- Harlunger Berg
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Der Marienberg oder Harlungerberg ist eine Bodenerhebung in Brandenburg an der Havel. Der Marienberg zählt zu den kulturhistorisch bedeutsamsten Orten der Mark Brandenburg.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Nach Abtauen eines Toteisblockes der Weichseleiszeit blieb im heutigen Stadtgebiet von Brandenburg an der Havel eine inselartige Endmoränenkuppe zurück, die den heutigen Marien- oder Harlungerberg bildet. Sie wird von einigen Autoren noch zu den Ausläufern der Nauener Platte gezählt.
Name
Der ursprüngliche Name des Berges, der auch heute noch mitunter verwendet wird, lautet Harlungerberg. Der Brandenburger Ortshistoriker Professor Otto Tschirch verbindet diesen Namen mit dem germanisch-mythischen Geschlecht der Harlungen. Bei einem Brüderpaar dieses Geschlechtes, den Söhnen des Herzogs Ake Harlungertrost Edgard und Ake, soll es sich um Neffen des Gotenkönigs Ermanarich gehandelt haben. Über die Ironsage ist dieses Geschlecht mutmaßlich mit Brandenburg an der Havel verbunden, da es sich bei dem Jarl Iron um einen Jarl von Brandenburg gehandelt haben soll. Tschirch spricht davon, dass es in Deutschland mehrere Harlungerberge gäbe, die sich auf denselben Namensursprung beriefen, weil das Volk in ihnen den Ort vermutet, an welchem der bedeutendste Schatz der Harlungen, der Brisingamen der Göttin Freyja, vergraben sein soll.
Der Brandenburger Ortshistoriker Friedrich Grasow hingegen siedelt auf einer seiner Karten einen archäologisch nicht belegten und quellenkundlich unsicheren Weiler Harlungate am Westfuß des Berges an. Brekow führt als Beleg für den Weiler Harlungate oder Harlungathe Urkunden aus dem Jahre 1195 bzw. aus dem 14. Jahrhundert an.[1] Mit der überregionalen Bedeutung der Pilgerstätte Marienkirche zwischen 1220 und 1722 setzte sich jedoch im Volksmund später der Name Marienberg durch, der gegenwärtig auch amtlich geführt wird.
Lage und Ausdehnung
Der Marienberg befindet sich nordwestlich der historischen Altstadt Brandenburg, etwa einen Kilometer nördlich des rechten Havelufers und bewacht die alten Handelswege von Altstadt-Brandenburg nach Magdeburg und Rathenow. Die Kuppe erreicht eine Höhe von 67,7 m ü. NHN. Mit der Wasserkesselaufschüttung sind es insgesamt 79 m ü. NHN. Die Ausdehnung beträgt von Norden nach Süden etwa 600 Meter, von Westen nach Osten etwa 900 Meter.[1] Über das Niveau der Stadt erhebt sich der Berg etwa 35 Meter. Das Material besteht aus Sanderde. Erst im Zuge der Stadterweiterung nach 1901 kam das Gelände in Stadtrandlage. Mit der Errichtung des Stadtteils Brandenburg-Nord ab dem 21. Juli 1959 wurde der Marienberg zu einem innerstädtischen Areal, d. h. von Bebauung umschlossen. Zu seinen Füßen verlaufen die alten Trassen der Bundesstraßen B 1 und B 102.
Bedeutung und Nutzung
Obwohl die oberen Lagen des Marienberges zu keiner Zeit selbst als Besiedlungsfläche genutzt wurden, diente seine Bergkuppe seit altersher als zentrale Kultstätte verschiedener Religionen. Laut Tschirch darf darüber spekuliert werden, ob die semnonische Urbevölkerung an dieser Stelle einen heiligen Hain oder ein Heiligtum besaß, welches der Göttin Frigg oder der Göttin Freyja gewidmet war. Archäologische- oder Quellenbelege sind dafür jedoch nicht vorhanden. Grundlage dieser Vermutung sind lediglich etymologische Überlegungen. Sächsische Quellen der Wendezeit vom ersten zum zweiten nachchristlichen Jahrtausend beschreiben auf dem Marienberg ein Triglaf-Heiligtum.
Dieses wurde nach der Christianisierung des slawischen Gaus Heveldun von einer Marienkultstätte abgelöst, aus der sich dann nach 1220 die ehemalige, prächtige Marienkirche entwickelte. Diese war zwischen 1435 und 1539 umgeben von Konventsgebäuden des regulierten Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Unserer lieben Frau auf dem Berge. Das dürfte die einzige Epoche gewesen sein, in welcher die Bergspitze dauerhaft bewohnt war. Hier führte Kurfürst Friedrich II. 1443 zur Wiederbelebung ritterlicher Ideale und gegen den Bedeutungsverlust der Marienkirche den märkischen Zweig des Schwanenordens ein, dessen revolutionäre Neuartigkeit darin bestand, dass ihm auch Frauen beitreten konnten.[1] Mit dem Einzug der Reformation begann die Auflösung des Klosters, der Kirche und des Ordens auf dem Berge.
1723 befand sich eine der berüchtigten Lärmkanonen auf dem Berg, die der Stadt die Desertation eines Soldaten der Brandenburger Garnison melden und die Bevölkerung zur aktiven Teilnahme an der Ergreifung des Deserteurs auffordern sollte.[1] Zwischen 1832 und 1850 befand sich auf der Kuppe des Marienberges die Station Nr. 7 des Preußischen optischen Telegrafen auf der Linie Berlin-Koblenz. Diese nahm nach Osten mit der Station 6 in Schenkenberg und nach Westen mit der Station 8 auf dem Mühlberg bei Möser Kontakt auf. Am 12. August 1879 wurde ein Kriegerdenkmal auf dem Berg eingeweiht, welches seit 1874 gebaut wurde. Es hatte die Form eines hochaufragenden und weithin sichtbaren Turmes mit Aussichtsgeschoss. Es war den Gefallenen der deutschen Einigungskriege von 1864, 1866 und 1870/71 gewidmet. An seinem Fuß verkündeten 11 Marmortafeln die Namen von 2495 gefallenen Soldaten aus der Kurmark. 1945 geriet es unter Beschuss und wurde Ende April 1945 abgerissen.[2]
Am 1. April 1908 kam dem Zuge der Zeit folgend eine Bismarckwarte hinzu, deren besonderer lokaler Bezug darin zu sehen ist, dass Otto von Bismarck als Politiker in der Stadt Brandenburg an der Havel tätig war. Es handelte sich dabei um einen Jugendstilbau aus Granitfeldsteinen im Grundriss eines Kleeblattes und mit einer Feuerschale auf dem Dache versehen, der von Bruno Möhring entworfen worden war. Die Bismarckwarte wurde am 22. März 1974 aus politischen Gründen unter dem Vorwand der Baufälligkeit niedergelegt und an ihrer Stelle am 7. Oktober 1974 aus Anlass des 25. Jahrestages der DDR ein 32,5 Meter hoher Aussichtsturm mit dem Namen Friedenswarte errichtet.
In der Zeit des Nationalsozialismus dienten die Berghänge der HJ häufig als Kulisse für Sonnenwendfeiern.
Um die gärtnerische Umgestaltung machte sich auch der Brandenburger Schornsteinfegermeister Johann Gottfried Bröse, der schon den Brandenburger Krugpark entwarf und gestaltete, ab 1830 verdient.
Auf dem Berg wurde aus Stiftungsgeldern des Brandenburger Bürgers und Fabrikanten Robert Leue 1899 ein Naturpark angelegt, der bis in die 1960er Jahre auch ein kleines Heimattiergehege beherbergte. Neben dem Gelände des Leue-Parks befand sich bis in die Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine Eis- und Rollschuhbahn für Kinder, die dem Start- und Landeplatz des Rettungshubschraubers Christoph 35 weichen musste.
Am Südhang des Berges wurde seit dem Mittelalter ein (ziemlich saurer) Wein gezogen, wovon noch heute die Weinmeisterhäuser und der Weinmeisterweg am Nordhang künden. Der älteste noch existierende Weinstock wächst jedoch auf einem ehemaligen Weinmeistergehöft am Nordhang. Verschiedene Autoren rechnen diesen Weinanbau zum nördlichsten und frühesten Weinanbau Deutschlands, da erste urkundliche Nachrichten diesen Weinanbau schon 1173 belegen. 1437 und 1741 allerdings verfroren die Weinreben in strengen Winterfrösten und gingen ein.[1]
Ebenfalls auf dem Berg wurde seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Maulbeerbäume dem Willen Friedrichs des Großen entsprechend zur Aufnahme der Seidenproduktion angepflanzt, die sich jedoch aus klimatischen Gründen nicht halten konnten. 1809 wurde das Projekt endgültig aufgegeben.[1] Auf dem Nordhang des Berges bestand schon in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Freilichtbühne, die im Rahmen des NAW unter Beteiligung der FDJ von 1955 an neu errichtet und am 19. Mai 1956 eingeweiht wurde. Nördlich des Geländes der Freilichtbühne befindet sich das Krematorium, welches unter Oberbürgermeister Walther Ausländer 1926 gebaut wurde. Die erste Urne, die dort beigesetzt wurde, war diejenige Ausländers, der allerdings in Berlin kremiert wurde. Die Freilichtbühne wurde nach jahrelangem Leerstand und Verfall im Jahre 2007 rekonstruiert. An ihr Gelände schließt sich westlich eine Gedenkstätte für die ermordeten Widerstandskämpfer an, die im Zuchthaus Brandenburg von den Nationalsozialisten hingerichtet wurden. Dieses Gelände sollte zu einer Nationalen Mahn- und Gedenkstätte der DDR mit angeschlossenem Forschungszentrum ausgebaut werden. Der Untergang der DDR ließ diese Pläne nicht mehr zur Ausführung kommen.
Am Westhang befindet sich das Marienbad, ein Spaß- und Freizeitbad, welches anstelle des in der DDR gebauten Volksbades errichtet wurde. Das Volksbad wurde vom 19. Januar 1968 bis zum 21. Juni 1969 unter reger Anteilnahme der Brandenburger Bevölkerung und mit Unterstützung der in Brandenburg an der Havel stationierten sowjetischen Truppen gebaut. Die Brandenburger Bürger beteiligten sich im Rahmen des Wettbewerbs „Schöner unsere Städte und Gemeinden - Mach mit!“ mit Arbeits- und Geldleistungen von insgesamt 4,3 Millionen Mark.[2]
Der Südhang wird vom Städtischen Klinikum der Stadt Brandenburg ausgefüllt. Ein zweites Krankenhaus, das Marienkrankenhaus, findet sich hinter dem Gelände der ehemaligen Adler-Brauerei am Osthang des Marienberges. Dort findet sich ebenfalls eine unnatürliche Bodenrinne, der Mariengrund, die einem Aushub des 18. Jahrhunderts geschuldet ist. Das Sandmaterial wurde entnommen, um das sumpfige Exzerziergelände (Musterwiese) im Nordosten des Berges aufzuschütten.
Der Mariengrund dient als anschauliches Beispiel dafür, wie es selbst im aufgeklärten 18. und 19. Jahrhundert noch zur Sagenbildung kam. Denn obwohl die Umstände der Materialentnahme in der Bevölkerung bekannt gewesen sein dürften, datierte der Volksmund den Zeitpunkt der Entstehung des Mariengrundes zurück in das frühe 13. Jahrhundert und erklärte, der Teufel habe aus Ärger über den Bau der Marienkirche eine ihrer Glocken in den Berg geschleudert, woraus diese Rinne entstanden sei. Allerdings wurde auf einer im Herbst 2008 im schwedischen Kriegsarchiv entdeckten Militärkarte aus dem Jahre 1630, die auch den Marienberg als strategisch bedeutsame Erhebung detailliert ausweist, eine Schraffur entdeckt, die sich der Gegend des Mariengrundes zuordnen läßt. Wenn diese Schraffur jedoch hinsichtlich einer Bodenentnahme vor der Entstehung des Kartenmaterials zu deuten wäre, dann würde dies bedeuten, dass der Aushub für die Auffüllung des Exerziergeländes einem bereits bestehenden Abbauareal entnommen wurde. Eine eindeutige Befundzurordnung ist jedoch gegenwärtig noch nicht gesichert.
Als natürliche Bodenerhebung wurde der Berg ebenfalls als Wasserspeicher für die Stadt Brandenburg an der Havel genutzt. Zunächst 1894/95, dann 1967-1969 wurden jeweils ein Wasserkessel angelegt und Wasserleitungen auf den Berg gezogen.
Heute zählt der Berg zu den innerstädtischen Erholungsparks Brandenburgs an der Havel.
Quellen
- Otto Tschirch, Im Schutze des Rolands - Kulturgeschichtliche Streifzüge durch Alt-Brandenburg, Verlag J. Wiesike, 2. Aufl., Brandenburg an der Havel 1938
- Chronik der Stadt Brandenburg., Hrsg. Arbeitskreis Stadtgeschichte im Brandenburgischen Kulturbund e.V., Berlin: B. Neddermeyer, 2003 ISBN 3-933254-40-X
- Brandenburg an der Havel und Umgebung - eine landschaftliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz, Hrsg. Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada, in der Reihe Landschaften in Deutschland - Werte der deutschen Heimat des Leibniz-Institutes für Länderkunde und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Band 69, ersch. im Böhlau Verlag Köln Weimar Wien, 2006, ISBN 978-3-412-09103-3,
- Friedrich Grasow: Brandenburg die tausendjährige Stadt, Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte, Im Selbstverlage der Stadt Brandenburg, 1928, Reprint Verlagsgesellschaft Schmidt-Römhild mbH, Brandenburg 1992, ISBN 3-7950-1503-0
- Der Marienberg zu Brandenburg an der Havel Vergangenheit und Gegenwart, Autorenkollektiv, Hrsg. BAS Brandenburg an der Havel 2000
- Vortrag zum ältesten Stadtplan der Städte Brandenburg aus dem Jahre 1631, aufgefunden im Schwedischen Kriegsarchiv Stockholm, gehalten von Dr. Joachim Müller, Frank Brekow und Bernd Brülke vor dem Historischen Verein der Stadt Brandenburg an der Havel am 27. November 2008
Weblinks
Fußnoten
- ↑ a b c d e f Der Marienberg zu Brandenburg an der Havel Vergangenheit und Gegenwart, Autorenkollektiv, Hrsg. BAS Brandenburg an der Havel 2000
- ↑ a b Chronik der Stadt Brandenburg, Hrsg. vom Arbeitskreis Stadtgeschichte im Brandenburgischen Kulturbund e. V., Autorenkollektiv, Verlag B. Neddermeyer Berlin 2003, ISBN 3-933254-40-X
52.41555555555612.547222222222Koordinaten: 52° 24′ 56″ N, 12° 32′ 50″ O
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