Herfried Münkler

Herfried Münkler
Münkler auf der Leipziger Buchmesse 2009

Herfried Münkler (* 15. August 1951 in Friedberg (Hessen)) ist ein deutscher Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte. Er hat eine ordentliche Professur an der Humboldt-Universität zu Berlin inne.

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftliche Laufbahn

Münkler besuchte die Augustinerschule Friedberg und legte dort 1970 das Abitur ab. Im Anschluss nahm er ein Studium der Germanistik, der Politikwissenschaft sowie der Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main auf, das er 1977 mit dem 1. Staatsexamen beendete. Danach arbeitete Münkler an seiner Dissertation über „Geschichtsphilosophie und politisches Handeln. Niccolò Machiavellis Antworten auf den Zusammenbruch der christlichen Geschichtsphilosophie und die Krise der Republik Florenz“ und wurde 1981 an der Goethe-Universität promoviert. Ab 1982 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität angestellt und habilitierte sich dort 1987 mit einer Schrift zum Thema Staatsraison. Ein Leitbegriff der Frühen Neuzeit“. Daraufhin erhielt er am selben Fachbereich eine Vertretungsprofessur für Politikwissenschaft. Im März 1992 folgte Münkler einem Ruf der HU Berlin. Seitdem besetzt er dort am Fachbereich Sozialwissenschaften den Lehrstuhl für Theorie der Politik.

Privates

Herfried Münkler ist seit August 1983 mit der Literaturwissenschaftlerin Marina Münkler verheiratet, mit der er eine Tochter (* 1985) und einen Sohn (* 1988) hat. In seiner Jugend war Münkler Mitglied der Jusos.

Lehre

Asymmetrische Kriegsführung

In Bezug auf die seit den Anschlägen von 2001 geführten Kriege insbesondere der USA und ihrer Verbündeten hat Münkler die These von der Asymmetrischen Kriegführung als neuer Kriegsart aufgestellt. Er geht davon aus, dass in der herkömmlichen Waffentechnik unterlegene Kontrahenten ihre diesbezügliche Schwäche mit einer „medialen Inszenierung der Opfer“ ausgleichen. Zugleich betont er in seinem Buch Die Neuen Kriege (2002), dass es sich bei der Mehrzahl der Elemente jener „neuen“ Kriege tatsächlich um die Wiederkehr von Kriegs- und Konfliktmustern handelt, die erst in der jüngeren europäischen Geschichte nach und nach der heute vorherrschenden Vorstellung des Krieges als Konfrontation eindeutig definierter Kombattanten mit klaren Grenzen und Spielregeln weichen mussten. Das aktuelle Völkerrecht wird demnach dieser (in vieler Beziehung gar nicht so) neuen Situation nicht gerecht.

Imperiumstheorie

Im Rahmen seiner Beschäftigung mit der Bildung und dem Erhalt von „Imperien“ führte Münkler in seinem gleichnamigen 2005 erschienenen Werk den Begriff der so genannten augusteischen Schwelle an, den er bei dem US-amerikanischen Politikwissenschaftler Michael W. Doyle entlehnt hat, der durch Veröffentlichungen über die großen Imperien der Weltgeschichte hervorgetreten ist.

Münkler umreißt folgende idealtypische Definitionsmerkmale eines Imperiums:

  • Frieden und Stabilität
  • imperiale Mission
  • Abgrenzung gegenüber Barbaren
  • Versprechen kultureller und wirtschaftlicher Prosperität

Nur wenige historische Beispiele fallen unter diesen Imperiumsbegriff, so das antike römische Reich oder heutzutage die Vereinigten Staaten.

In einer „Welt“, die nicht zwangsläufig mit der Erde gleichzusetzen ist, ist Münkler zufolge immer nur ein Imperium denkbar. Somit ist definitionsgemäß das Aufeinanderprallen von Imperien als ein Kampf um Hegemonie zu verstehen.

Der Autor wirft die Frage auf, ob auch diese (imperialen) Großmächte Regeln unterliegen. Unklar ist, ob durch die Einbindung der USA in Verfahrensregeln und Verflechtungsnetze ein so starker qualitativer Unterschied zum römischen Imperium begründet ist, dass der Imperiumsbegriff unbrauchbar wird.

Kontroverse zu Internetsperren

Am 16. Juni 2009 schrieb Münkler im Rahmen einer Kolumne in der „Frankfurter Rundschau“ über die Proteste gegen das „Gesetz zur Bekämpfung Kinderpornographischer Inhalte in Kommunikationsnetzen“, worin er äußerte, dass „[d]as Gesetzesvorhaben […] bloß sicherstellen [sollte], dass das, was für Printmedien gilt, auch im Internet gelten soll“. Gegner der Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet sieht er entweder in „[…] kriminelle[n] Geschäftemacher, die das Internet benutzen, um verbotene Produkte an den Mann zu bringen“ oder in einem „Ensemble von Freiheitskämpfern, die ihre anarchistischen (kein Staat!) oder kommunistischen Ideen (kein Eigentum) in der virtuellen Welt des Internets realisieren wollen“.[1] Insbesondere im Internet wurde Münkler für diese Position kritisiert, da entgegen seiner Aussagen der Erwerb von Kinderpornographie im Internet bereits verboten sei (es gehe im Gesetz um eine Zugangsbeschränkung) und Münkler in dem Artikel keine Beweise für seine These anführe. Ferner fühlten sich viele Unterzeichner der Petition gegen das Gesetz durch Münklers Aussage kriminalisiert.[2]

Auf Grund der massiven Kritik an seinen Äußerungen veröffentlichte Münkler daraufhin am 19. Juni 2009, ebenfalls in der „Frankfurter Rundschau“, eine Stellungnahme mit dem Titel „Hier ist Ideologie im Spiel“, in welcher er seine Positionen klarstellt.[3]

Mitgliedschaften, Beiräte

Münkler ist Mitglied im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und im Redaktionsbeirat der Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte. Er ist Vorsitzender der Leitungskomissionen zur Feuerbach-Gesamtausgabe und zur MEGA (Marx-Engels-Gesamtausgabe) in der Akademie der Wissenschaften Berlin Brandenburg. Außerdem ist Münkler Mitglied der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des Politischen Denkens (DGEPD).

Auszeichnungen

Im Jahr 2009 erhielt Münkler für sein Werk „Die Deutschen und ihre Mythen“ den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik sowie den Meyer-Struckmann-Preis der Philosophischen Fakultät der Heine-Universität Düsseldorf.

Werke

Münklers umfangreiche Publikationsliste umfasst zahlreiche Einzelwerke, Mitverfasser- und Mitherausgeberschaften sowie Aufsätze in Zeitschriften, Handbüchern und Lexika vorwiegend zur politischen Ideengeschichte und zur Theorie des Krieges.

Monographien
Herausgeberschaften
  • Politikwissenschaft. Ein Grundkurs. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-499-55648-0.
  • Der demokratische Nationalstaat in den Zeiten der Globalisierung: politische Leitideen für das 21. Jahrhundert, Akademie-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003756-3.
  • Forschungsberichte der interdisziplinären Arbeitsgruppen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Band I - IV:
    • Herfried Münkler und Harald Bluhm (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn. Historische Semantiken politischer Leitbegriffe. Berlin: Akademie Verlag, 2001 (Bd. I)
    • Herfried Münkler und Karsten Fischer (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn. Rhetoriken und Perspektiven sozial-moralischer Orientierung. Berlin: Akademie Verlag, 2002 (Bd. II)
    • Herfried Münkler und Karsten Fischer (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn im Recht. Konkretisierung und Realisierung öffentlicher Interessen Berlin: Akademie Verlag, 2002 (Bd. III)
    • Herfried Münkler und Harald Bluhm (Hrsg.): Gemeinwohl und Gemeinsinn. Zwischen Normativität und Faktizität, Berlin: Akademie Verlag. 2002 (Bd. IV)
  • Konzeptionen der Gerechtigkeit: Kulturvergleich – Ideengeschichte – moderne Debatte. Nomos, Baden-Baden 1999, ISBN 3-7890-5895-5.
  • Politisches Denken im 20. Jahrhundert. Ein Lesebuch. Piper 1997, ISBN 3-492-21987-X.

Literatur

Weblinks

 Commons: Herfried Münkler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kolumne: Netz-Anarchos und trojanische Pferde | Frankfurter Rundschau - Meinung. Fr-online.de. Abgerufen am 25. Juni 2010.
  2. Herfried Münkler kämpft gegen das Internet. netzpolitik.org. Abgerufen am 25. Juni 2010.
  3. Internetsperren: "Hier ist Ideologie im Spiel" | Frankfurter Rundschau - Politik. Fr-online.de. Abgerufen am 25. Juni 2010.

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