- Kardanfahrrad
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Der Kardan oder Kardanantrieb ist eine Baugruppe im Antriebsstrang von Kraftfahrzeugen. Er überbrückt den Abstand zwischen Getriebe und Antriebsachse mit der Kardanwelle (mit einem oder meist zwei Kardangelenken) und überträgt so das Drehmoment zur Fortbewegung.
Inhaltsverzeichnis
Konstruktion und Gebrauch
Der Name leitet sich ab von dem Mathematiker und Arzt Gerolamo Cardano, der die in zwei Ebenen um 90 Grad gekreuzte Aufhängung für astronomische Instrumente und den Kompass erstmals beschrieben hatte (Kardanische Aufhängung).
Die Kardanwelle ist eine Verbindung zur Übertragung der Antriebsmomente vom Getriebe zum (Achs-)antrieb bei Kraftfahrzeugen, die z. B. den Motor vorn und die Antriebsachse(n) hinten haben, oder bei allradgetriebenen Fahrzeugen. Bei einigen Fahrzeugmodellen waren Motor und Hinterachse starr verbunden und die Bewegung beim Einfedern wurde von der elastischen Motorlagerung aufgenommen oder Motor und Antriebswelle wurden mit einer Hardyscheibe entkoppelt, die relativ kleine Beugewinkel ausgleichen kann.
Wegen der Beweglichkeiten (Heben und Senken der Antriebsachse) befinden sich beiderseits der Kardanwelle in der Regel Gelenke, die Kardangelenke. Weiter muss in aller Regel wegen der möglichen Abstands-Änderungen ein Längenausgleich möglich sein: realisiert mit einem Schiebestück mit innerer und äußerer Verzahnung, Schmierung und Abdichtung.
(Der Begriff 'Kardangelenk' wird in diesem Artikel gleichwertig zu Kreuzgelenk verwendet.)
Bei der Konstruktion ist zu beachten, dass sich die Welle hinter einem Kardangelenk – abhängig vom Winkel zwischen beiden Wellen – nicht mehr gleichmäßig schnell dreht („unrunder“ Lauf). Das wird vollständig ausgeglichen, wenn – wie in Kraftfahrzeugen – ein weiteres Kardangelenk mit einem um 90° verdrehten Kardangelenk verwendet wird und die erste und dritte Welle keinen Winkel zueinander bilden. Der Effekt wird verstärkt, wenn man z. B. mit Hilfe von drei Wellen, die zueinander je einen Winkel von 45° bilden, einen Antrieb im 90° Winkel erreichen will und dabei die Kardangelenke nicht gegeneinander verdreht. Eine solche Welle dreht sich innerhalb einer Umdrehung abwechselnd vom Stillstand bis zur doppelten Drehzahl der Ausgangswelle.
Pkw und Lkw
Bei Pkw findet sich meist am Getriebe-Ausgang eine sogenannte Hardyscheibe, ein in geringen Grenzen winkel-bewegliches Gelenk, realisiert mit einer gewebe-verstärkten Gummi-Scheibe mit vier oder sechs Bohrungen, die wechselweise zur Drehmoment-Einleitung vom Getriebe und zur Drehmoment-Weitergabe Richtung der jeweils angetriebenen Achse dienen.
Wenn die Kardanwelle relativ kurz ist, wird in der Praxis oft auf eine Zwischenlagerung verzichtet. Ansonsten findet sich bei längeren Kardanwellen „unterwegs“ ein Zwischenlager, das am Fahrzeugboden oder -Rahmen aufgehängt ist, um Vibrationen zu vermeiden.
An der Hinterachse befindet sich ein zweites winkelbewegliches Gelenk, hier oftmals in der „klassischen“ Form des kardanischen Gelenks.
Motorräder und Fahrräder
Wie bei PKW mit längs liegendem Motor ist auch bei Motorrädern mit längs liegender Kurbelwelle (z. B. bei Boxer- und V-Motoren) der Kardan die „logische“ Weiterleitung des Drehmomentes; erst am Hinterrad findet mittels eines Kegeltriebs die Umlenkung der Drehachse von längs auf quer statt.
Motorräder mit quer liegender Kurbelwelle benötigen hingegen für einen Kardanantrieb zwei Kegelradsätze: neben dem einen am Hinterrad noch einen weiteren vorn am Getriebeausgang. Beispiel hierfür sind Modelle von Yamaha (XS750/XS850, XS1100, XJ650/ XJ750/ XJ900, V-Max) und Kawasaki (K 1000 ST). Der Kardanantrieb der Yamaha XS- und XJ- Modelle wurde in den späten 70er Jahren in Deutschland entwickelt. Die Kegelräder sind gegenüber früheren Ausführungen geschwungen, um für den Vortrieb den Ruck zu unterbinden. Das gleiche Prinzip wird auch bei Fahrrädern eingesetzt, z. B. beim dänischen Hersteller Biomega.
Bei einigen Motorrad-Herstellern gehört der Kardanantrieb, anstelle einer verschleißenden und wartungsbedürftigen Kette, weitenteils zur Modellpolitik; Beispiele hierfür sind BMW und Moto Guzzi. Einige Tourenmodelle japanischer Hersteller verfügen in gleicher Logik ebenso über einen Kardan-Antrieb, Beispiele sind die Honda Gold Wing, SABRE, MAGNA, SHADOW, NTV und die CX 500.
Immer mal wieder wird über den Punkt Wartungserleichterung versus Leistung gestritten: Klar ist, dass eine neue Antriebskette einen besseren Wirkungsgrad mit geringerer Reibung hat, als ein Kardan mit Kegelradsatz. Verschleißt jedoch eine Kette, so steigt ihr Leistungsbedarf über das Maß des Kardan-Verlustes hinaus an, insbesondere bei mangelnder Pflege und Schmierung. Das leistungstechnische Optimum ist eine Kette im Fett- oder Ölbadkasten, aber sie ist immer noch ein Verschleißteil und daher bei Tourenmotorrädern weniger beliebt als der Kardan.
Bei einem Motorrad mit Kardanantrieb können bei Kurvenfahrt zusätzliche Kräfte auftreten, die die Fahrphysik schwieriger beherrschbar machen. Insbesondere ist das „Aufstellen“ manch älterer, scharf gefahrener BMW („Gummikuh“) am Kegelritzel gewöhnungsbedürftig: gängiger Fahrfehler von Ungeübten bei schneller Kurvenfahrt mit einer BMW ist, in Panik das Gas plötzlich ganz wegzunehmen. Hierbei bricht der lange Federweg ein, weil das Aufstellen aussetzt. Der Boxermotor kann dann mit dem kurveninneren Zylinderkopf aufsetzen und die Fahrt ins Aus katapultieren. Statt dessen ist die Beherrschung wichtig, ein wenig „am Gas“ zu bleiben, die Maschine hochzuhalten, um das Absacken und Aufsetzen zu vermeiden. Zur Minimierung dieses Effektes setzen sowohl BMW als auch Moto Guzzi mittlerweile auf eine Momentabstützung der Schwinge. Kawasaki hat jüngst beim neuen Modell 1400 GTR einen Tetralever bezeichneten Kardanantrieb mit beidseitiger Momentabstützung vorgestellt, der kaum mehr Aufstellmoment produzieren soll.
Literatur
- Hans Jörg Leyhausen: Die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk Teil 1. 12 Auflage, Vogel Buchverlag, Würzburg, 1991, ISBN 3-8023-0857-3
- Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1992, ISBN 3-613-01288-X
Siehe auch
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