- Hannelore Kohl
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Johanna Klara Eleonore Kohl, geborene Renner (* 7. März 1933 in Berlin; † 5. Juli 2001 in Ludwigshafen), war die erste Ehefrau des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl. Ihr Rufname „Hannelore“ ist eine Komposition aus „Johanna“ und „Eleonore“.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hannelore Kohl wuchs in Leipzig auf. Sie war ein stilles Mädchen, das in der Schule immer zu den Jahrgangsbesten gehörte.[1]
Ihr Vater, Wilhelm Renner, war Betriebsdirektor und Prokurist der Hugo Schneider AG (HASAG), des größten Rüstungsbetriebs in Mitteldeutschland von 1939 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Am 1. April 1933 wurde Wilhelm Renner Mitglied der NSDAP und bekam die Mitgliedsnummer 1.773.273. Als begeisterter Autofahrer wurde er der Ortsgruppe des NSKK zugeordnet. Am 16. Januar 1939 erhielt Wilhelm Renner bei der HASAG Prokura. Später war er im Vorstand für Technik und Produktion und auch für die HASAG-Werke in Altenburg und Meuselwitz verantwortlich. Spätestens 1944 wurde Wilhelm Renner als Auszeichnung für seine Leistungen in der Rüstungsindustrie zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Nach 1945 war die Vergangenheit des Vaters in der Familie Renner kein Thema mehr.
Während des letzten Kriegswinters 1944/1945 erlebte die Elfjährige beim Bahnhofsdienst, den sie jede zweite Woche leisten musste, diese Szenen: Nach Döbeln kamen Züge mit Verwundeten von der sowjetischen Front, denen Hannelore und andere Schüler die Verbände wechselten. Das Mädchen half beim Bergen von Toten und bei der Versorgung von Flüchtlingen, die teilweise wochenlang bei Minusgraden in offenen Waggons unterwegs gewesen waren. Einige der Säuglinge waren erfroren. Hinzu kamen Bombenangriffe mit Personen- und Sachschäden.
In den letzten Kriegstagen wurde das Mädchen im Alter von zwölf Jahren von sowjetischen Soldaten mehrfach vergewaltigt und, in ihren Worten, „wie ein Zementsack“ aus dem Fenster geworfen. Durch die Misshandlungen trug sie eine Wirbelverletzung davon, an der sie zeitlebens zu leiden hatte.[1][2] Anfang Mai 1945 begaben sich Mutter und Tochter nach Leipzig und trafen sich dort wieder mit dem Vater. Nachdem die US Army am 1. Juli 1945 aus Westsachsen und Thüringen abgezogen war, um den sowjetischen Truppen Platz zu machen, flüchtete die Familie nach Mutterstadt in der Pfalz, wo die Eltern des Vaters lebten. Anfangs wohnte die Familie Renner in einer Waschküche[3] und zog danach mehrfach um.
Bei einem Klassenfest in Ludwigshafen lernte Hannelore Renner 1948 im Alter von fünfzehn Jahren den achtzehnjährigen Helmut Kohl kennen, den sie nach zwölf Jahren Bekanntschaft am 27. Juni 1960 heiratete.
Hannelore Kohl begann ein Sprachenstudium, das sie, aus wirtschaftlichen Gründen bedingt durch den Tod ihres Vaters, vorzeitig beenden musste. Danach begann sie eine kaufmännische Lehre als Fremdsprachenkorrespondentin.
Ab der Geburt ihrer beiden Söhne Walter (1963) und Peter (1965) widmete sich Hannelore Kohl ganz deren Erziehung. Der Politikbetrieb, dem sie sich nie ganz entziehen konnte, war ihr verhasst. Die Söhne wurden von ihr vom Parteiengeschäft ferngehalten. In der Öffentlichkeit entsprach sie jedoch immer dem Bild der glücklichen Ehefrau, so wie es von ihr erwartet wurde. Sie war stets bereit, unter allen Umständen Disziplin zu wahren.[1]
1983 gründete sie das Kuratorium ZNS (2005 umbenannt in ZNS – Hannelore Kohl Stiftung) für Unfallverletzte mit Schäden des Zentralnervensystems und wurde dessen Präsidentin. 1988 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet, weitere Ehrungen, wie z. B. 1999 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern, folgten.
Nach unwidersprochenen Berichten Helmut Kohls hat Hannelore Kohl an dem sogenannten Zehn-Punkte-Programm zum Erreichen der deutschen Einheit und Selbstständigkeit mitgewirkt. Helmut Kohl trug dieses Programm ohne Abstimmung selbst mit dem Koalitionspartner am 28. November 1989 dem Deutschen Bundestag vor.
Hannelore Kohl sprach fließend Englisch und Französisch. Sie nutzte diese Fähigkeiten zum Umgang mit Staatsgästen und baute zu den Ehefrauen der Staatsmänner zum Teil freundschaftliche Beziehungen auf.
Peter Kohl heiratete am 28. Mai 2001 in Istanbul seine türkische Lebensgefährtin Elif Sözen. Hannelore Kohl konnte an der Feier nicht teilnehmen, da sie mittlerweile stark erkrankt war (siehe den entsprechenden Absatz).
Am 5. Juli 2001 beging Hannelore Kohl im Alter von 68 Jahren Suizid. Zuletzt hatte sie mit ihrem Mann an seinen Memoiren gearbeitet, wie sie in einem ihrer letzten Interviews sagte.[4] Die letzten beiden Interviews mit Hannelore Kohl führte die Journalistin Dona Kujacinski[5] im März und Mai 2001.
Die Trauerfeier fand unter großer Beteiligung der Bevölkerung nach katholischem Ritus im Dom zu Speyer statt.[6] Anschließend erfolgte die Beisetzung im Familiengrab auf dem Friedhof Ludwigshafen-Friesenheim, wo auch ihre Schwiegereltern beerdigt sind.
Im Gedenken an Hannelore Kohl benannte die Stadt Ludwigshafen im Mai 2004 eine Uferpromenade am Rhein nach ihr.
Krankheit und Suizid
Über die Umstände von Hannelore Kohls Krankheit und Tod gibt es in der Öffentlichkeit zahlreiche Spekulationen. Ihren eigenen Angaben im März 2001 zufolge hat sie seit 1993 an einer Lichtallergie gelitten. Als möglicher Auslöser dieser Krankheit wird eine seltene Gegenreaktion auf Penicillin-Tabletten angeführt,[7] was aber teilweise angezweifelt wird.[8] Laut Medienberichten soll sie in den letzten Monaten ihres Lebens das Haus nur nach Sonnenuntergang verlassen und tagsüber hinter verschlossenen Rollläden gelebt haben. Ihr Biograph, Heribert Schwan, der mit ihr häufig nächtliche Spaziergänge unternahm, bestätigte dies.[9][1] Nach Angaben ihres Mannes in Interviews, die er mehrere Jahre später gab, litt sie an unerträglichen Schmerzen. Eine Behandlungsmöglichkeit gab es laut den Aussagen Helmut Kohls nicht. Sie starb an einer Überdosis Tabletten, die sie einnahm, als ihr Mann sich in Berlin aufhielt. Ihm und ihren Söhnen hinterließ sie einen Abschiedsbrief. Eine Autopsie wurde nicht vorgenommen.
Theater
Um die leidensvolle Lebensgeschichte von Hannelore Kohl geht es in Johann Kresniks Tanzstück Hannelore Kohl, das im Dezember 2004 in der Bonner Oper uraufgeführt wurde.
Die Oper „Licht“ von Dea Loher (Libretto) und Wolfgang Böhmer (Musik) hatte am 19. August 2004 an der Neuköllner Oper Premiere.
Werke
- Hannelore Kohl (Hrsg.): Kulinarische Reise durch deutsche Lande. Zabert Sandmann, München 1999, ISBN 3-924678-87-1 (mit Texten von Helmut Kohl).
- Hannelore Kohl: Was Journalisten „anrichten“. Pfälzische Verlagsanstalt, Landau/Pfalz 1986, ISBN 3-87629-098-8 (Kochbuch).
Literatur
- Heribert Schwan: Die Frau an seiner Seite: Leben und Leiden der Hannelore Kohl., Heyne, München 2011, ISBN 978-34531-8175-5.
- Walter Kohl: Leben oder gelebt werden: Schritte auf dem Weg zur Versöhnung. Integral, 2011, ISBN 978-3-7787-9204-9.
- Dona Kujacinski, Peter Kohl: Hannelore Kohl. Droemer Knaur, Köln 2002, ISBN 3-426-27271-7.
- Patricia Clough: Hannelore Kohl. Dt. Peter Torberg, DVA, Stuttgart 2002, ISBN 3-421-05615-3.
- Elisabeth von Thadden: Die Perfektionistin. Das Leben und Sterben der Hannelore Kohl. In: Die Zeit. Nr. 10/2002.
Weblinks
- Literatur von und über Hannelore Kohl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Homepage der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, über Hannelore Kohl, die Gründerin der ZNS-Stiftung
- Seite über Dea Lohers Oper Licht
- Ich verbrenne von innen. In: Spiegel Online, 12. Juli 2001.
- Hannelore Kohl: Ihr Leben, ihr Leiden, ihr Tod. In: Stern. 24. Mai 2002
- Hannelore Kohl. bei FemBio
- Grabstelle auf dem Friedhof Ludwigshafen-Friesenheim
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Jan Fleischhauer: Sehnsucht nach dem Ende in: Der Spiegel 24/2011 vom 11. Juni 2011
- ↑ Die Frau hinter dem Panzer Zeit Online / Tagesspiegel, 14. Juni 2011
- ↑ Biografie auf fembio.org, abgerufen am 10. Juni 2011
- ↑ Hannelore Kohl: Es war Selbstmord rp-online 5. Juli 2001
- ↑ Infos über Dona Kujacinski
- ↑ Kohl-Trauerfeier: Sein Maß und ihre Messe. In: Tagesspiegel, 21. Juli 2001
- ↑ Hans Halter: Verbannt in die Dunkelheit. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2001 (online).
- ↑ Zweifel an der Art der Erkrankung news.at 11. Juli 2001
- ↑ Heribert Schwan: Die Frau an seiner Seite. Leben und Leiden der Hannelore Kohl, Heyne, München 2011
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