Heinrich Julius

Heinrich Julius
Fürst Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel

Heinrich Julius (* 15. Oktober 1564 auf Schloss Hessen; † 20. Juli 1613 in Prag) war postulierter Bischof von Halberstadt, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, von 1582 bis 1585 auch Administrator des Bistums Minden. Er regierte von 1589 bis zu seinem Tode im Jahre 1613.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heinrich Julius

Bereits im Alter von 12 Jahren war er als Rektor der von seinem Vater Herzog Julius gegründeten Universität Helmstedt eingesetzt worden, für die Heinrich Julius auch das Hörsaalgebäude Juleum errichten ließ. Im Jahre 1566 trat er unter Vormundschaft und 1578 endgültig die Herrschaft im Bistum Halberstadt an, das daraufhin protestantisch wurde. Sein Wahlspruch war PRO PATRIA CONSUMOR, "Für das Vaterland verzehre ich mich". Der Vater veranlasste eine umfassende Ausbildung in den alten Sprachen sowie in theologischen und juristischen Dingen. Heinrich Julius muss als einer der gebildetsten Herrscher seiner Zeit gelten.

Ausbau der Residenz

Bei Regierungsantritt übernahm Herzog Heinrich Julius das von seinem Vater Herzog Julius unvollendet gelassene Bauprojekt einer großen Handels- und Industriestadt "Gotteslager" vor den Toren seiner Residenz Wolfenbüttel, das bis dato aus einer nur notdürftig befestigten Arbeiter- und Handwerkersiedlung besteht. (Dieser Stadtteil ist heute unter dem Namen "Juliusstadt" ein Außenbereich der Wolfenbütteler Altstadt.) Statt dieses unrealistische Projekt weiter zu verfolgen, kümmerte er sich um den Ausbau des Kerns seiner Residenzstadt, der "Heinrichstadt", benannt nach seinem Großvater Heinrich dem Jüngeren.

Auf dem Gelände des heutigen Stadtmarkts wurde ein Teich zugeschüttet, der Rat der Stadt erwarb das repräsentativste Wohnhaus am Platz und richtete sich sein Rathaus ein. Auch die wenigen in Wolfenbüttel zu findenden Steinhäuser entstanden in dieser Zeit. Im Jahre 1590 erhielt die Stadt ein angemessenes Kanzleigebäude im Stil eines italienischen Palazzo. Im Jahre 1608 wird das größte Bauvorhaben in Angriff genommen, die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis (BMV), die erst 35 Jahre später - bis auf den Turm - vollendet und für rund 100 Jahre die Grablege der Fürstenfamilie von Braunschweig-Wolfenbüttel wird - der erste nennenswerte protestantische Kirchenneubau Norddeutschlands.

Auch gab es zu dem Zeitpunkt in Norddeutschland keine so geschlossen konzipierte Renaissance-Stadt. Bemerkenswert ist, dass dieses Konzept sich bis heute unverfälscht erhalten hat. Keine Kriegsverwüstungen, kein Großbrand und auch die Architektur des 20. Jahrhunderts konnten dem Erscheinungsbild größeren Schaden zufügen.

Besonders wichtig war auch die Funktion Wolfenbüttels als Festung. Tiefgestaffelte Befestigungsanlagen mit Wällen und Bastionen, dreistöckige Kasematten, mit einer Garnison von 3.000 Soldaten besetzt, sollten potenzielle Belagerer abschrecken. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges war Wolfenbüttel die stärkste Festung in Norddeutschland.

Kultur

Herzog Heinrich Julius liebte Theater und Schauspiel. Aus England engagierte er eine Schauspieltruppe unter der Leitung von Robert Browne und dem beliebten Schauspieler Thomas Sackville. Aus dem geplanten kurzen Gastspiel wurde ein Aufenthalt von mehreren Jahren. In dieser Zeit spielte die Truppe nicht nur für den Hof sondern auch für das Volk auf Straßen und Plätzen. Sesshafte Theaterensembles gab es bis dahin in Deutschland nicht, deshalb gilt Wolfenbüttel auch als erste deutsche Stadt mit einem festen Theater.

Auch der literarisch engagierte Herzog verfasste für die englische Truppe Stücke im Stil der herkömmlichen volkstümlichen Schwankliteratur, verband dies aber mit dem Anliegen, die Zuschauer zu belehren und von Lastern fernzuhalten. Die Stücke hatten offensichtlich einen gewissen Publikumserfolg, wurden sie doch auch noch später von der Truppe auf Gastspielreisen außerhalb Wolfenbüttels gespielt.

Als sein bestes Werk wird die Komödie "Von Vincentio Ladislao Sacrapa von Mantua" von 1594 genannt, in der er das von Plautus überlieferte Thema des "Bramarbas" aufgriff. Seine Stücke enthalten realistische Szenen aus dem Alltagsleben neben drastischen Effekten, Tanz- und Musikeinlagen und Narrenfiguren. Erst 1855 erschien eine von W. L. Holland besorgte Gesamtausgabe der Dramen.

Als weiterer bedeutender Künstler dieser Zeit weilte Michael Praetorius, einer der berühmtesten Komponisten des Frühbarock als Hofkapellmeister in Wolfenbüttel. Hier war er nicht nur für die Kirchenmusik, sondern auch für die Unterhaltungsmusik bei Hofe zuständig. Er bearbeitete mehr als tausend evangelische Kirchenlieder, am berühmtesten ist seine Vertonung von Es ist ein Ros' entsprungen. Als Musiktheoretiker machte er sich durch sein Werk Syntagma musicum einen Namen.

Politik

Obwohl Heinrich Julius protestantischer Fürst war, erwarb er das Vertrauen des katholischen Kaisers Rudolf II. und wurde sein Ratgeber. Nach dem Jahre 1600 hielt sich Heinrich Julius bis zu seinem Tode 1613 mehrfach und teils längere Zeit am kaiserlichen Hof in Prag auf, wo er ab 1607 Direktor des Geheimen Rates war und unter anderem mit seinen ausgezeichneten juristischen Kenntnissen die kaiserliche Politik mitgestaltete. Gleichzeitig reformierte er ab dem Jahre 1600, durch seinen General Kriegskommisarius David Sachse, das bereits von seinen Vorfahren betriebene Lehns- und Landesaufgebot in seinem Fürstentum. Dies bedeutete, dass Teile der Bevölkerung militärisch ausgebildet wurden. In früheren Zeiten wurde diese Organisation nur zur Festungsbefestigung und zur rein defensiven Landesverteidigung genutzt. Für kriegerische Züge wurden dann hauptsächlich Landsknechte angeworben, die Söldnerheere forderten jedoch hohe Kosten und die Männer konnten sich nach ihrer Entlassung nur schlecht in die Gesellschaft integrieren. Im Sommer des Jahrers 1605 waren die Vorbereitungen zur Ausbildung des Lehns- und Landesaufgebotes abgeschlossen und bereits im Herbst dieses Jahres begann der Herzog einen Angriff auf die Stadt Braunschweig, mit der er seit langem im Streit lag. Eine schlechte Kriegsführung von David Sachse ließ diesen Angriff jedoch scheitern. Heinrich Julius starb am 20. Juli 1613 in Prag und wurde in Wolfenbüttel beigesetzt. Sein Nachfolger in Wolfenbüttel wurde sein Sohn Friedrich Ulrich.

Hexenbrennen

Heinrich Julius wurde wegen seines "eifrigen Hexenbrennens" berühmt. Er ließ in seinem Herrschaftsgebiet die umfangreichsten Hexenbrände hinter sich, die das Land Braunschweig-Wolfenbüttel je erlebt hat. Zwischen 1590 und 1620 wurden 114 Personen wegen "Zauberei" angeklagt, mehr als 50 Menschen wurden verbrannt. Aberglaube, Hexenwahn und Teufelskult prägten die Rechtsauffassung des Herzogs. Manchmal wurden an einem Tag mehrere Hexenmeister und Zauberinnen in Wolfenbüttel verbrannt. Zudem verwies Herzog Heinrich Julius 1591 alle Juden des Landes.

Nachkommen

Prinzessin Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel

Heinrich Julius heiratete zunächst Prinzessin Dorothea von Sachsen (1563−1587), eine Tochter von Kurfürst August von Sachsen:

Anschließend heiratete er Prinzessin Elisabeth von Dänemark (1573−1625), die älteste Tochter von König Friedrich II. von Dänemark:

  • Friedrich Ulrich (1591−1634)
  • Sophie Hedwig (1592−1642) ∞ Ernst Casimir von Nassau-Dietz
  • Elisabeth (1593−1650) ∞ 1612 Herzog August von Sachsen (1589−1615) | ∞ 1618 Herzog Johann Philipp von Sachsen-Altenburg (1597−1639)
  • Hedwig (1595−1650) ∞ Herzog Ulrich von Pommern (1589−1622)
  • Dorothea (1596−1643) ∞ Christian Wilhelm von Brandenburg
  • Heinrich Julius (1597−1606)
  • Christian (1599−1626), der tolle Halberstädter
  • Rudolph (1602−1616)
  • Heinrich Karl (1609−1615)
  • Anne Auguste (1612−1673) ∞ Graf Georg Ludwig von Nassau-Dillenburg (1618−1656)

Werke

  • "Von der Susanna", Drama, 1593
  • "Von einem Fleischhauer", Komödie, 1593
  • "Von einem Wirte", Komödie, 1593
  • "Von einem Weibe", Komödie, 1593
  • "Von einem Buhler und Buhlerin", Tragödie, 1593
  • "Von einem ungeratenen Sohn", Tragödie, 1594
  • "Von einer Ehebrecherin", Tragödie, 1594
  • "Von einem Wirte oder Gastgeber", Drama, 1594
  • "Von einem Edelmann", Komödie, 1594

Literatur

  • Ferdinand Spehr: Heinrich Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 500–505.
  • Hilda Lietzmann: Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig und Lüneburg (1564-1613). Persönlichkeit und Wirken für Kaiser und Reich. Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Geschichte 30. Braunschweig: Braunschweigischer Geschichtsverein 1993.
  • Wilhelm Bornstedt: Das herzogliche "Hohe Gericht" im Stöckheimer Streitholz, am Lecheln Holze, vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, Braunschweig, 1982, S. 42ff.
  • Gerhard Schormann: Hexenprozesse in Nordwestdeutschland, Hildesheim 1977, S. 50f.

Weblinks



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