- Amphibie
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Amphibien Goldkröte (Bufo periglenes) †
Systematik Überstamm: Neumünder (Deuterostomia) Stamm: Chordatiere (Chordata) Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata) Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda) Klasse: Amphibien Wissenschaftlicher Name Amphibia Gray, 1825 Ordnungen - Schwanzlurche (Caudata)
- Froschlurche (Anura)
- Schleichenlurche (Gymnophiona)
Die Amphibien oder Lurche (Amphibia) sind die stammesgeschichtlich älteste Klasse der Landwirbeltiere (Tetrapoda). Ihr wissenschaftlicher Name leitet sich aus dem Griechischen ἀμφί [amphi] „auf beiden Seiten“ und βίος [bios] „Leben“ ab, bedeutet also „doppellebig“. Dies rührt daher, dass die meisten Amphibien zunächst ein Larvenstadium im Wasser durchlaufen und nach einer Metamorphose an Land leben können. Auch die erwachsenen Tiere bewohnen meist sowohl aquatische als auch terrestrische Habitate; sie sind zumindest auf die Nähe von Gewässern angewiesen. Viele Arten sind nachtaktiv, um sich vor Fressfeinden zu schützen und den Wasserverlust über die Haut gering zu halten.
Inhaltsverzeichnis
Evolution
Amphibien mit ihren drei rezenten, unterschiedlich aussehenden Ordnungen Froschlurche, Schwanzlurche und Schleichenlurche sind die evolutionären Nachfahren der ersten Knochenfische (Osteichthyes), die im Devon vor etwa 360 Millionen Jahren vom Meer aus das Land besiedelten – siehe Landgang (Biologie). Der anatomische Bau von Acanthostega lässt darauf schließen, dass sich bereits fossile Fische mit vier Gliedmaßen im Wasser bewegt haben. Bei den Amphibien sind vor allem Verwandtschaftsverhältnisse zu den Quastenflossern und zu den Lungenfischen erkennbar. Beide Gruppen haben eine Reihe von Charakteristika mit den Amphibien gemeinsam – unter anderem beim Skelettbau, bei organischen und embryologischen „Primitiv“-Merkmalen. Bis in die jüngste Zeit ging man davon aus, dass zumindest die Froschlurche und alle höheren Wirbeltiere von den Quastenflossern abstammen. (Ob auch die Schwanzlurche aus dieser Entwicklungslinie hervorgingen oder parallel aus den Lungenfischen entstanden, war dabei umstritten; der Ursprung der Schleichenlurche wäre danach noch unklarer.) Neue Genom-Analysen haben allerdings gezeigt, dass die Lungenfische eine wesentliche größere genetische Übereinstimmung mit Landwirbeltieren – letztlich auch den Säugetieren und den Menschen – aufweisen als Quastenflosser, was bisherige Annahmen zum Ursprung der Landwirbeltiere zumindest relativiert. Dass die Amphibien von den Lungenfischen abstammen könnten, vermutete man schon 1870, als der Australische Lungenfisch entdeckt worden war.
Aufgrund ihrer Embryonalmerkmale können Amphibien zusammen mit den Fischen als Anamnia bezeichnet und den Amniota („höhere“ Wirbeltiere wie Reptilien, Vögel und Säugetiere) gegenübergestellt werden. Den Eiern der Anamnia fehlt die sogenannte „Schafhaut“ (Amnion) ebenso wie ihren Embryonen die Allantois, eine als Harnsack fungierende Ausstülpung des Enddarmes.
Im Oberkarbon vor rund 300 Millionen Jahren war diese Tierklasse besonders formenreich und hatte eine Blütezeit als dominierende Landwirbeltiere. Die damaligen Formen unterschieden sich äußerlich allerdings erheblich von den heutigen Amphibien. Inzwischen geht man – nicht unumstritten, aber doch überwiegend – von einer monophyletischen Abstammung aller modernen Amphibien aus. Die rezenten Taxa werden nach dieser Auffassung alle zur Unterklasse Lissamphibia gezählt, denen zahlreiche, heute ausgestorbene, fossil nachgewiesene Amphibien aus den Gruppen der Temnospondyli (Schnittwirbler) und der Lepospondyli (Hülsenwirbler; vergleiche hierzu auch: Schlangenlurche) gegenüberstehen. Zu nennen ist beispielsweise der bis zu etwa vier Meter lange Mastodonsaurus aus der Trias-Zeit, der zu den Schnittwirblern gehörte. Der phylogenetische Anschluss der rezenten Amphibien an die fossilen Formen ist allerdings nicht belegt.
Morphologische Merkmale
Lurche sind mit zwei gleich- oder unterschiedlich langen Gliedmaßenpaaren ausgestattet – die in einigen Fällen (Schleichenlurche, Armmolche) aber auch zurückgebildet sein können. An jeder Hand befinden sich in der Regel vier Finger, an den Füßen je fünf Zehen. Je nach Körperbau bewegen sich Amphibien an Land kletternd, springend, schreitend oder kriechend, im Wasser schwimmend und tauchend (unter Einsatz der Hinterbeine oder des Schwanzes). Die Tiere haben einen flachen Schädel und einen oft reduzierten Knochenbau; so fehlen den meisten – insbesondere den höheren Froschlurchen – beispielsweise echte Rippen. Anhand der Ausprägung der Rückenwirbel können abstammungsgeschichtliche Klassifizierungen vorgenommen werden (vergleiche dazu: Archaeobatrachia, Mesobatrachia, Neobatrachia). Während Froschlurche meist um die acht (fünf bis neun) Rückenwirbel aufweisen, können es bei den eher eidechsenartig gestalteten Schwanzlurchen zwischen 30 und 100 sein. Das Becken ist – falls nicht zurückgebildet – an den Querfortsätzen des Beckenwirbels angeheftet. Sofern Zähne in den Kiefernknochen und im Mundhöhlendach vorhanden sind, sind diese klein und wurzellos und erneuern sich ständig. Es können Körpermaße zwischen weniger als einem Zentimeter bei manchen Froscharten und über anderthalb Metern bei Riesensalamandern beobachtet werden.
Die Haut (siehe auch Amphibienhaut) ist dünn, nackt und kaum verhornt, feucht und glatt oder auch trocken-„warzig“, die Unterhaut ist reich an Schleim- und Giftdrüsen- sowie Pigmentzellen. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Atmung, beim Schutz vor Infektionen und Feinden sowie beim Wasserhaushalt. Amphibien trinken nicht, sondern nehmen durch die Haut Wasser auf und speichern dieses in Lymphsäcken unter der Haut und in der Harnblase. Durch die Harnblasenwand kann es später wieder dem Organismus zugeführt werden. Als Larven besitzen Amphibien Kiemen, als erwachsene Tiere einfache Lungen, die ebenso wie die Haut- sowie Kehl- oder Mundbodenatmung dem Gasaustausch dienen. Amphibien sind wechselwarm; das bedeutet, dass sie keine konstante Körpertemperatur aufweisen, sondern diese sich der Umgebungswärme anpasst. Ihr Herz besteht aus zwei separaten Vorkammern und einer einheitlichen Hauptkammer ohne Scheidewand. Lungen- und Körperblutkreislauf sind nur teilweise getrennt. Der Darmausgang, die Exkretions- und inneren Geschlechtsorgane münden in einer Kloake.
Für viele Arten sind die Augen wichtige Sinnesorgane und entsprechend gut entwickelt. Allerdings werden reglose Objekte nur unzureichend wahrgenommen, wohingegen Bewegungen starke Reize bilden – sowohl bei der Nahrungssuche und Feinderkennung als auch bei der Sexualpartnerfindung. Bei Schwanzlurchen ist der Geruchssinn recht hoch entwickelt. Dafür sind ihre akustischen Fähigkeiten, anders als bei Froschlurchen, mangels Trommelfell wohl untergeordnet. Sie orientieren sich, ebenso wie die mittelohrlosen Schleichenlurche, eher an Bodenvibrationen.
Fortpflanzung und Individualentwicklung
Zumindest zur Fortpflanzung müssen die meisten Amphibien das Wasser aufsuchen – auch an Trockenheit angepasste Arten. Vor allem die Männchen vieler Froschlurche verfügen über ein Repertoire von Lautäußerungen zur Revierabgrenzung und zum Anlocken von Weibchen. Die entsprechenden Rufe erzeugen sie mittels Schallblasen, ihres Kehlkopfes und der Lungen. Fast alle Arten legen Eier, sogenannten Laich, in gallertigen Hüllen ab; einige betreiben eine komplizierte Brutpflege. Die Befruchtung findet vorwiegend erst außerhalb des Mutterleibes statt; die meisten Schwanzlurche praktizieren dagegen eine indirekte innere Besamung und Befruchtung. Die sich im Wasser entwickelnden Larven, die bei Froschlurchen Kaulquappen genannt werden, atmen zunächst mit Außenkiemen. Erst nach einiger Zeit tritt eine Metamorphose ein, in der sie sich hormongesteuert zum lungenatmenden, skelettgestützten Tier umformen, welches das Gewässer verlassen kann. Einige Arten oder Exemplare von Arten bleiben längerfristig oder sogar zeitlebens in einem Larvenstadium (sogenannte temporäre, partielle oder vollständige Neotenie, auch Pädomorphie). Sie leben dauernd aquatil, wie zum Beispiel der Axolotl. Nur sehr wenige, wie der im Gebirge beheimatete Alpensalamander, sind lebendgebärend (ovovivipar) und bringen bereits fertig entwickelte Junge zur Welt. Manche anderen Amphibien, wie etwa die artenreichste Froschlurchgattung der Antillen-Pfeiffrösche oder viele Lungenlose Salamander, haben sich ebenfalls unabhängig von offenen Gewässern gemacht, indem bei ihnen eine direkte Larvenentwicklung innerhalb der Eier stattfindet. Hier schlüpfen also fertige Jungtiere aus den an Land abgelegten Eiern.
Wichtiger Bestandteil der Metamorphose wasserlebender Larven ist die Rückbildung der Kiemen sowie die Verlagerung der Atmung zur Lunge und zur Hautoberfläche. Die Hautstruktur verändert sich, um an Land den Wasserverlust zu verringern. Es findet ferner eine Verknöcherung vormals knorpeliger Substanz sowie eine Entwicklung von Extremitäten statt – bei Molchlarven wird erst das vordere, dann das hintere Beinpaar sichtbar, bei Kaulquappen ist es umgekehrt. Der Ruderschwanz der Larven bildet sich in der letzten Phase der Metamorphose bei Froschlurchen allmählich ganz zurück; Schwanzlurche behalten diesen. Es entwickeln sich in der Regel Augenlider (außer bei manchen voll-aquatisch lebenden Formen) und es entstehen außenliegende Trommelfelle – letzteres nur bei den Froschlurchen. Am drastischsten ist der innere und äußere Gestaltwandel zwischen Larve und metamorphosiertem Tier bei den Froschlurchen (vergleiche: Kaulquappe).
Nahrung und Fressfeinde
Während sich die Kaulquappen der Froschlurche in erster Linie pflanzlich ernähren, Detritus fressen oder auch an Aas gehen, sind Molchlarven und alle metamorphosierten Amphibien rein carnivor. Im Allgemeinen wird lebende Beute aufgenommen und im Ganzen verschluckt, vor allem Insekten, Gliedertiere, Mollusken und Spinnen. Viele Arten verfügen zum Beutefang über eine im vorderen Mundbereich verwachsene, hervorschnellbare, klebrige Zunge. Größere Amphibien können auch andere kleine Wirbeltiere überwältigen; Kannibalismus (auch innerartlicher) ist zudem nicht selten. Allerdings verhalten sich Amphibien aufgrund ihres poikilothermen Stoffwechsels oft weniger als aktive Jäger, sondern sie verfolgen mehr eine Strategie des Lauerns oder der sich spontan bietenden Gelegenheit.
Lurche selbst gehören zum Beuteschema vieler anderer Tiere und bilden zuweilen deren wichtigste Nahrungsgrundlage: Laich und Larven im Wasser werden von „räuberischen“ Insektenlarven, von Fischen und Wasservögeln, aber auch von anderen Amphibien gefressen; die umgewandelten Exemplare sind Nahrung vieler Säugetiere, Vögel und Reptilien, manchmal auch von größeren Wirbellosen. Aus diesem Grund müssen sie für eine sehr große Nachkommenschaft sorgen, denn nur aus einem winzigen Bruchteil der produzierten Eier und Larven werden später selbst geschlechtsreife Amphibien. Abgesehen von ihren teilweise sehr wirksamen Hautgiften verfügen Lurche kaum über aktive Verteidigungsstrategien wie etwa scharfe Zähne oder Krallen. Oft vertrauen sie auf Tarnung, Verbergen oder Flucht, manchmal auch auf Imponierverhalten wie das Aufblähen des Körpers oder das Aufreißen des Maules.
Taxonomie
Die bekannten Amphibien der Gegenwart (Unterklasse Lissamphibia) sind auf fast 6500 Arten zu beziffern (die Zahl der IUCN lautet für 2008: 6347 Arten; die Webseite Amphibiaweb.org gibt eine – sich allerdings „tagesaktuell“ ändernde – Zahl von 6485 (Stand: 1. Mai 2009) an; in einem „Amphibian Tree of Life“ von 2006 [1] werden 5948 Arten genannt; die Online-Datenbank Amphibian Species of the World unterscheidet 6433 Arten). Gegenüber etwas älteren Übersichten liegen diese Zahlen deutlich höher, was in erster Linie auf neue Methoden in der taxonomischen Forschung zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang sind die Allozymelektrophorese, die Sequenzierung von DNA und die verfeinerte bioakustische Analyse von Lautäußerungen zu nennen.[2] In der Folge kommt es vermehrt zur Anerkennung des Artranges für früher beispielsweise nur als Unterarten behandelte Taxa. Es werden aber auch immer noch zahlreiche bisher unbekannte, nicht beschriebene Arten entdeckt, insbesondere bei tropischen Froschlurchen.
Auf höherer taxonomischer Ebene wird meist eine Unterteilung in drei Ordnungen mit etwa 50 bis 60 Familien vorgenommen:
- Ordnung Schwanzlurche (Caudata oder Urodela), also Salamander und Molche (etwa 570 Arten = 9 % der Amphibien)
- Ordnung Froschlurche (Anura oder Salientia), z. B. Frösche, Kröten und Unken (etwa 5700 Arten = 89 %)
- Ordnung Schleichenlurche oder Blindwühlen (Gymnophiona oder Apoda) (etwa 175 Arten = knapp 3 %).
Der systematische Begriff „Lissamphibia“ sollte eigentlich gegenüber „Amphibia“ bevorzugt werden. Die Lissamphibia sind nach heutiger Auffassung ein monophyletisches Taxon, wogegen Amphibia (unter Einbeziehung fossiler Vertreter) paraphyletisch sind und eine Ausschlussgruppe darstellen: alle Landwirbeltiere (Tetrapoda), die keine Amnioten sind.
Siehe auch: Systematik der Amphibien, mit Referenzen für die hier gebräuchliche Taxonomie der Amphibien.
Ferner Informationen zu einem neuen, phylogenetisch basierten Systematik-Modell.Verbreitung
Amphibien kommen auf allen Kontinenten mit Ausnahme von Antarktika von den kalt-gemäßigten bis in die tropischen Zonen vor. Ihre häufige Abhängigkeit von Süßwasser (in einigen Fällen wird auch Brackwasser toleriert) begrenzt ihren Lebensraum. Trockengebiete werden nur von wenigen Spezialisten wie beispielsweise den Amerikanischen Schaufelfußkröten bewohnt, deren Kaulquappen die kürzeste bekannte Entwicklungszeit aller Amphibienlarven haben. Auch kalte Hochgebirge sind kein geeigneter Lebensraum für die meisten Arten. Die Schleichenlurche (Blindwühlen) sind auf die Tropen Afrikas, Asiens und Amerikas beschränkt. Die Verbreitung der Salamander und Molche konzentriert sich – mit wenigen Ausnahmen in Südamerika – auf die Nordhalbkugel. Froschlurche kommen in fast allen Erdteilen und auf vielen Inseln vor.
Die biogeografische Region der Holarktis ist vergleichsweise artenarm – besonders die Paläarktis Eurasiens. Schwerpunkte der Artenvielfalt befinden sich in den subtropischen und tropischen Zonen, der Neotropis, Paläotropis und der australischen Region. Der wichtigste „Hot Spot“ der Amphibien-Diversität schlechthin ist das tropische Lateinamerika, unter anderem mit dem Amazonasbecken. Als artenreichste Nationalstaaten gelten Brasilien (812) und Kolumbien (744 Lurcharten).
Arten in Europa und im deutschsprachigen Raum
Der europäische (Sub-)Kontinent einschließlich seiner Inseln ist ausgesprochen arm an Amphibienarten: Von den über 6000 Spezies weltweit kommen hier nur knapp 80 autochthon vor, davon rund 35 Schwanzlurch- und etwa 44 Froschlurcharten (inklusive mindestens drei hybridogenen Hybriden bei den „Wasserfröschen“). Dafür treten diese Arten aber nicht selten in umfangreicheren Verbreitungsgebieten und größeren Beständen auf als solche in Weltgegenden mit extrem hoher Artenvielfalt. Ein wesentlicher Grund für die geringe Diversität insbesondere in Mitteleuropa waren die verschiedenen pleistozänen Kaltzeiten 1,8 Millionen bis etwa 10.000 Jahre vor heute. Die Vergletscherungen Zentraleuropas und der Hochgebirge verdrängten neben anderen Tieren auch die Amphibien in Refugialräume auf der Iberischen Halbinsel, am Mittelmeer sowie am Schwarzen und Kaspischen Meer. (Durch die räumliche Zersplitterung von Arealen wurde allerdings auch die weitere Artbildung gefördert.) In Warmzeiten drangen einige Arten wieder nach Mitteleuropa vor, wobei sie oft orographische „Pforten“ zwischen Gebirgen passieren mussten. Als solche Ausbreitungskorridore wirkten im Südwesten Europas unter anderem die Passage zwischen den Ostpyrenäen und dem Mittelmeer und im Südosten das Donau-Tiefland. Aus diesen biogeographischen Hintergründen resultiert beispielsweise auch die Tatsache, dass die Iberische Halbinsel und Frankreich zusammen über mehr als 60 Prozent des europäischen Arteninventars der Amphibien und Reptilien verfügen.
Deutschland weist Vorkommen von 21 einheimischen Taxa – 20 Arten und eine Hybride – auf. Dabei handelt es sich im Einzelnen um sieben Schwanzlurch- und 14 Froschlurcharten oder –formen (vergleiche Tabellen). Nur fünf gelten hier zur Zeit nicht als bundesweit gefährdet (Teichmolch, Fadenmolch, Bergmolch, Erdkröte, Teichfrosch), zwei stehen auf der „Vorwarnliste“ (Feuersalamander, Grasfrosch). Alle anderen werden auf der Roten Liste geführt – das sind zwei Drittel (67 Prozent) der Arten (zu den Gründen: vergleiche „Gefährdung“). Für mehrere Arten trägt Deutschland darüber hinaus eine starke Verantwortlichkeit, da diese dort entweder einen Großteil ihres Gesamtareales und Weltbestandes haben oder aber besonders empfindliche Vorposten-Populationen existieren. In diesem Zusammenhang sind zumindest Bergmolch, Nördlicher Kammmolch, Gelbbauchunke, Kreuzkröte, Teichfrosch sowie Springfrosch zu erwähnen.[3]
Als Neozoon konnte sich in jüngster Zeit an manchen Stellen – insbesondere in Südwestdeutschland – der Nordamerikanische Ochsenfrosch mit Populationen etablieren, deren Tiere aus künstlichen Aussetzungen stammen.
Die Amphibienfaunen der Schweiz und Österreichs unterscheiden sich vom Artenspektrum her nur geringfügig von Deutschland. In der Schweiz fehlen die Rotbauchunke, wahrscheinlich der Moorfrosch und die Knoblauchkröte; die Wechselkröte gilt als ausgestorben. Dafür kommen als zusätzliche Arten der Italienische Springfrosch und der Italienische Laubfrosch im Tessin vor. Dort ist außerdem eine weitere Unterart des Teichmolches anzutreffen (Triturus vulgaris meridionalis). Der Alpen-Kammmolch und der Seefrosch wurden allerdings vom Menschen eingeführt.
In Österreich fehlen gegenüber Deutschland der Fadenmolch und die Geburtshelferkröte; die Kreuzkröte ist hier vom Aussterben bedroht. Als zusätzliche Art findet sich der Donau-Kammmolch im Osten des Landes; außerdem gibt es dort eine zweite Unterart des Moorfrosches, den Balkan-Moorfrosch.
Tabelle: Die Schwanzlurcharten Europas (ohne Kaukasien und Anatolien) nach der hier gebräuchlichen Systematik und Nomenklatur mit ihrem Schutzstatus gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU. (Alle europäischen Lurcharten sind zudem nach dem Bundesnaturschutzgesetz „besonders geschützt“ bzw. „streng geschützt“.) Bei Arten mit Vorkommen in Deutschland, Österreich und/oder der Schweiz (fett hervorgehoben) werden die aktuellen Einstufungen in der jeweiligen nationalen Roten Liste aufgeführt.Abkürzungen: FFH-Anhang II = es sind eigens Schutzgebiete für diese Art einzurichten; FFH-Anhang IV = streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse; FFH-Anhang V = Art von gemeinschaftlichem Interesse. Rote Liste 0 (Schweiz/Österreich: RE) = ausgestorben oder verschollen; 1 (CR) = vom Aussterben bedroht; 2 (EN) = stark gefährdet; 3 (VU) = gefährdet; R = Art mit geografischer Restriktion; G (DD) = Gefährdung anzunehmen, aber Datenlage unzureichend; NT = potentiell gefährdet/Gefährdung droht (keine gegenwärtige Gefährdungs-Kategorie); V = Vorwarnliste (keine gegenwärtige Gefährdungs-Kategorie); NE = nicht beurteilt; n (LC) = nicht in der Roten Liste/nicht gefährdet. Leeres Feld bei „Rote Liste“ = diese Art/Unterart kommt hier nicht vor.
Deutscher Artname Wissenschaftl. Name Familie FFH-
AnhangRote Liste
Deutschland
(von 1998)Rote Liste
Österreich
(von 2007)Rote Liste
Schweiz
(von 2005)Sibirischer Winkelzahnmolch Salamandrella keyserlingii Hynobiidae -- Grottenolm Proteus anguinus Proteidae II, IV La-Spezia-Höhlensalamander Speleomantes ambrosii Plethodontidae II, IV Gelblicher Höhlensalamander Speleomantes flavus Plethodontidae II, IV Sardischer Höhlensalamander Speleomantes genei Plethodontidae II, IV Duftender Höhlensalamander Speleomantes imperialis Plethodontidae II, IV Italienischer Höhlensalamander Speleomantes italicus Plethodontidae II, IV Ligurischer Höhlensalamander Speleomantes strinatii Plethodontidae II, IV Supramontes-Höhlensalamander Speleomantes supramontis Plethodontidae II, IV Goldstreifen-Salamander Chioglossa lusitanica Salamandridae II, IV Pyrenäen-Gebirgsmolch Euproctus asper Salamandridae II, IV Korsischer Gebirgsmolch Euproctus montanus Salamandridae II, IV Sardischer Gebirgsmolch Euproctus platycephalus Salamandridae II, IV Karpathos-Salamander Lyciasalamandra helverseni Salamandridae (II, IV) Lykischer Salamander (hier: europ. Unterart) Lyciasal. luschani basoglui Salamandridae II, IV Spanischer Rippenmolch Pleurodeles waltl Salamandridae -- Alpensalamander Salamandra atra Salamandridae IV R NT LC Aurora-Alpensalamander Salamandra atra aurorae Salamandridae II, IV Korsischer Feuersalamander Salamandra corsica Salamandridae -- Lanzas Alpensalamander Salamandra lanzai Salamandridae IV Feuersalamander Salamandra salamandra Salamandridae -- V NT VU Brillensalamander Salamandrina terdigitata Salamandridae II, IV Bergmolch Triturus alpestris Salamandridae -- n NT LC Spanischer Wassermolch Triturus boscai Salamandridae -- Alpen-Kammmolch Triturus carnifex Salamandridae II, IV 1 VU EN Nördlicher Kammmolch Triturus cristatus Salamandridae II, IV 3 EN EN Donau-Kammmolch Triturus dobrogicus Salamandridae II EN Fadenmolch Triturus helveticus Salamandridae -- n VU Italienischer Wassermolch Triturus italicus Salamandridae II, IV Südlicher Kammmolch Triturus karelinii Salamandridae II, IV Mazedonischer Kammmolch Triturus macedonicus Salamandridae (II, IV) Marmormolch Triturus marmoratus Salamandridae IV Karpatenmolch Triturus montandoni Salamandridae II, IV Südlicher Marmormolch Triturus pygmaeus Salamandridae (IV) Teichmolch Triturus vulgaris Salamandridae -- n NT VU
Nachfolgende Tabelle: Die Froschlurcharten Europas (ohne Kaukasien und Anatolien; ohne Neozoen) nach der hier gebräuchlichen Systematik und Nomenklatur mit ihrem Schutzstatus gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU. (Alle europäischen Lurcharten sind zudem nach dem Bundesnaturschutzgesetz „besonders geschützt“ bzw. „streng geschützt“.) Bei Arten mit Vorkommen in Deutschland, Österreich und/oder der Schweiz (fett hervorgehoben) werden die aktuellen Einstufungen in der jeweiligen nationalen Roten Liste aufgeführt.Abkürzungen: FFH-Anhang II = es sind eigens Schutzgebiete für diese Art einzurichten; FFH-Anhang IV = streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse; FFH-Anhang V = Art von gemeinschaftlichem Interesse. Rote Liste 0 (Schweiz/Österreich: RE) = ausgestorben oder verschollen; 1 (CR) = vom Aussterben bedroht; 2 (EN) = stark gefährdet; 3 (VU) = gefährdet; R = Art mit geografischer Restriktion; G (DD) = Gefährdung anzunehmen, aber Datenlage unzureichend; NT = potentiell gefährdet/Gefährdung droht (keine gegenwärtige Gefährdungs-Kategorie); V = Vorwarnliste (keine gegenwärtige Gefährdungs-Kategorie); NE = nicht beurteilt; n (LC) = nicht in der Roten Liste/nicht gefährdet. Leeres Feld bei „Rote Liste“ = diese Art/Unterart kommt hier nicht vor.
Gefährdung
Lurche sind unter anderem wegen ihrer durchlässigen Haut und wegen ihrer Eigenschaft als Bewohner von Biotopkomplexen (Gewässer und Landlebensräume, zwischen denen sie im Jahresverlauf pendeln) anfälliger als viele andere Tiergruppen gegenüber schädigenden Umwelteinflüssen und -veränderungen. Von allen auf der Roten Liste geführten Tierarten weltweit stellen die Amphibien allein über 23 Prozent – gemessen an der Gesamtartenzahl weit überproportional viel. Diese 360 Millionen Jahre alte Klasse, die unter anderem die Dinosaurier überlebt hat, wird daher als ein zuverlässiger Bioindikator für den Zustand der Ökosysteme der Erde angesehen.
Von den zur Zeit bekannten Amphibien stuft die „2008 IUCN Red List of Threatened Species“ mit 1905 fast ein Drittel aller Arten als in ihrem Gesamtbestand (global) bedroht ein (Summe der Rote Liste-Kategorien „critically endangered“/vom Aussterben bedroht [475], „endangered“/stark gefährdet [755] und „vulnerable“/gefährdet [475]). Mindestens 39 der „modernen“ Arten werden offiziell sogar als bereits ausgestorben geführt – darunter auch die oben abgebildete Goldkröte. Weitere 130 Lurcharten wurden seit Jahren nicht mehr gefunden und könnten ebenfalls ausgestorben sein. Als Ursachen für die hohe Gefährdung werden Chemikalien in der Umwelt (unter anderem Pestizide, Schwermetalle, Stickstoffdünger), die Zerstörung oder Fragmentierung der Habitate, Wildfänge seltener Arten sowie Parasiten und Virus- oder Pilzkrankheiten genannt (siehe beispielsweise: Chytridpilz). Diskutiert werden auch Effekte des globalen Klimawandels auf die Lebensräume sowie die Auswirkungen von UV-Strahlung, die aufgrund des Ozonlochs in vielen Regionen zunimmt. Eine neue US-amerikanische Studie zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen hoher Amphibiensterblichkeit und dem weltweit meistverwendeten Unkrautvernichtungsmittel „Roundup“ des Agrochemie- und Saatgut-Konzerns „Monsanto“ auf.[4] Es ist indes anzunehmen, dass nicht eine Ursache allein Auslöser der starken Bedrohung der Amphibienbestände ist, sondern mehrere der genannten zivilisationsbedingten Faktoren in sich gegenseitig verstärkender Parallel- und Wechselwirkung zugrunde liegen. Die meisten bedrohten Arten sind in Lateinamerika und auf den Karibik-Inseln zu verzeichnen, also in den natürlicherweise amphibienreichsten Regionen.
In Mitteleuropa gehören der hohe Kraftfahrzeugverkehr auf dem dichten, die Landschaft zerschneidenden Straßennetz (vergleiche hierzu: Erdkröte) und die Zerstörung oder Vergiftung der Lebensräume – Kleingewässer und umgebende Landhabitate wie Wälder, Wiesen, Auen und Moore – durch Landwirtschaft, Industrie sowie Siedlungs-, Straßen- und Wasserbau zu den größten Gefährdungsfaktoren. Ein zusätzliches, wenig bemerktes Problem ist, dass viele Amphibien in Dörfern und an Stadträndern in Kellerfenster-Lichtschächte, Außen-Kellertreppen, ungesicherte Brunnenschächte oder auch in Straßengullys geraten. In diesen unbeabsichtigten Fallen müssen die Tiere dann meist verhungern oder vertrocknen.
Lange Zeit hatten Amphibien in Mitteleuropa von der kulturlandschaftlichen Umgestaltung durch den Menschen sogar profitiert, da mit der kleinbäuerlichen Bewirtschaftung viele neue, offenere Landlebensräume und Gewässer entstanden. Schon mit der industriellen Revolution, exponentiell verstärkt aber seit der Mitte des 20. Jahrhunderts hat allerdings eine gegenläufige, teilweise rasant regressive Entwicklung der Bestände eingesetzt. Erst in jüngster Zeit konnten Naturschutzmaßnahmen manche Negativtrends zumindest regional abmildern.
Sonstiges
- Amphibien dienen dem Menschen als Modellorganismen (Anschauungsobjekte und Versuchstiere) für die entwicklungsbiologische Lehre und Forschung. Besonders hervorzuheben sind dabei die Wasserfrösche sowie Krallenfrösche, die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts außerdem für Schwangerschaftstests eingesetzt wurden.
- In manchen Ländern werden größere Froscharten in regelrechten Farmen für den menschlichen Verzehr gezüchtet.
- Eine übersteigerte Angst vor Amphibien oder Froschlurchen wird als Batrachophobie bezeichnet.
Quellen und Informationen
Einzelnachweise
- ↑ Darrel R. Frost et al.: The Amphibian Tree of Life. – Bulletin of the American Museum of Natural History, 297 (2006): 370 S., New York.
- ↑ Miguel Vences: The Amphibian Tree of Life: Ideologie, Chaos oder biologische Realität? – Zeitschrift für Feldherpetologie, 14, Heft 2: S. 153–162. Laurenti-Verlag, Bielefeld 2007. ISSN 09467998.
- ↑ Henning Steinicke, Klaus Henle & Horst Gruttke: Einschätzung der Verantwortlichkeit Deutschlands für die Erhaltung von Tierarten am Beispiel der Amphibien und Reptilien. – Natur und Landschaft, 77. Jg. (2002), Heft 2: S. 72–80. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart.
- ↑ Rick A. Relyea: The lethal impact of Roundup on aquatic and terrestrial amphibians. – Ecological Applications, 15. Jg. (2005), Heft 4: S. 1118–1124.
Literatur
- Anonymus: Lexikon der Biologie. – Bd. 1, Herder-Verlag, Freiburg 1983, ISBN 3-451-19641-7
- Bernhard Grzimek (Hrsg.): Grzimeks Tierleben, Bd. 5: Fische 2, Lurche. Lizenzausgabe im dtv, München 1980, ISBN 3-423-03204-9
- Rainer Günther (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Gustav Fischer Verlag, Jena 1996, ISBN 3-437-35016-1
- Andreas und Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992, ISBN 3-440-06340-2
- Gerhard Thielcke, Claus-Peter Herrn, Claus-Peter Hutter, Rudolf L. Schreiber: Rettet die Frösche. pro natur-Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-88582-003-X
Weblinks
(teilweise Quellen)
- Amphibiaweb.org (Engl.)
- Datenbank „Amphibian Species of the World“ (Engl.)
- Livingunderworld.org (Engl.)
- Amphibien- und Reptilienschutz aktuell
- IUCN Red List of Threatened Species (Engl.)
- taz-Artikel vom 09.03.2007: „Eine Arche für Amphibien“ – über den rasanten weltweiten Artenschwund bei Amphibien
- Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT)
- NABU: Nachrichten zum Thema Amphibien und Reptilien
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