Jeanne Lanvin

Jeanne Lanvin
Das Logo des Unternehmens Lanvin

Jeanne Lanvin, eigentlich Jeanne-Marie Lanvin, (* 1867 in Paris; † 6. Juli 1946 in Le Vésinet) war eine französische Modeschöpferin. Das nach ihrem Nachnamen benannte, international bekannte Modeunternehmen existiert bis heute.

Inhaltsverzeichnis

Madame Lanvin

Mutter-Kind-Symbol im Logo von Lanvin

Als ältestes von 11 Kindern von Bernard-Constant Lanvin und Sophie Blanche Deshayes wuchs Jeanne Lanvin in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach einer mit 16 Jahren begonnenen Lehre in Paris als Hutmacherin bei Madame Félix und als Modistin bei Talbot eröffnete sie 1889 ein eigenes Hutgeschäft in der Pariser Modemeile Rue du Faubourg Saint-Honoré. Dies gilt als Gründungsjahr des Hauses Lanvin. 1895 heiratete sie den italienischen Grafen Emilio di Pietro, mit dem sie eine Tochter hatte und von dem sie sich 1903 scheiden ließ. Sie begann nach ihrer Scheidung zunächst für ihre Tochter Marguerite, genannt Marie-Blanche, und ihre jüngste Schwester bunte, für die damalige Zeit ungewöhnlich bewegungsfreundliche Hängerkleidchen zu schneidern, für die sie auch Abnehmer unter den wohlhabenden Käuferinnen ihrer Hüte fand.[1] 1907 heiratete sie den Journalisten Xavier Melet.

Mme. Lanvin stellte sich schnell auf die große Nachfrage nach der von ihr geschaffenen Mode ein und begann 1909 auch Damenmode zu kreieren. Im gleichen Jahr trat sie dem Chambre Syndicale de la Haute Couture bei. Das Jahr 1909 gilt demnach als Gründungsjahr des Couture-Hauses Lanvin. Statt selbst zu zeichnen oder zu drapieren, instruierte sie Mode-Zeichner, ihre Entwürfe zu Papier zu bringen. Ihr Atelier im Pariser Mode-Viertel musste sie ständig erweitern. Lanvins Mode zeichnete sich durch farbenfrohe, edle Stoffe, jugendlich-feminine Damenkollektionen mit dazugehörigen Entwürfen für Mädchenkleidung, aufwendige Stickereien und kunstvolle Handwerksarbeit aus. Zu diesem Zeck gründete sie 1923 eine eigene Färberei in Nanterre. Klassiker sind das sogenannte Lanvin-Blau (fliederfarbenes blau) und das Polignac-Rosa (ihre Tochter hatte 1925 den Grafen Jean de Polignac geheiratet). 1925 beschäftigte Mme. Lanvin bereits 800 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die im gleichen Jahr gegründete Lanvin Parfums sollte über die Jahre zahlreiche Düfte unter dem Namen Lanvin präsentieren. 1926 wurde die Herrenkollektion lanciert. Als eines der ersten Haute Couture-Häuser hatte das von Mme. Lavin mit großem Organisations- und Geschäftstalent geführte Modehaus eine Abteilung für Parfüms, für Herren- und für sportliche Damen-, Pelz- sowie für Kinderkleidung.[2] Darüber hinaus bewegte sie sich mit Lanvin Décoration ab Anfang der 1920er im Bereich der Heimtextilien und Wohungunseinrichtungen. Der von ihr 1927, zwei Jahre nach dem Chanel-Klassiker Nº 5, erschaffene Duft 'Arpège' (in Anlehnung an das Klavierspiel ihrer Tochter) ist ein Klassiker in der Parfümwelt und bis heute erhältlich.[3] Zu den Kunden, und auch Freunden, von Jeanne Lanvin zählte unter anderem Marlene Dietrich.[4]

Die große Liebe Jeanne Lanvins für ihre Tochter, spiegelt sich noch heute im Logo von Lanvin wider, das eine stilisierte Mutter in wallendem Gewand zeigt, die ihrer kleinen Tochter die Hände reicht. Dieses Jugendstil-Bild war 1927 als Flakon-Bemalung für den Arpège-Duft von Paul Iribe[5] entworfen worden.

Unternehmensgeschichte

Nach Jeanne Lanvins Tod im Jahre 1946 kreierten im Laufe der Jahre zahlreiche Designer für das Haus Lanvin Mode, unter anderem ihre Tochter Marie-Blanche (1946), welcher das Unternehmen auch bis zu ihrem Tode 1958 gehörte, sowie Giorgio Armani (1989) und Claude Montana (1990), siehe unten. Mit Maryll Lanvin designte bis 1989 das letzte Familien-Mitglied die Kollektionen.

Auch die Eigentümer des Hauses Lanvin wechselten mehrmals über die Zeit. Bis in die späten 1980er Jahre blieb das Unternehmen im erweiterten Familienbesitz, zuletzt unter Bernard Lanvin – ein Groß-Neffe von Jeanne – und seiner Frau Maryll. Anfang 1989 verkaufte Bernard Lanvin 34% des in Finanznöte geratenen Unternehmens an die Londoner Midland Bank. Mitte des gleichen Jahres erhöhte die Bank ihren Anteil auf 40% und bewegte Maryll Lanvin dazu, ihren Posten als Designerin zu räumen.[6] Ihre Entwürfe waren als „hübsch aber unauffällig“ bezeichnet worden.[7] Ihr Nachfolger wurde, allerdings wenig erfolgreich, Claude Montana.[6] 1990 übernahmen Orcofi, ein von der Louis Vuitton Familie kontrollierter Konzern, und der Kosmetikhersteller L’Oréal 1990 für 500 Mio. Francs jeweils zu 50% das hochverschuldete Unternehmen Lanvin. Bis 1996 kaufte L’Oréal etappenweise die Anteile von Orcofi komplett auf.[8] 1993 war die Haute Couture Sparte des Hauses aufgegeben worden, das Haus Lanvin bestand in Folge zum Großteil aus dem Parfumgeschäft und Lizenzen, die mäßig erfolgreiche Prêt-à-porter Sparte – damals im Herrenbereich hauptsächlich für Krawatten und Oberhemden im Duty Free Verkauf bekannt – wurde von L’Oréal mit den Marken Lanvin Classique und Lanvin Studio erst Ende der 1990er allmählich wiederbelebt.[9] 1999 wurde in der Münchner Maximilianstraße eine Lanvin-Boutique für Herren eröffnet (Anfang 2000er geschlossen).[10] Ab 2001 gehörte Lanvin einer Investorengruppe um die Harmonie S.A. der taiwanesischen Medienunternehmerin Shaw-Lan Wang, nachdem sich L’Oréal auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren wollte.[11][12] Wang zahlte infolge die übrigen Anteilseigner aus und übernahm „das jahrelang ein wenig verstaubte Couture-Label“ 2003 komplett.[13] 2006 wurde das Verpackungsmaterial der Lanvin-Boutiquen (Einkaufstüten, Kartonagen, Kleidersäcke etc.) im typischen Lanvin-blau neu designt. 2007 wurde die Parfum-Sparte des Hauses an die französische Inter Parfums verkauft.[14] Es dauerte bis 2007, bevor mit der Marke Lanvin nach verlustreichen Jahren – beispielsweise auch aufgrund fehlgeschlagener Parfum-Lancierungen – wieder Gewinne erzielt wurden.

Mit dem Wiederbeleben französischer Couture-Häuser Anfang der 2000er Jahre ist Lanvin seit 2003 wieder eine der einflussreichsten Marken auf dem heutigen gehobenen Modemarkt, spätestens seit 2006 auch im Bereich Herrenbekleidung.[15] Der derzeitige künstlerische Direktor und Designer der Damenlinie des Hauses Lanvin ist seit 2001 der Israeli Alber Elbaz, ein ehemaliger Guy Laroche und Yves Saint Laurent Designer.[16][17] Bereits seine erste Kollektion für die Saison 2002/2003 wurde von der Fachpresse hoch gelobt, von den Einkäufern gefeiert und von den Kunden begeistert angenommen.[18] Bis Mitte der 2000er hatten sich die Lanvin-Umsätze folglich unter Elbaz vervierfacht. Die Herrenkollektion wird seit 2006 unter Elbaz’ Regie als Kreativdirektor vom Niederländer Lucas Ossendrijver entworfen, der zuvor für Kenzo, Kostas Murkudis und Dior Homme arbeitete.[19][20]

2008 betrug der Umsatz von Lanvin 140,4 Mio. Euro.[21] 2009 feierte das Haus Lanvin sein 120-jähriges Bestehen.[22] Im November 2010 wurde eine einmalige Kooperation mit der Modekette H&M in Form einer niedrigpreisigen Damen-, Herren- und Accessoires-Kollektion präsentiert.[23] Die bereits zu Anfang von Jeanne Lanvins Karriere eröffneten Flagshipstores befinden sich bis heute in der 22, Rue du Faubourg Saint-Honoré (Damen-Boutique) und gegenüber in der Nr. 15 (Herren-Boutique).[24] 2010 gab es in Paris, St. Tropez, London, Athen, Genf, Forte dei Marmi, Monte Carlo, Marbella, Marokko und Ankara sowie in Russland, in Asien, im Nahen Osten und in den USA Lanvin-Boutiquen, aber keine in Deutschland oder Österreich.

Dem japanischen Markt vorbehaltene Lanvin-Marken

Lanvin in Japan

Für den japanischen Markt halten seit Ende der 1990er Jahre japanische Firmen die Rechte am Namen Lanvin. Lanvin hatte die Rechte für den zweitgrößten Luxus-Markt der Welt als Lizenzen verkauft. Seit des Lizenzerwerbs – ursprünglich durch Kanebo Ltd. und ab 2002 durch Itochu, welche überdies mit einem 5%-Anteil am Unternehmen Lanvin beteiligt sind – existiert in Japan neben der importierten Pariser Hauptkollektion für Damen und Herren noch die Brückenkollektion Lanvin Collection, ebenso für Damen und Herren.[25][26] Außerdem wurde 2004 ebenso exklusiv für den japanischen Markt die von Itochu entwickelte jugendliche Zweitlinie Lanvin en Bleu zunächst für Herren (gefertigt von Joi'X Corporation), ab 2010 auch für Damen (gefertigt von Raika Co., Ltd.) ins Leben gerufen.[27][28] Des Weiteren vertreibt der japanische Sportbekleidungshersteller Descente Ltd. in Japan die sportive Lanvin Sport Kollektion. 2007 betrug der durch die Lizenzpartner in Japan mit der Marke Lanvin erzielte Umsatz geschätzte $ 280 Mio., und damit mehr als das Unternehmen Lanvin im Rest der Welt (96 Mio. €) erwirtschaftete.[29]

Auszeichnungen für Mme. Lanvin

Modedesigner im Hause Lanvin

  • 1909 Jeanne Lanvin
  • 1946 Marie-Blanche de Polignac (geborene Lanvin, Tochter von Jeanne Lanvin)
  • 1950 Antonio Canovas Del Castillo
  • 1960 Bernard Devaux
  • 1964 Jules-François Crahay
  • 1972 Christian Benais (Beginn der Herrenkonfektion)
  • 1976 Patrick Lavoix (Herrenkollektion)
  • 1981 Maryll Lanvin (Ehefrau eines Neffen von Jeanne Lanvin)
  • 1989 Giorgio Armani
  • 1989 Robert Nelissen
  • 1990 Eric Bergere
  • 1990 Claude Montana (Haute Couture Kollektionen)
  • 1992 Dominique Morlotti (Damen- und Herrenkollektion)
  • 1996 Ocimar Versolato (Prêt-à-Porter)
  • 1997 Cristina Ortiz (Prêt-à-Porter Damen)
  • 2001 Alber Elbaz (Kreativdirektor, Damenkollektion)
  • 2001 Christophe Blondin-Pechabrier (Herrenkollektion)
  • 2003 Martin Krutzki (Herrenkollektion)
  • 2006 Lucas Ossendrijver (Herrenkollektion)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Das Geheimnis der Mode: Alles nur eine Frage der Zeit. In: Kulturspiegel, 27. September 1999
  2. Eleganz und Raffinesse – Lanvin. In: Elle, abgerufen: 2. September 2010
  3. Lanvin Arpège – ein Klassiker wird 80 Jahre alt. paulvital.de, 22. September 2007
  4. Dominique = Marlene − 20. In: Der Spiegel. Nr. 15, 1949 (online).
  5. Paul Iribe in der englischsprachigen Wikipedia
  6. a b Unartige Neunziger. In: Der Spiegel. Nr. 5, 1990 (online).
  7. Patterns: A Lanvin departs. In: The New York Times, 30. Mai 1989 (engl.)
  8. Henri Racamier jette le gant du luxe. Sa filiale Lanvin devrait être vendue à L’Oréal et le holding Orcofi à Axa, Libération (frz.), 19. August 1995
  9. Lanvin kehrt zurück in die Mode, Textilwirtschaft, 1. Februar 1999
  10. Lanvin testet deutschen Markt, Textilwirtschaft, 25. Mai 1999
  11. Zurück zur Couture. In: Die Zeit, Nr. 39/2007
  12. L’Oréal plans to sell Lanvin, loreal-finance.com (engl.), 12. Juli 2001
  13. Couture für alle, schweizer-illustrierte.ch, 17. November 2010
  14. Fashion icon Lanvin in stake sale talks, Reuters (engl.), 29. September 2008
  15. Lanvin – Handfest verspielt. In: FAZ, 1. Juli 2008
  16. Was kann ich, außer Mode entwerfen?, Textilwirtschaft, 28. Dezember 2006
  17. Who is who – Alber Elbaz, Britische Vogue (engl.), 16. August 2010
  18. Ingrid Loschek: Modedesigner. 2002 (via Google Books) S. 130 ff.
  19. Männer von Welt tragen diesen Sommer Cerruti und Lanvin, a-z.ch, 25. Mai 2010
  20. Meet Lucas Ossendrijver, New York Times T Magazine (engl.), 21. Januar 2008
  21. Lanvin hat einen neuen Investor, Textilwirtschaft, 19. November 2009
  22. Lanvin Stamp-Ede... , wwd.com, 2. Dezember 2009
  23. Lanvin für H&M, Deutsche Vogue, 2. September 2010
  24. Loden von Lanvin. In: Die Zeit, Nr. 29/1973
  25. Fashion’s New Patrons Struggle for Right Fit, Wall Street Journal, 29. Februar 2008
  26. Business Alliance With Jeanne Lanvin SA, Computer Business Alliance, 20. Januar 2002
  27. Lanvin cuts a new dash. In: Japan Times, 15. August 2004 (engl.)
  28. Lanvin, Spade Grow Japan Presence (PDF) WWD, 11. Mai 2009
  29. Fashion icon Lanvin in stake sale talks, FashionMag.com, 29. September 2008

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