Zusammenhang zu sehen und bezeichnet heute den ältesten Siedlungsteil in Itzehoe. Diese Kaufmannssiedlung wurde mit dem Lübischen Recht ausgestattet.
- 1256 wurde in Itzehoe ein Zisterzienserinnenkloster gegründet. In der Reformationszeit wurde es 1541 in ein adliges, evangelisches Damenstift umgewandelt und existiert noch heute. Der noch bestehende Klosterhof neben der St. Laurentii-Kirche ist einer der ältesten erhaltenen Bereiche in Itzehoe. Das Kloster hatte ein eigenes Recht. Der Galgenberg des Klosters war das hier beschriebene Germanengrab.
- Die Herrschaft Breitenburg.
Quellen
- ↑ Haseloff: Der Galgenberg von Itzehoe. Ein Grabhügel aus der älteren Bronzezeit. S. 58 f.
- ↑ Ingo Lafrenz, Arbeitskreis Itzehoer Geschichte. veröffentlicht in: Der Anzeiger, 12. April 2006, Seite 17.
Literatur
- Günther Haseloff: Der Galgenberg von Itzehoe. Ein Grabhügel aus der älteren Bronzezeit. In: Offa, Berichte und Mitteilungen zur Urgeschichte, Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie Bd. 3, Neumünster 1938, S. 18–84.
- Rudolf Irmisch: Was uns das Germanengrab erzählt. In: Ders.: Persönlichkeiten und Geschichten aus Itzehoes Vergangenheit, Christiansen, Itzehoe 1956, S. 10–13.
- Ingo Lafrentz: Das sogenannte Germanengrab (Galgenberg) in Itzehoe. In: Heimatverband Kreis Steinburg (Hrsg.): Steinburger Jahrbuch 2009, Itzehoe 2008, S. 99–104.
- Hans Rudolph: Kalksandstein-Kuppelgewölbe in der Gedächtnishalle des Germanengrabes von Itzehoe, Sonderschrift der Fachgruppe Kalksandsteinindustrie, Berlin 1939.
Weblinks
Commons: Germanengrab Itzehoe – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Gräberfeld (Deutschland)
- Archäologischer Fundplatz im Kreis Steinburg
- Itzehoe
- Bauwerk im Kreis Steinburg
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