- Heilig-Geist-Viertel
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Luftbild Heilig-Geist-Viertel von 1891, im Hintergrund das Berliner Stadtschloss, links das Nikolaiviertel
Das Heilig-Geist-Viertel lag einst im dicht besiedelten historischen Stadtkern von Alt-Berlin, im Bereich des östlichen Spreeufers und der Spandauer Straße, sowie der Stadtbahn im Norden und der Rathausstraße im Süden, im heutigen Bezirk Berlin-Mitte.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Geschichte des Heilig-Geist-Viertels geht bis in die Zeit der Gründung der Stadt Berlin um 1230 zurück, als die Marienkirche im benachbarten Marienviertel bereits urkundlich erwähnt wurde. Zu dieser Zeit wurde die Stadt im Norden bis zur Neuen Friedrichstraße (heute in diesem Bereich Anna-Louisa-Karsch-Straße) erweitert und wenig später mit einer Stadtmauer umgeben. Im späten Mittelalter bestand die Stadt Berlin nach einem überlieferten Feuerwehr-Alarmplan aus den vier Stadtvierteln Marienviertel, Heilig-Geist-Viertel, Nikolaiviertel und Klosterviertel.
Bauwerke im Heilig-Geist-Viertel
Heilig-Geist-Spital
Das Heilig-Geist-Spital war eine der ältesten Berliner Stiftungen und wurde erstmalig 1272 im Gildebrief der Bäcker erwähnt. Es war eins von drei Hospitälern im mittelalterlichen Berlin. Es befand sich auf der westlichen Seite der Spandauer Straße unweit des heute nicht mehr existierenden Spandauer Tores und diente der Alten- und Krankenpflege. Die zum Spital gehörende Heilig-Geist-Kapelle wurde etwa um 1300 errichtet und ist eines der ältesten erhaltenen Bauwerke Berlins. Von 1655 bis zum Bau der Garnisonkirche 1703 wurde die Kapelle von der Berliner Garnison genutzt. Später fanden hier bis 1905 katholische Gottesdienste statt. Das Spitalsgebäude wurde 1825 abgerissen und durch einen zweigeschossigen Neubau ersetzt. 1906 wurde die Kapelle als Hörsaal in den Neubau der Handelsschule der Berliner Kaufmannschaft einbezogen, die später in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin aufging. Von den Baulichkeiten des Spitals ist allein die Kapelle erhalten geblieben.
Spandauer Tor
Das mittelalterliche Tor befand sich am nördlichen Ende der Spandauer Straße dicht beim Heilig-Geist-Spital. Mit dem Bau der barocken Befestigungsanlage unter Johann Gregor Memhardt wurde das Tor nach Nordosten zwischen zwei Bastionen verlegt. Nach dem Abtragen der Festungswerke bildete sich vor diesem ehemaligen Barocktor an der Gabelung Oranienburger Straße / Rosenthaler Straße um 1750 ein Platz heraus – der Hackesche Markt.
Hotel König von Portugal
In der Burgstraße befand sich das Hotel „König von Portugal“.
Palais Itzig
Das barocke Palais Itzig an der Ecke Burgstraße und Neue Friedrichstraße (heute Anna-Louisa-Karsch-Straße), das 1857 dem Bau der Börse weichen musste, gehörte Friedrich Hitzig, dem Architekten der Börse. Er war ein Urenkel Daniel Itzigs (1723–1799), des Bankiers Friedrichs II., der 1762 auf dem Grundstück Burgstraße 25 einen Komplex von fünf Häusern, insbesondere das 1718 von Philipp Gerlach erbaute Palais Montargues, gekauft und dieses bis 1765 durch Oberbaurat August Gotthilf Naumann d. J. zu einem stattlichen Palais hatte umbauen lassen.
Börse
Die Berliner Börse wurde am 29. Juni 1685 durch Kurfürst Friedrich Wilhelm in Berlin gegründet. Die erste Börsensitzung fand am 25. Februar 1739 statt. Zunächst wurde das Obergeschoss des ehemaligen Lusthauses im Lustgarten in direkter Nähe zum Berliner Stadtschloss genutzt, bevor dieses 1798 zugunsten eines Neubaus für die Börse an gleicher Stelle abgerissen wurde. Das Gebäude in der Burgstraße auf der anderen Seite der Spree wurde von 1859 bis 1864 von Friedrich Hitzig errichtet. Es wurde während des Zweiten Weltkriegs zerstört.
Sechserbrücke
Die „Cavaliers-Brücke“ wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen dem Lustgarten und dem Heilig-Geist-Viertel als Fußgängerbrücke aus Holz gebaut. Bekannter war sie als „Sechserbrücke“ – so wurden umgangssprachlich mehrere Brücken bezeichnet, für die 5 oder 6 Pfennig (also ein Sechser – wie der Berliner zum halben Groschen zu 12 Pfennig sagte) als Brückenzoll zu entrichten war. Um 1885 wurde diese durch die viel größere Kaiser-Wilhelm-Brücke (heute Liebknechtbrücke) ersetzt. Auf der anderen Seite der Spree lag die Kleine Burgstraße (heute Karl-Liebknecht-Straße).
Pilgerweg Berlin–Wilsnack
Der Pilgerweg Berlin–Wilsnack wurde vom Ende des 14. Jahrhunderts bis in das 16. Jahrhundert begangen und war damals das wichtigste Pilgerziel Nordeuropas. Ausgangspunkt war die St. Marienkirche oder das Heilig-Geist-Spital in Berlin-Mitte. Das Ziel war die Wunderblutkirche St. Nikolai in Wilsnack im nordwestlichen Brandenburg. Seit der Erforschung des Pilgerwegs am Ende des 20. Jahrhunderts erlebt dieser eine Renaissance.
Hof- und Stadtpostamt
Um 1826 kaufte die Berliner Stadtpost-Expedition auf Anweisung König Friedrich Wilhelms II. die ersten Grundstücke zur Errichtung des Hofpostamtes auf. Auf dem Areal zwischen der Spandauer, Königs-, Heiliggeist- und der Kleinen Poststraße – heute etwa der östliche Teil des Marx-Engels-Forums – befand sich bis etwa 1945 das ehemalige Hof- und Stadtpostamt. Der etwa 12.000 Quadratmeter große Komplex bestand zunächst aus mehreren vereinzelten Gebäuden, die nacheinander von der Post aufgekauft und 1882 durch einen Neubau ersetzt wurden.
Straßen und berühmte Personen im Heilig-Geist-Viertel
- Anna-Louisa-Karsch-Straße
- Burgstraße, hier befand sich das Hotel „König von Portugal“ und im Haus Nr. 29 wohnte 1849 Max Liebermann als Kind mit seinen Eltern.
- Heiligegeistgasse, Paul Heyse kam hier zur Welt.
- Heiligegeiststraße
- Karl-Liebknecht-Straße (1887–1947 Kaiser-Wilhelm-Straße)
- Kleine Poststraße
- Littenstraße
- Neue Friedrichstraße
- Rathausstraße ( 1701–1951 Königstraße)
- Spandauer Straße, hier wirkte Moses Mendelssohn
- St.-Wolfgang-Straße
Das Heilig-Geist-Viertel heute
Heute befindet sich das Marx-Engels-Forum zwischen den Straßenzügen der Spandauer Straße, Karl-Liebknecht-Straße und Rathausstraße östlich der Spree. Wer nach dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses dieses an der Ostseite verlässt, blickt über die Spree auf das Marx-Engels-Forum und weiter Richtung Alexanderplatz in eine Parkanlage. Hier befindet sich heute das Denkmal für Karl Marx und Friedrich Engels in der Heilige-Geist-Straße 16. Einst stand an dieser Stelle ein Wohnhaus.
Anfang der 1970er Jahre, als bereits in vielen europäischen Städten der Wert der über Jahrhunderte gewachsenen Altstadtviertel wiederentdeckt wurde, sind hier im historischen Stadtkern von Berlin nach einem von Walter Ulbricht autorisierten Stadtumbau- Modell im Bereich zwischen Spree und Alexanderplatz alle Bauwerke mit Ausnahme der Marienkirche abgerissen worden, die den Krieg überstanden hatten, um Platz für den Bau des Fernsehturms und der DDR Staatsachse zu schaffen.
Wer heute über das Marx-Engels-Forum geht, kann nicht erkennen, dass sich an dieser Stelle in etwa 1,50 m Tiefe, unter dem heutigen Pflaster und der Parkanlage bis um 1945 das Heilig-Geist-Viertel im historischen Stadtkern von Alt-Berlin befand. Der Höhenunterschied wird erst erkennbar, wenn man vom Marx-Engels-Forum zur Marienkirche läuft und dort die Stufen zur Kirche hinabsteigt.
Mit der Durchlegung von bis zu zehnspurigen Verkehrsschneisen im Zuge der Grunerstraße und Karl-Liebknecht-Straße wurde aber auch der für alle mittelalterlichen Städte so typische ausgerundete Stadtgrundriss, der sich aus den alten Stadtmauern und der Umwallung ergab, zerschnitten und aus dem Stadtgedächtnis ausgelöscht (lediglich die Stadtbahn auf dem alten Festungsgraben zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und Hackescher Markt zeichnet dies bis heute nach).
Es gibt allerdings Bestrebungen, den urbanen Charakter auch dieses Viertels wieder herzustellen. Schon 1999 beschloss der Berliner Senat das „Planwerk Innenstadt“ als städtebauliches Leitbild, wobei aber für diesen Bereich – damals bis heute – kein Konsens für eine Reurbanisierung gefunden werden konnte. Eine langjährige Diskussion entwickelte sich zwischen den Befürwortern und den Gegnern einer wie auch immer gearteten Rekonstruktion. Es entstanden Pläne für einen von Hochhäusern dominierten Alexanderplatz, die auch eine Umbauung der Basis des Fernsehturms in historischer Traufhöhe vorsahen, sowie bauliche Einzelobjekte, die zwischen Rotem Rathaus und der Marienkirche deplatziert wirkten.
Mit großer Mehrheit wurde vom Deutschen Bundestag der Beschluss zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt-Forum gefasst. Am 28. November 2008 wurde zum Abschluss des dazugehörigen Wettbewerbs dem Entwurf des Italieners Franco Stella aus Vicenza einstimmig der erste Preis zuerkannt. Dieser gibt Berlins Zentrum den so lange vermissten bau-künstlerischen Höhepunkt und Maßstab des Schlüterschen Barockschlosses zurück. Dieses Ergebnis gibt weitere Impulse, um den Fokus nunmehr auch verstärkt auf Alt-Berlin zu lenken.
Siehe auch
Quellen
- Architekt Dr. Helmut Maier, Berlin
Literatur
- Heinrich Alberts: Die Chronik Berlins, Chronik Verlag 1986, ISBN 3-88379-082-6
Weblinks
52.52110713.403172Koordinaten: 52° 31′ 16″ N, 13° 24′ 11,4″ O
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