- Gustav Frenssen
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Gustav Frenssen (* 19. Oktober 1863 in Barlt, Dithmarschen; † 11. April 1945 in Barlt) war ein erfolgreicher Schriftsteller.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Frenssen wurde in Barlt als Sohn des Tischlermeisters Hermann Frenssen (1829–1919) und dessen Frau Amalie geb. Hansen (1827–1897) geboren. Er besuchte nach der Volksschule zunächst das Gymnasium in Meldorf, gemeinsam mit dem späteren antisemitischen Literaturhistoriker Adolf Bartels, und wegen schlechter schulischer Leistungen danach das in Husum. Nach der Reifeprüfung 1886 studierte er Theologie an den Universitäten Tübingen, Berlin und Kiel, um 1890 Zweiter Pastor in Hennstedt zu werden und 1892 schließlich Pastor in Hemme. 1890 heiratete er Anna Walter, die Tochter eines Lehrers.
Literarische Anfänge und Erfolge
1896 veröffentlichte er sein erstes größeres Werk, Die Sandgräfin, und 1901 den Entwicklungsroman Jörn Uhl, der beim Publikum und bei der Kritik großen Erfolg hatte, auch bei "Frenssen-Fan" (Uwe-K. Ketelsen) Rilke. Dieser Erfolg erlaubte es Frenssen, seine Pastorenstelle 1902 aufzugeben und als freier Schriftsteller zu leben. 1903 bekam er für seine Dorfpredigten von der Universität Heidelberg den Ehrendoktor für Theologie verliehen. 1905 erschien Hilligenlei und 1906 Peter Moors Fahrt nach Südwest über den Aufstand der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika, von denen jeweils zwei Monate nach Erscheinen über 100 000 Stück verkauft waren. Trotzdem kam Frenssen danach literarisch nicht mehr auf die Kolonialthematik zurück und sah sich auch nicht als "Kolonialautor". Im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wurde Frenssen, dessen Werke in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden und besonders auch in Skandinavien beliebt waren, sogar für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen. Seine Werke erreichten eine Gesamtauflage von rund drei Millionen Exemplaren.
Frenssens Weg zu den Nationalsozialisten
Frenssens politische Haltung während des Kaiserreichs war nationalkonservativ. Er wurde 1896 Mitglied in Friedrich Naumanns Nationalsozialem Verein und blieb es bis zu dessen Auflösung 1903. Genau wie Naumann sprach er sich für Deutsche Kolonien aus, und schon vor Hans Grimm und Adolf Bartels prägte er in seinem Roman Die drei Getreuen (1898) die Parole vom Volk ohne Raum. Er beschäftigte sich mit zeitgenössischen rassebiologischen Schriften. Gustav Frenssen lebte von 1902 bis 1906 in Meldorf und danach in Blankenese. 1919 zog er zurück an seinen Geburtsort Barlt. Wie viele Dithmarscher seiner Zeit war er nationalliberal und antidemokratisch gesinnt. Er begrüßte die Oktoberrevolution und lehnte die Weimarer Republik zuerst nicht ab. Walther Rathenau bezeichnete er kurzzeitig als „vornehmsten Kopf Europas“. Aber Frenssen strebte im Grunde ein "starkes Deutschland mit deutlich autoritären Zügen" an und wurde zum Feind der Weimarer Republik.[1] Ab 1923 sind in seinen Werken Anzeichen für einen verstärkten Antisemitismus festzustellen.[2] Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 wählte er Adolf Hitler.
Frenssen während der Zeit des Nationalsozialismus
Nach der Machtübernahme unterstützte er offen die NSDAP. Er unterschrieb 1933 das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Hitler, bejahte ab 1938 die Ausgrenzung der Juden und trat für die Euthanasie ein.[2] Hans Sarkowicz und Alf Mentzer werten die nach 1933 veröffentlichten Bücher Frenssens als „fast ausnahmslos übelste nationalsozialistische Propaganda“[3]. Im Oktober 1933 ließ sich Frenssen in die gleichgeschaltete Preußische Akademie der Künste Sektion Dichtung aufnehmen, die sich ab 1939 Deutsche Akademie der Dichtung nannte, und wurde zum Ehrensenator des Reichsverbands Deutscher Schriftsteller, einer Unterabteilung der Reichsschrifttumskammer, ernannt. 1933 erhielt er den Raabepreis. 1938 verlieh Hitler ihm die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft.
Er war Vorstandsmitglied des 1936 gegründeten Eutiner Dichterkreises, einer der bedeutendsten Autorengruppen in Nazi-Deutschland.[4] 1936 erschien sein Buch Der Glaube der Nordmark, mit dem er sich endgültig von der christlichen Religion abwandte und eine Art nordisches Neuheidentum propagierte. Bürgerlich-konservative Sexualmoral lehnte er nun ab. 1937 erschien Vorland. Grübeleien, in dem er sich für die nationalsozialistische „Euthanasie“-Politik aussprach. 1938 veröffentlichte er Der Weg unseres Volkes.1940 erschienen seine Autobiographie Lebensbericht, die von Großstadtfeindlichkeit, Antiintellektualismus und Antisemitismus geprägt ist, sowie Recht oder Unrecht – mein Land !, in dem er die Verfolgung der Juden und das Weltmachtstreben der Nationalsozialisten rechtfertigte. Sein letztes Buch Lebenskunde erschien 1942. Es beschäftigt sich u.a. mit dem Thema der "Menschenzucht". In den letzten Kriegsjahren arbeitete Frenssen vorwiegend für den Rundfunk und die Reichspressestelle der NSDAP.
Frenssens Rezeption in der Bundesrepublik
Nach seinem Tod 1945 geriet Frenssen weitgehend in Vergessenheit. In der Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik wurden viele seiner Werke auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt,[5][6] wo sich auch die antisemitisch und antidemokatisch gefärbten Monographien Erläuterungen zu Gustav Frenssen: "Der Glaube der Nordmark" (1939) von Albert Meerkatz und Gustav Frenssen. Entfaltung eines Lebens (1938) von Numme Numsen finden.[7][8]
In der Bundesrepublik nannte Arno Schmidt Frenssen in seiner szenischen Beschreibung Ein unerledigter Fall – Zum Hundertjährigen Geburtstag von Gustav Frenssen[9] zwar einen Vertreter exemplarischer literarischer und gesellschaftlicher Anti-Moderne. Sein Einsatz für den Nationalsozialismus und die Judenverfolgung wurde jedoch weitgehend verdrängt. Vor allem in Schleswig-Holstein wurden sogar Straßen nach ihm benannt. Erst in den 1980er und 1990er Jahre bildeten sich Initiativen, die es – wie in St. Peter Ording 1996 und im ehemals holsteinischen Altona – teilweise erreichten, dass solche Ehrungen rückgängig gemacht wurden.[10]
Werke (in Auswahl)
- Die Sandgräfin. Berlin 1896
- Die drei Getreuen. Berlin 1898
- Dorfpredigten. 3 Bände. Göttingen 1899-1902
- Eine Handvoll Gold. Leipzig 1901
- Jörn Uhl. Berlin 1901
- Hilligenlei. Berlin 1905
- Peter Moors Fahrt nach Südwest. Berlin 1906
- Das Leben des Heilandes. Berlin 1907
- Klaus Hinrich Baas. Berlin 1909
- Der Untergang der Anna Hollmann. Berlin 1911
- Bismarck. Berlin 1914
- Grübeleien. Berlin 1920
- Der Pastor von Poggsee. Berlin 1921
- Briefe aus Amerika. Berlin 1923
- Lütte Witt. Berlin 1924
- Otto Babendiek. Berlin 1926
- Die Chronik von Barlete. Kulturgeschichte eines niedersächsischen Dorfes. Berlin 1928
- Dummhans. Berlin 1929
- Der brennende Baum. Berlin 1931
- Meino der Prahler. Berlin 1933
- Geert Brügge. München 1934 und Berlin 1935
- Die Witwe von Husum. Berlin 1935
- Der Glaube der Nordmark. Stuttgart 1936
- Vorland. Berlin 1937
- Land an der Nordsee. Leipzig 1938
- Lebensbericht. Berlin 1940
- Der Landvogt von Sylt. Berlin 1943
Literatur
- Volker Griese: Die drei Leben des Gustaf F. Eine Frenssen-Chronik. Münster: MV-Verlag 2011. ISBN 978-3-86991-415-2
- Andreas Crystall: Gustav Frenssen. Sein Weg vom Kulturprotestantismus zum Nationalsozialismus. Gütersloh: Kaiser, Gütersloher Verlags-Haus 2002. ISBN 3-579-02609-7
- Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biographisches Lexikon. Hamburg/Wien: Europa Verlag, (Erw. Neuauflage) 2002 ISBN 3-203-82030-7
- Jan Süselbeck: "Arse=tillery + Säcksualität". Arno Schmidts Auseinandersetzung mit Gustav Frenssen. Bielefeld: Aisthesis 2001. ISBN 3-89528-337-1
- Kay Dohnke; Dietrich Stein (Hrsg.): Gustav Frenssen in seiner Zeit. Von der Massenliteratur im Kaiserreich zur Massenideologie im NS-Staat. Heide: Boyens 1997. ISBN 3-8042-0750-2. Enthält u.a. aus der Feder Kay Dohnkes eine Bibliographie der Veröffentlichungen Frenssens.
- Klaus Uhde: Gustav Frenssens literarischer Werdegang bis zum Ersten Weltkrieg. Eine kritisch-monographische Studie zur Entstehung völkischer Literatur. München: Univ. Diss. 1983.
- Norbert Mecklenburg: Erzählte Provinz. Regionalismus und Moderne im Roman. Königstein/Taunus: Athenäum 1982. ISBN 3-7610-8248-7
- Otto Jordan (Bearb.): Gustav-Frenssen-Bibliographie. Bohmstedt. 1978.
- Arno Schmidt: Ein unerledigter Fall. Zum 100. Geburtstage von Gustav Frenssen. In: derselbe: Die Ritter vom Geist. Von vergessenen Kollegen. Karlsruhe: Stahlberg 1965. S. 90-165.
Weblinks
- Literatur von und über Gustav Frenssen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tabellarische Kurzbiografie zu Gustav Frenssen
- Gregor Brand: Gustav Frenssen. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 22, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-133-2, Sp. 350–375.
- Franz Brümmer: Art. "Frenssen, Gustav" in Brümmers Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten. 6. Aufl. Leipzig: Reclam, 1913.
- Zu Frenssens Theologie
Einzelnachweise
- ↑ Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biographisches Lexikon. Hamburg 2002, S. 171
- ↑ a b Vom Kaiserreich ins "Dritte Reich" : Heide 1890 - 1933. Heide 1997.
- ↑ Hans Sarkowicz, Alf Mentzer: Literatur in Nazi-Deutschland. Ein biographisches Lexikon. Hamburg 2002, S. 170 f.
- ↑ Uwe Danker, Astrid Schwabe: Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus, Neumünster 2005, Seite 88.
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-f.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1953-nslit-f.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-n.html
- ↑ http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-m.html
- ↑ Die Ritter Vom Geist - Von vergessenen Kollegen, Karlsruhe 1965, S. 90 bis S. 166.
- ↑ Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte (Kiel) Heft 30 (Dezember 1996) S. 70-72.
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