- Hermann Conring (Politiker)
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Hermann Johannes Conring (* 4. November 1894 in Aurich; † 9. Februar 1989 in Weener) war ein deutscher Verwaltungsbeamter und Politiker der CDU.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hermann Conring wurde ohne linke Hand geboren, was ihn für den Militärdienst untauglich machte. Conring, der evangelisch-reformierten Glaubens war, studierte 1913 bis 1916 Rechtswissenschaften in Göttingen und war Mitglied des Corps Hannovera. Im Oktober 1916 bestand er das erste Staatsexamen mit Auszeichnung. Nachdem er seine Dissertation unter dem Titel „Grundbegriffe des Fundrechts“ verfasst hatte, wurde er 1917 an der Universität Göttingen zum Dr. iur. promoviert.
Von 1921 bis 1927 arbeitete er zunächst als Regierungsassessor im preußischen Finanz- und dann im Staatsministerium.
1927 wurde er zum Landrat im Landkreis Northeim ernannt. Der sozialdemokratische Oberpräsident der Provinz Hannover, Gustav Noske beurteilte ihn als „einen weit über dem Durchschnitt stehenden Beamten“.[1] 1930 wurde er zum Landrat des Landkreises Leer gewählt, wo er bis 1945 im Amt war (seit 1940 beurlaubt). In seiner Amtszeit oblag ihm die Durchführung der preußischen Kreisreform, nach der der Landkreis Leer um die Insel Borkum und die östlich von Emden gelegenen Teile des aufgelösten Landkreises Emden erweitert wurde und nach der Auflösung des Landkreises Weener das Reiderland zukam. Nach der Machtübernahme der NSDAP im Frühjahr 1933, blieb Hermann Conring im Amt. Er war nicht Mitglied der Partei und trat auch nicht in sie ein, sondern wurde 1938 von dem Gauleiter Röver in Oldenburg aufgenommen.[1]
Von 1940 bis 1945 war Conring im Range eines Wehrmacht-Oberstleutnants zunächst beim Militärbefehlshaber in Frankreich und dann Bevollmächtigter des Reichskommissars für die Niederlande in der Provinz Groningen. Nach eigener Angabe erfolgte die Kommandierung in diese Position „wider seinen Willen“.[1] In dieser Funktion schrieb er: „Für die Provinz Groningen wäre es sehr wünschenswert, wenn die Juden möglichst bald aus der Nachbarschaft des Küstenplatzes Delfzijl, insbesondere also aus Appingedam und Winschoten usw. bevorzugt verschwänden.“[2] Eine Beteiligung an der nationalsozialistischen Judenverfolgung wurde in einem später auf Antrag gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren nicht festgestellt.[1]
Von 1942 bis 1945 war Hermann Conring ehrenamtlicher Präsident der Ostfriesischen Landschaft.
Nach Kriegsende befand sich Conring im Rahmen von automatischem Arrest für vierzehn Monate in britischer Internierung aus der er 1947 entlassen wurde. 1948 wurde er Generalsekretär des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland.
1952 kandierte er für den neuen Kreistag in Leer, wurde zum Landrat des Landkreises Leer gewählt und war von 1952 bis 1956 Vorsitzender des Kreistages. Im April 1953 wurde er in der Ersatzwahl für Louis Thelemann direkt als Landtagsabgeordneter in den Niedersächsischen Landtag gewählt, dem er bis 1955 angehörte. Nachdem er der CDU beigetreten war, errang er in der Bundestagswahl des Herbstes 1953 das Direktmandat im Wahlkreis Leer und gehörte dem Deutschen Bundestag bis 1969 an. In der fünften Legislaturperiode des Bundestages war er nach Konrad Adenauer und Arthur Enk der drittälteste Parlamentarier. Vom 5. Mai 1964 bis 1969 war er stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestags. In dieser Funktion trat er nach der Flutkatastrophe von 1953 als einer der Vordenker für den „Küstenplan Niedersachsen“ für dessen Verwirklichung ein.[1] Dieser sah eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Land zur Verbesserung der Deiche und der Entwässerung für mehrere Jahre vor, welche eine besondere neu geschaffene Behörde vorgenommen werden sollte. Im Alter von 75 Jahren verzichtete er 1969 aufgrund zunehmender Sehschwäche auf alle Ämter.[1]
1962 beantragte die Staatsanwaltschaft Aurich aufgrund einer Anzeige aus Israel die Aufhebung der Immunität Conrings, zog den Antrag jedoch kurz darauf mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Vorermittlungen zurück.
Im Zuge der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuz zu Conrings 70. Geburtstags kam es in den Niederlanden zu Protesten, die Conrings Rolle in der Besatzungszeit thematisierten. Am 1. Juli 1965 drückte die niederländische Regierung gar beim Auswärtigen Amt ihr Befremden über die Entscheidung zur Ordensverleihung aus, woraufhin Bundespräsident Heinrich Lübke eine Untersuchung über Conring einleiten ließ, die allerdings bereits im August eingestellt wurde, nachdem dieser das Bundesverdienstkreuz zurückgegeben hatte.
Conring war verheiratet und hatte sechs Kinder.
Literatur
- Rudolf Vierhaus und Ludolf Herbst (Hrsg.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949-2002. Band 1, A–M, Saur, München 2002, ISBN 3-598-23781-2, S. 125
- Barbara Simon: Abgeordnete in Niedersachsen 1946-1994 - biographisches Handbuch. hrsg. vom Präsidenten des Niedersächsischen Landtages, Hannover 1996, S. 66
- Walter Deeters: In Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Artikel zu Conring, Hermann Johannes, Seite 85, 1993 Ostfriesische Landschaft ISBN 3-925365-75-3.
- Bärbel Holtz (Bearb./Ed.): Die Protokolle des Preußischen Staatsministeriums 1925-1938/38. Bd. 12/II. (1925-1938). Olms-Weidmann, Hildesheim 2004. ISBN 3-487-12704-0 (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Hg.]: Acta Borussica. Neue Folge.)
Weblinks
- Literatur von und über Hermann Conring (Politiker) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Walter Deeters: Eintrag Hermann Johannes Conring In: Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH (1993), S. S. 85 - 89
- Hermann Conring bei Munzinger
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Walter Deeters: Eintrag Hermann Johannes Conring In: Biographisches Lexikon für Ostfriesland. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH (1993), S. S. 85 - 89, ISBN 978-3925365751
- ↑ Hans-Peter Klausch: Braune Wurzeln - Alte Nazis in den niedersächsischen Landtagsfraktionen von CDU, FDP und DP. Zur NS-Vergangenheit von niedersächsischen Landtagsabgeordneten in der Nachkriegszeit (PDF-Datei; 1,73 MB) S. 4.
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