Inn-Salzach-Bauweise

Inn-Salzach-Bauweise
Blick auf eine Häuserzeile am Stadtplatz von Mühldorf a. Inn

Die Inn-Salzach-Bauweise, auch Inn-Salzach-Stil genannt, bezeichnet einen typischen Baustil von Altstädten in der Region von Inn und Salzach. Dabei bilden mehrere Häuser durch Scheinfassaden vor dem eigentlichen Dach ein geschlossenes Ensemble. Kerngebiet ist die Gegend zwischen Innsbruck, Passau und Hallein, der Stil reicht aber bis nach Südtirol, Ober- und Niederösterreich hinein.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale der Inn-Salzach-Bauweise

Tittmoning mit Scheinfassaden von hinten und vorne

Die Inn-Salzach-Bauweise bezieht sich eigentlich nur auf das Bürgerhaus in dem Gebiet, brachte aber bei Bauernhäusern[1] oder Kirchenbauten keine prägenden Stilelemente ein.

Das hervorstechende Merkmal ist die nach oben gezogene Häuserfront, die meistens das Dach, von der Straße aus betrachtet, versteckt. Sie lässt das Haus kubisch und monumental erscheinen. Manchmal sind die Giebel mit Simsen verziert oder geschwungen. Diese Bauweise wurde nach einigen verheerenden Feuersbrünsten in dieser Gegend etwa im 16.–17. Jahrhundert eingeführt. Die hohen Mauern zwischen den Dächern sollten ein Übergreifen des Feuers verhindern und die Brandbekämpfung durch ungefährlicheres Anlehnen von Leitern erleichtern.

Das städtische Bürgerhaus tritt damit nicht mehr als Einzelbau hervor, sondern es bildeten sich schluchtartige Häuserzeilen und breite, geschlossen wirkende Marktstraßen und -plätze aus. Das einzelne Haus bildet eine flächige, oft fast rechteckige Stirnfläche aus, die mit hellen Farben verputzt sind, was einen freundlichen Eindruck macht. Oft lockern Laubengänge, über mehrere Stockwerke gehende Erker und Stuck die Stirnflächen auf.

Das Dach der Häuser ist als Grabendach mit Regenrinnen in der Hausmitte ausgeführt. Das Dach steht mit der Giebelseite zur Straße (im Gegensatz zu italienischen Häusern mit Scheinfassaden, wo das Dach mit der Traufseite parallel zur Straße steht).

Adolph Schaubach schildert in seinem Werk Die deutschen Alpen von 1845:

„Das Innthal macht jedoch auch in anderer Hinsicht eine Grenze, nämlich des Baustyls der Städte und Märkte, der sich wesentlich von dem des übrigen Deutschlands unterscheidet; ich meine jene hohen weiß angestrichenen Häuser mit maskirten Dächern, welche dadurch ein orientalisches oder süditalienisches Ansehen erhalten, mit Bogengängen in ihrem Erdgeschoß. […] Die vorspringenden Erker (im Gebirge, nicht im Vorlande) vertreten die Stelle der Altane […].“[2]

Dass Schaubach die kalkweiße Tünche als typisch beschreibt, zeigt, dass die heutige farbenfrohe Färbung sekundär ist: Sie datiert in die Gründerzeit des ausgehenden 19. Jahrhundert, als massenproduzierte mineralische Pigmente mit Schönfärbemitteln erschwinglich wurden. Auch der Fassadenschmuck ist eine Überarbeitung des Historismus, und folgt den Moden der Großstädte.

Architekturbeispiele

Typische Orte

„ Wer von München nach Salzburg reist, findet diese Bauart zuerst in dem originell liegenden Wasserburg am Inn; außerdem in Salzburg, Traunstein, Hallein, Gmünd, Linz, Enns u. s. w.; desgleichen im Gebirge und zwar auch im Innthale hinan, dann über den Brenner, das Eisackthal hinab, im Pusterthale und Deutschen Etschthale, z. B. Innsbruck, Rattenberg, Sterzingen, Brunnecken, Lienz u. s. w.; mit Welsch-Tyrol und Italien hört diese Bauart wieder auf.“

– Schaubach 1845[2]

(1) nach einem großen Brand im 18. Jahrhundert und zahlreichen Abbrüchen in der jüngsten Zeit nicht mehr geschlossen erhalten

Literatur

  • Johannes Klinger: Die Architektur der Inn-Salzach-Städte. Wasserburger Verlag, Wasserburg 2006, ISBN 3-938974-00-1
  • Bernhard Sattler, Bernhard Ettelt: Das Bürgerhaus zwischen Inn und Salzach. Pannonia-Verlag, Raubling 1979, ISBN 3-7897-0080-0
  • Max Eberhard Schuster: Innstädte und ihre alpenländische Bauweise. Callwey-Verlag, München 1951
  • Max Eberhard Schuster: Das Bürgerhaus im Inn- und Salzachgebiet (Das deutsche Bürgerhaus, Band 5). Wasmuth, Tübingen 1964

Einzelnachweise

  1. Im ländlichen Raum der Gegend ist die Lüftelmalerei ab dem mittleren 19. Jahrhundert Stand der Dekoration.
  2. a b Adolph Schaubach: Die deutschen Alpen: ein Handbuch für Reisende durch Tyrol, Österreich, Steyermark, Illyrien, Oberbayern und anstossenden Gebiete. 1. Auflage. Erster Theil. Allgemeine Schilderung., F. Frommann, Jena 1845, Das nördliche Vorland der Deutschen Alpen. Malerisches, S. 142 (Google eBook).

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