Schwinge (Technik)

Schwinge (Technik)
Schwingen an einer BMW R 27
Einarmschwinge an einer MV Agusta Brutale 910
Einarmschwinge mit integriertem Kardanantrieb an einer Honda VFR1200F
Cantileverschwinge an einer Buell Lightning XB9S

Eine Schwinge ist eine Radaufhängung bei Fahrzeugen.

Sie ist ein parallel zur Fahrtrichtung ausgerichtetes Bauteil, das um eine quer zur Fahrtrichtung liegende horizontale Rotationsachse drehbar am Fahrgestell gelagert ist. Am freien Ende nimmt sie die Achse oder das Wälzlager eines Rads beziehungsweise bei einem gelenkten Rad den Achsschenkel auf. Die Rotationsachsen von Schwinge und Rad befinden sich ungefähr auf gleicher Höhe. Im Gegensatz zu Längslenkern werden Schwingen auf Torsion beansprucht.

Unterschieden wird zwischen gezogenen Schwingen, deren Lagerung in Fahrtrichtung vor der Radachse liegt, und geschobenen Schwingen, die hinter der Radachse gelagert sind.

Hinterradaufhängungen von Zweirädern werden heute immer mit gezogenen Schwingen realisiert. Dort sind zweiarmige Schwingen üblich, die das Rad beidseitig führen.

Motorradgabeln mit Vorderradschwinge wurden früher auch mit gezogenen oder geschobenen Schwingen realisiert. Von diesen Konzepten hat nur die Langschwingengabel bei Motorradgespannen überlebt. Am Fahrgestell gelagerte Schwingen für das Vorderrad in Verbindung mit einer Achsschenkellenkung wie an der Yamaha 1000 GTS oder einer Radnabenlenkung wie an der Bimota Tesi konnten sich trotz ihrer Steifigkeit wegen der aufwändigen Konstruktion und dem kleinen Lenkeinschlag nicht durchsetzen.

Inhaltsverzeichnis

Einarmschwinge

Einarmschwingen, die das Rad nur einseitig führen, wurden seit den dreißiger Jahren bei Automobilen (z. B. bei Stoewer Greif V8, Adlerwerke, Citroën 2CV) und selten auch bei Motorrädern (z. B. Imme R 100) verwendet. Im Jahr 1980 begann BMW mit der BMW R 80 G/S seine Motorradmodelle mit Einarmschwingen auszustatten, die BMW Monolever nannte. Das Prinzip wurde bis zur heutigen Paralever-Schwinge mit Momentabstützung stetig weiterentwickelt. Heutzutage verwenden neben BMW auch andere Motorradhersteller Einarmschwingen, zum Beispiel Ducati, Honda, Moto Guzzi, MV Agusta und Triumph. Sie sind in der Regel schwerer oder bei gleichem Gewicht weniger steif als zweiarmige Schwingen, ermöglichen aber einfache und schnelle Radwechsel. An Motorrädern werden sie deshalb gern bei Langstreckenrennen verwendet.

Cantileverschwinge

„Cantilever“ ist eine Art der Hinterradfederung bei Zweirädern, bei der eine Langarmschwinge als zweiarmiger Hebel ausgebildet ist. Der längere Hebelarm trägt das Rad, der nach oben weisende kürzere Arm wird durch eine schräg oder flach liegende Feder (meist mit Schwingungsdämpfer) unterhalb des Sattels gegen den Rahmen abgestützt. Diese Art der Federung setzten NSU bei der NSU Fox und die Norbert Riedel Motoren Aktiengesellschaft bei der „Imme“ in Deutschland erstmals 1949 ein. In England gab es ähnliche Konstruktionen bereits in den 1920/30er Jahren, z. B. bei der Matchless Silver Hawk. Der Begriff „Cantilever“ wurde allerdings erst später in Verbindung mit solchen Schwingen geprägt, die – von der Seite betrachtet – ein Dreieck bilden. Auch heute findet sich diese Bauart in verschiedenen Modellen, z. B. in Bimota DB5/DB6, Buell XB-Modelle, MZ 1000S/SF/ST.

Triebsatzschwinge

Triebsatzschwingen tragen zusätzlich den Motor und das Getriebe oder werden von deren Gehäuse gebildet. Mit direkt auf der aus dem Getriebe geführten Welle montiertem Rad werden sie häufig bei Motorrollern eingesetzt. Dort wird die schlechtere Federung aufgrund der Trägheit der größeren ungefederten Masse zugunsten der kostengünstigen und wartungsfreien Kraftübertragung hingenommen. Der erste Motorroller mit Triebsatzschwinge war die Vespa. Motorräder mit Triebsatzschwinge waren die bereits erwähnte Imme R 100 und die ebenfalls von Norbert Riedel konstruierte Victoria Swing. Bei deren Kettenantrieb ist ein Vorteil der Triebsatzschwinge, dass die Kettenspannung konstant bleibt.

Bremsmomentabstützung

Bremsmomentabstützung an der Hinterradschwinge einer Ducati 750 Sport

Wenn die Halterung der Bremsklötze, z. B. der Bremssattel wie üblich an der Schwinge befestigt ist, bewirkt die gegen die Drehung des Rads gerichtete Kraft der Bremse ein Drehmoment an der Schwinge. Bei einer gezogenen Schwinge ist dieses Drehmoment gegen die Federung gerichtet, so dass die Schwinge beim Bremsen kurzzeitig angehoben wird. Das Rad wird so entlastet, wodurch die Haftreibung zwischen dem Reifen und der Fahrbahn abnimmt. Daraus ergibt sich eine geringere Bremswirkung und Richtungsstabilität. Dies kann durch eine Bremsmomentabstützung verhindert werden, bei der der Bremssattel drehbar auf der Radachse gelagert und mit einer beidseitig drehbar gelagerten Strebe am Fahrgestell oder einem anderen gefederten Teil befestigt ist.

Siehe auch


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