Gustav Kemmann

Gustav Kemmann
Gustav Kemmann

Gustav Kemmann (* 10. Juni 1858 in Mettmann; † 9. Februar 1931 in Berlin) war ein deutscher Verkehrswissenschaftler und mit seinen Gutachten entscheidend am Bau der Berliner U-Bahn beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Von 1878 bis 1882 absolvierte Kemmann ein Studium an der Technischen Hochschule Charlottenburg, das er mit der ersten Staatsprüfung abschloss und als Regierungsbauführer ein Referendariat begann.

Seine erste Anstellung nach der zweiten Staatsprüfung fand er als Regierungsbaumeister (Assessor) bei der Preußischen Staatsbahn. Nachfolgend war er von 1889 bis 1891 als Hilfsarbeiter beim preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin beschäftigt. In dieser Zeit erstellte er sein erstes Verkehrsgutachten im Auftrag der Deutschen Bank; er begutachtete die Argentinische Nordostbahn.

Von 1891 bis 1896 war Kemmann dann als Regierungsrat im Patentamt beschäftigt. Während einer Studienreise nach England erstellte er ein Werk über den Verkehr in London, das seinen Ruf als Verkehrsexperten weiter festigte.

Als 1896 Werner von Siemens bezüglich der Finanzierung seines Hochbahnprojektes an die Deutsche Bank heran trat, wandte diese sich wiederum an Kemmann, damit dieser das Vorhaben, vor allem in Bezug auf die zu erwartende Nachfrage, begutachten solle. Mit seiner Verkehrsprognose betrat Kemmann damals verkehrswissenschaftliches Neuland. Mit Hilfe von selbst durchgeführten Verkehrszählungen schätzte er den zu verlagernden Verkehr ab. Zusätzlich ermittelte er aus den Einwohnerzahlen einen zu erwartenden Neuverkehr. Diese von ihm erkannten Einflussgrößen bilden bis heute die Grundlagen der Verkehrsprognose. Kemmans Prognose für das erste Betriebsjahr der Hochbahngesellschaft von 22,5 Millionen Fahrgästen erfüllte sich dann auch mit erstaunlicher Präzision; es wurden 22,664 Millionen Fahrgäste gezählt.

Familiengrab Kemmann auf dem Friedhof Wilmersdorf

Auch wenn Kemmanns Aufgabenschwerpunkt im Auftrag der Deutschen Bank die Berliner U-Bahn blieb, so wurde er auch als Sachverständiger „für dem Verkehr gewidmete Unternehmungen im In- und Ausland“ eingesetzt. So begutachtete er Verkehrsunternehmungen in Hamburg, Köln, Wien, Rotterdam, London, Buenos Aires und Boston.

Auch für die erste eigene U-Bahn der Stadt Berlin, die Nordsüdbahn (heute großteils U6), fertigte Kemmann zahlreiche Gutachten, zum Beispiel zur Nachfrageprognose oder zum Tarif an. Weitsicht bewies er bei der Durchsetzung des selbsttätigen Signalsystems für diese Strecke.

1930 veranlasste Kemmann in seiner Heimatstadt Mettmann die Einrichtung einer Oberleitungsbus-Linie, dies war der erste neuzeitliche Oberleitungsbus Deutschlands.

Sein letztes Gutachten erstellte Kemmann 1931 dann bereits für die BVG. Es behandelte die Frage der Tarif- und Verkehrsgestaltung und Kemmann bezeichnete es selbst als sein umfangreichstes Gutachten. Wenige Tage nach Fertigstellung des BVG-Gutachtens verstarb Kemmann am 9. Februar 1931 während einer Straßenbahnfahrt an einem Herzschlag. Er wurde auf dem Städtischen Friedhof Wilmersdorf beigesetzt. Sein Grab wird heute als Ehrengrab der Stadt Berlin geführt.

Ehrungen

Gedenktafel für Gustav Kemmann im U-Bahnhof Alexanderplatz

Im U-Bahnhof Klosterstraße wurde bereits zur Eröffnung im Juli 1913 eine Gedenktafel eingeweiht. Diese informiert über die Entwicklung der U-Bahn. Am rechten und linken rand der Tafel befinden sich 16 Reliefporträts von Persönlichkeiten, die zur Entwicklung der Berliner U-Bahn beigetragen haben, unter ihnen auch Gustav Kemmann.[1]

1918 wurde Gustav Kemmann durch die Technische Hochschule Charlottenburg die Ehrendoktorwürde (als Dr.-Ing. E.h.) verliehen. Ein Jahr später wurde er auf Vorschlag des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten zum „außerordentlichen Mitglied der Akademie des Bauwesens“ berufen.

Am ersten Todestag Kemmanns wurde auf der Zwischenebene des U-Bahnhofs Alexanderplatz eine Tafel zum Gedenken an Gustav Kemmann enthüllt. Im Zweiten Weltkrieg wurde diese demontiert und eingeschmolzen. Erst am 21. Dezember 2002 wurde an gleichem Ort eine Replik montiert.[2]

In Spandau wurde 1955 eine neu angelegte Straße, der Kemmannweg, nach ihm benannt.

Schriften

  • Der Verkehr Londons mit besonderer Berücksichtigung der Eisenbahnen. Julius Springer, Berlin 1892.
  • Die Berliner Elektrizitätswerke bis Ende 1896 / Geplant und Erbaut von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Julius Springer, Berlin 1897.
  • Zur Eröffnung der elektrischen Hoch- und Untergrundbahn in Berlin. Julius Springer, Berlin 1902.
    Verkleinerter Nachdruck, hrsg. von AG Berliner U-Bahn: GVE-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-89218-077-6.
  • Der Londoner Verkehr nach dem Bericht des englischen Handelsamts. Julius Springer, Berlin 1909.
  • Das Bahnnetz von Berlin und Vororten. Sonderdruck aus: Das deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart. Berlin 1911.
  • Zur Schnellverkehrspolitik der Grossstädte. Wasmuth, Berlin 1911.
  • Vorstudien zur Einführung des selbsttätigen Signalsystems auf der Berliner Hoch- u. Untergrundbahn. Julius Springer, Berlin 1914.
  • Die selbsttätige Signalanlage der Berliner Hoch- und Untergrundbahn nebst einigen Vorläufern. Julius Springer, Berlin 1921.
  • 50 Jahre Stettiner Strassenbahn 1879-1929. Stettin 1929.
  • Die Berliner Verkehrs-Aktiengesellschaft. Betrachtungen zur Tarif- und Verkehrsgestaltung. Berlin 1931.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jörg Kuhn: Die Gedenktafel im U-Bahnhof Klosterstraße. In: Aris Fioretos (Hrsg.): Berlin über und unter der Erde. Alfred Grenander, die U-Bahn und die Kultur der Metropole. Nicolaische, Berlin 2006, ISBN 3-89479-344-9.
  2. Guido Hartmann: Die Kunst liegt beim Kultursenator in der Familie. In: Die Welt vom 28. Dezember 2002.

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