Justus Oldekop

Justus Oldekop

Justus Oldekop (* 1597 in Hildesheim; † 20. Februar 1667 in Wolfenbüttel) war ein Jurist und Diplomat und einer der wenigen aktiven Gegner der Hexenprozesse seiner Zeit. Oldekop studierte zunächst Jura in Helmstedt, Heidelberg, Jena und Marburg und promovierte im Jahre 1629. Später war er in Halberstadt tätig. Ähnlich dem reformierten Geistlichen Anton Praetorius und dem „Hexenpater“ Friedrich Spee (Cautio Criminalis) setzte er sich gegen die seiner Meinung nach ungerechten Inquisitionsverfahren ein.

Neben dem gebräuchlichen Namen Justus Oldekop taucht er in Schriften und Beschreibungen auch auf als:

  • Oldecopius, Johannes Justus
  • Oldekop, Johannes Justus
  • Oldekop, Johannes
  • Oldecop, Justus
  • Oldekop, Iustus
  • Oldekopp, Justus

Inhaltsverzeichnis

Leben und Taten

Wie Friedrich Spee dies zwei Jahre vor Oldekop in seiner 1631 erschienenen Schrift tat, gemahnt auch er bereits im Titel seines 1633 herausgebrachten Werkes Cautelarum criminalium Syllagoge practica … zu Vorsicht und Verhütung im Kriminalprozess. Dabei weist Oldekop noch einen bis in die Mitte der 20er Jahre zurückreichenden fachschriftstellerischen Hintergrund auf.

Der evangelische Jurist und Diplomat Justus Oldekop hatte ab 1650 für zehn Jahre die Stelle des „Syndicus“ der Landstände in Halberstadt inne. Dort entstand und erschien die wichtigste seiner Schriften so „Tractatus de appellatione in causis criminalibus“ (1655), worin er die Notwendigkeit einer grundlegenden Verbesserung in der gesamten Kriminaljustiz herausarbeitete. In Halberstadt entstand ebenso sein Hauptwerk Observationes criminales practica und zudem seine gewichtige Kampfschrift (1659) gegen den führenden deutschen Strafrechtslehrer des 17. Jahrhunderts Benedikt Carpzov (1595–1666), welcher synonym für eine abermalige Verschärfung des Hexenprozesses stand.

Nach Carpzov war eine Schädigung durch Zauberei gar nicht einmal erforderlich, selbst Heilzauber war aufgrund des unterstellten Teufelsbundes (nur so ließ sich Zauberei betreiben) todeswürdig. Die Luftfahrt der Hexen zum Blocksberg, der Teufelspakt und die Teufelsbuhlschaft waren für den sächsischen Kriminalisten bewiesene „grande delicta“, woran kein vernünftiger Mensch mehr zweifeln könne. Nach diesem großen Rechtswissenschaftler war es schon strafbar, daran nicht zu glauben, denn das war Ketzerei. Gegen diese und viele weitere Punkte der Hexenlehre richtete sich Oldekops geharnischter Angriff, denn er erkannte völlig richtig, dass in den obwaltenden Verfahren nur die vorherrschende „abscheuliche und barbarische Prozedur“ dazu geführt hatte, dass „die offenbare Falschheit ... vor Wahrheit protocollirt und uffgeschrieben“ wurde. Oldekop hingegen fragt, ob man denn solcher Erfindung so viel Glauben schenken solle, dass man wie Carpzov auf einer derartigen Basis ein Todesurteil aussprechen könne.

Als er sich in der unabhängigen Stadt Braunschweig praktisch zur Ruhe zu setzen gedachte, ließ er sich aus Mitleid für ein mittelloses und offensichtlich unschuldiges Bauernmädchen in einen Inquisitionsprozess ein, der bei entsprechender Befragung leicht zu einem Hexenprozess hätte werden können, zumal es gefoltert wurde (dass ihm die Knochen krachten). Sein engagierter Widerspruch verursachte viel Aufsehen und zeigt, wie gefährlich das Wirken eines Verteidigers immer noch war: So wurde er schließlich selbst „incarzeriert“ und darauf ehrenrührigst unter dem Geläut der Schandglocke der Stadt verwiesen.

Oldekop war seit 1630 verheiratet und hatte mit seiner Frau Elisabeth 10 Kinder. Er wurde am 27. März 1667 in Wolfenbüttel begraben.

Bedeutung

Seine Bedeutung wird klarer, wenn man bedenkt, dass Friedrich Spee sich anonym gegen die Prozess- und Folterpraxis der „Hexen“ einsetzt und man seine Ablehnung des wohlfundierten Wahns gerade einmal zwischen den Zeilen herauslesen muss, Oldekop hingegen detailliert all die irrationalen Elemente der Hexenlehre, führt diese auf das Heftigste ad absurdum und stellt sie unter voller Nennung seines Namens als „altweibermäßiges Possengeschwätz“ dar. Er tat dies Jahrzehnte vor Christian Thomasius und ca. 100 Jahre vor dem Zeitalter der die nachfolgende Kultur bestimmenden Aufklärung (Voltaire, Kant, Gotthold Ephraim Lessing etc. …). Oldekop gebührt das Verdienst, als Frühaufklärer Niedersachsens und Anhalts am Zustandekommen der Abschaffung der Folter und der Grundlagen der Menschenrechte mitgewirkt zu haben.

Literatur

  • Joachim Lehrmann: Für und wider den Wahn / „Hexenverfolgung im Hochstift Hildesheim“ und „Ein Streiter wider den Hexenwahn“. 2003, ISBN 3-9803642-3-2.
  • Joachim Lehrmann: Justus Oldekop, ein Kämpfer wider den Hexenwahn und Frühaufklärer – in 1200 Jahre Bistum Halberstadt. 2004, ISBN 3-934245-04-08 (formal falsche ISBN), S. 149–162.
  • Wolfgang Lent: Oldecop (auch Oldekop, Oldenkopp), Justus. In: Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u.a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon: 8. bis 18. Jahrhundert. Appelhans, Braunschweig 2006, ISBN 3-937664-46-7, S. 536f.
  • Justus Oldekop: Oldekop, Justus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 504.
  • E. Landsberg.: Oldekop, Justus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 240 f.

Weblinks


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