Heiligendamm

Heiligendamm
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Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern)
Heiligendamm
Heiligendamm
Panoramablick auf das Kurhaus, 2007

Heiligendamm ist ein Stadtteil von Bad Doberan an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns in der Mecklenburger Bucht. Heiligendamm ist der älteste Seebadeort Deutschlands und wird aufgrund der von der See aus sichtbaren weißen Häuserreihe in Strandnähe auch die „Weiße Stadt am Meer“ genannt. 2004 wurde Heiligendamm vorläufig als Seeheilbad anerkannt. Durch den G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 erlangte der Ort internationale Bekanntheit.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Gedenkstein: „Friedrich Franz I. gründete hier Deutschlands erstes Seebad - 1793“
Blick um 1841

Heiligendamm ist das älteste Seebad Deutschlands. Es wurde im Jahre 1793 durch den mecklenburgischen Herzog Friedrich Franz I. gegründet. Das erste Badehaus wurde hier am 21. September desselben Jahres eröffnet. Im 19. und 20. Jahrhundert war das Bad stark vom europäischen Hochadel geprägt, auch einzelne Mitglieder der weitverzweigten russischen Zarenfamilie zählten angeblich zu den Gästen.

Der mecklenburgische Herzog Friedrich Franz ließ auf Anraten seines Rostocker Leibarztes Professor Samuel Gottlieb Vogel das erste deutsche Seebad nahe bei Doberan, seiner Sommerresidenz, errichten. Prof.Vogel wollte die „außer Zweifel gesetzte heilsame Wirkung des Badens im Seewasser in sehr vielen Schwachheiten und Kränklichkeiten des Körpers“ nutzen. Die sollte nun auch in Heiligendamm möglich sein. Heute erinnert ein Gedenkstein im Ort an den Gründer des Ostseebades. Die folgenden 80 Jahre blieb Heiligendamm unter fürstlicher Verwaltung.

Johann Christoph Heinrich von Seydewitz, Carl Theodor Severin und Georg Adolph Demmler schufen zwischen 1793 und 1870 ein klassizistisches imposantes Gesamtkunstwerk aus Logier-, Bade- und Gesellschaftshäusern. Dies brachte der Stadt den Beinamen „Weiße Stadt am Meer“ ein und begründete schon seit der Gründung ihren Ruf als das schönste Seebad Deutschlands. Die Inschrift HEIC TE LAETITIA INVITAT POST BALNEA SANUM (‚Frohsinn erwartet dich hier, entsteigst du gesundet dem Bade‘) am Giebel des von Baumeister Severin zwischen 1814 und 1816 errichteten Kurhauses wurde zum Leitspruch für das Leben im eleganten Badeort Heiligendamm.

Den Namen Heiligendamm erhielt der Ort aufgrund eines großen Steinwalls, bestehend aus durch die See bloßgelegtem Moränenschutt aus der Eiszeit. Einer Sage nach wurde der Steinwall durch Gebete von Zisterziensermönchen von der aufgepeitschten Ostsee aufgetürmt.

Das Gerücht, dass der russische Zar seinen Urlaub in Heiligendamm verbrachte, ist falsch – tatsächlich war angeblich die russische Großfürstin Maria Alexandrowna Romanowa zu Besuch; selbst das ist aber unbestätigt.

Kaiserreich, Weimarer Republik und NS-Zeit

Große Panoramaansicht von Heiligendamm. Holzschnitt, 1887

Im Jahr 1872 kaufte eine Aktiengesellschaft des Rittmeisters Otto Baron von Kahlden die Anlage für 500.000 Taler, der 1885 Alleineigentümer wurde. Um 1910 verkaufte sein Sohn Rudolf das Unternehmen an Walter John, den Neffen der Bestseller-Autorin E. Marlitt (1825-1887). Er führte das Seebad in den Konkurs und schließlich in die Zwangsversteigerung. Drei Hamburger Gläubiger und ein Leipziger Großhändler boten 1,5 Millionen Mark und gründeten die Ostseebad Heiligendamm GmbH. Im Ersten Weltkrieg geriet dann diese GmbH, die allmählich hoch verschuldet war, schrittweise in den Besitz des Bankhauses Louis Wolff. Im Jahr 1924 übernahm der Bankier Oskar Adolf Baron von Rosenberg sämtliche Anteile an der GmbH und rettete sie dadurch. Im Jahr 1939 wurde das Bad für Heereszwecke beschlagnahmt und als Reserve-Lazarett genutzt. 1941 zahlte das Deutsche Reich an die Dresdner Bank, die im Zuge einer schleichenden Arisierung die Kontrolle über die Heiligendamm-GmbH übernommen hatte, 1,7 Millionen Reichsmark für alle Immobilien.[1] Erst im Jahr 2007 wurden die Hintergründe über die in der Nazi-Zeit stattgefundene schleichende Arisierung wieder bekannt, wonach die Nazis den Bankier Baron von Rosenberg und dessen Nachkommen schrittweise um ihren Besitz Heiligendamms gebracht hätten, weshalb sich die Jewish Claims Conference des „Vorgangs Heiligendamm“ angenommen hat. Im Erfolgsfall könnten mögliche Rosenberg-Erben von der Bundesregierung Schadenersatz einfordern. Der Verkehrswert Heiligendamms wurde auf 500 Millionen D-Mark geschätzt, dem ein Kaufpreis der Fundus-Gruppe von nur 18 Millionen DM gegenüber steht.[1]

1888 war eine Katholische Herz-Jesu-Kapelle im Wald bei Heiligendamm geweiht worden, die der Initiative des Kammerherrn von Suckow gegenüber dem Großherzog zu verdanken war. 1904 folgte die Einweihung einer Evangelischen Waldkirche. In den Nachkriegsjahren wurden die Waldkirchen geplündert und zeigten in den folgenden Jahrzehnten deutliche Verfallserscheinungen.

Als Sommerresidenz verblieb der herzöglichen Familie auch nach der Novemberrevolution das etwas abseits gelegene Demmlersche Alexandrinen-Cottage, das erst 1945 enteignet und 1947 in Volkseigentum überführt wurde.

DDR-Zeit und Vereinigtes Deutschland

Die „Burg Hohenzollern“[2]
Blick von der Seebrücke auf Heiligendamm

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Heiligendamm im Besitz der DDR-Regierung. Seit 1949 wurden dort an der Fachschule für angewandte Kunst (FAK) Innenarchitekten, Möbeldesigner, Produktdesigner, Grafikdesigner und Schmuckdesigner ausgebildet. Rund 1.500 Studentinnen und Studenten absolvierten bis zum Sommer 2000 die Schule in Heiligendamm. Seit dem Wintersemester 2000/2001 residiert der Fachbereich Design/Innenarchitektur der Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Wismar auf dem Campus der Hochschule Wismar.

In der DDR beherbergte das Gebäude der FAK während der Semesterferien im Sommer die Kinderferienlager des Ministeriums für Kultur der DDR (MfK). Jeweils drei Wochen erholten sich Kinder aus Berlin sowie sorbische (über den Verband der Sorben, Domowina) und tschechoslowakische Kinder (Kulturministerium der CSSR) in Heiligendamm. Im Sommer 1990 fanden die letzten beiden Durchgänge statt.

Im Jahr 1996 erwarb die Entwicklungsgesellschaft Entwicklungs Company Heiligendamm (ECH) – ein zur Fundus-Gruppe gehörendes Unternehmen – für 18 Millionen D-Mark den historischen Ortskern, der seit 1992 von der Bundesvermögensverwaltung im Auftrag der Bundesregierung als neuen Eigentümer zum Verkauf ausgeschrieben war. Unter Projektentwickler Anno August Jagdfeld aus Aachen wurden fünf der historischen Gebäude restauriert und zur 5-Sterne-plus-Hotelanlage Kempinski Grand Hotel Heiligendamm ausgebaut, die im Frühjahr 2003 eröffnete. Am 13. Juli 2006 übernachtete der US-amerikanische Präsident George W. Bush nach seinem Besuch Stralsunds in Heiligendamm.

Vom 6. bis zum 8. Juni 2007 fand der G8-Gipfel in Heiligendamm statt. Hierzu wurden ca. 13 Kilometer Absperrungen gebaut, die bis weit in die Ostsee hineinreichten.[3] Diese Absperrungen wurden nach dem Gipfel wieder entfernt.[4] Für den Gipfel wurde auch die historische Villa Perle abgerissen.

Die Entwicklung Heiligendamms in den Jahren vor 2009 führte zu unterschiedlichen Auffassungen der Hotelbetreiber, Einwohner und Gäste, sowie Lokalpolitiker. Durch die unterschiedlichen Auffassungen und Nachbesserungsbegehren der Vertragspartner ist die Sanierung ins Stocken geraten. [5] Im Februar 2009 ist die Kempinski-Gruppe aus dem Projekt ausgestiegen und hat den Betrieb des Hotels eingestellt. Seitdem wird das Hotel von den Eigentümern selbst betrieben. Die Kündigung war von zahlreichen öffentlichen gegenseitigen Vorwürfen gekennzeichnet.

Im Sommer 2010 begann die Entwicklungs Company Heiligendamm mit dem Wiederaufbau des einstigen Logierhauses Villa Perle. Insgesamt sollen sieben denkmalgeschützte Villen der so genannten Perlenkette für rund 70 Mio. Euro wiederhergestellt bzw. den historisch getreuen nachbaugebaut werden. Finanziert werden soll das Vorhaben über den Verkauf von Ferienwohnungen, die in den Villen eingerichtet werden sollen.[6]

Sehenswürdigkeiten

Sehenswert ist der klassizistische Ortskern. Die Zugangsmöglichkeiten zu Teilen des Geländes, die unter anderem für den Hotelbetrieb genutzt werden oder in Privatbesitz befindlich sind, sind durch Einzäunungen beschränkt.

Durch Heiligendamm fährt die Schmalspurbahn Bäderbahn Molli von Kühlungsborn nach Bad Doberan. Die Strecke zwischen Bad Doberan und Heiligendamm wurde 1886 gebaut. Die Evangelische Waldkirche wurde nach der politischen Wende saniert, die Katholische Herz-Jesu-Kapelle befindet sich 2010 äußerlich und im Inneren noch im unsanierten Zustand. 2001 war sie durch Diebstahl ihres Kirchengestühls beraubt worden. Außerdem besitzt Heiligendamm eine 200 Meter weit auf die Ostsee führende Seebrücke.

siehe auch: Liste von Bauwerken in Heiligendamm

Literatur

  • Friedrich Compart: Geschichte des Klosters Doberan. Rostock 1872, Godewind, Börgerende-Rethwisch 2004(Repr.), ISBN 978-3-938347-07-2.
  • Hans-Jürgen Herbst: Die Reise eines Gesunden in die Seebäder Swinemünde, Putbus und Doberan. Godewind, Wismar 1823, 2005 (Bearb. Neuaufl.), ISBN 978-3-938347-73-7.
  • Heinrich Hesse: Die Geschichte von Doberan-Heiligendamm. Godewind Verlag, Wismar 1838, 2004 (Bearb. Neuauflage), ISBN 978-3-938347-09-6.
  • Adolf Nizze: Doberan-Heiligendamm. Geschichte des ersten deutschen Seebades. Godewind Verlag, Wismar 1823, 2004 (Bearb. Neuauflage), ISBN 978-3-938347-23-2.
  • Peter Schubert: Die heikle Geschichte Heiligendamms - wem gehört das berühmte Bad an der Ostsee? In: Welt am Sonntag. 3. Juni 2007.
  • Hans Thielcke: Die Bauten des Seebades Doberan – Heiligendamm um 1800 und Ihr Baumeister Severin. Godewind, Wismar 1917, 2004 (Reprint). ISBN 978-3-938347-90-4
  • Samuel G. Vogel: Allgemeine Baderegeln zum Gebrauche für Badelustige überhaupt und diejenigen insbesondere, welche sich des Seebades in Doberan bedienen. Godewind, Börgerende-Rethwisch 1817, 2004 (Bearb. Neuauflage), ISBN 978-3-938347-88-1.
  • Bad Doberan mit seinem Ostseebad Heiligendamm von Gerhard Ringeling, 1936

Weblinks

 Commons: Heiligendamm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Peter Schubert: Die heikle Geschichte Heiligendamms.
  2. vgl. Burg Hohenzollern, Baden-Württemberg
  3. Andreas Frost: Heiligendamm wird eingezäunt. In: Der Tagesspiegel. 16. Oktober 2006.
  4. Daniel Schulz: Drei-Tage-Zaun am Ostseestrand. In: taz. 6. Februar 2007.
  5. Ungebrochenes Interesse an Heiligendamm: [1]. In: Stams.
  6. Newsletter IZ aktuell der Immobilien Zeitung vom 5. Juli 2010

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